Beschlussvorschlag/Empfehlung:
Der Bauausschuss beschließt, dem Antrag auf Ausnahme von der
Baumschutzsatzung der Stadt Rheine vom 21.09.2012 für die Entfernung von zwei
Linden auf dem Grundstück Marktstraße 24 nur teilweise statt zu geben.
1. Eine
Fällgenehmigung soll erteilt werden für eine vor drei Jahren gekappte Linde mit
einem Stammumfang von ca. 150 cm. Diese Linde kann bei Umsetzung des auf dem
direkt angrenzenden Grundstück Marktstraße 20 vorgesehenen Neubau eines
viergeschossigen Wohn- und Geschäftshauses nicht erhalten werden, da der
Baukörper zu nah an den Baum heran reichen wird.
2. Für
die etwa 3-4 m weiter nördlich der gekappten „Kopf-Linde“ stehende, großkronige
Linde mit einem Stammumfang von ca. 170 cm wird die beantragte Fällgenehmigung
abgelehnt. Dieser Baum ist weiterhin zu erhalten. Um Beeinträchtigungen der
umliegenden Gebäude und Freiflächen durch Lichtentzug, Laubfall oder andere
Emissionen der Linde zu vermindern, soll
eine fachgerechte Kroneneinkürzung im Fein- und Schwachastbereich entsprechend
konkreter Vorgaben und Auflagen genehmigt werden.
Begründung:
Die o.g. Thematik
war bereits Gegenstand der Beratungen in der letzten Bauausschusssitzung.
In dieser Sitzung wurde über die Erweiterung der Tagesordnung
abgestimmt.
In der Gemeindeordnung NRW § 48(1) letzter Satz heißt es:
„Die Tagesordnung kann in der Sitzung durch Beschluss des
Rates erweitert werden, wenn es sich um Angelegenheiten handelt, die keinen
Aufschub dulden oder die von äußerster Dringlichkeit sind.“
Im
Nachgang hat die SPD-Fraktion das Vorliegen dieser Voraussetzung in Zweifel
gezogen.
Um
absolut rechtssicher zu handeln und dem geäußerten politischen Wunsch nachzukommen,
soll eine erneute Beschlussfassung aufgrund dieser Beratungsvorlage in der
heutigen öffentlichen Bauausschusssitzung erfolgen.
Die Eigentümer des
Grundstückes Marktstraße 24 haben im Zusammenhang mit dem auf dem benachbarten
Grundstück Marktstraße 20 anstehenden Abriss und der anschließenden Neubebauung
eines Wohn- und Geschäftshauses am 21. September 2012 einen Antrag auf Ausnahme
von der Baumschutzsatzung für die Entfernung von 2 geschützten Lindenbäumen
gestellt. Beide Bäume befinden sich an der östlichen Grundstücksgrenze, in Nähe
des benachbarten Bauvorhabens.
Die Antragsteller
erneuern Ihr bereits in 2009 vorgebrachtes Begehren einer Fällgenehmigung, da
sie nunmehr, aufgrund der auf dem Nachbargrundstück anstehenden Räumungs- und
Abrissarbeiten, eine günstige Gelegenheit sehen, die Fällarbeiten ohne größere
Komplikationen und Beeinträchtigungen der angrenzenden Grundstücke und Gebäude
vornehmen lassen zu können. Im Übrigen verweisen Sie auf die in Ihrem Antrag
aus 2009 bereits vorgebrachten Gründe.
Die vor drei Jahren
vorgebrachten Gründe waren aus Sicht der Verwaltung nicht hinreichend belegt
und nicht ausreichend, um Fällgenehmigungen zu erteilen. Insbesondere die
angeführten Einwirkungen der Bäume auf die im Grenzverlauf vorhandene Gartenmauer,
waren nicht zu belegen. Da diese Mauer als insgesamt stark baufällig und
abgängig zu beurteilen ist und sicher davon auszugehen ist, dass sie im Zuge
der anstehenden baulichen Veränderungen auf dem Grundstück Marktstraße 20
beseitigt werden muss, ist diese Argumentationslinie aktuell auch nicht mehr
aufrecht zu erhalten.
Um die heute
gegebene Situation zu beurteilen, fand am 2. Oktober 2012 ein Ortstermin statt,
bei der die beiden in Rede stehenden Bäume und die räumlichen Gegebenheiten in
Augenschein genommen wurden. Hierbei wurden auch die zu erwartenden
Veränderungen bei Umsetzung des geplanten Bauvorhabens auf dem angrenzenden
Grundstück in die Betrachtung einbezogen. Die Eigentümer haben dabei nochmals
die aus Ihrer Sicht von den beiden Linden ausgehenden Belastungen für die
Unterhaltung Ihrer Immobilie und die Beeinträchtigungen Ihres vermieteten
Wohn-, Praxis- und Geschäftsgebäudes durch den Lichtentzug hingewiesen. Aus
Sicht der Antragsteller würde die Ihnen bereits in 2009 genehmigte, fachgerechte
Einkürzung der großkronigen Linde um ca. 20-30 % die Beeinträchtigungen nicht
hinreichend und dauerhaft lösen und für sie unzumutbare Pflegeaufwendungen für
künftig wiederkehrende Schnittmaßnahmen verursachen.
