Betreff
Richtlinien wirtschaftliche Jugendhilfe
Vorlage
355/11
Aktenzeichen
II-2-ga
Art
Beschlussvorlage

Beschlussvorschlag/Empfehlung:

 

Der Jugendhilfeausschuss der Stadt Rheine beschließt mit Wirkung vom 01.01.2012 die als Anlage 1 beigefügten neugefassten „Gemeinsamen Richtlinien des Jugendamtes der Stadt Rheine sowie der Jugendämter der Städte Emsdetten, Greven, Ibbenbüren und des Kreisjugendamtes Steinfurt für die Wirtschaftliche Jugendhilfe einschließlich der Kostenheranziehung“ mit Wirkung vom 01.01.2012. Gleichzeitig treten die Richtlinien vom 01.04.2006 außer Kraft.

 


Begründung:

 

Die „„Gemeinsamen Richtlinien des Jugendamtes der Stadt Rheine sowie der Jugendämter der Städte Emsdetten, Greven, Ibbenbüren und des Kreisjugendamtes Steinfurt“ für die Wirtschaftliche Jugendhilfe einschließlich der Kostenheranziehung“ konkretisieren die gesetzlichen Vorschriften insbesondere zur Gewährung von einmaligen Leistungen im Rahmen der Hilfen zur Erziehung.

 

Folgende Regelungen wurden verändert:

 

Ferienbeihilfe

 

Für Leistungen der Vollzeitpflege nach § 33 Sozialgesetzbuch VIII (SGB VIII) sehen die Richtlinien bisher eine Ferienbeihilfe in Abhängigkeit von der Dauer des Urlaubs vor. Auf formlosen Antrag der Pflegeeltern wird für Pflegekinder, die allein oder mit ihren Pflegeeltern für zusammenhängend mindestens 7 Tage verreisen, eine Ferienbeihilfe gewährt.

 

Die Ferienbeihilfe beträgt pro Reisetag 1/30 der durch Ministerialerlass festgesetzten materiellen Aufwendungen für die Vollzeitpflege in der maßgeblichen Altersstufe (in 2011 je nach Alter des Pflegekindes zwischen 15,26 und 21,27 € pro Tag). An- und Abreisetag zählen als je 1 Reisetag. Je Kalenderjahr wird die Ferienbeihilfe für höchstens 28 Reisetage gewährt. Die Gesamtdauer des Ferienaufenthaltes ist in geeigneter Weise zu belegen.

 

Die bisherige Regelung fördert ausschließlich Pflegefamilien, die für mindestens 7 Tage in Urlaub fahren. Je länger der Urlaub ist, den sich eine Familie leisten kann, umso höher ist auch die Ferienbeihilfe. Fahrten über ein (verlängertes) Wochenende, Tagesfahrten oder andere Unternehmungen mit dem Pflegekind in den Ferien werden nicht unterstützt. Auch solche Unternehmungen sind mit Kosten verbunden.

 

Die Gewährung einer Ferienbeihilfe sollte daher nicht von der Dauer einer Urlaubsfahrt abhängen, sondern pauschal für alle Pflegeverhältnisse in gleicher Höhe gezahlt werden. Auch ggf. aus finanziellen Gründen ist es nicht selbstverständlich, dass Pflegeeltern mit ihrem Pflegekind für mindestens 7 Tage zusammenhängend in Urlaub fahren.

 

Eine Ferienbeihilfe in pauschaler Höhe ist in vielen Jugendämtern gängige Praxis. Daher wird vorgeschlagen, auf Antrag der Pflegeeltern für das Pflegekind eine Ferienbeihilfe in Höhe von pauschal 200,00 € je Kalenderjahr zu bewilligen.

 

Sonstige Änderungen

Neben der Änderung der Ferienbeihilfe wurden ausschließlich redaktionelle Anpassungen vorgenommen, wie z. B. von GTK auf KiBiz.

 

 

III.    Folgekosten

 

Mit einem Anstieg der Aufwendungen für einmalige Beihilfen bei Leistungen der Vollzeitpflege nach § 33 SGB VIII wird nicht gerechnet.

 

 

 



Anlagen:

 

   Gemeinsame Richtlinien

 

 

des Jugendamtes der Stadt Rheine

sowie der Jugendämter der Städte

Emsdetten, Greven, Ibbenbüren und des Kreisjugendamtes Steinfurt

für die Wirtschaftliche Jugendhilfe

einschließlich der Kostenheranziehung

 

 

1.     Leistungen bei der Hilfe zur Erziehung in geeigneten Formen der Familienpflege gemäß § 32 SGB VIII

 

        Die Pflegeeltern erhalten in der Regel ein monatliches Pflegegeld in Höhe von 80 v. H. des durch Ministerialerlass festgesetzten Pauschalbetrages für die Vollzeitpflege in der maßgeblichen Altersstufe.

