Betreff
Aufhebung des kw - Vermerkes für die Stelle 2003 "Sozial- und Jugendhilfeplanung" im Fachbereich 2
Vorlage
211/11
Art
Beschlussvorlage

Beschlussvorschlag/Empfehlung:

 

Der Jugendhilfe- und der Sozialausschuss empfehlen dem Rat der Stadt Rheine nach Vorberatung im Haupt- und Finanzausschuss den kw - Vermerk für die Stelle 2003 „Sozial- und Jugendhilfeplanung“ im Fachbereich 2 zum 01.01.2012 aufzuheben und den Stellenplan entsprechend zu ändern.

 


Begründung:

 

I.     Allgemeine Ausgangssituation – Stellen- und Personalkostenkonsolidierungskonzept

 

Angesichts der sich dramatisch verschlechternden finanziellen Rahmenbedingungen und der daraus resultierenden allgemeinen Maßnahmen zur Haushaltskonsolidierung wurde im Jahre 2006 das sog. Stellen- und Personalkostenkonsolidierungskonzept entwickelt und am 5. Dez. 2006 im Haupt- und Finanzausschuss beraten (Vorlage 508/06).

Im Rahmen dieses Konzeptes wurden alle Stellen der Stadtverwaltung verschiedenen Prioritäts- und Maßnahmenkategorien zugeordnet. Grundgedanke ist hierbei, dass beim Freiwerden einer Stelle entschieden wird, ob sie wiederbesetzt werden muss oder eingespart werden kann.

Die im Rahmen dieses Konzeptes definierten Kategorien und Maßnahmen sind in der Anlage 1 dargestellt.

 

Die überwiegende Zahl der Planstellen bei der Stadt Rheine ist den Maßnahmenkategorien II. und III. zugeordnet. Daraus folgt, dass bei jeder Stellenvakanz teilweise aufwändige organisatorische Überprüfungen durchgeführt werden müssen. Die für derartige Organisationsuntersuchungen in der Stadtverwaltung zur Verfügung stehenden personellen Ressourcen sind sehr begrenzt. Die Beauftragung externer Organisationsberater ist zum einen sehr teuer und zum anderen hinsichtlich der praktischen Umsetzbarkeit der Ergebnisse erfahrungsgemäß kritisch zu bewerten. Daher wurde in der Stadtverwaltung ein internes System entwickelt und eine Arbeitsgruppe „Organisationsuntersuchung“ eingerichtet. Unter der Moderation des Fachbereiches „Interner Service“ führen die Controller/innen aller 6 Fachbereiche der Stadtverwaltung stellenbezogene organisatorische Überprüfungen durch. Erste verwaltungsinterne Untersuchungsergebnisse dieser Arbeitsgruppe liegen bereits vor und werden in die nächsten Stellenplanberatungen einfließen.

In diesem Sinne wurden Einzelheiten des Stellen- und Personalkostenkon-solidierungskonzeptes in mehreren Sitzungen der Strategie- und Finanzkommission dargestellt und intensiv diskutiert.

 

II.   Personalbedarfs- und Entwicklungsplanung 2008 – 2015

 

Zur konkreten Ausgestaltung des Stellen- und Personalkostenkonsolidie-rungskonzeptes war es notwendig, für einen überschaubaren Planungszeitraum die zu erwartende personelle Entwicklung bei der Stadtverwaltung zu betrachten. Zu diesem Zweck wurde im Jahre 2008 eine Personal-bedarfs- und Entwicklungsplanung für den Zeitraum 2008 – 2015 erstellt. Dabei wurde deutlich, dass es zahlreiche Einflussfaktoren gibt, die in einer Verwaltung unserer Größenordnung kaum statistisch planbar sind. Für eine annähernd realistische Planung war es daher insbesondere erforderlich, die im Planungszeitraum zu erwartende Fluktuation möglichst realistisch einzuschätzen. Neben den bekannten Altersgrenzen ist dabei auch ein früheres Ausscheiden aus dem aktiven Dienst der Stadt Rheine im Rahmen der Altersteilzeit eine feste Planungsgröße.

