Betreff
Erweiterung Einkaufszentrum Schulte in Spelle - Schapen, Stellungnahme der Stadt Rheine zum regionalplanerischen Verfahren des Landkreises Emsland
Vorlage
213/13
Aktenzeichen
FB 5.1 - au -
Art
Beschlussvorlage

Beschlussvorschlag/Empfehlung:

 

Der Stadtentwicklungsausschuss „Planung und Umwelt“ nimmt die Stellungnahme der Stadt Rheine vom 22.3.2013 mit Zustimmung zur Kenntnis, die im Rahmen der Raumordnerischen Beurteilung des Landkreises Emsland zur Erweiterung des Einkaufszentrums Schulte in Schapen abgegeben wurde.

 

 


Begründung:

 

Der Landkreis Emsland hat ein Verfahren zur raumordnerischen Beurteilung der beabsichtigten Erweiterung des Einkaufszentrums Schulte in Schapen von derzeit 5.620 m² um 4.000 m² auf insgesamt 9.620 m² Verkaufsfläche eingeleitet.

 

1. Eckdaten des Erweiterungsvorhabens

 

Im Einzelnen sollen das Modehaus Schulte von derzeit von 3.320 m² um 1.650 m² auf insgesamt 4.870 m² Verkaufsfläche und das Schuhhaus der Firma Feldmann mit derzeit 340 m² um 350 m² auf insgesamt 690 m² Verkaufsfläche erweitert werden. Für den Sportfachmarkt mit 940 m² ist eine Erweiterung um 600 m² auf insgesamt 1.540 m² Verkaufsfläche geplant. Hinzukommen soll ein Elektrofachmarkt mit 850 m² Verkaufsfläche. Damit steht eine Vergrößerung der Verkaufsfläche für die genannten innenstadtrelevanten Sortimente um insgesamt 3.450 m² an.

Der bestehende Lebensmittel-SB-Markt mit 1.080 m² Verkaufsfläche und das bestehende Geschenkartikelgeschäft mit 40 m² Verkaufsfläche sollen nicht erweitert werden. Hinzukommen sollen aber ein Drogeriefachmarkt mit 300 m², ein Blumengeschäft mit 100 m² und eine Apotheke mit 150 m² Verkaufsfläche, sodass sich die Verkaufsfläche für nahversorgungsrelevante Sortimente um 550 m² erhöht.

 

2. Die planungsrechtliche Situation

 

Für das Einkaufszentrum hat der im Jahr 2000 in Kraft getretene Bebauungsplan Nr. 15 der Gemeinde Schapen eine differenzierte Sondergebietsfestsetzung mit sortimentsbezogenen Verkaufsflächenobergrenzen getroffen. Dieser Bebauungsplan soll das Einkaufszentrum Schulte einerseits absichern, andererseits aber auch auf Dauer eingrenzen. Diese Eingrenzung auf insgesamt 5.700 m² Verkaufsfläche war ein seinerzeit von allen Seiten akzeptierter Kompromiss, durch den die von den benachbarten Kommunen gegen die damalige Erweiterung angedrohten gerichtlichen Schritte vermieden wurden.

 

Dieser damalige regionale Konsens soll jetzt zugunsten einer Erweiterung von 4.000 m² Verkaufsfläche einseitig aufgekündigt werde. Aus den Bestandsangaben der Gemeinde Schapen ergibt sich, dass bereits heute bei den zentrenrelevanten Sortimenten eine Überschreitung der zulässigen Verkaufsflächenobergrenzen um 550 m² festzustellen ist.

 

Um die beabsichtigte Erweiterung des Einkaufszentrums um insgesamt 4.000 m² planungsrechtlich zu ermöglichen, müsste die oben genannte Sondergebietsfestsetzung des Bebauungsplanes Nr. 15 entsprechend geändert werden. Eine solche Änderung ist nur zulässig, wenn das Erweiterungsvorhaben städtebaulich und raumordnerisch verträglich ist.

 

Bei dem hier anstehenden Verfahren der raumordnerischen Beurteilung geht es um die Prüfung, ob dieses Erweiterungsvorhaben mit den Zielen und Grundsätzen der Landes- und Regionalplanung vereinbar ist. Nach § 1 Abs. 4 BauGB sind Bauleitpläne den raumordnerischen Zielen anzupassen. Die für die Planung solcher Einzelhandelsgroßprojekte einschlägigen Ziele im niedersächsischen Landes-Raumordnungsprogramm und im Regionalen Raumordnungsprogramm des Landkreises Emsland sind somit bei diesem Vorhaben strikt zu beachten und jeglicher Abwägung entzogen.

 

3. Raumordnungsrechtliche Unzulässigkeit des Vorhabens

 

a) Die Erweiterung des Einkaufszentrums in Schapen verstößt eindeutig gegen diese raumordnerischen Ziele. Dies ist das Ergebnis einer gründlichen rechtlichen Prüfung, die Herr Rechtsanwalt Dr. Heinz Janning durchgeführt und in einer längeren Stellungnahme zusammengefasst hat.