 

 

2.     Leistungen bei der Hilfe zur Erziehung in Vollzeitpflege nach § 33 SGB VIII

 

        2.1     Erstausstattungsbeihilfe

 

                   (1)  Auf formlosen Antrag der Pflegeeltern wird bei Aufnahme eines Pflegekindes in die Pflegefamilie eine Erstausstattungsbeihilfe zur Anschaffung von Bekleidung, Bettwäsche, Mobiliar und anderen Gegenständen des persönlichen Bedarfs gewährt.

 

                   (2)  Die Beihilfe beträgt maximal das 3fache der durch Ministerialerlass festgesetzten materiellen Aufwendungen für die Vollzeitpflege in der 3. Altersstufe. Sie wird im Rahmen dieser Höchstbetragsförderung auf den von der zuständigen Sozialfachkraft des Jugendamtes als notwendig anerkannten Bedarf und Betrag begrenzt.

 

                   (3)  Die zweckentsprechende Verwendung der Erstausstattungsbeihilfe ist in geeigneter Weise zu belegen.

 

        2.2     Weihnachtsbeihilfe

 

                   Weihnachtsbeihilfe wird in Höhe von 35,00 € gewährt, sofern dem Pflegekind eine derartige Zuwendung nicht bereits durch Dritte (z. B. durch den Arbeitgeber) gewährt wird.

 

2.3          Ferienbeihilfe

 

                   Im laufenden Kalenderjahr wird auf formlosen Antrag der Pflegeeltern für das Pflegekind eine Ferienbeihilfe in Höhe von pauschal 200,00 € je Kalenderjahr gewährt.

        2.4     Beihilfe aus besonderen Anlässen

 

                   2.4.1     Einschulung

 

                                Auf formlosen Antrag der Pflegeeltern wird anlässlich der Einschulung des Pflegekindes eine Beihilfe in Höhe von 70,00 € gewährt. Ein Belegnachweis ist nicht erforderlich.

 

                   2.4.2     Taufe / Erstkommunion / Konfirmation / Schulentlassung

 

                                Auf formlosen Antrag der Pflegeeltern wird anlässlich der Taufe, Erstkommunion, Konfirmation oder Schulentlassung des Pflegekindes eine Beihilfe in Höhe der durch Ministerialerlass festgesetzten Kosten der Erziehung bei der Vollzeitpflege gewährt. Ein Belegnachweis ist nicht erforderlich.

 

                   2.4.3     Klassenfahrten

 

                                Auf formlosen Antrag der Pflegeeltern werden die Kosten für Klassenfahrten entsprechend der geltenden Regelung im SGB XII übernommen. Die Dauer der Klassenfahrt und die Höhe der Kosten sind in geeigneter Weise zu belegen.

 

        2.5     Sehhilfen (Brillen / Kontaktlinsen)

 

                   Auf formlosen Antrag der Pflegeeltern wird bei der notwendigen Beschaffung einer Sehhilfe eine Beihilfe bis zur Höhe von 75 Euro gewährt. Ein Belegnachweis ist erforderlich.

 

 

        2.6     Startbeihilfe bei Verselbständigung

 

                   Auf formlosen Antrag wird bei Bezug einer eigenen Wohnung im Rahmen der Verselbständigung in der Regel eine Beihilfe in Höhe des durch Ministerialerlass festgesetzten Pauschalbetrages für die Vollzeitpflege in der 3. Altersstufe gewährt.

 

        2.7     Übernahme von Elternbeiträgen nach dem Kinderbildungsgesetz (KiBiz)

 

                   Auf formlosen Antrag der Pflegeeltern wird der von diesen nach dem KiBiz zu entrichtende Elternbeitrag übernommen.

 

2.8          Altersvorsorge und Unfallversicherung

                   Gem. § 39 Abs. 4 SGB VIII umfassen die lfd. Leistungen  auch die Erstattung nachgewiesener Aufwendungen für Beiträge zu einer Unfallversicherung sowie die hälftige Erstattung nachgewiesener Aufwendungen  zu einer angemessenen Alterssicherung.

                   Für die Alterssicherung wird die Hälfte des niedrigsten Beitrages in der gesetzlichen Rentenversicherung (zur Zeit 39,80 €) berücksichtigt. Berechtigt ist pro Pflegefamilie die Pflegeperson, die aufgrund der Ausübung der Pflege keiner bzw. maximal einer Halbtagsbeschäftigung nachgeht. Gefördert werden ab Oktober 2005 nachgewiesene Beitragszahlungen für die Riester-Rente; kapitalbildene Lebensversicherungen mit mindestens Endalter 55, private Rentenversicherungen und Immobilien. Die Zahlungen sind jährlich nachzuweisen.