Die Antragsteller
boten ihrerseits geeignete Ersatzanpflanzungen mit schmalkronig wachsenden
Laubbäumen an, wenn die beiden Linden entfernt werden dürften. Diese Bäume
würden auch in einer wirkungsvollen Pflanzgröße gepflanzt werden, so dass aus
Sicht der Antragsteller eine Grünkulisse wieder hergestellt würde, die langfristig
auch bei den engen Platzverhältnissen Bestand haben könnte und keine erheblichen
Beeinträchtigungen verursachen würde.
Aus Sicht der Verwaltung
ist die beantragte Fällgenehmigung, in Anbetracht der auf dem Nachbargrundstück
anstehenden Neubebauung, für die am nächsten zu dem Neubau stehende Linde zu
erteilen. Diese Linde steht derzeit in einem Abstand von ca. 5,40 m zu dem
abzureißenden Gebäude Marktstraße 20. Der Neubau soll den alten Baukörper um
etwa 3 m weiter Richtung der rückwärtigen Gartenfläche überschreiten und damit
die im Bebauungsplan Nr. 10 d „Westliche Innenstadt“ festgesetzte
Baugrenze voll ausnutzen. Dann würde mit der Nordwestecke des Neubaus ein
Abstand von lediglich noch 2,40 m zum Stamm der Linde entstehen. Obwohl die
Krone dieser Linde vor drei Jahren, ohne Einholung der hierfür erforderlichen Genehmigung,
vollständig gekappt wurde, würde die Kronentraufe diese „Kopfbaumes“ bereits
heute bis an die Fassade des geplanten Neubaus heran reichen. Zudem wird es bei
der Herstellung der Fundamente für das geplante, viergeschossige Gebäude sicher
auch zu erheblichen Wurzelverlusten und ‑beschädigungen kommen.
Die zweite Linde,
mit einem Stammumfang von ca. 170 cm, befindet sich etwa 3‑4 m
weiter nördlich der vorstehend genannten „Kopflinde“. Dieser großkronig entwickelte,
etwa 25 m hohe Baum, stellt aus Sicht der Verwaltung insbesondere für die
südlich liegende Bebauung an der Marktstraße keine erhebliche Beeinträchtigung
dar (keine direkte Beschattung und Abstand der Kronentraufe ca. 5-10 m zu den
Gebäuden Marktstraße 20 und 24). Bewohner (teilweise auch Eigentümer) der unmittelbar
westlich liegenden Wohn- und Geschäftshäuser Poststraße 20 und 22, deren
Balkone von Teilen der Baumkrone der großkronigen Linde direkt überragt werden,
fordern eine Erhaltung der beiden Linden, da diese Baumkulisse der einzige,
wirkungsvolle Grünbestand im näheren Umfeld und für die Wohnqualität der Häuser
von elementarer Bedeutung ist. Zudem haben diese Anlieger auch auf die hohe Bedeutung
der Bäume als Habitat oder wichtiges Lebensraumelement für teilweise gefährdete
oder streng geschützte Tierarten sowie die wichtigen klimatischen Funktionen
dieser Großbäume in der ansonsten weitgehend dicht bebauten Innenstadtlage hingewiesen.
Aus Sicht der
Verwaltung ist die Entfernung der vor einigen Jahren gekappten Linde in
Anbetracht der räumlichen Gegebenheiten, der anstehenden baulichen Veränderungen
und der Eingriffe in den Wurzel- und Kronenraum nicht vermeidbar. Auch eine Ersatzanpflanzung
an gleicher Stelle oder auf dem selben Grundstück ist auf der kleinen,
überwiegend befestigten Freifläche hinter dem Gebäude Marktstraße 24 kaum
möglich. Dem Antragsteller soll daher eingeräumt werden, die erforderliche
Ersatzanpflanzung auf einem anderen Grundstück im Geltungsbereich der Baumschutzsatzung
der Stadt Rheine umzusetzen oder alternativ eine entsprechende
Ausgleichszahlung an die Stadt Rheine zu leisten.
Für die zu
erhaltende Linde soll die Genehmigung für eine fachgerechte Einkürzung gemäß
der aktuellen „ZTV-Baumpflege“ erteilt werden. Die hierfür zu erbringenden
Aufwendungen und die Folgekosten für ggf. in einem Zeitrahmen von ca. 5-8 Jahren
notwendige erneute Rück- oder Pflegeschnitte, sind objektiv als zumutbar zu beurteilen.
Mit dem Erhalt der
großkronigen Linde und der Erhaltung der zwei großkronigen Bäume im
nordwestlichen Eckbereich des benachbarten Grundstückes Marktstraße 20,
können die bedeutenden Einzelbäume auch bei Umsetzung der baulichen
Veränderungen in diesem Bereich weiterhin erhalten werden und wesentliche ökologische
und gestalterische Funktionen auch künftig noch erfüllt werden.
Anlagen:
Anlage 1: Antragsschreiben vom 21.09.2012 und 12.11.2009
Anlage 2: Lageplan Baumbestand Marktstraße 24 und 20
Anlage 3: Foto der beiden Linden vom 02.10.2012