Betreff
SGB II - Entwicklungen und Tendenzen
Vorlage
219/17
Aktenzeichen
FB 8 - SGB II - Kocks
Art
Beschlussvorlage

Beschlussvorschlag/Empfehlung:

 

Der Sozialausschuss nimmt den Sachstandsbericht SGB II - Entwicklung und Tendenzen zur Kenntnis.

 


Begründung:

 

Der Sachstandsbericht hat das Ziel, die Mitglieder des Ausschusses über die Entwicklung und die Tendenzen im SGB II - insbesondere seit der kreisweiten Neuorganisation ab dem 01.01.2011 - zu informieren.

 

 

Sachdarstellung:1. Entwicklungen

 

Seit Einführung des Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) zum 01.01.2005 wurde in den Sitzungen des Sozialausschusses fortlaufend über die Umsetzung des SGB II im Kreis Steinfurt berichtet.

Mit Wirkung ab 01.01.2011 hat der Kreis Steinfurt eine neue Organisation des SGB II vorgegeben. Seitdem sind sämtliche aktive Leistungen (Integration in Arbeit, Maßnahmebesetzung, Arbeitsgelegenheiten) in die Zuständigkeit des Jobcenter Kreis Steinfurt AöR (früher GAB AöR) gelangt und die Kommunen sind für die passiven Leistungen (reines Leistungsrecht) zuständig. Auf den beiliegenden Jahresbericht 2016 des Jobcenter Kreis Steinfurt wird verwiesen (Anlage 1, Seiten 1–21). Der Jahresbericht stellt umfangreich die Entwicklungen auf Kreisebene dar.


 

Nachfolgende Tabellen geben einen Überblick zu den Entwicklungen ab Dezember 2011 in der Stadt Rheine:

 

Stichtag

31.12.

31.12.

31.12.

31.12.

31.12.

31.12.

2011

2012

2013

2014

2015

2016

Bedarfsgemein-schaften (BG)

2.778

2.734

2.890

2.946

2.946

2.967

Erwerbsfähige Leistungs-berechtigte insgesamt

3.846

3.746

3.886

3.945

3.968

3.926

Erwerbsfähige Leistungs-berechtigte unter 25 Jahre

855

849

852

824

808

875

Nicht erwerbsfähige Leistungs-berechtigte

1.648

1.650

1.747

1.896

1.943

1.713

Kosten der Unterkunft u.a. (Kommunaler Anteil)*

3.833.734

3.423.850

3.735.724

3.991.218

4.053.588

3.967.444

 

Quelle: Arbeitsmarktreport Kreis Steinfurt

* Die Kosten der Unterkunft sind gemäß Jahresabrechnung des Kreises Steinfurt aufgeführt. Der nach Gerichtsverfahren neu festgelegte Härteausgleich ist nicht enthalten. Die Ausgaben für die Zeit ab 2012 bis 2016 werden sich im Nachhinein insgesamt um ca. 1,795 Mio. € mindern (siehe hierzu auch Punkt 4. der Vorlage).

 

Belastbare Begründungen für die Entwicklung der stichtagbezogenen Kennzahlen sind insgesamt kaum anzuführen. Die Anzahl der Bedarfsgemeinschaften hat sich stichtagbezogen in 2012 leicht reduziert, dies kann darin begründet sein, dass zunächst nach Wegfall des städtischen Fallmanagements die Anzahl der Vermittler/innen aufgestockt wurde und entsprechend mehr Integrationen in weitgehend bedarfsdeckende Erwerbstätigkeit erfolgten. Ab 2013 jedoch ist der Trend gegenläufig; die Zunahme von Leistungsfällen geht dann konsequenterweise einher mit der Entwicklung der kommunalen Kosten. Die Finanzierungssystematik im SGB II reduziert bei Erzielung von Einnahmen zunächst die Kosten des Bundes (Arbeitslosengeld II und Sozialgeld) und erst danach die kommunalen Kosten (Kosten der Unterkunft). Als weiterer Grund für die Entwicklung der Fallzahlen kommt ab 2016 hinzu, dass bereits ein erheblicher Teil der Flüchtlinge nach ihrer Anerkennung vom Asyl ins SGB II übergegangen sind.

