Betreff
Gewerbesteuerprüfer - Ausweitung des Stellenplans - Antrag der Fraktion Die Linke
Vorlage
361/15
Art
Beschlussvorlage

Beschlussvorschlag/Empfehlung:

 

Der Haupt- und Finanzausschuss lehnt den Antrag der Fraktion Die Linke über die Ausweitung des Stellenplans um 1,5 Stellen für kommunale Gewerbesteuerprüfer ab.


Begründung:

 

Rechtliche Grundlagen

Gemäß § 21 Abs. 3 Finanzverwaltungsgesetz (FVG) stehen den Gemeinden folgende Rechte zu:

1.   das Recht auf Akteneinsicht und auf mündliche und schriftliche Auskünfte gegenüber den Finanzämtern
und

2.   das Recht auf Teilnahme an Außenprüfungen, die von den Finanzämtern durchgeführt werden, sofern die Prüfung im Gemeindegebiet stattfindet.

 

Ein zusätzliches Recht auf Außenprüfungen - außerhalb einer vom Finanzamt durchgeführten Außenprüfung - besteht nicht.

Der Gemeindebedienstete hat während der Außenprüfung kein Recht aktiv zu prüfen, sondern darf lediglich zuschauen und sich beim Finanzamt-Prüfer informieren. Der Steuerpflichtige ist nicht verpflichtet, dem Gemeindebediensteten Auskünfte zu erteilen oder gar einen Arbeitsplatz für die Zeit der Prüfung einzuräumen.

 

Ferner hat die Gemeinde keinen Einfluss auf die Entscheidung, welcher Betrieb geprüft wird bzw. wie regelmäßig ein Betrieb geprüft wird.

 

 

Prüfungsgegenstand

Besondere Relevanz für die Gemeinde bei Außenprüfungen hat die Frage, ob die Zerlegung nach den Lohnsummen richtig erfolgte.

Das Steueraufkommen von Unternehmen, die in mehreren Kommunen ansässig sind, wird zerlegt, also aufgeteilt. Dies erfolgt anhand der Lohn- und Gehaltssummen der beschäftigten Mitarbeiter/innen.

In Rheine werden ca. 530 Zerlegungsbetriebe zur Gewerbesteuer veranlagt.

Hiervon haben ca. 78% ihren (Haupt-)Firmensitz außerhalb von Rheine. Eine Prüfung erfolgt regelmäßig am Hauptfirmensitz, eine Teilnahme an der Außenprüfung ist daher nicht erlaubt. Das Prüfrecht reduziert sich hier auf Akteneinsicht und auf mündliche und schriftliche Auskünfte gegenüber den Finanzämtern (Vgl. rechtliche Grundlagen).

Von den restlichen 22 % (ca. 117 Betriebe) mit (Haupt-)Sitz in Rheine, zahlen aktuell nur 68 Betriebe Gewerbesteuern, hiervon ca. 50% „nur“ in Höhe von bis zu 10.000 €.

Aktuell gibt es 10 Zerlegungsbetriebe mit Hauptsitz in Rheine und jährlichen Gewerbesteuern oberhalb von 100.000 €. Hiervon entfallen bei 5 Betrieben mehr als 80 % der Gewerbesteuern auf Rheine. Die faktisch möglichen Mehrerträge, die durch die Teilnahme an Außenprüfungen erzielt werden könnten, sind somit gering.

 

 

Fachliche Voraussetzungen des Stelleninhabers/der Stelleninhaberin

Die – aus kommunaler Sicht - spezielle Tätigkeit setzt voraus, dass die Stelle mit einer Person besetzt wird, die bei der Finanzverwaltung gelernt hat und einschlägige Vorkenntnisse als „Steueraußenprüfer“ hat.

Die Bewertung der Stelle müsste - vorbehaltlich einer endgültigen Bewertung durch die Bewertungskommission - nach A 12 ÜBesG NRW bzw. EG 11 TVöD erfolgen. Die Qualität der Arbeitsinhalte und die geforderten Vorkenntnisse führen zu einer entsprechenden Bewertung. Ferner ist es unwahrscheinlich, dass ein Mitarbeiter der Finanzverwaltung für eine geringere Bezahlung wechseln würde.

 

 

Wirtschaftlichkeit/Kosten

Pro Vollzeitstelle mit der Bewertung A 12 entstehen jährliche Kosten von ca. 100.000 €[1]. Bei 1,5 Stellen also 150.000 €.

Bei dem oben skizzierten Prüfungsgegenstand und den örtlichen Strukturen (z.B. Anzahl und „Qualität“ der Zerlegungsbetriebe) erscheint eine nachhaltige Refinanzierung (bringt dauerhaft mehr ein als er/sie kostet) faktisch nicht möglich.

Ferner stellt die Schaffung entsprechender Stellen ein erhebliches Risiko dar, weil eine anderweitige und adäquate Verwendung der für die Außenprüfung vorgesehenen Mitarbeiter durch die geforderte/erforderliche Vorbildung kaum möglich ist.

Ob das Recht und der Zweck für die Teilnahme an Außenprüfung dauerhaft bestand hat, kann nicht vorhergesagt werden. Da die Kommune auf die Auswahl der zu prüfenden Unternehmen keinen Einfluss hat und die örtliche Zuständigkeit der in Rheine tätigen Finanzämter sich nicht auf Rheine begrenzt, kann nicht garantiert werden, dass ein (oder sogar 1,5) städtischer Außenprüfer/innen ausreichend Prüftermine begleiten kann und somit voll ausgelastet ist.

 

 

Nach Rücksprache mit dem Finanzamt Steinfurt nimmt in deren Zuständigkeitsgebiet keine Kommune an Außenprüfungen teil.

Eine Abfrage unter Kommunen in NRW mit 65.000 bis 85.000 Einwohner hat ergeben, dass von den 17 Kommunen nur eine Kommune eine
(Teil-)Stelle für die Teilnahme an Außenprüfungen eingerichtet hat. Ein Großteil der befragten Kommunen dieser Größenordnung sieht das Vorhaben kritisch. Bei Großstädten kann sich die Situation anders darstellen.

 

 

 

Fazit

Schon heute hat die städtische Steuerverwaltung regelmäßigen Kontakt zu den hier zuständigen Finanzämtern. Hierbei hat sich eine vertrauensvolle Zusammenarbeit entwickelt. Aus Sicht der städtischen Steuerverwaltung (Produkt Steuern und Abgaben) gab und gibt es keinen Grund, die bisherige gute Praxis zu ändern.

Ferner stehen einer festen jährlichen Belastung für den städtischen Haushalt in Höhe von ca. 150.000 € für 1,5 Stellen keine gesicherten Mehrerträge entgegen.

Die Verwaltung spricht sich daher gegen die Ausweitung des Stellenplans durch die Schaffung entsprechender Stellen aus.

 



[1] Vgl. KGsT: Kosten eines Arbeitsplatzes (Stand 2013/2014)


Anlagen:

 

Antrag der Fraktion die Linke