Unter Berücksichtigung der erkennbaren Faktoren ist davon auszugehen, dass bis zum Ende des Planungszeitraumes 80 Personen aus dem aktiven Dienst der Stadt Rheine ausscheiden werden. Auf dieser Grundlage können nach Einschätzung der Verwaltung bis 2015 18 Planstellen eingespart werden. 39 Stellen sollen durch die Einstellung und Übernahme von Auszubildenden und 23 Stellen extern wieder besetzt werden. Nach dem derzeitigen Planungsstand wird dieses Ziel erreichbar sein. Einzelheiten zur Personalbedarfs- und Entwicklungsplanung sollen im Herbst 2011 in der Strategie- und Finanzkommission sowie im Rahmen des 3. Umsetzungsberichtes Anfang 2012 dargestellt werden.

 

 

 

III.  Gewährung von Altersteilzeit (ATZ) als Element der Personal-bedarfs- und Entwicklungsplanung 2008 – 2015

 

Um das Ziel des Stellen- und Personalkostenkonsolidierungskonzeptes erreichen zu können, ist eine möglichst planbare und sozialverträgliche Fluktuation erforderlich. Im Rahmen dieses sog. aktiven Fluktuationsmanagements hat der Rat der Stadt Rheine eine Grundsatzregelung über die Gewährung von Altersteilzeit bei der Stadt Rheine beschlossen. Von dieser Möglichkeit haben in den Jahren 2009 und 2010 insgesamt 33 Mitarbeiter/innen Gebrauch gemacht, so dass die Personalbedarfs- und Entwicklungsplanung insofern auf eine relativ realistische Basis gestellt werden konnte.

 

 

 

IV.   Ausweisung von kw – Vermerken im Rahmen der Stellenpläne 2010 und 2011

 

Die nach der Personalbedarfs- und Entwicklungsplanung 2008 – 2015 vorgesehenen 18 Stelleneinsparungen können aufgrund der Systematik dieses Konzeptes im Voraus nicht in allen Fällen konkret stellenbezogen benannt werden. Gleichwohl hat die Verwaltung in mehreren Sitzungen der Strategie- und Finanzkommission und im HFA erklärt, dass sie dieses Ziel bis zum Ende des Planungszeitraumes erreichen wird.

Wegen dieser fehlenden Konkretisierung der Stelleneinsparungen hat der Rat der Stadt Rheine im Wege der Stellenplanberatungen 2010 und 2011 festgelegt, dass die altersteilzeitbedingt frei werdenden Planstellen einen kw – Vermerk erhalten. Dieser Vermerk bedeutet, dass die jeweils betroffenen Stellen mit dem Ausscheiden des Stelleninhabers bzw. der Stelleninhaberin „wegfallen“, also für eine Wiederbesetzung nicht mehr zur Verfügung stehen.

Die Verwaltung hat bei verschiedenen Gelegenheiten darauf hingewiesen, dass das Instrument der kw- Vermerke im Kontext des Stellen- und Personalkostenkonsolidierungskonzeptes kein geeignetes Mittel ist, die gesteckten Ziele schneller oder effizienter zu erreichen. Gleichwohl wurde die kw – Vermerke aus dem Stellenplan 2010 in den Stellenplan 2011 übernommen; verbunden mit der Forderung, bei Freiwerden einer entsprechenden Stelle in den zuständigen Ratsgremien über die Aufhebung jedes einzelnen kw – Vermerkes zu entscheiden.

 

 

 

V.    Aufhebung des kw – Vermerkes bei der Stelle Nr. 2003 „Sozial- und Jugendhilfeplanung“ im Fachbereich 2

 

1.    Einstufung der Stelle

 

Die Stelle Nr. 2003 ist im aktuellen Stellenplan nach Besoldungsgruppe A 12 mit einem kw – Vermerk ausgewiesen. Der Stelleninhaber scheidet am 31. Dez. 2011 altersteilzeitbedingt aus.

 

Im Rahmen des Stellen- und Personalkostenkonsolidierungskonzeptes ist diese Stelle der

 

Prioritätenkategorie 2.2 „Pflichtaufgabe mit Gestaltungsmöglichkeit. Die Nichtwiederbesetzung der Stelle würde Einschränkungen bei Pflichtaufgaben bedeuten.“

 

und der

 

Maßnahmeneinteilung I „Keine Detailprüfung erforderlich. Die Stelle muss unverzüglich wiederbesetzt werden.“

 

zugeordnet.