 

 


2. Bildungs- und Teilhabepaket

 

Das zum 01.04.2011 eingeführte Bildungs- und Teilhabepaket hat sich etabliert. Seine Leistungen sind in den §§ 28, 29 SGB II verankert. Das „Bildungs- und Teilhabepaket" hat das Ziel, Kinder und Jugendliche aus Familien mit geringem Einkommen zu fördern und zu unterstützen. Sie sollen nicht von Kultur, Sport und Freizeit, Mittagessen, Ausflügen und Klassenfahrten, Schülerfahrtkosten und Lernförderung ausgeschlossen sein, nur weil das Geld nicht ausreichend ist.

 

Ab dem 01.04.2011 können diese Kinder und Jugendlichen z. B. bei Ausflügen und Ferienfreizeiten mitfahren, Sport- und Musikangebote nutzen, bei Bedarf Nachhilfe bekommen oder am gemeinsamen Mittagessen in der Schule, der Kindertageseinrichtung, dem Hort oder bei der Tagesmutter teilnehmen.

 

Eine Erfassung der Leistungen durch den Kreis Steinfurt für die Stadt Rheine hat für 2012 bis 2016 nachfolgende Ergebnisse erbracht:

 

         Jahreswerte - Geförderte Kinder nach Leistungsart (Maßnahmen)

 

Schulaus-

flüge,

mehrtägige
Klassenfahr-
ten

Persön-licher Schulbedarf

Schüler

beförde-

rung

Lern-

förde-

rung

Gemein-

sch.

Mittags-

verpfle-

gung

Teilhabe am
sozialen und
kulturellen
Leben

Summe
der ge-
förderten
Kinder/ Maßnahmen

 

2012

653

2.004

1

59

1524

724

4.965

2013

968

2.196

2

164

1.608

772

5.711

2014

922

2.217

6

201

1.550

809

5.705

2015

931

2.069

3

284

1.568

720

5.575

2016

1146

2.243

3

301

1.618

751

6.062

 

Quelle: Interne Auswertung des Kreis Steinfurt

 

Ein Vergleich auf kommunaler Ebene mit dem Jahr 2011 ist leider nicht möglich. Eine Auswertungsmöglichkeit nach Kommunen besteht erst ab 2012. Zum 01.02.2015 erfolgte die Einführung der sogenannten Münsterlandkarte. Die Münsterlandkarte ist web-basierend; Erbringung und Abrechnung erfolgt ausschließlich durch Aufbuchen von Ansprüchen des Bildungs- und Teilhabepakets durch die persönlichen Ansprechpartner/innen und durch Abbuchen der erbrachten Leistung durch die Träger. In 2016 nahm die Inanspruchnahme von Leistungen des Bildungs- und Teilhabegesetzes nochmal um ca. 6% zu. Seit der Einführung im Jahr 2011 ist somit ein kontinuierlicher Anstieg festzustellen.

 

 


3. Struktur der Leistungsempfänger

 

Erwerbstätige Arbeitslosengeld II-Bezieher werden definiert als erwerbsfähige Leistungsberechtigte (eLb), die einen laufenden Leistungsanspruch (vor Sanktion) in der Grundsicherung für Arbeitsuchende haben und gleichzeitig Bruttoeinkommen aus abhängiger und/oder selbständiger Erwerbstätigkeit beziehen. Synonym kann auch die Bezeichnung „Erwerbstätige Leistungsbezieher in der Grundsicherung für Arbeitsuchende“ verwendet werden. Häufig sind die Erwerbseinkünfte nicht ausreichend, so dass ergänzende SGB II-Leistungen erbracht werden müssen. Darüber hinaus sind auch bei Empfängern von Arbeitslosengeld I und Renteneinkünften aufstockende Leistungen zu erbringen.