                   Für eine Unfallversicherung wird für die Pflegeperson der nachgewiesene Versicherungsbeitrag bis max. 10,00 € pro Monat übernommen. Die Zahlungen sind jährlich nachzuweisen.

                   Halten sich mehrere Kinder in einer Pflegefamilie auf, werden die Beiträge zur Altersvorsorge und für die Unfallversicherung nur einmal pro Pflegefamilie übernommen.

 

        2.9     Härtefallregelung

 

                   Weitergehende Leistungen sind im Einzelfall möglich, soweit sie notwendig sind.

 

        2.10   Besonderheiten bei der Hilfegewährung außerhalb des eigenen Jugendamtsbezirks

 

                   Wird die Hilfe außerhalb des eigenen Jugendamtsbezirks gewährt, gelten abweichend von den vorstehenden Regelungen diejenigen des Jugendamtsbezirks am Sitz der Pflegestelle im Sinne des § 33 SGB VIII.

 

3.    Leistungen bei der Hilfe zur Erziehung in Heimen und sonstigen betreuten Wohnformen nach § 34 SGB VIII

 

       3.1      Erstausstattungsbeihilfe / Bekleidungsbeihilfe

 

                   (1)  Auf formlosen Antrag der Einrichtung gemäß § 34 SGB VIII kann bei erstmaliger Aufnahme eines Kindes oder eines/einer Jugendlichen eine Erst-ausstattungsbeihilfe zur Anschaffung von Bekleidung gewährt werden.

 

                   Daneben können in gleicher Weise Bekleidungsbeihilfen aus besonderen Anlässen gewährt werden. Insgesamt sollen die Regelungen der Entgeltkommission Jugendhilfe NRW gelten.

 

                   (2)  Die zweckentsprechende Verwendung der Erstausstattungsbeihilfe ist in geeigneter Weise zu belegen.

 

       3.2      Weihnachtsbeihilfe

 

                   Weihnachtsbeihilfe wird in Höhe von 35,00 € gewährt, sofern dem Kind bzw. der/dem Jugendlichen eine derartige Zuwendung nicht bereits durch Dritte (z. B. durch den Arbeitgeber) gewährt wird.

       3.3      Sehhilfen (Brillen / Kontaktlinsen)

 

                   Auf formlosen Antrag der Einrichtung wird bei der notwendigen Beschaffung einer Sehhilfe eine Beihilfe bis zur Höhe von 75 Euro gewährt. Ein Belegnachweis ist erforderlich.

 

       3.4      Startbeihilfe bei Verselbständigung

 

                   Auf formlosen Antrag wird bei Bezug einer eigenen Wohnung im Rahmen der Verselbständigung in der Regel eine Beihilfe in Höhe des durch Ministerialerlass festgesetzten Pauschalbetrages für die Vollzeitpflege in der 3. Altersstufe gewährt.

 

       3.5      Härtefallregelung

 

                   Weitergehende Leistungen sind im Einzelfall möglich, soweit sie notwendig sind.

 

       3.6      Besonderheiten bei der Hilfegewährung außerhalb des eigenen Jugendamtsbezirks

 

                   Wird die Hilfe außerhalb des eigenen Jugendamtsbezirks gewährt, gelten abweichend von den vorstehenden Regelungen diejenigen des Jugendamtsbezirks am Sitz der Einrichtung im Sinne des § 34 SGB VIII.

 

 

4.    Leistungen bei der Hilfe zur Erziehung in Form intensiver sozialpädagogischer Einzelbetreuung nach § 35 SGB VIII

 

       Ist die Hilfe mit einer Unterbringung außerhalb des Elternhauses in einer Einrichtung oder einer sonstigen Betreuten Wohnform im Sinne des § 34 SGB VIII verbunden, sind die Ziffern 3.1 bis 3.6 entsprechend anzuwenden.

 

 

5.    Übernahme von Kosten der Nachbetreuung bei vorausgegangenen Hilfen gemäß §§ 33, 34 und 35 SGB VIII

 

       (1)  In begründeten Fällen werden die Kosten einer Nachbetreuung durch die Pflegeeltern (§ 33 SGB VIII) oder die Einrichtung (§ 34 SGB VIII) pauschal vergütet, soweit eine Beratung und Unterstützung durch den örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe nicht ausreicht. Gleiches gilt bei vorausgegangenen Hilfen gemäß § 35 SGB VIII, soweit diese mit einer Unterbringung außerhalb des Elternhauses in einer Einrichtung oder einer sonstigen Betreuten Wohnform verbunden war.

 

       (2)  Der Umfang der Nachbetreuung ist im Hilfeplan festzuschreiben.

 

       (3)  Die Pauschale beträgt monatlich 100 Euro bei einer vorausgegangenen Hilfe gemäß § 33 SGB VIII und monatlich 300 Euro bei einer vorausgegangenen Hilfe gemäß § 34 oder § 35 SGB VIII.

