Betreff
Sachstandsbericht SGB II - gesetzliche Neuerungen
Vorlage
263/11
Art
Beschlussvorlage

Beschlussvorschlag/Empfehlung:

 

 

Der Sozialausschuss nimmt den Sachstandsbericht SGB II - gesetzliche Neuerungen zur Kenntnis

 


Begründung:

 

Der Sachstandsbericht hat das Ziel, die Mitglieder des Ausschusses über die Neuerungen im SGB II zu informieren. Insbesondere die neuen Leistungen des Bildungs- und Teilhabepaketes und deren Auswirkungen für die Stadt Rheine bedürfen einer Erläuterung.

 

 

Sachdarstellung:

 

Nach langwierigen Verhandlungen haben Bundestag und Bundesrat am 25.02.2011 das Gesetz zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Sozialgesetzbuches beschlossen. Es ist am 24.03.2011 veröffentlicht worden und zum 01.04.2011 in Kraft getreten. Das Gesetz enthält neben der Einführung des Bildungs- und Teilhabepakets eine große Anzahl von Änderungen des materiellen Rechts (Höhe des Regelsatzes, Übernahme der Kosten der Warmwasserbereitung, Anrechnung von Einkommen, Ermächtigung für die Länder, die Kreise zu ermächtigen oder zu verpflichten, durch Satzung zu bestimmen, in welcher Höhe Aufwendungen für Unterkunft und Heizung angemessen sind, etc.).

 

Aufgrund des langwierigen Gesetzgebungsverfahrens wurde die Gesetzesänderung mit einer Rückwirkung zum 01.01.2011 verabschiedet. Dieses führte zu einem erheblichen Verwaltungsaufwand, um die Änderungen in den Regelsätzen, Mehrbedarfszuschlägen, Heizkosten, etc. in allen Fällen nachzuberechnen, auszuzahlen und die Bescheide zu erteilen.

 

 

Leistungen des Bildungs- und Teilhabepaketes

 

Ein besonderer und neuer Schwerpunkt ist das Bildungs- und Teilhabepaket, dass nun mit seinen Leistungen in den §§ 28 und § 29 SGB II verankert ist. Anspruchsberechtigt sind hiernach Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene mit dem Bezug von Leistungen nach dem SGB II, SGB XII, Wohngeld, Kinderzuschlag sowie analogen Leistungen gem. § 2 Asylbewerberleistungsgesetz.

 

Folgende Bedarfe können bei Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, eine allgemein- oder berufsbildende Schule besuchen und keine Ausbildungsvergütung (Schülerinnen und Schüler) erhalten, grundsätzlich berücksichtigt werden:


● Schulausflüge und Klassenfahrten

 

Aufwendungen für Kita-Ausflüge sowie für Schulausflüge und mehrtägige Klassenfahrten für Schülerinnen und Schüler können auf Antrag übernommen werden. Die von der Kindertageseinrichtung oder der Schule bescheinigten Kosten sind zuschussfähig, wenn die Einhaltung der jeweils gültigen schulrechtlichen Bestimmungen von der Schule bestätigt werden. Übernommen werden die Kosten für die Fahrt, nicht jedoch für Taschengeld. Eine Abrechnung der Gutscheine erfolgt beim Kreis Steinfurt.

 

 

● Schulbedarf

 

Ausstattung mit persönlichem Schulbedarf für Schülerinnen und Schüler erfolgt in

laufenden SGB II-Leistungsfällen automatisch. Bei Anspruch aufgrund Wohngeld

oder Kinderzuschlag erfolgt diese Leistung auf Antrag.

Erstmals für das Schuljahr 2011/2012 erhalten Schülerinnen und Schüler jeweils zum 1. August 70,00 € und zum 1.Februar 30,00 €. (bisher in laufenden SGB II-Leistungsfällen automatisch 100 € zum 01.08. d. Jahres). Notwendige Anschaffungen für Schreib-, Rechen- und Zeichenmaterialien, Sportkleidung und andere Schulmaterialien sollen dadurch erleichtert werden.

 

 

● Schülerbeförderungskosten

 

Wenn die Schülerbeförderungskosten für den Besuch der nächstgelegenen Schule des gewählten Bildungsgangs nicht oder nicht vollständig durch den zuständigen Schulträger vorrangig übernommen werden, besteht ggf. ein Anspruch auf Zuschuss zu diesen Kosten durch das Jobcenter. Dem Antrag ist ein Nachweis des jeweiligen Schulamtes beizufügen, aus welchen Gründen die Kosten nicht vollständig getragen werden.