 

Eine interne Auswertung durch den Kreis Steinfurt mit Stand 31.12.2016 hat nachfolgendes Ergebnis hinsichtlich ergänzender SGB II-Leistungen erbracht:

 

Personen mit Erwerbseinkommen

1.048

davon mit Einkommen (Brutto) bis 450 €

582

davon mit Einkommen (Brutto) über 450 €

466

Personen mit Einkommen aus selbständiger Tätigkeit

66

Personen mit Bezug von Arbeitslosengeld I

72

Personen mit Bezug einer Rente

213

davon mit einer Erwerbsminderungsrente (alle)

138

davon mit sonstigen Renten (Witwen-, Waisenrente...)

75

 

Insbesondere seit der 2. Jahreshälfte 2015 sind aufgrund des hohen Flüchtlingsaufkommens eine Vielzahl an Leistungsfällen zu führen, die nach Anerkennung der Flüchtlingseigenschaft ins SGB II überführt wurden.

 

In 2016 sind insgesamt 351 Personen aus dem Asylbewerberleistungsgesetz ins SGB II übergetreten.

 

 

4.   Finanzierungsregelungen

 

Die Kostenbeteiligung der Städte und Kommunen beträgt gemäß Delegationssat­zung ab dem Jahr 2011 50 % der Kosten der Unterkunft. Zuvor war die Kostenbeteiligung schrittweise seit dem Jahr 2008 angehoben worden (33%, 40%, 40%).

 

Auf Antrag der Stadt Rheine, ab dem Jahr 2012 eine Härteausgleichsregelung in die Delegationssatzung aufzunehmen, hat der Kreis Steinfurt Gespräche mit den kreisangehörigen Kommunen geführt. Nach vorheriger Analyse der vorangegangenen vier Jahre war es nach Auffassung des Kreises Steinfurt unstrittig, dass erhebliche strukturelle Unterschiede bestehen. Mit Satzung vom 18.12.2012 hat der Kreis Steinfurt mit Wirkung ab 2012 nachfolgende Härteaus­gleichsregelung getroffen:

 

1.  Gemäß § 5 Abs. 5 Satz 3 AG SGB II werden für das Bestehen erheblicher struktureller Unterschiede im Kreisgebiet für einzelne Kommunen folgende Krite­rien festgelegt:

 

             -    SGB II-Quote

             -    Gesamt-Arbeitslose pro Einwohner

             -    SGB II-Arbeitslose pro Einwohner

             -    SGB II-Kosten pro Einwohner

 

Erhebliche strukturelle Unterschiede im Kreisgebiet werden für die Städte und Gemeinden festgestellt, in denen mindestens zwei der o. a. vier beschriebenen Werte in mindestens drei der vorausgegangenen vier Kalenderjahre um mindes­tens 25 % vom Kreisdurchschnitt negativ abweichen.

 

        2.  Eine erhebliche finanzielle Härte wird für die Städte und Gemeinden festge­stellt, die aufgrund erheblicher struktureller Unterschiede gegenüber dem Kreisgebiet um mehr als 15% höhere Aufwendungen haben, als wenn die SGB II­ Gesamtkosten vollständig über die Kreisumlage finanziert wären.

 

        3.  Ein Ausgleich der finanziellen Härte erfolgt, indem im Rahmen der Abrechnung der Kostenbeteiligung die Mehrbelastung der betroffenen Städte und Gemeinden auf 15 % begrenzt wird. Die Entlastungsbeträge werden im Rahmen der Abrechnung auf die anderen Städte und Gemeinden im Verhältnis ihrer Beteiligung an der Kreisumlage verteilt.

 

Der Stadt Rheine wurde nach der o .a. Regelung ein Härteausgleich zugesprochen. Die Stadt Rheine hat gegen diese Härteausgleichsregelung am 12.02.2014 Klage erhoben. Das Verfahren ist inzwischen durch Vergleich abgeschlossen. Hiernach wird die Stadt Rheine für den Zeitraum 2012 bis 2016 insgesamt 1.795.000 € als zusätzliche Härteausgleichszahlung erhalten.

 

Die neue Härteausgleichsregelung stützt sich nun auf eine Regelung, wonach die Begrenzung der Mehrbelastung auf 20 % begrenzt wird.

 


Anlagen:

 

Anlage 1: Jahresbericht 2016 des Jobcenter Kreis Steinfurt