Betreff
Entfristung Projekt „Überwachung des fließenden Verkehrs“
Vorlage
163/15
Aktenzeichen
FB 3 - 32031
Art
Beschlussvorlage

Beschlussvorschlag/Empfehlung:

 

1.   Der Haupt- u. Finanzausschuss beauftragt den Fachbereich Recht und Ordnung über den 29. Februar 2016 hinaus dauerhaft mit der Wahrnehmung der Aufgaben der Überwachung des fließenden Verkehrs.

 

2.   Zwecks Sicherstellung der Aufgaben zu 1. werden in der Ordnungsbehörde des Fachbereiches Recht und Ordnung (FB  3) 

 

a.    1,0 Stelle für die mobile Geschwindigkeitsüberwachung

b.    und 2,25 Stellen für die Sachbearbeitung inkl. Ermittlungsdienst

 

zum nächstmöglichen Zeitpunkt in den regulären Stellenplan überführt.

 

 

 


Begründung:

 

Bekanntlich hat die Verwaltung im April 2014 mit der Überwachung des fließenden Verkehrs mittels stationärer Geschwindigkeitsüberwachung begonnen; seit Januar 2015 wurde das Projekt planungsgemäß dahingehend erweitert, dass die Überwachung des fließenden Verkehrs auch durch mobile Geschwindigkeitsüberwachung (Radarfahrzeug) stattfindet.

 

Das erste Jahr der stationären und die ersten Monate der mobilen Geschwindigkeitsüberwachung geben hinreichend Anlass, bereits jetzt das Projekt zu entfristen und die dauerhafte Fortsetzung der Überwachung des fließenden Verkehrs zu beschließen.

 

Dabei kann das Evaluationsergebnis wie nachfolgend aufgeführt zusammengefasst werden, wobei unter Punkt I. der Aspekt der Verkehrssicherheit und unter Punkt II. die fiskalische Aspekt aufbereitet werden, wobei sich letztgenannter auch auf die personelle Situation bezieht.

 

 

I.    Verkehrssicherheit

 

1.   Rechtsgrundlagen, Zuständigkeit, Verfahrensgrundsätze

Eine grds. Zuständigkeit für die Überwachung der Einhaltung zulässiger Höchstgeschwindigkeiten und der Befolgung von Lichtzeichenanlagen im Straßenverkehr an Gefahrenstellen ist für die Stadt Rheine gemäß § 48 Abs. 2 des Ordnungsbehördengesetzes (OBG NW) gegeben. Im Gegensatz zu allen anderen großen kreisangehörigen Städten wird im Gebiet der Stadt Rheine diese originäre Aufgabe nicht durch die Stadt Rheine wahrgenommen.

 

Weiteres regeln die erst zum 15.07.2013 geänderten Verwaltungsvorschriften zur Durchführung des § 48 OBG NW, die nachfolgend auszugsweise aufgeführt werden:

 

Maßnahmen zur Geschwindigkeitsüberwachung dienen der Verkehrssicherheit, insb. der Verhütung von Verkehrsunfällen mit schweren Folgen. Ziel ist die Reduzierung des allgemeinen Geschwindigkeitsniveaus als wirksamster Schutz gerade der schwächeren Verkehrsteilnehmer vor schweren Unfallfolgen. Um dies zu erreichen, bedarf es der Verhinderung und Sanktionierung von Verstößen gegen Geschwindigkeitsbeschränkungen, der Hauptursache für Unfälle mit schweren Folgen. Eine aktive abgestimmte Öffentlichkeitsarbeit von Polizei und Kommunen entfaltet eine akzeptanzfördernde Wirkung der Maßnahmen. Besondere Bedeutung kommt der Ankündigung von Kontrollen und der Veröffentlichung von Messstellen zu. Hierdurch kann die Wirkung der Maßnahmen erhöht werden.

 

Neben der Polizei sind nach § 48 Abs. 2 OBG auch die Kreisordnungsbehörden und die Großen kreisangehörigen Städte für die Überwachung der Einhaltung zulässiger Höchstgeschwindigkeiten und der Befolgung von Lichtzeichenanlagen zuständig. Ihre Zuständigkeit erstreckt sich nur auf die Überwachung an Gefahrenstellen.

