Betreff
Fortschreibung der Stellenbedarfsanalyse der Stadtbibliothek
Vorlage
364/16
Art
Beschlussvorlage

Beschlussvorschlag/Empfehlung:

 

Der Schulausschuss nimmt die Ergebnisse der Fortschreibung der Stellenbedarfsanalyse der Stadtbibliothek zur Kenntnis.


Begründung:

 

1.      Projektauftrag:

Fortschreibung der Stellenbedarfsanalyse der Stadtbibliothek aus 2006

In 2006 ist eine Stellenbedarfsanalyse erarbeitet worden. Auf Basis dieser Analyse soll die folgende Fortschreibung vorgenommen werden:

        Ist-Analyse des Personalbedarfes unter Zugrundelegung der    derzeitigen Aufgabenstruktur und bei Öffnungszeiten von insgesamt 39 Wochenstunden

        Ermittlung der Auswirkungen auf den Personalbedarf bei einer Reduzierung          der Öffnungszeiten auf 35 Wochenstunden

        Ermittlung der Auswirkungen auf den Personalbedarf bei einer Reduzierung          der Öffnungszeiten auf 30 Wochenstunden

 

Die Stellenbedarfsanalyse soll durch einen Mitarbeiter des Fachbereichs 7 sowie dem Controller des ehemaligen Fachbereichs 1 unter Beteiligung der Institutsleitung vorgenommen werden.

 

2.      Vorgehensweise:

Die Stellenbedarfsanalyse wurde im analytischen Verfahren durchgeführt, welches im Folgenden kurz skizziert wird. Der Stellenbedarf wurde für den Bereich der Diplom-Bibliothekarinnen und der Fachangestellten für Medien und Informationsdienste (FaMis) separat erhoben.

 

Grundlage der aktuellen Fortschreibung bildet die 2006 durchgeführte Stellenbedarfsberechnung (Vorlage 059/07), welche im Rahmen des damaligen Umzugs der Stadtbibliothek vom Sträterschen Haus ins Rathauszentrum vorgenommen worden ist.

 

Schritte der analytischen Stellenbedarfsberechnung:

1.   Anpassung der Tätigkeitenkataloge

2.   Aktualisierung der Jahresfallzahlen aus statistischen Erhebungen

3.   Ermittlung/Übernahme der mittleren Bearbeitungszeit (mBZ) je Tätigkeit

·         Abweichung zu den Werten aus 2006 nur in begründeten Einzelfällen

·         Arbeitsaufzeichnungen im Bereich des Publikumsdienstes der FaMis

·         Ermittlung durch qualifizierte Schätzung

4.   Berechnung der Jahresarbeitsminuten (JAM)

5.   Ermittlung und Bereinigung der Arbeitszeit einer „Normalarbeitskraft (NAK)“ nach dem neuen KGSt Gutachten aus 2015

6.   Berechnung des Stellenbedarfs

 

3.      Ergebnisse:

 

Für den Bereich Diplom-Bibliothekarinnen:

Es ergibt sich ein Stellenbedarf von 4,13 Stellen bei 39 Öffnungsstunden aufgeteilt auf sechs Tage pro Woche. Bei einem derzeitigen Stellenbestand von 3,87 Stellen besteht eine rechnerische Unterdeckung von 0,26 Stellenanteilen. Bei einer Veränderung der Öffnungszeiten auf 35 bzw. 30 Stunden verringert sich der Stellenbedarf auf 3,90 bzw. 3,75 Stellen.

 

Für den Bereich der Fachangestellten für Medien und Informationsdienste:

Es ergibt sich ein Stellenbedarf von 6,54 Stellen bei 39 Öffnungsstunden. Ohne die Einberechnung der Arbeitsleistung von Aushilfskräften und Auszubildenden ergäbe sich ein Bedarf von 8,42 Stellen. Bei einer Veränderung der Öffnungszeiten auf 35 bzw. 30 Stunden verringert sich der Stellenbedarf auf 6,46 (8,17) bzw. 6,24 (7,95) Stellen. Bei einem derzeitigen Stellenbestand von 6,00 Stellen besteht in jedem der drei Szenarien eine Unterdeckung.

 

Der berechnete Stellenbedarf ist in folgender Tabelle dargestellt:

 

Bereich

39 Std./

6 Tage

35 Std./

5 Tage

30 Std./

5 Tage

Ist-Stellen

Dipl.-Bibl.

