hier: Antrag BÜNDNIS 90 DIE GRÜNEN vom 19.06.2015
Beschlussvorschlag/Empfehlung:
1. Der Rat der Stadt Rheine nimmt zur Kenntnis,
dass auf den von den Technischen Betrieben Rheine AöR (TBR) unterhaltenen und
gepflegten städtischen Grundstücken keine glyphosathaltigen Herbizide
eingesetzt werden.
2. Der Rat der Stadt Rheine beschließt, den
Einsatz von glyphosathaltigen Herbiziden auf verpachteten städtischen Flächen
nicht zu verbieten, solange die Mittel in Deutschland weiter zugelassen sind.
3. Der Rat der Stadt Rheine nimmt die
Ausführungen zum Einsatz von glyphosathaltigen Herbiziden auf privaten
Grundstücken von Vereinen, freien Trägern oder Anderen zur Kenntnis.
Begründung:
Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat am 19.06.2015 den
als Anlage beigefügten Antrag „Einsatzverbot von glyphosathaltigen Herbiziden
auf städtischen Grundstücken und von der Stadt verpachteten Grundstücken“
gestellt.
In der Ratssitzung am 23.06.2015 haben die Ratsmitglieder
folgendem Verfahrensvorschlag nicht widersprochen:
Verweisung des Antrages an die Verwaltung zur Erstellung
einer Ratsvorlage für eine der nächsten Ratssitzungen, ggfls. nach Vorberatung
hinsichtlich des Verbots des Einsatzes von glyphosathaltigen Herbiziden auf städtischen
Gründstücken im Verwaltungsrat der Technischen Betriebe Rheine AöR.
Der Antrag beinhaltet 3 Flächenarten:
1.
städtische
Grundstücke, die die Stadt selbst nutzt
2.
städtische
Grundstücke, die an Dritte verpachtet sind
3.
private
Grundstücke von Vereinen, freien Trägern und Anderen,
die
finanzielle Zuwendungen erhalten
Glyphosat ist ein umstrittener Wirkstoff, der in vielen
Pflanzenschutzmitteln verwendet wird. Trotz der anhaltenden Diskussionen und
unterschiedlichen Bewertungen zur Verwendung ist der Einsatz von
glyphosathaltigen Mitteln von der Europäischen Kommission gerade bis Ende 2017
erneut zugelassen worden.
In Bezug auf städtische Flächen ist das Thema neben den
rechtlichen Regeln vielschichtig und komplex sowie umfangreich in der Umsetzung
von lokalen Regeln.
1. Städtische
Grundstücke, die die Stadt selbst nutzt
Die Unterhaltung und Pflege von städtischen Grün-,
Straßen-, Wege- und Sportflächen erfolgt durch die TBR.
Im Verwaltungsrat der TBR am 02.06.16 wurde u.a. auf
folgende Gesichtspunkte hingewiesen.
Die deutsche Pflanzenschutzgesetzgebung hatte in den
letzten Jahren den Einsatz von Herbiziden bereits erheblich eingeschränkt.
Infolgedessen wurde der Einsatz in der Straßen- und
Grünflächenunterhaltung der Technischen Betriebe Rheine (TBR) in den letzten
Jahren bereits deutlich reduziert.
Von der TBR wird kein Glyphosat
mehr eingesetzt:
§
Es
besteht ein generelles Ausbringungsverbot für Herbizide auf befestigte Flächen.
Das gilt nicht nur für Glyphosat, sondern auch für andere Pflanzenschutzmittel.
§
Totalherbizide
vernichten den kompletten Bewuchs. Damit ist im Pflege- und
Unterhaltungsbereich Glyphosat kaum sinnvoll.
§
Auf
Flächen, die für die Allgemeinheit bestimmt sind, dürfen nur gesondert
zugelassene Mittel eingesetzt werden, und dies unter erhöhten Auflagen. Damit
ist die Anwendbarkeit de facto nicht mehr möglich.
Betriebliche Auswirkungen:
§
Erhöhter
Personaleinsatz durch maschinelle und händische Wildkräuterbeseitigung. Dieser
wurde intern kompensiert.
§
Zunehmende
Verkrautung von plattierten Flächen und Pflasterflächen, da die mechanische
Beseitigung nicht die Wurzeln beseitigt. Insbesondere während der
Hauptvegetationsperiode wird dies zeitweise deutlich sichtbar, da nur
sukzessive abgearbeitet werden kann. In Folge dessen gibt es zunehmende
Beschwerden.
Der Verwaltungsrat der TBR hat diese Aussagen in seiner
Sitzung am 02.06.2016 zur Kenntnis genommen und eine Entscheidung darüber dem
Rat vorbehalten.
2.
Städtische Grundstücke, die an Dritte verpachtet sind
Die Stadt Rheine hat eine Vielzahl an Verträgen über die
Verpachtung von städt. Flächen abgeschlossen. Eine Änderung der Vertragsinhalte
setzt immer die Einigung zwischen den Vertragsparteien über einen Änderungsvertrag
bzw. im Notfall die Kündigung und den Neuabschluss von Verträgen voraus. Die
Kündigung setzt dabei wiederum die Einhaltung von Kündigungsfristen voraus, so
dass sich die Änderungen erst ab Neuabschluss des Vertrages auswirken.