 

Gefahrenstellen sind Unfallhäufungsstellen und solche Streckenabschnitte, auf denen eine erhöhte Unfallgefahr angenommen werden muss. Letzteres kann insb. in Betracht kommen an oder in unmittelbarer Nähre von Orten und Strecke, die vermehrt von schwachen Verkehrsteilnehmern wie Fußgängern und Fahrradfahrern sowie besonders schutzwürdigen Personen wie Kindern, Hilfsbedürftigen und älteren Menschen frequentiert werden, in unmittelbarer Nähe von sowie in Baustellen und ähnlichen straßenbaulichen Engpässen oder wenn überdurchschnittlich häufig Verstöße gegen eine Geschwindigkeitsbeschränkung festgestellt werden (neue Definition gültig seit dem 15.07.2013).

 

Die kommunalen Bußgeldstellen führen das gesamte Verfahren in eigener Verantwortung durch. Die zuständigen Bußgeldstellen haben die personellen und organisatorischen Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass der gesamte Verwaltungsaufwand - einschließlich der erforderlichen Fahrerermittlung - mit eigenen Kräften bewältigt werden kann. Geldbußen, die durch rechtskräftige Bescheide einer Bußgeldstelle festgesetzt sind, fließen in die Kasse der Körperschaft, der die Bußgeldstelle angehört.

 

 

2.   Erfahrungen

 

Zu konstatieren ist, dass sich das Projekt bereits positiv auf das Geschwindigkeitsniveau ausgewirkt hat.

 

Zwar ist zu berücksichtigen, dass sich die aktuellsten veröffentlichten Zahlen (Verkehrsunfallentwicklung 2014 in der Kreispolizeibehörde Steinfurt) lediglich auf das Jahr 2014 beziehen, in dem erst ab April / Mai mit dem Projekt begonnen wurde; gleichwohl lassen sich erste Erfolge dahingehend festhalten, dass zwar leider die Zahl der Verletzten zugenommen hat, die Unfallzahlen aber insgesamt rückläufig waren.

 

So gab es 2014 immerhin 63 Unfälle mit Sachschaden weniger als in 2013; außerdem gab es in 2014 lediglich einen Unfalltoten (was auch noch zuviel ist) gegenüber vier Unfalltoten in 2013.

 

Gleichwohl ist den nach wie vor – überraschend – hohen Fallzahlen immanent, dass nach wie vor deutlich zu schnell gefahren wird.

 

So merkte bei der Präsentation des o. g. Unfallberichtes Herr Ludwig Schnell, Leiter der Direktion Verkehr der Kreispolizeibehörde Steinfurt, zutreffend an: „Killer Nr. 1 ist noch immer die Geschwindigkeit“.

 

Lobend äußerte er sich über die Maßnahmen in Rheine, die erste Erfolge gebracht haben: „An den stationären Messpunkten ist die Zahl der Unfälle zurückgegangen“.

 

 

3.   Einschätzung des IM NRW

 

Minister Jäger formulierte am 9. Februar 2015 anlässlich der Vorstellung der Unfallzahlen / -statistik 2014:

 

„Anrede,

bei den Verkehrsunfallzahlen hätte ich Ihnen gerne wie im vergangenen Jahr einen neuen historischen Tiefststand bekannt gegeben. Von den reinen Zahlen her ist es für 2014 die zweitbeste nordrhein-westfälische Statistik. Aber bei Unfällen stehen die Zahlen für Tragödien, für Schicksale. Seit 2011 kämpfen wir mit unserer Strategie massiv und mit messbaren Erfolgen gegen zu hohe Geschwindigkeit, sie ist nach wie vor die mit Abstand häufigste Unfallursache. Hier müssen und werden wir also unsere Anstrengungen fortsetzen und intensivieren, um die Straßen sicherer zu machen.

Bei Sicherheit sprechen wir vom Vermeiden von Toten und Verletzten. 2014 starben auf den Straßen in NRW 520 Menschen. Das sind 41 mehr als 2013, ein Anstieg um 8,6 Prozent. Bei den Schwerverletzten verzeichnen wir eine Zunahme von mehr als 11 Prozent. 13.490 Unfallopfer mussten im vergangenen Jahr nach einem Verkehrsunfall im Krankenhaus behandelt werden. Um Ihnen eine Vergleichsgröße zu geben: Das sind etwa so viele Menschen wie die niederrheinische Stadt Kalkar Einwohner hat.