 

       (4)  Die maximale Förderungsdauer beträgt 6 Monate.

 

 

6.    Leistungen bei der Hilfe für junge Volljährige nach § 41 SGB VIII

 

       Ist die Hilfe in einer der Hilfeformen der §§ 33 bis 35 SGB VIII ausgestaltet, sind die vorstehenden Ziffern, die für diese Hilfeform gelten, entsprechend anzuwenden.

 

 

7.    Heranziehung zu den Kosten

 

       Die Heranziehung zu den Kosten gemäß §§ 91 ff. SGB VIII erfolgt nach Maßgabe der entsprechenden "Empfehlungen" der Arbeitsgemeinschaft der Jugendämter der Länder Niedersachsen und Bremen sowie der Landesjugendämter Rheinland und Westfalen-Lippe in der jeweils geltenden Fassung.

 

       Darüber hinaus gelten folgende Regelungen:

 

Die Ermittlung der Kostenbeiträge erfolgt nach dem Zuflussprinzip.

 

       7.1      Heranziehung Minderjähriger / junger Volljähriger mit eigenem Einkommen

 

                   Die Berechnung des Kostenbeitrages Jugendlicher und junger Volljähriger erfolgt entsprechend § 94 Abs. 6 SGB VIII .

                  

                   Weihnachts- und Urlaubsgeld werden bei der Ermittlung des Kostenbeitrages nicht als Einkommen berücksichtigt.

                  

                   Zur Erhaltung der Arbeitsmotivation ist dem jungen Menschen mindestens ein mtl. Betrag von 50,00 € zu belassen.

 

                   Jugendliche oder junge Volljährigen, die ausschließlich Berufsausbildungsbeihilfe oder Ausbildungsgeld von der Agentur für Arbeit wird zur Erhaltung der Motivation eine Zuwendung in Höhe von 50,00 € gewährt. Zusätzlich werden Fahrtkosten und Arbeitsmittel auf Nachweis in tatsächlicher Höhe berücksichtigt, nicht jedoch in Höhe der in den BAB- bzw. ABG-Leistungen enthaltenen Pauschalen.

 

                   Sofern die BAB-/ABG-Leistung niedriger ist als 50,00 €, wird eine Zuwendung in Höhe der tatsächlichen BAB-/ABG-Leistung ausgezahlt.

 

 

 

                   Anspruch auf Bekleidungsgeld und Taschengeld (nach Altersstaffelung) besteht neben der o. g. Berechnung und wird bei Hilfen in Einrichtungen spitz ausgezahlt. Bei Pflegeverhältnissen nach § 33 SGB VIII sind diese Beträge bereits im Pflegegeld enthalten.

 

 

       7.2      Leistungen an Minderjährige / junge Volljährige in eigener Wohnung mit

                   Sicherstellung des Lebensunterhaltes über SGB VIII und stundenweise abgerechneter Betreuung

 

                   Neben dem Stundensatz für die Betreuung des/der Jugendlichen / jungen Volljährigen werden die Lebenshaltungskosten in Höhe des Bedarfs nach dem SGB II getragen. Die Übernahme höherer Lebenshaltungskosten erscheint nicht sinnvoll, da die betroffenen Jugendlichen nach Beendigung der Jugendhilfe häufig ihren Lebensunterhalt ganz oder zumindest teilweise über Leistungen nach dem SGB II sicherstellen müssen. Daneben bieten viele Träger innerhalb einer Einrichtung die o. g. Betreuungsformen gleichzeitig nach §§ 27 ff. SGB VIII und nach § 67 SGB XII an. In solchen Einrichtungen ist es Jugendlichen / jungen Volljährigen nur schwer zu vermitteln, wenn Jugendhilfeempfängern ein erheblich höheres Einkommen verbleibt.

 

                   Auch im Rahmen der Jugendhilfe werden daher in diesen Fällen Lebenshaltungskosten bzw. Kostenbeitrag wie folgt berechnet:

 

                   Lebensunterhalt:

                   Regelleistung nach SGB II

                   +  ggf. Mehrbedarf nach SGB II

                  +    angemessene Mietkosten

                   +   angemessene Heizkosten

 

                   Verfügt der/die Jugendliche / junge Volljährige über eigenes Einkommen, wird ein Kostenbeitrag entsprechend der Regelungen nach dem SGB II ermittelt.

 

                   Auch hier sollen Einkünfte aus Weihnachts- und Urlaubsgeld unberücksichtigt bleiben.

 

 

8.    Inkrafttreten

 

       Diese Richtlinien treten am 01.01.2012 in Kraft. Zugleich treten alle bis dahin geltenden Richtlinien und Regelungen für den gesamten vorstehenden Regelungsbereich außer Kraft.