Betreff
Neuer Fördermodus der Begegnungsstätten, Senioreneinrichtungen oder Seniorenclubs
Vorlage
301/15
Aktenzeichen
FB 2/5027-ko
Art
Beschlussvorlage

Beschlussvorschlag/Empfehlung:

Der Sozialausschuss begrüßt die neuen Grundsätze zu den neuen Fördermodalitäten der Seniorenbegegnungsstätten, Senioreneinrichtungen oder Seniorenclubs und beauftragt die Verwaltung, diese im Seniorenbeirat und im Arbeitskreis Senioren vorzustellen und die aus den neuen Grundsätzen sich ergebenen finanziellen Auswirkungen darzustellen.


Begründung:

 Entwicklung der Seniorenbegegnungsstätten

 

Nachdem sich Seniorengruppen zum Teil in Privathäusern oder in sehr beengten Räumlichkeiten der Pfarrgemeinden trafen und um dem wachsenden Wunsch der älteren Menschen nach mehr Begegnung und Unterhaltung gerecht zu werden, entstanden in den 70/80er Jahren neue Seniorenbegegnungsstätten.

 

Der Anspruch auf größere Räumlichkeiten, die Nutzung einer Küche, häufigere Treffen, längere Öffnungszeiten wurden somit gewährleistet.

 

Die Arbeit für die Seniorinnen und Senioren wurde belebt und entwickelte sich weiter.

 

Die Stadt Rheine unterstützt bislang diese klassische, traditionelle und ehrenamtliche Seniorenarbeit in den reinen Seniorenbegegnungsstätten durch eine finanzielle Förderung.

 

Der bisherige Fördermodus beinhaltet:

 

1.     einen Sockelbetrag pro regelmäßigen Veranstaltungstag und die Öffnungszeiten

2.     die Besucherzahl

3.     die Einzugsbereiche und die Zahl der dortigen über 60-jährigen

4.     die Programmkosten und die Schulungsmaßnahmen

5.     die Betriebskosten der Einrichtungen

 

 

Veränderung der Seniorenarbeit

 

In den letzten beiden Jahrzehnten hat jedoch in der offenen Seniorenarbeit ein entscheidender Paradigmenwechsel stattgefunden, der sich in der Arbeit der Begegnungsstätten widerspiegelt. Herrschte in den 70er Jahren das Leitbild des Betreuens vor, welches von der weitgehenden Abwesenheit von Anforderungen an die Seniorinnen und Senioren geprägt war, wurde in den 80gern der Fokus auf die Teilhabe der älteren Menschen an der Gesellschaft durch deren Aktivierung gelegt.

 

Das heutige Altersbild des „produktiven Alterns“ zielt dagegen auf die Gestaltung sozialen Lebens mittels Mobilisierung vorhandener und häufig brachliegender Potenziale und Ressourcen der Seniorinnen und Senioren.

 

Hintergrund dieses Paradigmenwechsels ist die demografische Entwicklung der Gesellschaft. Durch die gestiegene Lebenserwartung der Bevölkerung und das Aufweichen des Zeitpunktes des faktischen Austritts aus dem Erwerbsleben (z. B. Altersarbeitszeitmodelle, Frühverrentung oder Arbeitslosigkeit) ist die Lebensphase Alter länger und zugleich weniger eindeutig von den anderen Lebensphasen abgrenzbar geworden. Gleichzeitig haben sich durch die Individualisierung und Pluralisierung der Lebensformen Lebensstile und –situationen der älteren Bevölkerung ausdifferenziert, sodass nicht mehr von der Gruppe der Älteren gesprochen werden kann. Vielmehr unterscheiden sie sich untereinander deutlich in vielen Aspekten, wie chronologisches Alter, Gesundheit, Einkommenssituation, Lebens- und Berufsbiografie, Bildungsstand, Lebens- und Wohnformen, Religion und Kultur.

 

Diese veränderte Situation hat die Stadt Rheine aufgegriffen, um sich zu fragen, wie die Zukunft auf lange Frist auszusehen hat und  die Begegnungsstättenarbeit weiterentwickelt werden kann.