Auch bei den Leichtverletzten gab es einen Anstieg und zwar von 59.998 auf 63.271. Das sind 5,5 % mehr.

Bei den besonderen Zielgruppen ergibt sich folgendes Bild:

  • Die Zahl der tödlich verunglückten Motorradfahrer ist im vergangenen Jahr praktisch unverändert geblieben. Der bisher niedrigste Wert seit 1990 von 69 getöteten Motorradfahrern wurde mit nun 70 nur knapp verfehlt. Die polizeiliche Präsenz an besonders risikoreichen Biker-Strecken zahlt sich offenbar aus.
  • Unsere besondere Aufmerksamkeit gilt den jungen Erwachsenen im Alter zwischen 18 und 24 Jahren, weil sie überdurchschnittlich oft in schwere Verkehrsunfälle verwickelt sind. Um die Zahlen in eine Perspektive zu rücken, hilft der Blick auf das Jahr 2013. Damals starben 68 junge Fahrerinnen und Fahrer bei Unfällen. Das war ein Rückgang um ein Viertel gegenüber dem Vorjahr 2012. Für 2014 haben wir einen Anstieg um 5,9 % auf 72. Wir liegen damit immer noch deutlich unter den Zahlen von 2012. Das ist auch ein Erfolg unserer Unfallprävention. Herausragendes Projekt dabei ist der „Crash Kurs NRW“. Daran haben schon 430.000 Jugendliche in NRW teilgenommen.
  • Bei den schwächsten Verkehrsteilnehmern, die am wenigsten geschützt am Straßenverkehr teilnehmen, also ohne Airbag oder Knautschzone, stellt sich die Situation folgendermaßen dar: 
  • Leider starben im Vergleich zum Vorjahr mit 68 Radfahrern zwölf mehr. 50 % der Unfälle wurden von diesen selber durch eigenes Fehlverhalten verursacht.
  • Dies gilt auch für die Fußgänger. Hier hatten wir mit 115 Toten einen Anstieg um 5,5 %. Auch hier zeigt die Analyse, dass rund die Hälfte der getöteten Fußgänger den Unfall selber verschuldet hat.

Daraus lassen sich zwei Schlüsse ziehen: Das bedeutet zum einen, dass Autofahrer jeden zweiten dieser Unfälle verursacht haben. Das sollte jedem klar sein, der sich hinter das Lenkrad setzt und die Verkehrsregeln missachtet. Er gefährdet Fußgänger und Radfahrer. Und zum anderen ist die Frage, wie viele dieser Menschen noch leben könnten, wenn die Autos langsamer gefahren wären. Hier ist die Physik gnadenlos: Sie unterscheidet nicht zwischen „Schuld“ oder „nicht Schuld“. Entscheidend ist die Geschwindigkeit, denn der Bremsweg macht den Unterschied zwischen Leben und Tod: Dort, wo man bei 30 km/h zum Stehen kommt, fängt man bei 50 km/h erst an zu bremsen. Im Klartext: Der Unfall passiert erst gar nicht oder das Opfer wird mit 50 km/h ungebremst erfasst. Wir wissen, dass eine Senkung des Geschwindigkeitsniveaus um 2 km/h die Zahl der Unfälle mit Toten und Schwerverletzten um bis zu 15 % senken kann!

Wenn wir bei denjenigen, die zu schnell fahren, eine Verhaltensänderung erreichen wollen, reichen Kontrollen und Strafen nicht aus. Für die Sicherheit auf unseren Straßen wollen wir, dass die Autofahrer nicht zu schnell fahren und sich an die Verkehrsregeln halten. Deshalb ist nach wie vor die Aufklärung extrem wichtig. Wir müssen immer und immer wieder die Gefahren des Rasens in das Bewusstsein der Menschen bekommen.

Das bedeutet konkret, dass der Blitz-Marathon mit seiner intensiven Kommunikation ein wichtiges Instrument bleibt, um die Menschen für sicheres Fahren zu sensibilisieren. Das ist der Grund warum mehr und mehr Staaten in Europa dieses Konzept nutzen. Es zählt zu den wirkungsvollsten Aufklärungskampagnen, die wir im Moment anwenden können.

