Beschlussvorschlag/Empfehlung:
Der
Sozialausschuss begrüßt die neuen Grundsätze zu den neuen Fördermodalitäten der
Seniorenbegegnungsstätten, Senioreneinrichtungen oder Seniorenclubs und beauftragt
die Verwaltung, diese im Seniorenbeirat und im Arbeitskreis Senioren vorzustellen
und die aus den neuen Grundsätzen sich ergebenen finanziellen Auswirkungen
darzustellen.
Begründung:
Entwicklung der
Seniorenbegegnungsstätten
Nachdem sich
Seniorengruppen zum Teil in Privathäusern oder in sehr beengten Räumlichkeiten
der Pfarrgemeinden trafen und um dem wachsenden Wunsch der älteren Menschen
nach mehr Begegnung und Unterhaltung gerecht zu werden, entstanden in den
70/80er Jahren neue Seniorenbegegnungsstätten.
Der Anspruch auf
größere Räumlichkeiten, die Nutzung einer Küche, häufigere Treffen, längere
Öffnungszeiten wurden somit gewährleistet.
Die Arbeit für die
Seniorinnen und Senioren wurde belebt und entwickelte sich weiter.
Die Stadt Rheine
unterstützt bislang diese klassische, traditionelle und ehrenamtliche
Seniorenarbeit in den reinen Seniorenbegegnungsstätten durch eine
finanzielle Förderung.
Der bisherige
Fördermodus beinhaltet:
1.
einen
Sockelbetrag pro regelmäßigen Veranstaltungstag und die Öffnungszeiten
2.
die
Besucherzahl
3.
die
Einzugsbereiche und die Zahl der dortigen über 60-jährigen
4.
die
Programmkosten und die Schulungsmaßnahmen
5.
die
Betriebskosten der Einrichtungen
Veränderung der Seniorenarbeit
In den letzten
beiden Jahrzehnten hat jedoch in der offenen Seniorenarbeit ein entscheidender
Paradigmenwechsel stattgefunden, der sich in der Arbeit der Begegnungsstätten
widerspiegelt. Herrschte in den 70er Jahren das Leitbild des Betreuens vor,
welches von der weitgehenden Abwesenheit von Anforderungen an die Seniorinnen und
Senioren geprägt war, wurde in den 80gern der Fokus auf die Teilhabe der
älteren Menschen an der Gesellschaft durch deren Aktivierung gelegt.
Das heutige
Altersbild des „produktiven Alterns“ zielt dagegen auf die Gestaltung sozialen
Lebens mittels Mobilisierung vorhandener und häufig brachliegender Potenziale
und Ressourcen der Seniorinnen und Senioren.
Hintergrund dieses
Paradigmenwechsels ist die demografische Entwicklung der Gesellschaft. Durch
die gestiegene Lebenserwartung der Bevölkerung und das Aufweichen des
Zeitpunktes des faktischen Austritts aus dem Erwerbsleben (z. B. Altersarbeitszeitmodelle,
Frühverrentung oder Arbeitslosigkeit) ist die Lebensphase Alter länger und
zugleich weniger eindeutig von den anderen Lebensphasen abgrenzbar geworden.
Gleichzeitig haben sich durch die Individualisierung und Pluralisierung der
Lebensformen Lebensstile und –situationen der älteren Bevölkerung ausdifferenziert,
sodass nicht mehr von der Gruppe der Älteren gesprochen werden kann. Vielmehr
unterscheiden sie sich untereinander deutlich in vielen Aspekten, wie chronologisches
Alter, Gesundheit, Einkommenssituation, Lebens- und Berufsbiografie,
Bildungsstand, Lebens- und Wohnformen, Religion und Kultur.
Diese veränderte
Situation hat die Stadt Rheine aufgegriffen, um sich zu fragen, wie die Zukunft
auf lange Frist auszusehen hat und die
Begegnungsstättenarbeit weiterentwickelt werden kann.