4,13

3,90

3,75

3,87

FaMis

6,54 (8,42)

6,46 (8,17)

6,24 (7,95)

6,00

Gesamt

10,67 (12,55)

10,36 (12,07)

9,99 (11,70)

9,87

Tabelle 1 - Ergebnisse Stellenbedarfsberechnung

4.      Beurteilung:

4.1     Bei Beibehaltung der derzeitigen Aufgabenstruktur

Die durchgeführte Stellenbedarfsanalyse hat gezeigt, dass bei derzeitiger Aufgabenerledigung eine Unterdeckung sowohl im mittleren als auch im gehobenen Dienst von insgesamt 0,8 Stellenanteilen besteht.

 

Ohne den Einsatz von Aushilfskräften und Auszubildenden, die gerade zur Abarbeitung der Bearbeitungsspitzen eingesetzt werden, wäre der Bedarf nochmals um knapp 2 Stellen höher. Eine weitere Ausdehnung der Aushilfskräfte ist aus personalwirtschaftlicher Sicht jedoch nicht sinnvoll, da nur ein bestimmter Teil der Aufgaben delegiert werden kann und Aushilfskräfte erst nach längerer Einarbeitungszeit profitabel sind.

 

Da viele der Tätigkeiten unabhängig von den Öffnungsstunden anfallen, hat eine Verringerung der Öffnungsstunden nur einen relativ geringen Einspareffekt. Das Verhältnis der Öffnungsstunden zum Stellenbedarf verdeutlicht folgende Tabelle:

 

Öffnungsstunden

Abweichung

von 39 Stunden

Stellenbedarf

Abweichung

vom Bedarf bei 39 Std.

Abweichungsdifferenz

in Prozentpunkten

39 Stunden

 

10,67

 

 

35 Stunden

- 10,2 %

10,34

- 3,1 %

7,1 %

30 Stunden

- 23,1 %

9,99

- 6,4 %

16,7 %

Tabelle 2 - Verhältnis der Öffnungsstunden zum Personalbedarf

Bei einer Verringerung der Öffnungsstunden um 10,2 %, verringert sich der Stellenbedarf nur um 3,1 %. Bei 30 Öffnungsstunden ist die Spanne noch größer. Die Öffnungszeiten werden um 23,1 % verringert, der Stellenbedarf reduziert sich nur um 6,4 %.

 

Wie zuvor dargestellt ist das Einsparpotenzial der Reduzierung der Öffnungsstunden zwar relativ gering, absolut gesehen dennoch vorhanden. Um die Vorteilhaftigkeit einer Verringerung umfassend beurteilen zu können, müssen die Einsparungen mit den Ergebnissen und Wirkungen ins Verhältnis gesetzt werden.

 

Ohne die Auswirkungen genau beziffern zu können, ist bei einer Verringerung der Öffnungsstunden auch mit einem Rückgang der Besucherzahlen und Entleihungen zu rechnen. Hierfür sprechen die zentrale Lage der Stadtbibliothek, sowie die räumliche Nähe zum Busbahnhof, da gerade die Laufkundschaft und Gelegenheitsbesucher weniger Möglichkeiten zum Besuch der Stadtbibliothek haben. Die Reduzierung der Öffnungsstunden konkurriert deshalb mit den im Haushaltsplan definierten Zielen „Besuche pro Einwohner“ und „Medienumsatz“.

 

Die Stadtbibliothek ist eine Einrichtung, die lebenslanges Lernen u.a. durch die Bereitstellung von Literatur und Medien unterstützen soll. Darüber hinaus soll sie Aufenthaltsqualität, die Lernen und Lesen ermöglicht, schaffen. Eine Verringerung der Öffnungsstunden um 10 % bzw. 23 % schränkt diesen Zweck einer Stadtbibliothek erheblich ein. Außerdem steht die Reduzierung in einem Konflikt mit dem Leitprojekt 1 „Bildung und Inklusion - die Zukunftssicherung als dauerhafte Aufgabe“ des Haushaltsplans. Gemäß den Ausführungen zum Handlungsfeld 1.1 Bildung müssen „Bildungsmöglichkeiten […] allen Menschen lebenslang zur Verfügung stehen“. Je nach Ausgestaltung der reduzierten Öffnungszeiten werden bestimmte Bevölkerungsgruppen (Berufstätige, Schüler, etc.) in der Benutzung der Stadtbibliothek eingeschränkt.