Als ergänzende Maßnahme werden wir landesweit unsere Verkehrssicherheitsstrategie erweitern. Neben den drei Hauptunfallursachen zu hohe Geschwindigkeit, Alkohol am Steuer und Verstoß gegen die Gurtpflicht gibt es ab sofort einen vierten Arbeitsschwerpunkt: Das Vorgehen gegen die Nutzung von Mobiltelefonen am Steuer. Telefonieren am Steuer ist lebensgefährlich. Das haben auch die Experten beim letzten Verkehrsgerichtstag im Januar in Goslar bestätigt. Und auch europaweit rückt dieses Problem zunehmend in den Fokus.

Die Polizei sieht mit großer Sorge, dass Autofahrer sich zunehmend ablenken lassen. Eine immer größere Rolle spielen dabei heute die Smartphones. Während im Jahr 2009 noch 6,3 Millionen der internetfähigen Handys in Deutschland genutzt wurden, waren es im letzten Jahr bereits 41 Millionen.

 Eine Studie der Dekra zeigt: Von allen Autofahrern telefonieren ständig rund 3 Prozent verbotswidrig am Steuer. Eine aktuelle Schätzung des Automobilclubs Europa (ACE) geht davon aus, dass bei jedem zehnten Unfall Ablenkung am Steuer eine entscheidende Rolle gespielt hat.

Wer bei Tempo 50 den Blick für zwei Sekunden von der Straße abwendet, um z.B. aufs Display zu schauen, fährt fast 30 Meter im Blindflug. Telefonieren am Steuer ist genauso gefährlich wie 0.8 Promille Alkohol im Blut, wer simmst, reagiert wie ein Fahrer mit 1,1 Promille im Blut.

In Nordrhein-Westfalen wird die Handynutzung bei Verkehrsunfällen mit Verletzten bzw. hohem Sachschaden seit 1998 erhoben. Seither bewegt sich deren Zahl zwischen 115 und 169. Auch wenn dies eher kleine Zahlen sind, wissen wir eben, dass wir ein sehr großes Dunkelfeld haben.

Ich begrüße daher ausdrücklich die Forderungen des jüngsten Verkehrsgerichtstages. Diese Daten sollten bundesweit einheitlich erhoben werden. Außerdem brauchen wir klarere rechtliche Vorschriften, die der aktuellen Entwicklung gerecht werden und das Nutzen von Mobiltelefonen im Straßenverkehr eindeutig einschränken. Gemeinsam mit meinem Kollegen Minister Groschek unterstütze ich auch diesen Vorschlag der Experten.

Die Polizei wird in Zukunft noch intensiver gegen die riskante Ablenkung durch Smartphones vorgehen.

Die Polizei wird systematisch arbeiten:

  • Das ist 1. die Prävention. Sie wird verstärkt aufklären und dabei das emotionale und erlebnisbetonte Konzept des Crash-Kurses einsetzen.
  • Sie wird 2. intensiver kontrollieren und
  • dann 3. entsprechend sanktionieren. Zu dieser konsequenten Verfolgung rechtswidriger Handynutzung zählt auch die Beweissicherung. Die Folgen können sehr unangenehm sein. Das heißt konkret: Wenn bei einem Unfall mit Personenschaden der Verdacht besteht, dass der Fahrer durch das Handy abgelenkt war, wird die NRW-Polizei künftig das Handy sicherstellen und auf Anordnung der Staatsanwaltschaft auswerten, ob eine Kommunikationsverbindung zum Unfallzeitpunkt bestand.

Zu Recht wird mir beim Thema Sicherheit die Frage gestellt, ob wir mit unseren Maßnahmen die richtigen Prioritäten setzen. Ich finde es naheliegend und notwendig, Antworten zu geben, ob wir uns nicht mehr der islamistischen Bedrohung stellen müssen, anstatt erhebliche Polizeikräfte für Aufklärungsaktionen für Verkehrssicherheit zu bündeln.

Für uns ist es keine Entscheidung des „Entweder---Oder“. Zur Terrorabwehr wird die Landesregierung polizeilichen Staatsschutz, Landeskriminalamt und Verfassungsschutz mit insgesamt 385 Stellen verstärken.

Dieses zusätzliche Personal ist ein klares Signal für unseren Auftrag. Wir machen keine Abstriche bei unserer Gesamtsicherheitsstrategie. Dazu gehört die Verkehrssicherheitsarbeit gleichrangig mit Einsatzbewältigung und Kriminalitätsbekämpfung.