 

 

 

2.    Aufgaben und Verantwortlichkeiten

 

Sozial- und Jugendhilfeplanung können nicht voneinander abgegrenzt werden. Jugendhilfeplanung ist ein Teilbereich der Sozialplanung. Sie arbeitet mit denselben Grundlagen und Methoden wie die Sozialhilfeplanung, hat aber den Blick fokussiert auf die Altersgruppe von 0 bis 18 bzw. 27 Jahren.

 

Da sowohl methodisch, als auch von den gesetzlichen Vorgaben her sozialräumliche /lebensweltorientierte Planungsansätze heute im Vordergrund stehen, weisen Sozial- und Jugendhilfeplanung eine relativ große Schnittmenge auf. So sind die zu Grunde zu legenden Daten z.B. zum demografischen Wandel oder zur Beschreibung von Sozialräumen im Prinzip für beide Planungsbereiche gleich.

 

Zum Selbstverwaltungsrecht der Kommunen nach Art. 28 GG und den entsprechenden Vorschriften der Landesverfassungen zählt die Daseinsvorsorge, die bedarfsgerecht nur durch eine kontinuierliche Sozialplanung sichergestellt werden kann.

 

„Sozialplanung in den Kommunen ist die politisch legitimierte, zielgerichtete Planung zur Beeinflussung der Lebenslagen von Menschen, der Verbesserung ihrer Teilhabechancen sowie zur Entwicklung adressaten- und sozialraumbezogener Dienste, Einrichtungen und Sozialleistungen in definierten geografischen Räumen (Sozialraumorientierung5). Sie geht über die dem Sozialwesen direkt zuzuordnenden Leistungen, Maßnahmen und Projekte hinaus.

Kommunen haben durch die Sozialgesetzgebung sowie die Daseinsvorsorge vielfältige Aufgaben im Bereich der öffentlichen Fürsorge. Damit verbindet sich die Pflicht, ihre Aufgabenerfüllung zu sichern. Die in die Zukunft gerichtete Forderung nach Sicherung der Aufgabenerfüllung setzt eine sorgfältige Planung für mehrere Jahre im Rahmen der mittel- bis langfristigen Entwicklung der Kommune voraus.“[1]

 

Mit in Krafttreten des Kinder- und Jugendhilfegesetzes im Jahr 1990 wurde die Jugendhilfeplanung ausdrücklich als gesetzlicher Auftrag definiert. Darüber hinaus sind neue Planungsanforderungen im Rahmen der Ausführungsgesetzgebung in Nordrhein-Westfalen entstanden, unter anderem durch das Kinderbildungsgesetz (KiBiz), die Verpflichtung, kommunale Kinder- und Jugendförderpläne zu erstellen und der Forderung nach Zusammenarbeit von Schule und Jugendhilfe.

 

Im § 80 KJHG werden die Aufgaben der Jugendhilfeplanung im Sinne des KJHG näher beschrieben. Demnach haben die Träger der Jugendhilfe im Rahmen ihrer Gesamtverantwortung

 

1.   den Bestand an Einrichtungen und Diensten festzustellen,

2.   den Bedarf unter Berücksichtigung der Wünsche, Bedürfnisse und Interessen der jungen Menschen und der Personensorgeberechtigten für einen mittelfristigen Zeitraum zu ermitteln und

3.   die zur Befriedigung des Bedarfs notwendigen Vorhaben rechtzeitig und ausreichend zu planen; dabei ist Vorsorge zu treffen, dass auch ein unvorhergesehener Bedarf befriedigt werden kann.