 

Letztlich ist eine Reduzierung der Öffnungszeiten auch für den Standort Rathauszentrum nicht wünschenswert.

 

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass eine Reduzierung der Öffnungszeiten die Effizienz der Stadtbibliothek senken wird. Aus Sicht der Verwaltung überwiegen die negativen Auswirkungen gegenüber den relativ geringen Einsparungen deutlich.

 

4.2     Aufgabenkritik sachfremder Aufgaben

Ein weiterer Ansatzpunkt zur Reduzierung des Personalbedarfes ist die Reduzierung des Leistungsangebotes. Im Laufe der Jahre sind zu den originären Tätigkeiten der Stadtbibliothek sachfremde Aufgaben, wie der Gutschein- und Kartenverkauf für die EWG bzw. den Kulturservice, sowie die Durchführung der Kindermatineen für das Jugendamt hinzugekommen. Diese Aufgaben erhöhen den Stellenbedarf der FaMis. In der folgenden Tabelle ist der um die sachfremden Aufgaben bereinigte Stellenbedarf dargestellt:

 

Nettobedarf der FaMis in JAM

533.330 JAM

- Karten- und Gutscheinverkauf (inkl. Kassenführung)

27.780 JAM

- Durchführung Kindermatineen

2.250 JAM

Bereinigter Bedarf der FaMis in JAM

503.300 JAM

Bereinigte Arbeitszeit einer Normalarbeitskraft

81.535 JAM

Bereinigter Stellenbedarf (39 Stunden Woche)

6,17

Tabelle 3 - Berechnung Stellenbedarf ohne sachfremde Aufgaben

Werden die oben genannten sachfremden Leistungen nicht mehr erbracht, reduziert sich der Personalbedarf im 39 Öffnungsstunden-Szenario um 0,37 auf 6,17 Stellenanteile im FaMi-Bereich.

 

Wie zuvor müssen auch in diesem Fall die negativen Auswirkungen des Wegfallens der Leistung mit den Einsparungen abgewogen werden.

 

4.3     Empirische Stellenbedarfsanalyse

Auch die empirische Stellenbemessung bietet eine Orientierungshilfe zur Personalausstattung der Stadtbibliothek und kann die Plausibilität der analytischen Stellenbemessungsergebnisse bestätigen. Bei dem empirischen Verfahren werden Vergleichswerte aus anderen Bibliotheken herangezogen.

 

Die Fachzeitschrift b.i.t. online hat 2014 einen umfangreichen Vergleich der Bibliotheken in Deutschland durchgeführt (Anlage 1). Im deutschlandweiten Vergleich von Bibliotheken in Städten mit 50.000 bis 100.000 Einwohnern lag die Stadtbibliothek Rheine mit 0,15 Mitarbeitern je 1.000 EW (VZÄ) unter dem Durchschnitt von 0,18 MA/1.000 EW (VZÄ).

 

Auch bei den Jahresöffnungsstunden pro 1.000 EW lag die Stadtbibliothek Rheine mit 25 Stunden bereits unter dem Durchschnitt von 32 Stunden, ohne die Berücksichtigung der laut Projektauftrag zu prüfenden weiteren Reduzierung der Öffnungsstunden.

 

Die Nutzung der Bibliothek, Besucher je Einwohner und Entleihungen je Einwohner, liegen dennoch über dem deutschlandweiten Durchschnitt.

 

5.      Fazit:

Die Fortschreibung der Stellenbedarfsanalyse der Stadtbibliothek hat ergeben, dass bei derzeitiger Aufgabenerledigung eine Unterdeckung von 0,8 Stellenanteilen vorliegt. Eine Möglichkeit der Entlastung bietet die Abgabe des Gutschein- und Kartenverkaufs sowie die Durchführung der Kindermatineen. Hierbei muss aber beachtet werden, dass diese Aufgaben nur in andere Organisationsabteilungen der Verwaltung verlagert werden.

 

Eine Reduzierung der Öffnungszeiten hingegen erscheint nicht sinnvoll, da diese Maßnahme aufgrund des geringen Einsparpotenzials in keinem wirtschaftlichen Verhältnis mit den damit verbundenen Einschränkungen der Leistungen und den im Haushaltsplan definierten Zielen und Leitprojekten steht.

 


Anlagen:

 

Anlage 1: b.i.t. online Bibliotheksvergleich 2014