 

Das bedeutet folgerichtig:

 

Keine Abstriche bei der Verkehrssicherheitsarbeit!

 

Analysen zeigen, dass Verkehrsunfälle zu über 95 % durch menschliches Fehlverhalten verursacht werden. Das heißt im logischen Umkehrschluss:

520 Tote, 13.490 Schwerverletzte und 63.271 Verletzte sind weitgehend vermeidbar!

Diese Erkenntnis ist die Leitlinie unseres Handelns. Wir wollen weniger Risiko, weniger Fehler, mehr Rücksicht, mehr Verantwortung am Steuer.

Dafür stehe ich und dafür setzen sich unsere Beamtinnen und Beamten mit großem Engagement ein: Wir werden konsequent daran arbeiten, um aufzuklären und die Menschen zu sensibilisieren, damit unsere Straßen sicherer werden.

 

Unser Ziel bleibt unverändert: weniger Tote und Verletzte auf NRW-Straßen!

 

Wir haben mit unserem Strategiewechsel 2011 einen langen Weg eingeschlagen.

Diesen Weg wollen und werden wir weiter gehen.“

 

Die Sache ist dem IM seit Jahren ein gewichtiges Anliegen; so wurden bereits mit Schreiben vom 26. Oktober 2011 die „Grundsatzrichtlinien für die Verkehrssicherheitsarbeit in Fortführung der Fachstrategie Unfallbekämpfung erlassen, die ausdrücklich präventive und repressive Maßnahmen, u. a. auch die Überwachung, ausdrücklich vorsehen. U. a. heißt es dort:

 

„[…] Daneben ist in den Kreispolizeibehörden (KPB) eine noch intensivere Abstimmung mit kommunalen Überwachungsaktivitäten erforderlich, um die beabsichtigte Wirkung zu erzielen. […]“

 

 

4.   Einschätzung der Kreispolizeibehörde

 

Die Kreispolizeibehörde des Kreises Steinfurt schrieb in einer Pressemeldung vom 27. März 2015:

 

„[…] Obwohl sich die Unfallzahlen im Kreis Steinfurt im vergangenen Jahr (2013, Anm. d. Verf.) durchaus positiv entwickelt haben, sind im Jahr 2014 auf unseren Straßen 22 Menschen nach Verkehrsunfällen verstorben und 380 Menschen schwer verletzt worden. Zu schnelles Fahren ist nach wie vor mit Abstand die häufigste Unfallursache. Die gefahrene Geschwindigkeit ist maßgeblich für die Unfallfolgen verantwortlich, denn der Bremsweg macht oft den Unterschied zwischen Leben und Tod. Wir werden daher, wie Minister Ralf Jäger bei der Vorstellung der Verkehrsunfallbilanz 2014 sagte: ‚Unsere Anstrengungen fortsetzen und intensivieren, um die Straßen sicherer zu machen. Bei Sicherheit sprechen wir vom Vermeiden von Toten und Verletzten.‘[…]“

 

 

  1. Einschätzung der Straßenverkehrsbehörde der Stadt Rheine

 

Nach wie vor ist eine Vielzahl der Unfälle auf überhöhte bzw. nicht angepasste Geschwindigkeit zurückzuführen.

 

Neben verkehrserzieherischen und aufklärenden Maßnahmen muss auch auf Überwachung und Erhöhung der Kontrolldichte auf den Straßen im Stadtgebiet gesetzt werden, damit  das Geschwindigkeitsniveau zur günstigen Entwicklung der Unfallzahlen und Unfallfolgen gesenkt werden kann.

 

Durch Kombination stationär eingerichteter Überwachungsanlagen an verschiedenen Problempunkten sowie der Schaffung einer Möglichkeit für eine mobile Geschwindigkeitskontrollen im übrigen Stadtgebiet wird der Effekt erzielt, dass Kraftfahrer/innen jederzeit und überall mit einer Kontrolle rechnen müssen.