 

 

● Lernförderung für Schülerinnen und Schüler

 

Wenn die schulischen Angebote nicht ausreichen, um bestehende Lerndefizite zu beheben und das Klassenziel (Versetzung in die nächste Klasse bzw. Schulabschluss bei Abschlussklassen) zu erreichen, können Leistungen für eine ergänzende, erforderliche und angemessene Lernförderung übernommen werden. Dem Antrag ist ein Nachweis der Schule über die Notwendigkeit der Lernförderung beizufügen. Schulische Angebote der Lernförderung sind vorrangig zu nutzen.

 

 

● Mittagsverpflegung

 

Mehraufwendungen für die gemeinschaftliche Mittagsverpflegung für Schülerinnen und Schüler und für Kinder, die eine Tageseinrichtung besuchen oder für die Kindertagespflege geleistet wird, können auf Antrag übernommen werden.

Wenn Schulen oder Kindertageseinrichtungen ein gemeinschaftliches Mittagessen anbieten, kann ein Zuschuss gewährt werden, um die entstehenden Mehraufwendungen auszugleichen. Es verbleibt allerdings ein Eigenanteil in Höhe von 1,00 € pro Mahlzeit je anspruchsberechtigtem Kind, Jugendlichem bzw. jungem Erwachsenen.

Kosten für Verpflegung, die am Kiosk oder in einem Lebensmittelgeschäft erworben werden können (z. B. belegte Brötchen, Schokoriegel), werden nicht bezuschusst. Die Gewährung erfolgt über Gutscheine, die beim Kreis Steinfurt abgerechnet werden.

 

 

● Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben

 

Für Kinder und Jugendliche bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres werden Bedarfe für die Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben berücksichtigt. Dies sind z. B:

 

     Mitgliedsbeiträge in den Bereichen Sport, Spiel, Kultur und Geselligkeit

     Unterricht in künstlerischen Fächern (z. B. Musikunterricht) und

        vergleichbare angeleitete Aktivitäten der kulturellen Bildung

     die Teilnahme an Freizeiten

 

Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren erhalten einen Gutschein im Wert von 10,00 € monatlich. Diese Gutscheine können eingelöst werden, um z. B. Musikunterricht zu nehmen, den Mitgliedsbeitrag für Vereine zu zahlen oder an Ferienfreizeiten teilzunehmen. Die Gewährung erfolgt über Gutscheine, die beim Kreis Steinfurt abgerechnet werden. Die Gutscheine sind teilbar und sammelbar.

 

 

 

Anspruchsberechtigte Personen in Rheine

 

Im Kreis Steinfurt sind ca. 15.000 Personen berechtigt, Leistungen aus dem Bildungs- und Teilhabepaket zu beantragen. Für Rheine wird von einer Anzahl von ca. 3760 berechtigten Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen ausgegangen, die Leistungen aus dem Bildungs- und Teilhabepaket beanspruchen können. Hiervon beziehen

-               ca. 1400 Personen Leistungen nach dem SGB II

-               ca. 2300 Personen Wohngeld bzw. Kinderzuschlag

-               ca.     30 Personen im SGB XII - Bezug

-               ca.    30 Personen analoge Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz

 


 

Umsetzung und Verfahrensweise

 

Verantwortlich für die Umsetzung des Bildungs- und Teilhabepakets im Kreis Steinfurt ist das Jobcenter Kreis Steinfurt. Die Zuständigkeit gilt nun auch für Berechtigte von Wohngeld und Kinderzuschlag.

Die Anträge für Leistungen aus dem Bildungs- und Teilhabepaket werden in Rheine von den zuständigen Fachabteilungen entgegengenommen und bearbeitet, soweit es die Ausstellung von Gutscheinen betrifft.

 

Die Gutscheine für

 

             die Mittagsverpflegung

             für Schulausflüge und Klassenfahrten sowie

             für die Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben

 

werden den Leistungsberechtigten möglichst direkt bei Antragstellung ausgehändigt.

