Beschlussvorschlag/Empfehlung:
Der Sozialausschuss nimmt den Sachstandsbericht SGB II - Entwicklung und Tendenzen zur Kenntnis
Der Sachstandsbericht hat das Ziel, die Mitglieder
des Ausschusses über die Entwicklung und die Tendenzen im SGB II zu
informieren. Insbesondere soll fortlaufend informiert werden über die
Entwicklung seit der kreisweiten Neuorganisation ab 01.01.2011.
Sachdarstellung:
1.
Entwicklungen
Seit Einführung des
Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) zum 01.01.2005 wurde in den Sitzungen
des Sozialausschusses fortlaufend über die Umsetzung des SGB II im Kreis
Steinfurt berichtet.
Mit Wirkung ab 01.01.2011
hat der Kreis Steinfurt eine neue Organisation des SGB II vorgegeben. Seitdem
sind sämtliche aktive Leistungen (Integration in Arbeit, Maßnahmebesetzung,
Arbeitsgelegenheiten) in die Zuständigkeit der Jobcenter Kreis Steinfurt AöR
(früher GAB AöR) gelangt und die Kommunen sind für die passiven Leistungen
(reines Leistungsrecht) zuständig.
Auf den beiliegenden
Jahresbericht 2015 des Jobcenter Kreis Steinfurt wird verwiesen (Anlage 1,
Seiten 1–22). Der Jahresbericht stellt umfangreich die Entwicklungen auf Kreisebene
dar.
Nachfolgende Tabellen geben
einen Überblick zu den Entwicklungen ab September 2011 in der Stadt Rheine. Es
handelt sich jeweils um monatliche Daten nur für den September des Jahres:
Stichtag |
30.09. 2011 |
30.09. 2012 |
30.09. 2013 |
30.09. 2014 |
30.09. 2015 |
Bedarfsgemeinschaften
(BG) |
2.782 |
2.722 |
2.873 |
2.930 |
2.979 |
Erwerbsfähige
Leistungsberechtigte insgesamt |
3.831 |
3.730 |
3.854 |
3.923 |
4.003 |
Stichtag |
30.09. 2011 |
30.09. 2012 |
30.09. 2013 |
30.09. 2014 |
30.09. 2015 |
Erwerbsfähige
Leistungsberechtigte unter 25 Jahre |
865 |
841 |
818 |
840 |
827 |
Nicht erwerbsfähige
Leistungsberechtigte in der Bedarfsgemeinschaft |
1.664 |
1.611 |
1.742 |
1.858 |
1.938 |
Arbeitslosengeld/
Sozialgeld u.a. (Bundesanteil) in € |
983.350 |
973.965 |
1.061.803 |
1.134.653 |
1.173.497 |
Kosten der Unterkunft
u.a. (Kommunaler Anteil) in € |
916.970 |
908.517 |
978.846 |
1.076.400 |
1.111.730 |
Anmerkung:
Aufgrund bundesweiter
Anwendung der sogenannten T-3 Auswertung werden hier die Kennzahlen für
September 2015 angeführt.
Valide Kennzahlen liegen für den Monat Dezember 2015 noch nicht vor.
Quelle: Statistik der
Grundsicherung für Arbeitsuchende der Bundesagentur für Arbeit
Belastbare Begründungen für
die Entwicklung der stichtagbezogenen Kennzahlen sind insgesamt kaum
anzuführen. Die Anzahl der Bedarfsgemeinschaften hat sich stichtagbezogen in
2012 leicht reduziert, dies kann darin begründet sein, dass zunächst nach
Wegfall des städtischen Fallmanagements die Anzahl der VermittlerInnen
aufgestockt wurde und entsprechend mehr Integrationen in weitgehend bedarfsdeckende
Erwerbstätigkeit erfolgten. Ab 2013 jedoch ist der Trend gegenläufig; die
Zunahme von Leistungsfällen geht dann konsequenterweise einher mit der
Entwicklung der kommunalen Kosten. Die Finanzierungssystematik im SGB II reduziert
bei Erzielung von Einnahmen zunächst die Kosten des Bundes (Arbeitslosengeld II
und Sozialgeld) und erst danach die kommunalen Kosten (Kosten der Unterkunft).