In dem 2010
erstellten Sozialplan „Alter“ sind Handlungsempfehlungen u. a. zur offenen
Seniorenarbeit, Begegnungsstättenarbeit erstellt worden. Es heißt dort: Ein
zentrales Thema der zukünftigen Seniorenarbeit wird die konzeptionell und praktische
Weiterentwicklung der Seniorenbegegnungsstätten sein. Die Einrichtungen sollen
zukünftig mehr Einrichtungen der Bildung und Kultur werden. Die kommende ältere
Generation wird stärker an Kultur und Bildung interessiert sein und quantitativ
und qualitativ steigende Ansprüche haben, die mit den jetzigen Angeboten selten
übereinstimmen. Eine Begegnungsstätte sollte Plattform sein, von der aus unterschiedliche
Teilhabeprozesse initiiert werden. Von ihr sollten Impulse für das nachbarschaftliche
Zusammenleben oder die Verbesserung der Infrastruktur im Quartier ausgehen. So
entwickeln sich für den älteren Menschen handlungsrelevante Kontexte, in denen
sie eine aktive gestaltende und verantwortungsvolle Rolle übernehmen und sie
aus der passiven Konsumentenrolle hinausführt. Dann sind Begegnungsstätten Orte
einer gelebten Demokratie im Alter, die auch generationsübergreifend wirken.
Diese
Handlungsempfehlungen werden allerdings zum jetzigen Zeitpunkt so kaum in den
bestehenden Begegnungsstätten umgesetzt, da die derzeitige Besuchergruppe von
höher betagten Menschen mit dem bestehenden Programm und Angebot im Großen und
Ganzen übereinstimmt und eine Erneuerung nicht anstrebt.
Kommt es hier aber
nicht zu einer Änderung, wird die Beteiligung und Besucherzahl in den nächsten
Jahren weiter deutlich rückläufig sein.
Da Erneuerungen und
ein Umdenken in der offenen Seniorenarbeit schwierige und komplexe Prozesse
sind, benötigen die Einrichtungen dabei Unterstützung und dürfen nicht allein
gelassen werden. Denn nicht zu vergessen ist, dass die wertvolle Seniorenarbeit
auf ehrenamtlicher Basis durchgeführt wird.
Ein Aspekt, der hier
zukunftsorientiert den Begegnungsstätten hilfreich sein kann, ist eine neu
gestaltete finanzielle Förderung der offenen Seniorenarbeit, die sich an
Kriterien festmacht, die sich an einer veränderten Arbeit mit und für
Seniorinnen und Senioren orientiert und sich den neuen Aufgaben aktiv stellt.
Der Förderansatz,
die Förderkriterien und deren Verteilung, die in 70/80er Jahren entwickelt und
aufgestellt wurden, sollten daher überprüft und an die derzeitigen und
künftigen Ansprüche und Veränderungen in der Seniorenarbeit angepasst werden.
So ist eine inhaltliche Neuausrichtung mit neuen Handlungskonzepten möglich.
Der Anspruch und die
methodische Ausrichtung einer Seniorenbegegnungsstätte sind heutzutage
1.
auf
einen gemeinwesenorientierten Ansatz zu gründen, der auf Vernetzung vieler
relevanter Akteure aus der Seniorenarbeit, aber auch aus anderen Bereichen des
öffentlichen Lebens im jeweiligen Sozialraum/Stadtgebiet besteht. So können neue
Angebote geschaffen und die jeweiligen Ressourcen der beteiligten Akteure
gebündelt werden. Dieses trägt zur Verbesserung der Lebensqualität bei.
2.
auf eine
Zielgruppendifferenzierung auszurichten. Begegnungsstätten sollten sich heute
mit einer äußerst ausdifferenzierten Zielgruppe konfrontieren, denn die
Lebensphase „Alter“ umfasst heute deutlich mehr als zwei Jahrzehnte. Die
unterschiedlichsten Gruppen: noch jung bis sehr alt, aktiv bis zurückgezogen lebend,
gesund ebenso wie krank und pflegebedürftig, sozial integriert bis isoliert,
wohlhabend ebenso wie benachteiligt und arm, selbstständig wie auf Hilfe angewiesen
sind in den Blickpunkt der Seniorenarbeit aufzunehmen.
3.
auf die
Kontinuität/verlässliche Öffnungstage und Öffnungszeiten auszurichten und im
Sinne einer modernen Seniorenarbeit die Angebotsstrukturen für bestimmte
Zielgruppen aufzubauen und zu erweitern.
Diese neuen Aspekte
stellen die ehrenamtlich geführten Seniorenbegegnungsstätten vor neuen
Herausforderungen.