 

Nach der Definition der Landesjugendämter ist Jugendhilfeplanung[2]:

·            die periodisch durchzuführende quantitative und qualitative Bestandsfeststellung von Einrichtungen, Diensten und Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe,

·            die quantitative und qualitative Feststellung von Bedarfen an Angeboten der Jugendhilfe zur Erziehung, Bildung, Betreuung und Freizeitgestaltung von Kindern, Jugendlichen und ihren Familien,

·            die Empfehlung und Konzipierung von angemessenen Maßnahmen, um die als notwendig erkannten Bedarfe unter Berücksichtigung der Wünsche und Interessen der jungen Menschen und ihrer Personensorgeberechtigten zu realisieren,

·            Teil der kommunalen bzw. kreisweiten Planungen (Stadtentwicklungsplanung, Schulentwicklungsplanung, Sozialplanung, Bauleitplanung etc.).

Jugendhilfeplanung ist inhaltliche und finanzielle Planungs- und Entscheidungsgrundlage zur Steuerung der Jugendhilfe.

Jugendhilfeplanung ist ein permanenter kommunikativer Prozess, an dem die Träger und Anbieter von Jugendhilfeleistungen frühzeitig zu beteiligen sind. Ebenso sind die Nutzerinnen und Nutzer der Leistungen in den sie unmittelbar betreffenden Bereichen und in altersangemessener Art zu beteiligen.

Jugendhilfeplanung ist eine wesentliche Pflichtaufgabe der politischen und administrativen Teile des öffentlichen Trägers der Jugendhilfe (Jugendhilfeausschuss und Verwaltung) in ihrer Gesamtverantwortung für das jeweilige örtliche Jugendhilfesystem. In diesem Sinne hat Jugendhilfeplanung die Aufgabe darauf hinzuwirken, dass andere örtliche und überörtliche Planungen, den Bedürfnissen junger Menschen und ihrer Familien entsprechend, aufeinander abgestimmt werden.

In Abgrenzung zum Controlling , das retrospektiv frühere Zielmarken mit Ergebnissen vergleicht, entwickelt Jugendhilfeplanung prospektiv, auf der Analyse der Angebote, Dienste und Veranstaltungen der Jugendhilfe, bedarfsorientierte Zukunftsleistungen.

 

 

 

3.    Beispiele aus der Praxis

 

Ergänzend zu den o. a. mehr theoretischen Ausführungen zu den Aufgaben und Verantwortlichkeiten in der Sozial- und Jugendhilfeplanung seien an dieser Stelle folgenden Beispiele aus der praktischen Arbeit genannt:

 

1. Grunddatenauswertungen

1.1    Bevölkerungsentwicklung in Rheine und in den Stadtteilen

1.2    Modellrechnungen über die zukünftige Bevölkerungsentwicklung in Rheine und in den Stadtteilen.

1.3    Auswertung der Jugendhilfestatistik

1.4    Erstellung von Stadtteilprofilen

 

2. Periodisch wiederkehrende Projekte und Berichte

2.1    Bedarfsplanung für die Kindertagesbetreuung

2.2    Erziehungshilfeberichterstattung

2.3    Jugendförderplan

 

3. Weitere Projekte

3.1    Familienberichterstattung

3.2    Sozialplan Alter

3.3    Integrierte Schulentwicklungs- und Jugendhilfeplanung

3.4    Befragung offene Jugendarbeit

3.5    Integrierte Berichterstattung NRW

3.6    Stadtteilentwicklung Dutum/Dorenkamp

3.7    Soziale Stadt

3.8    Nachhaltiges kommunales Flächenmanagement der Landesarbeitsgemeinschaft Agenda 21 NRW e.V. (LAG 21)

 

 

 

4.    Fazit:

 

Aufgrund der o. a. Ausführungen und zur Sicherstellung einer kontinuierlichen Aufgabenerledigung ist die Nachbesetzung zum 1. Jan. 2012 zwingend erforderlich.

 

Die Verwaltung geht davon aus, dass im Falle der Zustimmung zur Aufhebung des kw – Vermerkes die übliche Zustimmung der Fraktionsvorsitzenden zur Ausnahme vom externen Einstellungsstopp gegeben ist.

 



[1] Deutscher Verein, Eckpunkte für eine integrierte Sozial- und Finanzplanung in Kommunen, Berlin, März 2010

[2] Empfehlungen der Landesjugendämter Rheinland und Westfalen-Lippe zur kommunalen Jugendhilfeplanung, Münster/Köln April 2010, S.5