Betreff
Sachstandsbericht SGB II - Entwicklung und Tendenzen
Vorlage
086/16
Aktenzeichen
2/50 SGB II - ko
Art
Beschlussvorlage

Beschlussvorschlag/Empfehlung:

 

Der Sozialausschuss nimmt den Sachstandsbericht SGB II - Entwicklung und Tendenzen zur Kenntnis

 


Begründung:

 

Der Sachstandsbericht hat das Ziel, die Mitglieder des Ausschusses über die Entwicklung und die Tendenzen im SGB II zu informieren. Insbesondere soll fortlaufend informiert werden über die Entwicklung seit der kreisweiten Neuorganisation ab 01.01.2011.

 

Sachdarstellung:

 

1. Entwicklungen

 

Seit Einführung des Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) zum 01.01.2005 wurde in den Sitzungen des Sozialausschusses fortlaufend über die Umsetzung des SGB II im Kreis Steinfurt berichtet.

 

Mit Wirkung ab 01.01.2011 hat der Kreis Steinfurt eine neue Organisation des SGB II vorgegeben. Seitdem sind sämtliche aktive Leistungen (Integration in Arbeit, Maßnahmebesetzung, Arbeitsgelegenheiten) in die Zuständigkeit der Jobcenter Kreis Steinfurt AöR (früher GAB AöR) gelangt und die Kommunen sind für die passiven Leistungen (reines Leistungsrecht) zuständig.

 

Auf den beiliegenden Jahresbericht 2015 des Jobcenter Kreis Steinfurt wird verwiesen (Anlage 1, Seiten 1–22). Der Jahresbericht stellt umfangreich die Entwicklungen auf Kreisebene dar.

 

Nachfolgende Tabellen geben einen Überblick zu den Entwicklungen ab September 2011 in der Stadt Rheine. Es handelt sich jeweils um monatliche Daten nur für den September des Jahres:

 

Stichtag

30.09.

2011

30.09.

2012

30.09.

2013

30.09.

2014

30.09.

2015

Bedarfsgemeinschaften (BG)

2.782

2.722

2.873

2.930

2.979

Erwerbsfähige Leistungsberechtigte insgesamt

3.831

3.730

3.854

3.923

4.003

 

Stichtag

30.09.

2011

30.09.

2012

30.09.

2013

30.09.

2014

30.09.

2015

Erwerbsfähige Leistungsberechtigte unter 25 Jahre

865

841

818

840

827

Nicht erwerbsfähige Leistungsberechtigte in der Bedarfsgemeinschaft

1.664

1.611

1.742

1.858

1.938

Arbeitslosengeld/ Sozialgeld u.a. (Bundesanteil) in €

983.350

973.965

1.061.803

1.134.653

1.173.497

Kosten der Unterkunft u.a. (Kommunaler Anteil) in €

916.970

908.517

978.846

1.076.400

1.111.730

Anmerkung:

Aufgrund bundesweiter Anwendung der sogenannten T-3 Auswertung werden hier die Kennzahlen für

September 2015 angeführt. Valide Kennzahlen liegen für den Monat Dezember 2015 noch nicht vor.

Quelle: Statistik der Grundsicherung für Arbeitsuchende der Bundesagentur für Arbeit

 

 

Belastbare Begründungen für die Entwicklung der stichtagbezogenen Kennzahlen sind insgesamt kaum anzuführen. Die Anzahl der Bedarfsgemeinschaften hat sich stichtagbezogen in 2012 leicht reduziert, dies kann darin begründet sein, dass zunächst nach Wegfall des städtischen Fallmanagements die Anzahl der VermittlerInnen aufgestockt wurde und entsprechend mehr Integrationen in weitgehend bedarfsdeckende Erwerbstätigkeit erfolgten. Ab 2013 jedoch ist der Trend gegenläufig; die Zunahme von Leistungsfällen geht dann konsequenterweise einher mit der Entwicklung der kommunalen Kosten. Die Finanzierungssystematik im SGB II reduziert bei Erzielung von Einnahmen zunächst die Kosten des Bundes (Arbeitslosengeld II und Sozialgeld) und erst danach die kommunalen Kosten (Kosten der Unterkunft).