2. Bildungs- und Teilhabepaket
Das zum 01.04.2011 eingeführte
Bildungs- und Teilhabepaket hat sich etabliert. Seine Leistungen sind in den §§
28, 29 SGB II verankert. Das „Bildungs- und Teilhabepaket" hat
das Ziel, Kinder und Jugendliche
aus Familien mit geringem Einkommen zu
fördern und zu unterstützen.
Sie sollen nicht von Kultur, Sport und Freizeit, Mittagessen, Ausflügen und
Klassenfahrten, Schülerfahrtkosten und Lernförderung ausgeschlossen sein, nur
weil das Geld nicht reicht.
Ab dem 01.04.2011 können diese Kinder und Jugendlichen z. B. bei Ausflügen und Ferienfreizeiten mitfahren, Sport- und Musikangebote nutzen, bei Bedarf Nachhilfe bekommen oder am gemeinsamen Mittagessen in der Schule,
der Kindertageseinrichtung, dem Hort oder bei der Tagesmutter teilnehmen.
Eine Erfassung der
Leistungen durch den Kreis Steinfurt für die Stadt Rheine hat für 2012 bis 2015
nachfolgende Ergebnisse erbracht:
Jahreswerte
- Geförderte Kinder nach Leistungsart |
||||||
|
Schulausflüge, |
Persönlicher |
Schüler beförderung |
Lern-förderung |
Gemeinsch. |
Teilhabe am |
2012 |
653 |
2.004 |
1 |
59 |
1.524 |
724 |
2013 |
968 |
2.196 |
2 |
164 |
1.608 |
772 |
2014 |
922 |
2.217 |
6 |
201 |
1.550 |
809 |
2015* |
931 |
2.069 |
3 |
284 |
1.568 |
720 |
*Quelle: Interne Auswertung
des Kreis Steinfurt aus Januar 2016 – enthalten sind nur die bisher durch die
Träger abgebuchten Leistungen. Die Angaben für 2015 sind daher nicht endgültig.
3. Struktur der Leistungsempfänger
Erwerbstätige
Arbeitslosengeld II-Bezieher werden definiert als erwerbsfähige
Leistungsberechtigte (eLb), die einen laufenden Leistungsanspruch (vor Sanktion)
in der Grundsicherung für Arbeitsuchende haben und gleichzeitig Bruttoeinkommen
aus abhängiger und/oder selbständiger Erwerbstätigkeit beziehen. Synonym kann
auch die Bezeichnung „Erwerbstätige Leistungsbezieher in der Grundsicherung für
Arbeitsuchende“ verwendet werden.
In der öffentlichen
Diskussion wie auch in der Presseberichterstattung wird in diesem Zusammenhang
häufig der Begriff „Aufstocker“ verwendet, der aus zwei Gründen unpräzise bzw.
sogar verfälschend ist. Zum einen werden die Parallelbezieher von
Arbeitslosengeld I nach dem SGB III und Arbeitslosengeld II nach dem SGB II zum
Teil ebenfalls als Aufstocker bezeichnet. Zum anderen impliziert der Begriff
„Aufstocker“ in Bezug auf Einkommen (möglicherweise), dass etwas Größeres (das
Einkommen aus Erwerbstätigkeit) durch etwas Kleineres (Arbeitslosengeld II)
„aufgestockt“ wird. Aus diesem Grund werden die sog. „Aufstocker“ häufig
gleichgesetzt mit Vollzeitbeschäftigten, deren Lohn nicht ausreicht um auf dem
soziokulturellen Existenzminimum leben zu können. Das ist aber nur eine
mögliche Variante. In der Mehrzahl der Fälle wird das Arbeitslosengeld II durch
Erwerbseinkommen ergänzt und somit der Leistungsanspruch verringert. Die
Statistik der Bundesagentur für Arbeit spricht deshalb neutral von erwerbstätigen
Arbeitslosengeld II-Beziehern.
