Betreff
Rücknahme der Arbeitshilfe zur kommunalen Umsetzung der U-TeilnahmeDatVO durch die Landesjugendämter in NRW und Auswirkungen auf die aktuelle Arbeitspraxis in Rheine
Vorlage
360/12
Art
Beschlussvorlage

Beschlussvorschlag/Empfehlung:

 

Der Jugendhilfeausschuss nimmt die Ausführungen der Verwaltung zur Kenntnis.

 


Begründung:

 

In der Vorlage Nr. 251/09 hat die Verwaltung über die Umsetzung der Verordnung zur Datenmeldung der Teilnahme an Kinderfrüherkennungsuntersuchungen (kurz: UTeilnahmeDatVO) informiert. Die UTeilnahmeDatVO regelt vor allem das Verfahren der Datenübermittlung zwischen den Meldebehörden, dem Landesinstitut für Gesundheit und Arbeit (LIGA), den Kinderärztinnen und -ärzten und den örtlichen Trägern der öffentlichen Jugendhilfe. Die Verfahrenspraxis in Rheine orientierte sich an den Empfehlungen aus der Arbeitshilfe des Landesjugendamtes Westfalen zur Umsetzung der UTeilnahmeDatVO aus 2009, die in einer Zusammenarbeit verschiedener Jugendämter in einjähriger Arbeit entwickelt worden war. In der Arbeitshilfe waren Regelung zu konkreten Aufgaben und Handlungsschritten, einige Dokumentationsmuster sowie Vereinbarungen zu einem Berichtswesen enthalten.

 

Auf der Datenbasis des Berichtswesens aus 2010 hat das Landesjugendamt die Aufgabenwahrnehmung nach der UTeilnahmeDatVO in den 87 beteiligten Jugendämtern aus ganz NRW ausgewertet. Insgesamt konnten 26.371 Fälle in der Auswertung berücksichtigt werden.

Als ein Ergebnis konnte festgestellt werden, dass der Anteil von Fehlmeldungen mit ca. 50% insgesamt sehr hoch war. In der Praxis war es oft so, dass sich die Aktivität eines Jugendamtes und der nachträgliche Besuch bei einem Kinderarzt überschnitten hatten, oder die Information über eine Früherkennungsuntersuchung nicht bei der LIGA erfasst worden war.

Weiter wurden im Gesamtergebnis 20 Fälle (für NRW) erhoben, in denen im Rahmen der Kontaktaufnahme durch Fachkräfte des Jugendamtes eine Gefährdung eines Kindes festgestellt wurde. Dieses entspricht einem Prozentsatz von 0,08% an der Gesamterhebung.

Für die Stadt Rheine bedeutet ein solcher Prozentsatz bei ca. 300 Meldungen der LIGA im Jahr über eine versäumte Früherkennungsuntersuchung eine Auftrittswahrscheinlichkeit von 0,24 Fällen pro Jahr, bzw. 1 Fall in 4 Jahren.

 

In einer gemeinsamen Tagung der Jugendamtsleitungen der Landesjugendämter Rheinland und Westfalen in 2012 wurden die Untersuchungsergebnisse vorgestellt und erörtert. Dr. Meysen vom deutschen Institut für Jugendhilfe und Familienrecht (DIJuF) hat aufgrund dieser statistischen Erkenntnisse und einer rechtlichen Einordnung der Früherkennungsuntersuchungen eine Empfehlung abgegeben. Danach subsumiert er, dass eine „festgestellte Nichtteilnahme an einer Früherkennungsuntersuchung kein Hinweis bzw. kein Anhaltspunkt für eine Kindeswohlgefährdung ist. Eingriffe in die Rechte von Eltern und Kind sind auf der Grundlage nicht festgestellter Früherkennungsuntersuchungen nicht zu rechtfertigen, insbesondere keine Gefahrenforschungseingriffe.“ (Dr. Meysen – DIJuf)

 

Die Landesjugendämter haben in der Konsequenz die Arbeitshilfe aus 2009 in 2012 aus dem „Netz“ genommen.

Der Fachbereich Jugend, Familien und Soziales der Stadt Rheine hat aus diesem Anlass die bisherige Verfahrenspraxis verändert:

In Zukunft werden die Meldungen des LIGA in der Geschäftsstelle des Jugendamtes alphabetisch gesammelt, damit diese Informationen bei anderen Gefährdungsmeldungen auf der Grundlage gewichtiger Anhaltspunkte ergänzend zur Verfügung stehen.

An die Eltern wird ein Anschreiben versendet, das sich deutlich positiv für die Wahrnehmung der Früherkennungsuntersuchungen positioniert.

Eine Auforderung zur Vorlage der nachträglich durchgeführten Untersuchung ergeht nicht. Auch erfolgt keine Gefahrenermittlung durch Fachkräfte des Jugendamtes bei Nichtteilnahme an einer Früherkennungsuntersuchung.

 

Die Landesjugendämter haben die Ergebnisse der Datenauswertung und das Gutachten des DIJuF den NRW Ministerien für Gesundheit und Jugendhilfe, sowie den kommunalen Spitzenverbänden zur Verfügung gestellt. Eine Änderung der UTeilnahmeDatVO wird von den Landesjugendämtern angestrebt. Sollten Informationen zu einer Neufassung vorliegen, wird diese nun entschiedene Verfahrenspraxis im Jugendamt in Rheine ggfls. modifiziert werden.