 

Für den Bereich der mobilen Geschwindigkeitsüberwachung werden insbesondere folgende Örtlichkeiten in den Fokus genommen:

 

  1. Schulen
  2. Kindergärten
  3. Altenheime
  4. Unfallhäufungsstellen (Hier handelt es sich um von der Polizei ermittelte Gefahrenpunkte, die von der Unfallkommission untersucht werden)
  5. Unfallgefährliche Stellen (Hier handelt es sich nicht um die vorgenannten Unfallhäufungsstellen, sondern um Gefahrenstellen, an denen unangemessene Geschwindigkeit unfallursächlich ist.)
  6. Bereiche, in denen überdurchschnittlich häufig Verstöße gegen Geschwindigkeitsbeschränkungen festgestellt wurden.

 

Abschließend ist anzumerken, dass es selbstverständlich auch weiterhin zwingend erforderlich sein wird, präventiv tätig zu sein, also im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit zu beraten und aufzuklären sowie  an Verkehrssicherheitstagen teilzunehmen. Dies lässt sich jedoch sehr gut mit den Erfahrungen aus der repressiven Arbeit kombinieren.

 

So gab es bereits im Rahmen bspw. des ersten europaweiten „Blitzmarathons“ am 16. April 2015 eine konzertierte Aktion mit der Kreispolizeibehörde sowie dem Kreis Steinfurt.

 

Ebenso ist es erforderlich, die Bevölkerung auf das Thema aufmerksam zu machen, indem die Messstellen bekannt gegeben werden, um den geschwindigkeitsreduzierenden Effekt zu fördern.

 

Perspektivisch – spätestens bei einem signifikanten Rückgang der Fallzahlen und damit einem Erreichen eines geringeren Geschwindigkeitsniveaus an diesen Stellen - ist angedacht, ggf. die Standorte der stationären Systeme zu ändern.

 

Bzgl. der mobilen Überwachung sind bereits etliche – über die „alten“ Standorte des Kreises hinausgehende – weitere Standorte unter Beachtung der o. g. Ziffern ausgemacht und aktiv abgedeckt worden; im Laufe des Jahres werden weitere dazu kommen. – Von daher wird vermieden, dass die Autofahrer nur an den ihnen bekannten Messstellen vom Gas gehen, eben weil sie davon ausgehen müssen, dass sie an nahezu jeder Stelle im Stadtgebiet gemessen werden könnten.

 

 

II.    fiskalische Betrachtung

 

Auch wenn die Verkehrssicherheit vorrangiger Grund für das Projekt und die Intention dessen Fortsetzung ist, so darf doch konstatiert werden, dass auch die fiskalische Betrachtung einer Entfristung des Projektes nicht entgegensteht.

 

 

  1. Aufwand ó Ertrag

 

Die derzeitige vertragliche Konstruktion mit der JENOPTIK AG sieht so aus, dass JENOPTIK pro aufbereitetem Datensatz eine Pauschale von 6,50 € erhält.

Dazu kommen die Kosten für Personal, Sachkosten, IT usw.

 

Dem stehen die Summen der Verwarn- und Bußgelder gegenüber.

 

Konkret stellt sich die Aufwands- und Ertragssituation nach einem Jahr Laufzeit
(April 2014 – März 2015) bei insgesamt 42.792 Verfahren wie folgt dar:

 

Aufwand und Ertrag von April 2014 – März 2015

Personalkosten nach KGSt „Kosten eines Arbeitsplatzes“, d.h. aller Personal- Sach- und Gemeinkosten

137.439 €

Ermittlungsdienst lt. Vertrag mit dem Kreis Steinfurt

    7.333 €

Bildaufbereitung

308.897 €

Sachkosten (z.B. Porto, Fahrtkosten,
Fortbildung)

  41.946 €

 

Summe - Aufwand

495.617 €

 

Verwarngelder

896.230 €

Bußgelder

  63.053 €

Summe -  Ertrag

959.284 €

 

Saldo

463.666 €

 

Der hohe Ertrag im ersten Projektjahr von 959 TEUR ist jedoch nicht repräsentativ und kann sicher nicht als Maßstab für eine seriöse Kalkulation der Folgejahre zugrunde gelegt werden. Das nachfolgende Diagramm stellt dieses dar.