Bei der Diskussion eines Glyphosatverbotes sind aus Sicht
der Verwaltung Flächen, die der erwerbsmäßigen Landwirtschaft dienen, in einem
besonderen Licht zu betrachten. Pachtverträge mit Landwirten laufen bei der
Stadt Rheine trotz jährlicher Kündigungsmöglichkeit oft über viele Jahre. In
vielen Fällen entstehen die Pachtbeziehungen aus An- und Verkäufen, die die
Stadt Rheine mit diesen Landwirten verhandelt hat. Landwirtschaftliche Flächen
der Stadt Rheine werden grundsätzlich jedoch nicht zum Selbstzweck der Verpachtung
gehalten. Es sind i.d.R. Tauschflächen, die an anderer Stelle für die Stadt
eingebracht werden müssen (Wohnbau- und Gewerbeflächen). Landwirtschaftliche
Tauschflächen sind für eine kommunale Entwicklung unabdingbar.
In
der öffentlichen Wahrnehmung wird die „Parklandschaft Münsterland“ durch seine
Landwirtschaft geprägt. Die Landwirtschaft stellt auch heute noch einen bedeutenden
wirtschaftlichen Faktor für die Region dar. Die Landwirtschaft steht dabei im
europa- und auch weltweiten Wettbewerb und sieht sich hierbei zunehmend unterschiedlichen
Voraussetzungen ausgesetzt. Zu diesen unterschiedlichen Bedingungen würden auch
Pachtverträge beitragen, die zusätzliche Bewirtschaftungsauflagen wie z.B. ein
Glyphosatverbot enthalten. Ein freiwilliges „überschreiten“ der
EU-Anforderungen verändert damit die Wettbewerbsbedingungen der betroffenen
Landwirte vor Ort.
Aktuell
verfügt die Stadt Rheine verteilt aufs gesamte Stadtgebiet noch über rd. 60 ha
Ackerland, die als Tauschland geeignet sind. Die angedachten Auflagen können
sich nur auf städt. Flächen beziehen, die Eigentumsverhältnisse der Landwirte wären
davon unberührt und die Auflagen erreichen somit nur einen minimalen Teil der
landwirtschaftlichen Flächen. Insgesamt stehen in Rheine ca. 6.100 ha Ackerland
zur Verfügung.
Es
ist auch damit zu rechnen, dass Grundstücksverhandlungen bzw. Tauschgeschäfte
künftig erschwert oder verhindert werden, um ein Glyphosatverbot zu
umgehen. Übergeordnete kommunale Zielsetzungen könnten dadurch gefährdet
werden. Auch ist mit negativen Auswirkungen auf die Pachtpreise zu rechnen.
Vor
diesem Hintergrund und dem enormen Verwaltungsaufwand bei einem „städtischen“
Verbot von Glyphosat wurde der Beschlussvorschlag entwickelt.
3.
private Grundstücke von Vereinen, freien Trägern und Anderen,
die finanzielle Zuwendungen erhalten
Der
Antrag der Fraktion BÜNDNIS´90/Die Grünen beinhaltet weitergehend die Verpflichtung
von Zuwendungsempfängern der Stadt, auf den Einsatz von glyphosathaltigen Herbiziden zu verzichten.
Eine entsprechende Regelung soll in den Zuwendungsvereinbarungen künftig
aufgenommen werden.
Gemäß
§ 12 Absatz 2 Pflanzenschutzgesetz dürfen Pflanzenschutzmittel nicht auf
befestigten Freilandflächen und nicht auf sonstigen Freilandflächen, die weder
landwirtschaftlich noch forstwirtschaftlich oder gärtnerisch genutzt werden,
angewendet werden. Sie dürfen jedoch nicht in oder unmittelbar an oberirdischen
Gewässern und Küstengewässern angewandt werden. Die zuständige Behörde kann
Ausnahmen von den Sätzen 1 und 2 für die Anwendung zugelassener
Pflanzenschutzmittel genehmigen, wenn der angestrebte Zweck vordringlich ist
und mit zumutbarem Aufwand auf andere Art nicht erzielt werden kann und
überwiegende öffentliche Interessen, insbesondere des Schutzes der Gesundheit
von Mensch und Tier oder des Naturhaushaltes, nicht entgegenstehen. Die
zuständige Behörde unterrichtet das Bundesamt für Verbraucherschutz und
Lebensmittelsicherheit jährlich über die erteilten Genehmigungen nach Satz 3.
Zuständige Behörde im Sinne des Pflanzenschutzgesetzes für das Gebiet der Stadt Rheine ist der Pflanzenschutzdienst des Direktors der Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen als Landesbeauftragter. Festzustellen ist, dass laut Erlass des Ministeriums für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen vom 06.01.2014 für die Anwendungen auf Nichtkulturland-Flächen aus Vorsorgegründen bis auf Weiteres grundsätzlich keine Genehmigungen für Herbizide mit dem Wirkstoff Glyphosat ausgestellt werden. Antragsteller werden dahingehend beraten, in erster Linie alternative mechanische und thermische Verfahren einzusetzen oder auf andere Wirkstoffe auszuweichen.
Die bestehenden normativen Regelungen im Pflanzenschutzgesetz in Verbindung mit dem Erlass des Ministeriums für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz NRW sowie der damit einhergehenden restriktiven Genehmigungspraxis, führen faktisch dazu, dass Vereinen, freien Trägern und Anderen die Anwendung von Glyphosat auf Nichtkulturland-Flächen untersagt ist. Verwaltungsseitig wird daher kein zwingendes Erfordernis gesehen, einen zusätzlichen örtlichen Regelungsinhalt zum Einsatz von glyphosathaltigen Herbiziden im Zusammenhang mit der Gewährung von finanziellen Zuwendungen zu schaffen.
Anlagen:
Antrag Bündnis 90 Die Grünen