Eine interne Auswertung
durch den Kreis Steinfurt zum 30.09.2015 hat nachfolgendes Ergebnis
hinsichtlich ergänzender SGB II-Leistungen erbracht:
Personen mit
Erwerbseinkommen 1.282
davon
mit Einkommen (Brutto) bis 450 € 671
davon
mit Einkommen (Brutto) über 450 € 611
Personen mit Einkommen aus
selbständiger Tätigkeit 77
davon
mit Gewerbebetrieb 54
davon
ohne Gewerbebetrieb 23
Personen mit Bezug von
Arbeitslosengeld I 103
Personen mit Bezug einer
Rente 266
davon
mit einer Erwerbsminderungsrente (alle) 186
davon
mit sonstigen Renten (Witwen-, Waisenrente…) 80
4. Finanzierungsregelungen
Die Kostenbeteiligung der
Städte und Kommunen beträgt gemäß Delegationssatzung ab dem Jahr 2011 50 %,
nachdem zuvor ab 2008 eine jährliche stufenweise Anhebung erfolgte (33%, 40%,
40%).
Auf Antrag der Stadt
Rheine, ab dem Jahr 2012 eine Härteausgleichsregelung in die Delegationssatzung
aufzunehmen, hat der Kreis Steinfurt die Gespräche mit den kreisangehörigen
Kommunen aufgenommen. Nach vorheriger Analayse der vorangegangenen vier Jahre
ist es nach Auffassung des Kreises Steinfurt unstrittig, dass erhebliche
strukturelle Unterschiede bestehen. Mit Satzung vom 18.12.2012 hat der Kreis
Steinfurt mit Wirkung ab 2012 nachfolgende Härteausgleichsregelung getroffen:
1. Gemäß § 5 Abs. 5 Satz 3
AG SGB II werden für das Bestehen erheblicher struktureller Unterschiede im
Kreisgebiet für einzelne Kommunen folgende Kriterien festgelegt:
- SGB II-Quote
- Gesamt-Arbeitslose pro Einwohner
- SGB II-Arbeitslose pro Einwohner
- SGB II-Kosten pro Einwohner
Erhebliche strukturelle
Unterschiede im Kreisgebiet werden für die Städte und Gemeinden festgestellt,
in denen mindestens zwei der o.a. vier beschriebenen Werte in mindestens drei
der vorausgegangenen vier Kalenderjahre um mindestens 25 % vom
Kreisdurchschnitt negativ abweichen.
2. Eine erhebliche
finanzielle Härte wird für die Städte und Gemeinden festgestellt, die aufgrund
erheblicher struktureller Unterschiede gegenüber dem Kreisgebiet um mehr als
15% höhere Aufwendungen haben, als wenn die SGB II-Gesamtkosten vollständig
über die Kreisumlage finanziert wären.
3. Ein Ausgleich der
finanziellen Härte erfolgt, indem im Rahmen der Abrechnung der
Kostenbeteiligung die Mehrbelastung der betroffenen Städte und Gemeinden auf 15
% begrenzt wird. Die Entlastungsbeträge werden im Rahmen der Abrechnung auf die
anderen Städte und Gemeinden im Verhältnis ihrer Beteiligung an der Kreisumlage
verteilt.
Die Stadt Rheine hat gegen
diese Härteausgleichsregelung am 12.02.2014 Klage erhoben. Das Verfahren ist
weiterhin beim Verwaltungsgericht Münster anhängig.
Entwicklung der kommunalen Aufwendungen 2011 bis 2015:
Jahr |
Kommunale Gesamtaufwendungen
nach Entlastung Bund und Wohngeld in € |
davon Kostenbeteiligung
50% in € |
abzgl. Härteausgleich in
€ |
verbleibende Aufwendungen
Stadt Rheine in € |
2011 |
7.669.470 |
3.834.735 |
ohne |
3.834.735 |
2012 |
6.917.797 |
3.458.898 |
- 35.047 |
3.423.851 |
2013 |
7.552.027 |
3.776.013 |
- 40.228 |
3.735.725 |
2014 |
8.135.767 |
4.067.883 |
- 76.664 |
3.991.219 |
2015 |
8.226.208 |
4.113.104 |
- 59.515 |
4.053.589 |
Anlagen:
Jahresbericht2015 des Jobcenter Kreis Steinfurt