 

2. Bildungs- und Teilhabepaket

 

Das zum 01.04.2011 eingeführte Bildungs- und Teilhabepaket hat sich etabliert. Seine Leistungen sind in den §§ 28, 29 SGB II verankert. Das „Bildungs- und Teilhabepaket" hat das Ziel, Kinder und Jugendliche aus Familien mit geringem Einkommen zu fördern und zu unterstützen. Sie sollen nicht von Kultur, Sport und Freizeit, Mittagessen, Ausflügen und Klassenfahrten, Schülerfahrtkosten und Lernförderung ausgeschlossen sein, nur weil das Geld nicht reicht.

Ab dem 01.04.2011 können diese Kinder und Jugendlichen z. B. bei Ausflügen und Ferienfreizeiten mitfahren, Sport- und Musikangebote nutzen, bei Bedarf Nachhilfe bekommen oder am gemeinsamen Mittagessen in der Schule, der Kindertageseinrichtung, dem Hort oder bei der Tagesmutter teilnehmen.

 

Eine Erfassung der Leistungen durch den Kreis Steinfurt für die Stadt Rheine hat für 2012 bis 2015 nachfolgende Ergebnisse erbracht:

 

Jahreswerte - Geförderte Kinder nach Leistungsart

 

Schulausflüge,
mehrtägige
Klassenfahrten

Persönlicher
Schulbedarf

 

Schüler

beförderung

Lern-förderung

Gemeinsch.
Mittags-
verpflegung

Teilhabe am
sozialen und
kulturellen Leben

2012

653

2.004

1

59

1.524

724

2013

968

2.196

2

164

1.608

772

2014

922

2.217

6

201

1.550

809

2015*

931

2.069

3

284

1.568

720

*Quelle: Interne Auswertung des Kreis Steinfurt aus Januar 2016 – enthalten sind nur die bisher durch die Träger abgebuchten Leistungen. Die Angaben für 2015 sind daher nicht endgültig.

 

3. Struktur der Leistungsempfänger

 

Erwerbstätige Arbeitslosengeld II-Bezieher werden definiert als erwerbsfähige Leistungsberechtigte (eLb), die einen laufenden Leistungsanspruch (vor Sanktion) in der Grundsicherung für Arbeitsuchende haben und gleichzeitig Bruttoeinkommen aus abhängiger und/oder selbständiger Erwerbstätigkeit beziehen. Synonym kann auch die Bezeichnung „Erwerbstätige Leistungsbezieher in der Grundsicherung für Arbeitsuchende“ verwendet werden.

 

In der öffentlichen Diskussion wie auch in der Presseberichterstattung wird in diesem Zusammenhang häufig der Begriff „Aufstocker“ verwendet, der aus zwei Gründen unpräzise bzw. sogar verfälschend ist. Zum einen werden die Parallelbezieher von Arbeitslosengeld I nach dem SGB III und Arbeitslosengeld II nach dem SGB II zum Teil ebenfalls als Aufstocker bezeichnet. Zum anderen impliziert der Begriff „Aufstocker“ in Bezug auf Einkommen (möglicherweise), dass etwas Größeres (das Einkommen aus Erwerbstätigkeit) durch etwas Kleineres (Arbeitslosengeld II) „aufgestockt“ wird. Aus diesem Grund werden die sog. „Aufstocker“ häufig gleichgesetzt mit Vollzeitbeschäftigten, deren Lohn nicht ausreicht um auf dem soziokulturellen Existenzminimum leben zu können. Das ist aber nur eine mögliche Variante. In der Mehrzahl der Fälle wird das Arbeitslosengeld II durch Erwerbseinkommen ergänzt und somit der Leistungsanspruch verringert. Die Statistik der Bundesagentur für Arbeit spricht deshalb neutral von erwerbstätigen Arbeitslosengeld II-Beziehern.