 

Danach verstößt das Erweiterungsvorhaben zunächst einmal gegen das Konzentrationsgebot, wonach Einzelhandelsgroßprojekte in Niedersachsen nur innerhalb des zentralen Siedlungsgebietes des jeweiligen zentralen Ortes zulässig sind. Im regionalen Raumordnungsprogramm ist zwar die Gemeinde Spelle, nicht aber die Gemeinde Schapen (2.450 Einwohner) als Grundzentrum ausgewiesen. Das Einkaufszentrum Schulte liegt damit eindeutig außerhalb eines zentralen Ortes und geht bereits mit seiner heutigen Größe und Sortimentsstruktur weit über einen grundzentralen Versorgungsauftrag hinaus. Eine Abweichung von diesem Ziel ist unter raumordnerischen Gesichtspunkten nicht vertretbar; hier wird zudem ein wichtiger Grundzug der beiden auf die zentralörtliche Gliederung ausgerichteten Raumordnungspläne missachtet.

 

Das Erweiterungsvorhaben geht weit über die Funktion einer reinen Bestandssicherung hinaus und dient letztlich einer erheblichen Expansion eines innenstadttypischen Einkaufszentrums außerhalb eines zentralen Ortes und auch außerhalb eines zentralen Versorgungsbereiches. Dies wird insbesondere am Umfang der Vergrößerung der zentrenrelevanten Verkaufsfläche und an der Hinzunahme eines großflächigen Elektro- und Elektronikfachmarktes und eines Drogeriefachmarktes deutlich. Ein rechtlich geschütztes Vertrauen des Eigentümers auf eine erneute Erweiterung seines Einkaufszentrums besteht nicht. Hier ist besonders auf die Vorgeschichte und die Begrenzungsfunktion des Bebauungsplanes Nr. 15 zu verweisen.

 

b) Das Erweiterungsvorhaben verstößt außerdem gegen das Integrationsgebot, wonach Einzelhandelsgroßprojekte, deren Kernsortimente innenstadtrelevant sind, nur innerhalb der städtebaulich integrierten Lagen zulässig sind. Ein Einkaufszentrum mit insgesamt fast 10.000 m² Verkaufsfläche für dominant innenstadtrelevante Hauptsortimente kann offenkundig in einer ländlichen Gemeinde mit nur 2.450 Einwohnern nicht als städtebaulich integriert angesehen werden.

 

c) Darüber hinaus dürfte das Vorhaben auch gegen das Beeinträchtigungsverbot verstoßen. Danach dürfen Einzelhandelsgroßprojekte u. a. ausgeglichene Versorgungsstrukturen sowie die Funktionsfähigkeit der zentralen Orte und integrierter Versorgungsstandorte nicht wesentlich beeinträchtigen.

 

Das von den Antragstellern vorgelegte Gutachten kommt zwar zu dem Ergebnis, dass durch die Erweiterung keine erheblichen Auswirkungen auf die Funktionsfähigkeit der zentralen Versorgungsbereiche in der Region ausgelöst würden. Diese Auswirkungsanalyse weist aber erhebliche Mängel auf und kann nicht als Planungsgrundlage verwendet werden. Die absatzwirtschaftlichen Umsatzumlenkungsquoten sind nicht fachgerecht ermittelt worden. Die absatzwirtschaftlichen Auswirkungen werden vielmehr durch nicht haltbare Grundannahmen gezielt verharmlost.

 

Zudem ist die städtebauliche Bewertung dieser Auswirkungen als durchaus zentrenverträglich schlechterdings nicht nachzuvollziehen. In mehreren benachbarten Kommunen dürfte sogar die Grenze zur Schädigung der zentralen Versorgungsbereiche überschritten sein. Ob dies auch für Rheine gilt, kann dahinstehen, weil das Erweiterungsvorhaben bereits wegen der klaren Verstöße gegen die standortbezogenen Zielvorgaben des Konzentrationsgebotes und des Integrationsgebotes raumordnungsrechtlich unzulässig ist.

 

4. Sachstand

 

In einem Termin am 21.2.2013, der von der IHK Münster und der Regionalplanungsbehörde Bezirksregierung Münster durchgeführt wurde, hat sich herausgestellt, dass jede der beteiligten Kommunen und Institutionen auf nordrhein-westfälischer Seite das geplante Vorhaben sehr kritisch beurteilt. Die Gemeinden Hopsten und die niedersächsische Samtgemeinde/ Stadt Freren haben jeweils eine gutachterliche Stellungnahme erarbeiten lassen, die das geschilderte Vorhaben und dessen Verträglichkeitsuntersuchung als unverträglich einstufen.

 

Die Stadtverwaltung hat dem Landkreis Emsland mit Schreiben vom 22.3.2013 (vgl. Anlage) unter Verweis auf die oben genannte rechtliche Stellungnahme von Herrn Dr. Janning mitgeteilt, dass das Erweiterungsvorhaben raumordnungsrechtlich und darüber hinaus auch städtebaurechtlich unzulässig ist und dass die Stadt Rheine daher jegliche Erweiterung dieses Einkaufszentrums in Schapen ablehnt.

 

 


Anlagen:

 

Stellungnahme der Stadt Rheine an den Landkreis Emsland vom 22.3.2013 inklusive Anhang