 

Zuständig hierfür sind

Fachabteilung SGB II für leistungsberechtigte Personen mit Leistungen
     nach dem SGB II, Wohngeld und Kinderzuschlag

Fachabteilung SGB XII für leistungsberechtigte Personen mit Leistungen
     nach dem SGB XII

            Fachstelle Asyl für die berechtigten Personen mit analogen Leistungen

               nach dem Asylbewerberleistungsgesetz

 

Die Anträge auf Lernförderung und Schülerbeförderung werden an den Kreis Steinfurt zur Entscheidung weiter geleitet; die gilt ebenso für Anträge auf rückwirkende Leistungen für die Monate Januar –  Juni 2011.

 

Die Entgegennahme und Abrechnung der von der Stadt Rheine ausgestellten Gutscheine mit den Leistungserbringern (Kindergärten, Schulen, Vereine etc.) erfolgt zentral durch den Kreis Steinfurt.

 

 

Öffentlichkeitsarbeit und Vernetzung

 

Über die Leistungen des Bildungs- und Teilhabepaket ist in zahlreichen Presseveröffentlichungen auf örtlicher und überörtlicher Ebene berichtet worden.

Ein Informations-Flyer wurde seitens des Kreises Steinfurt zur Verfügung gestellt. Mit einer erstmaligen Auflage von 4.000 Exemplaren werden in Rheine die Berechtigten informiert. Die Flyer sind an Beratungsstellen und Kooperationspartner in Rheine weiter gegeben worden, mit der Bitte, diese interessierten Bürger zur Verfügung zu stellen. 

Auf den Internetseiten des Kreises Steinfurt sind ebenfalls Informationen zum Bildungs- und Teilhabepaket eingestellt.

 

Der Kreis Steinfurt hat weiterhin schriftlich die Leistungserbringer (Kindertageseinrichtungen, Schulen Vereine, Verbände etc) über das Programm und die Anwendung des Programms unterrichtet. Daneben gibt es regelmäßig stattfindende Arbeitstreffen und Informationsveranstaltungen, in denen über die Regelungen und deren Umsetzung informiert wird.

 

Die persönlichen Ansprechpartner im hiesigen Jobcenter informieren in einer Vielzahl von persönlichen Gesprächen über die Einsatzmöglichkeiten der Gutscheine.

 

 

Anzahl der eingegangenen Anträge

 

Trotz der umfangreichen Berichterstattung und Informationen ist die Nachfrage der Leistungsberechtigten im April 2011 eher verhalten gewesen; ab Mai 2011 ist das Aufkommen von Anträgen wie erwartet.

Insgesamt wurden 1.414 Anträge im Zeitraum von Anfang April bis zum 31. Mai gestellt, hiervon entfielen

 

-               584 Anträge auf eine gemeinschaftliche Mittagsverpflegung

-               452 Anträge auf Leistungen für die sog. Teilhabegutscheine

-               237 Anträge für Klassenfahrten und Schulausflüge

-                 30 Anträge auf Lernförderung

-                 29 Anträge auf Schülerbeförderung

-                 82 Anträge auf Schulbedarf (nur Kinder mit Kinderzuschlag oder

       Wohngeld)

 

Die Antragsteller mit Berechtigung auf Leistungen nach dem SGB II wurden mit 703 Anträgen gezählt und mit Bezug von Wohngeld und/oder Kinderzuschlag mit 711 Anträgen.

 

 

Verwaltungsmehraufwand durch das Teilhabe- und Bildungspaket

 

Der Zeitaufwand für Antragsbearbeitung und Beratung wurde in der SGB II-Abteilung  wie nachfolgend festgehalten:

 

April 2011              429 Anträge und 1.067 Gutscheine     ca. 100 Arbeitsstunden

Mai 2011               985 Anträge und 3.210 Gutscheine     ca. 169 Arbeitsstunden

 

 

Dieser Arbeits- und Zeitaufwand findet bislang in der Personalbemessung durch den Kreis Steinfurt als kommunaler Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende keine Berücksichtigung. Die Leistungen nach dem Bildungs- und Teilhabepaket sind gegenwärtig zusätzlich durch die Leistungssachbearbeitung zu erbringen. Nach Einschätzung der Verwaltung ist dieser Aufwand bei der nächsten Personalbemessung zu berücksichtigen; insbesondere vor dem Hintergrund, dass die Hälfte der im og. Zeitraum eingegangenen Anträge nicht originär einer Berechtigung aus dem Leistungsbezug der Grundsicherung für Arbeitsuchende zuzuordnen ist, sondern dem Bezug von Wohngeld und Kinderzuschlag.