 

Eine interne Auswertung durch den Kreis Steinfurt zum 30.09.2015 hat nachfolgendes Ergebnis hinsichtlich ergänzender SGB II-Leistungen erbracht:

 

Personen mit Erwerbseinkommen                                                 1.282

      davon mit Einkommen (Brutto) bis 450 €                                  671

      davon mit Einkommen (Brutto) über 450 €                               611

Personen mit Einkommen aus selbständiger Tätigkeit                  77

      davon mit Gewerbebetrieb                                                       54

      davon ohne Gewerbebetrieb                                                     23

Personen mit Bezug von Arbeitslosengeld I                                   103

Personen mit Bezug einer Rente                                                       266

      davon mit einer Erwerbsminderungsrente (alle)                         186

      davon mit sonstigen Renten (Witwen-, Waisenrente…)                  80

 

 

4. Finanzierungsregelungen

 

Die Kostenbeteiligung der Städte und Kommunen beträgt gemäß Delegationssatzung ab dem Jahr 2011 50 %, nachdem zuvor ab 2008 eine jährliche stufenweise Anhebung erfolgte (33%, 40%, 40%).

 

Auf Antrag der Stadt Rheine, ab dem Jahr 2012 eine Härteausgleichsregelung in die Delegationssatzung aufzunehmen, hat der Kreis Steinfurt die Gespräche mit den kreisangehörigen Kommunen aufgenommen. Nach vorheriger Analayse der vorangegangenen vier Jahre ist es nach Auffassung des Kreises Steinfurt unstrittig, dass erhebliche strukturelle Unterschiede bestehen. Mit Satzung vom 18.12.2012 hat der Kreis Steinfurt mit Wirkung ab 2012 nachfolgende Härteausgleichsregelung getroffen:

 

1. Gemäß § 5 Abs. 5 Satz 3 AG SGB II werden für das Bestehen erheblicher struktureller Unterschiede im Kreisgebiet für einzelne Kommunen folgende Kriterien festgelegt:

 

        - SGB II-Quote

        - Gesamt-Arbeitslose pro Einwohner

        - SGB II-Arbeitslose pro Einwohner

        - SGB II-Kosten pro Einwohner

 

Erhebliche strukturelle Unterschiede im Kreisgebiet werden für die Städte und Gemeinden festgestellt, in denen mindestens zwei der o.a. vier beschriebenen Werte in mindestens drei der vorausgegangenen vier Kalenderjahre um mindestens 25 % vom Kreisdurchschnitt negativ abweichen.

 

2. Eine erhebliche finanzielle Härte wird für die Städte und Gemeinden festgestellt, die aufgrund erheblicher struktureller Unterschiede gegenüber dem Kreisgebiet um mehr als 15% höhere Aufwendungen haben, als wenn die SGB II-Gesamtkosten vollständig über die Kreisumlage finanziert wären.

 

3. Ein Ausgleich der finanziellen Härte erfolgt, indem im Rahmen der Abrechnung der Kostenbeteiligung die Mehrbelastung der betroffenen Städte und Gemeinden auf 15 % begrenzt wird. Die Entlastungsbeträge werden im Rahmen der Abrechnung auf die anderen Städte und Gemeinden im Verhältnis ihrer Beteiligung an der Kreisumlage verteilt.

 

Die Stadt Rheine hat gegen diese Härteausgleichsregelung am 12.02.2014 Klage erhoben. Das Verfahren ist weiterhin beim Verwaltungsgericht Münster anhängig.

 

Entwicklung der kommunalen Aufwendungen 2011 bis 2015:

 

Jahr

Kommunale Gesamtaufwendungen nach Entlastung Bund und Wohngeld in €

davon Kostenbeteiligung 50% in €

abzgl. Härteausgleich in €

verbleibende Aufwendungen Stadt Rheine in €

2011

7.669.470

3.834.735

ohne

3.834.735

2012

6.917.797

3.458.898

- 35.047

3.423.851

2013

7.552.027

3.776.013

- 40.228

3.735.725

2014

8.135.767

4.067.883

- 76.664

3.991.219

2015

8.226.208

4.113.104

- 59.515

4.053.589

 

 


Anlagen:

 

Jahresbericht2015 des Jobcenter Kreis Steinfurt