 

In dem 2010 erstellten Sozialplan „Alter“ sind Handlungsempfehlungen u. a. zur offenen Seniorenarbeit, Begegnungsstättenarbeit erstellt worden. Es heißt dort: Ein zentrales Thema der zukünftigen Seniorenarbeit wird die konzeptionell und praktische Weiterentwicklung der Seniorenbegegnungsstätten sein. Die Einrichtungen sollen zukünftig mehr Einrichtungen der Bildung und Kultur werden. Die kommende ältere Generation wird stärker an Kultur und Bildung interessiert sein und quantitativ und qualitativ steigende Ansprüche haben, die mit den jetzigen Angeboten selten übereinstimmen. Eine Begegnungsstätte sollte Plattform sein, von der aus unterschiedliche Teilhabeprozesse initiiert werden. Von ihr sollten Impulse für das nachbarschaftliche Zusammenleben oder die Verbesserung der Infrastruktur im Quartier ausgehen. So entwickeln sich für den älteren Menschen handlungsrelevante Kontexte, in denen sie eine aktive gestaltende und verantwortungsvolle Rolle übernehmen und sie aus der passiven Konsumentenrolle hinausführt. Dann sind Begegnungsstätten Orte einer gelebten Demokratie im Alter, die auch generationsübergreifend wirken.

 

Diese Handlungsempfehlungen werden allerdings zum jetzigen Zeitpunkt so kaum in den bestehenden Begegnungsstätten umgesetzt, da die derzeitige Besuchergruppe von höher betagten Menschen mit dem bestehenden Programm und Angebot im Großen und Ganzen übereinstimmt und eine Erneuerung nicht anstrebt.

 

Kommt es hier aber nicht zu einer Änderung, wird die Beteiligung und Besucherzahl in den nächsten Jahren weiter deutlich rückläufig sein.

 

Da Erneuerungen und ein Umdenken in der offenen Seniorenarbeit schwierige und komplexe Prozesse sind, benötigen die Einrichtungen dabei Unterstützung und dürfen nicht allein gelassen werden. Denn nicht zu vergessen ist, dass die wertvolle Seniorenarbeit auf ehrenamtlicher Basis durchgeführt wird.

 

Ein Aspekt, der hier zukunftsorientiert den Begegnungsstätten hilfreich sein kann, ist eine neu gestaltete finanzielle Förderung der offenen Seniorenarbeit, die sich an Kriterien festmacht, die sich an einer veränderten Arbeit mit und für Seniorinnen und Senioren orientiert und sich den neuen Aufgaben aktiv stellt.

Der Förderansatz, die Förderkriterien und deren Verteilung, die in 70/80er Jahren entwickelt und aufgestellt wurden, sollten daher überprüft und an die derzeitigen und künftigen Ansprüche und Veränderungen in der Seniorenarbeit angepasst werden. So ist eine inhaltliche Neuausrichtung mit neuen Handlungskonzepten möglich.

 

Der Anspruch und die methodische Ausrichtung einer Seniorenbegegnungsstätte sind heutzutage

 

1.     auf einen gemeinwesenorientierten Ansatz zu gründen, der auf Vernetzung vieler relevanter Akteure aus der Seniorenarbeit, aber auch aus anderen Bereichen des öffentlichen Lebens im jeweiligen Sozialraum/Stadtgebiet besteht. So können neue Angebote geschaffen und die jeweiligen Ressourcen der beteiligten Akteure gebündelt werden. Dieses trägt zur Verbesserung der Lebensqualität bei.

 

2.     auf eine Zielgruppendifferenzierung auszurichten. Begegnungsstätten sollten sich heute mit einer äußerst ausdifferenzierten Zielgruppe konfrontieren, denn die Lebensphase „Alter“ umfasst heute deutlich mehr als zwei Jahrzehnte. Die unterschiedlichsten Gruppen: noch jung bis sehr alt, aktiv bis zurückgezogen lebend, gesund ebenso wie krank und pflegebedürftig, sozial integriert bis isoliert, wohlhabend ebenso wie benachteiligt und arm, selbstständig wie auf Hilfe angewiesen sind in den Blickpunkt der Seniorenarbeit aufzunehmen.

 

3.     auf die Kontinuität/verlässliche Öffnungstage und Öffnungszeiten auszurichten und im Sinne einer modernen Seniorenarbeit die Angebotsstrukturen für bestimmte Zielgruppen aufzubauen und zu erweitern.

 

Diese neuen Aspekte stellen die ehrenamtlich geführten Seniorenbegegnungsstätten vor neuen Herausforderungen.