 

 

Selbst bei vorsichtig angenommenen Fallzahlen mit einer Höhe von (nur) 15 € pro Verwarnung und unter Berücksichtigung von bisher noch nicht eingesetztem Personal (1,0 Überwachungskraft, 2,0 Sachbearbeitung, 0,25 Ermittlungsdienst) wird dennoch für 2016 ein positiver Saldo verbleiben. Legt man die Zahl der Verwarnungen des 1. Quartals 2015 zugrunde, wurden durchschnittlich 2.400 Fahrer pro Monat „geblitzt“. Hochgerechnet auf ein Jahr ergibt sich somit folgende Kalkulation:

 

 

Prognose

Fallzahl

 

Kosten

Bildauf-bereitung

 

 

Portokosten

Personal- Sach und Gemeinkosten für 3,25 Stellen kalkuliert nach KGSt „Kosten eines Arbeitsplatzes“

 

 

Aufwand gesamt

28.800

187.000 €

21.600 €

215.000 €

423.600

 

 

Prognose

Fallzahl

Höhe der Verwarnung pro Fall

Ertrag
gesamt

28.800

15 €

432.000 €

 

Saldo

    8.400 €

 

Durch (s.o.) „Abwechslung“ in den Messstellen ist damit zu rechnen, dass der Saldo zwischen Aufwand und Ertrag auch künftig positiv sein wird. Zudem ist intendiert, bei dem Dienstleistungsunternehmen günstigere Konditionen zu verhandeln um dadurch den Aufwand zu reduzieren.

 

 

  1. Personal

 

Ursprünglich waren für das Projekt 2,00 Stellen vorgesehen (1,0 Überwachung Radarwagen, 0,5 SB plus 0,5 SB); diese Planung ging allerdings auf die Prognose zurück, dass es ca. 10.000 Fälle p. a. geben würde. Die derzeitige Realität liegt indes beim mehr als Vierfachen. Daher musste im laufenden Jahr 2014 bereits eine Aufstockung um 0,25 Stellen vorgenommen werden.

 

Mit der derzeitigen Personalausstattung ist diese Arbeit definitiv nicht zu leisten.

 

Die Bewältigung des Volumens war bisher überhaupt nur möglich durch Unterstützung durch andere Mitarbeiter der Ordnungsbehörde, die allerdings dadurch bedingt wichtige andere Aufgaben zurückstellen mussten. So geht diese Unterstützung in der Sachbearbeitung durch andere Mitarbeiter bspw. zu Lasten des Außendienstes der Ordnungsbehörde; Gaststätten- / Nichtraucherschutzkontrollen usw. finden bspw. derzeit in viel zu geringem Umfang statt.

 

Innerhalb der recht kurzen Verfolgungsverjährungsfrist von nur drei Monaten kann die Vielzahl der Fälle nur mit einem Mehr an Personal bewältigt werden. Dabei darf nicht übersehen werden, dass bei einem extrem großen Anteil der Fälle zunächst eine Miet- oder Leasinggesellschaft angeschrieben werden muss oder eine sonstige Abweichung zwischen fotografiertem Fahrer und Halter ab- und aufzuklären ist; dazu kommen die aufwendigen Fälle mit Auslandsbezug usw.

 

Außerdem ist zu berücksichtigen ein sehr hoher Anteil von Einsprüchen, der den Sachbearbeitungsaufwand weiter in die Höhe treibt, zumal nur einige, längst jedoch nicht alle Einsprüche mittels standardisierter Textbausteine abgearbeitet werden können.

 

In vorgenanntem Kontext ist anzumerken, dass derzeit der sogenannte Ermittlungsdienst – der erforderlich ist für die eigenen klärungsbedürftigen Fälle und auch für diejenigen anderer Kommunen / Behörden, die im Rahmen von Amtshilfeersuchen an die Stadt Rheine gerichtet werden (diesbzgl. ist der ED zwingend) - derzeit durch den Kreis Steinfurt erledigt wird.

 

Seitens des FB 3 ist intendiert, diesen Ermittlungsdienst künftig selbst durch das Personal der Ordnungsbehörde durchzuführen mit der Folge, dass bspw. deutlich geringere Fahrtkosten anfielen, die derzeit dem Kreis ST zu erstatten sind. Für die Prognoseberechnung wurden daher insgesamt Personalkosten für 3,25 Stellen im mittleren Dienst angesetzt.

 

Zusammenfassend wird gebeten, die Personalausstattung der Ordnungsbehörde - zumindest wie in der Beschlussempfehlung vorgesehen - etwas mehr in Kongruenz zum zwingend Erforderlichen zu bringen.