Betreff
Neuerungen im Umsatzsteuerrecht
Vorlage
291/16
Aktenzeichen
III-4202-löc
Art
Beschlussvorlage

Beschlussvorschlag/Empfehlung:

 

Der Rat der Stadt Rheine beschließt, von der Übergangsregelung des § 27 Abs. 22 UStG Gebrauch zu machen und beauftragt die Verwaltung, eine entsprechende Erklärung gegenüber dem Finanzamt abzugeben.


Begründung:

 

Grundzüge der neuen Rechtslage

 

Anders als bisher in § 2 Abs. 3 UStG a.F. knüpft das Gesetz für die Umsatzbesteuerung von juristischen Personen des öffentlichen Rechts künftig nicht mehr an das Körperschaftssteuerrecht an. Insbesondere der Bezug zu Betrieben gewerblicher Art („BgA“) entfällt.

 

Stattdessen nimmt § 2b Abs. 1 UStG juristische Personen des öffentlichen Rechts – soweit die Stadt keine Katalogtätigkeit nach Abs. 4 ausübt – unter bestimmten Voraussetzungen grundsätzlich vom Unternehmerbegriff (und damit von der Umsatzsteuerbarkeit) aus. Dies gilt, soweit die Stadt Tätigkeiten ausübt,

 

-        die ihr im Rahmen der öffentlichen Gewalt obliegen (auch wenn sie im Zusammenhang mit diesen Tätigkeiten Zölle, Gebühren, Beiträge oder sonstige Abgaben erhebt),

-        und sofern eine Steuerfreiheit nicht zu größeren Wettbewerbsverzerrungen führen würde.

 

Wann größere Wettbewerbsverzerrungen u. a. nicht vorliegen, wird – nicht abschließend („insbesondere“) – in § 2 b Abs. 2 und 3 UStG geregelt. Abs. 3 betrifft dabei Fälle von interkommunaler Zusammenarbeit bzw. Beistandsleistungen.

 

Da die Neuregelung mit einer Vielzahl unbestimmter Rechtsbegriffe operiert, sind zum jetzigen Zeitpunkt auch nach gewissenhafter Gesetzeslektüre interpretatorische Unschärfen kaum zu vermeiden. Größere Klarheit für die Auslegung des § 2b UStG soll ein BMF-Schreiben bringen, dessen Erscheinen für die zweite Jahreshälfte 2016 angekündigt wurde. Ein genauer Zeitpunkt hierfür ist aktuell nicht bekannt.

 

Bereits jetzt deuten die Gesetzesmaterialien allerdings klar darauf hin, dass künftig sämtliche auf privatrechtlicher Grundlage ausgeübte Tätigkeiten von vornherein als umsatzsteuerbar angesehen werden, die Steuerbefreiung des § 2b UStG mithin nur auf Tätigkeiten Anwendung finden kann, die auf öffentlich-rechtlicher Grundlage verrichtet werden.

 

Übergangsregelung

Bis zum Ende des laufenden Jahres hat die Stadt Rheine die Wahl, ob sie bereits zum 01.01.2017 zur Geltung des neuen § 2b UStG übergehen oder bis spätestens zum 31.12.2020 die bisherige Rechtslage weiterhin in Anspruch nehmen will. Im letzteren Falle muss die Stadt jedoch aktiv werden. Nach § 27 Abs. 22 S. 3 UStG muss dem Finanzamt gegenüber erklärt werden, dass die bisherige Regelung des § 2 Abs. 3 UStG für sämtliche nach dem 31. Dezember 2016 und vor dem 1. Januar 2021 ausgeführte Leistungen weiterhin angewendet werden soll (sog. Optionserklärung). Die Erklärung ist bis zum 31.12.2016 abzugeben (§ 27 Abs. 22 S. 5 UStG). Der Übergangszeitraum bis 2021 muss allerdings nicht voll ausgeschöpft werden: Die Optionserklärung kann – mit Wirkung für den Beginn des Folgejahres – einmalig widerrufen werden (§ 27 Abs. 22 S. 6 UStG). Eine Rückkehr zum alten Recht ist danach nicht mehr möglich.

 

Auswirkungen auf die Stadt Rheine

Die Neuregelung der Umsatzbesteuerung kann u.a. für die im Rahmen der Amtshilfevereinbarung erbrachten Leistungen der Stadt Rheine an die Technische Betriebe Rheine AöR die Umsatzsteuerpflicht herbeiführen.

 

Da, wie oben bereits geschildert, gewisse Unklarheiten bestehen, ob und inwieweit eine Umsatzsteuerpflicht für diese Leistungen eintritt, ist insbesondere das BMF-Schreiben abzuwarten.

 

Der Städte- und Gemeindebund Nordrhein-Westfalen empfiehlt seinen Mitgliedern, die sich für eine Fortgeltung der bisherigen Rechtslage entscheiden, dringend, möglichst frühzeitig die Optionserklärung abzugeben, insbesondere um versehentlichen Verzögerungen am Jahresende vorzubeugen. Selbst eine „vorschnell“ abgegebene Erklärung könnte gem. § 27 Abs. 22 S. 6 UStG noch rechtzeitig mit Wirkung zum 01.01.2017 widerrufen werden.