 

Um diese zu bewältigen, ist zusätzlich zu den Bezuschussungen und neben der Koordinierungsstelle für die Seniorenarbeit den Begegnungsstätten seit 2014 eine weitere Fachkraft der Beratungsstelle für ältere Menschen und deren Angehörige des CV Rheine -entsprechend der vertraglichen Vereinbarung zwischen der Stadt Rheine und dem CV Rheine zur Umsetzung des Sozialplans „Alter“ eine Personalaufstockung um 70 % der Bruttopersonalkosten einer 0,5-Stelle (vgl. Soz.-A. Beschluss vom 03. 12. 2013 – SOZ/017/2013) - zur Seite gestellt, die mit Rat und Tat den Einrichtungen und bei der Umsetzung und Neuorientierung zur Verfügung steht.

 

 

Neuer Fördermodus der Begegnungsstätten, Senioreneinrichtungen oder Seniorenclubs

 

Der Sozialplan „Alter“ kam in einer seiner Untersuchungen zu dem Ergebnis, dass das freiwillige Ehrenamt und damit auch die Arbeit in den Seniorenbegegnungsstätten einen eher konventionellen Charakter aufweist und auf eine Initiierung moderner Formen des Engagements mehr Gewicht gelegt werden soll.

Mit dem neuen Fördermodus werden Rahmenbedingungen gesetzt, in denen Selbstbestimmung im Alter ernst gemeint ist.

 

Grundvoraussetzungen für die Förderung

 

1.   Zielgruppendifferenziert

 

Zielgruppen:

 

-  Menschen im Übergang in den Ruhestand (ca. 55 bis 67 Jahre)

-  aktives Ruhestandsalter

-  immobile ältere Menschen und mobilitätseingeschränkte ältere Menschen, die auch im Sinne der UN-Behindertenrechtskonvention ein Recht auf selbstbestimmtes und teilhabendes Leben haben

 

Hauptsächlich sprechen Einrichtungen nur eine spezielle Zielgruppe - die älteren Seniorinnen und Senioren - an. Die jüngeren Älteren werden wenig berücksichtigt, bleiben aus, sie fehlen und beeinflussen nicht die Begegnungsstättenarbeit.

 

Dieses soll durch eine bedarfsgerechte, zielgruppenspezifische Angebotserweiterung und durch Schaffung von Räumen und Anlässen für gemeinschaftliche Aktivitäten begegnet werden. So kann aktive und eigenverantwortliche Teilhabe stattfinden und eine Öffnung für weitere Zielgruppen erfolgen.

 

Voraussetzung für eine Förderung: Ein regelmäßiges Angebot für mindestens 2 unterschiedliche Zielgruppen (Altersgruppen) bei 5 Öffnungstagen. Eine Einrichtung mit 3 Öffnungstagen sollte mindestens 1 Angebot für eine weitere Zielgruppe vorhalten.

 

2.   Angebotsformen

 

Die kommenden Generationen wollen keine fertigen Angebote, sondern die Möglichkeit, ihren Bedürfnissen, Ansprüchen und Wünschen gemäß aktiv zu werden und ihren Sozialraum aktiv gestalten, um ihre Lebensqualität zu halten und zu verbessern.

 

Die Öffnungstage und Öffnungsstunden sollen kontinuierlich, verlässlich und wiederkehrend erfolgen, keine sporadischen Öffnungszeiten.

 

Es wäre wünschenswert jeden Tag geöffnet zu haben für die Dauer von mindestens 3 Stunden. Minimum einer Förderung sind 3 Öffnungstage pro Woche mit 5 Angeboten.

 

3.   Gemeinwesenorientiert und vernetzt

 

Eine Förderung kann stattfinden bei einer Vernetzung mit unterschiedlichen Gruppierungen und verlässlichen Kooperationsvereinbarungen. Die geplanten, vielschichtigen Themen und Aktivitäten sollen aufeinander abgestimmt sein und sich gegenseitig ergänzen.

 

Eine regelmäßige Teilnahme und Mitwirkung im Arbeitskreis der Senioren der Stadt Rheine soll erfolgen, um eine Weiterentwicklung der Seniorenarbeit zu fördern.

 

Die Informationen über Aktivitäten, den Angeboten und den Vernetzungen sind durch Medien, wie:

 

-    Zeitung, Flyer, Programmhefte, Aushänge, Schaukästen

-            Internetseite der Einrichtung und Internetseite des Seniorenbeirates

-            sowie Einladungsschreiben, Berichte über Veranstaltungen,

-             

zu veröffentlichen.

 

Begegnungsstätten haben sich als Partizipationsknotenpunkte zu verstehen.