Um diese zu
bewältigen, ist zusätzlich zu den Bezuschussungen und neben der Koordinierungsstelle
für die Seniorenarbeit den Begegnungsstätten seit 2014 eine weitere Fachkraft
der Beratungsstelle für ältere Menschen und deren Angehörige des CV Rheine
-entsprechend der vertraglichen Vereinbarung zwischen der Stadt Rheine und dem
CV Rheine zur Umsetzung des Sozialplans „Alter“ eine Personalaufstockung um 70 %
der Bruttopersonalkosten einer 0,5-Stelle (vgl. Soz.-A. Beschluss vom 03. 12.
2013 – SOZ/017/2013) - zur Seite gestellt, die mit Rat und Tat den Einrichtungen
und bei der Umsetzung und Neuorientierung zur Verfügung steht.
Neuer Fördermodus der Begegnungsstätten,
Senioreneinrichtungen oder Seniorenclubs
Der Sozialplan „Alter“
kam in einer seiner Untersuchungen zu dem Ergebnis, dass das freiwillige
Ehrenamt und damit auch die Arbeit in den Seniorenbegegnungsstätten einen eher
konventionellen Charakter aufweist und auf eine Initiierung moderner Formen des
Engagements mehr Gewicht gelegt werden soll.
Mit dem neuen
Fördermodus werden Rahmenbedingungen gesetzt, in denen Selbstbestimmung im
Alter ernst gemeint ist.
Grundvoraussetzungen
für die Förderung
1. Zielgruppendifferenziert
Zielgruppen:
- Menschen im Übergang in den
Ruhestand (ca. 55 bis 67 Jahre)
- aktives Ruhestandsalter
- immobile ältere Menschen und mobilitätseingeschränkte ältere
Menschen, die auch im Sinne der UN-Behindertenrechtskonvention ein Recht auf
selbstbestimmtes und teilhabendes Leben haben
Hauptsächlich sprechen
Einrichtungen nur eine spezielle Zielgruppe - die älteren Seniorinnen und
Senioren - an. Die jüngeren Älteren werden wenig berücksichtigt, bleiben aus,
sie fehlen und beeinflussen nicht die Begegnungsstättenarbeit.
Dieses soll durch
eine bedarfsgerechte, zielgruppenspezifische Angebotserweiterung und durch
Schaffung von Räumen und Anlässen für gemeinschaftliche Aktivitäten begegnet
werden. So kann aktive und eigenverantwortliche Teilhabe stattfinden und eine
Öffnung für weitere Zielgruppen erfolgen.
Voraussetzung für
eine Förderung: Ein regelmäßiges Angebot für mindestens 2 unterschiedliche
Zielgruppen (Altersgruppen) bei 5 Öffnungstagen. Eine Einrichtung mit 3
Öffnungstagen sollte mindestens 1 Angebot für eine weitere Zielgruppe vorhalten.
2. Angebotsformen
Die kommenden
Generationen wollen keine fertigen Angebote, sondern die Möglichkeit, ihren
Bedürfnissen, Ansprüchen und Wünschen gemäß aktiv zu werden und ihren
Sozialraum aktiv gestalten, um ihre Lebensqualität zu halten und zu verbessern.
Die Öffnungstage und
Öffnungsstunden sollen kontinuierlich, verlässlich und wiederkehrend erfolgen,
keine sporadischen Öffnungszeiten.
Es wäre
wünschenswert jeden Tag geöffnet zu haben für die Dauer von mindestens 3
Stunden. Minimum einer Förderung sind 3 Öffnungstage pro Woche mit 5 Angeboten.
3. Gemeinwesenorientiert und
vernetzt
Eine Förderung kann
stattfinden bei einer Vernetzung mit unterschiedlichen Gruppierungen und
verlässlichen Kooperationsvereinbarungen. Die geplanten, vielschichtigen Themen
und Aktivitäten sollen aufeinander abgestimmt sein und sich gegenseitig ergänzen.
Eine regelmäßige
Teilnahme und Mitwirkung im Arbeitskreis der Senioren der Stadt Rheine soll
erfolgen, um eine Weiterentwicklung der Seniorenarbeit zu fördern.
Die Informationen
über Aktivitäten, den Angeboten und den Vernetzungen sind durch Medien, wie:
- Zeitung, Flyer,
Programmhefte, Aushänge, Schaukästen
-
Internetseite
der Einrichtung und Internetseite des Seniorenbeirates
-
sowie
Einladungsschreiben, Berichte über Veranstaltungen,
-
zu veröffentlichen.
Begegnungsstätten
haben sich als Partizipationsknotenpunkte zu verstehen.