Betreff
Informationen zur Pflegeplanung des Kreises Steinfurt - Trends und Handlungsbedarfe
Vorlage
277/17
Art
Beschlussvorlage

Beschlussvorschlag:

 

Der Sozialausschuss nimmt die Erläuterungen von Herrn Frank Woltering – Sozialplaner des Kreises Steinfurt – zur Kommunalen Pflegeplanung 2016/2017 – zur Kenntnis.


Begründung:

 

Herr Frank Woltering – Sozialplaner des Kreises Steinfurt – zuständig für die Pflegeplanung, nimmt Stellung zu Kernpunkten der Kommunalen Pflegeplanung und Pflegeinfrastruktur.

 

 

1.         Erstellung einer Kommunalen Pflegeplanung

Mit Verabschiedung des Alten- und Pflegegesetzes NRW ist im Jahr 2014 festgelegt worden, dass Kreise – und Kreisfreie Städte „Kommunale Pflegeplanungen“ erstellen und die Ergebnisse veröffentlichen. Die Pflegeplanung 2016/2017 will einen Beitrag zur Fortentwicklung der Strukturen leisten. Pflegeplanung ist kein Selbstzweck, sondern sie soll sich am tatsächlichen Bedarf vor Ort orientieren. Eine Kommunale Pflegeplanung muss Einfluss auf die Versorgungslandschaft nehmen können, um  Über-, Fehl- und Unterversorgungen zu vermeiden. Nicht die Angebote dürfen den Bedarf bestimmen, sondern umgekehrt.

 

 

2.         Deutliche Veränderungen in den Stäten und Gemeinden

Mit dem demografischen Wandel werden sich auch die Lebensbedingungen älterer Menschen wandeln. Nirgendwo zeigen sich die demografischen und gesellschaftlichen Veränderungen so deutlich, wie in den Städten und Gemeinden, dort, wo Menschen wohnen, arbeiten und zusammenleben. Die Städte und Gemeinden sollten gemeinsam mit dem zivilgesellschaftlichen Engagement vor Ort, den Vereinen, Verbänden, Kirchen als „sogenannte Gemeinschaften“ sich intensiv um die Belange älterer Mitbürgerinnen und Mitbürger mit und ohne Pflegebedarf kümmern.

 

 

3.         Handlungsbedarf erkennen

Alter und Pflege dürfen nicht automatisch gleich gesetzt werden. Gleichwohl ist das höhere Alter von einem höheren Risiko der Pflegebedürftigkeit geprägt. Beträgt die Zahl der Leistungsbezieher derzeit rund 2,55 Mio. werden für das Jahr 2030 über 3,4 Mio. Pflegebedürftige und für das Jahr 2050 4,5 Mio. prognostiziert.

 

Die Menschen wollen selbstbestimmt alt werden. Knapp 70 Prozent aller Pflegebedürftigen werden zu Hause versorgt, davon zwei Drittel alleine durch Angehörige, ein Drittel zu zusammen mit oder vollständig durch ambulante Pflegedienste. Die Versorgungspotentiale in familiärer Pflege sind aber aus den unterschiedlichsten Gründen rückläufig. Pflegende Angehörige fühlen sich zunehmend überfordert. Knapp zwei Drittel der Angehörigen müssen Pflege und Beruf vereinbaren, davon 30 Prozent in Vollzeitstellen. Die steigende Mobilität pflegender Angehöriger wird nicht mehr in gleicher Weise und Bereitschaft zur Verfügung stehen werden, wie das heute noch der Fall ist. Städte und Gemeinden sollten deshalb häusliche Versorgungsdienste und ambulante Pflege stärker kleinräumig organisieren. Ein gut strukturiertes und vernetztes Hilfesystem im Sozialraum und Quartier mit verschiedenen Hilfsformen ist notwendig, um adäquat und bedarfsorientiert Angebote machen zu können. Darüber hinaus sind verstärkt Alternativen zu häuslicher Pflege zu schaffen, damit auch bei Schwerstpflege kein Wegzug aus dem Quartier notwendig wird. Die Entwicklung der Alterung ist mit einem mehr an Individualisierung und Pluralisierung der Lebenswelten, an Heterogenität, mehr sozialen Unterschieden und nach Menschen mit Migration verbunden. Eine weitere besondere Herausforderung liegt darin, dass mit der zunehmenden Zahl der Hochaltrigen die Zahl an Demenzerkrankten zunimmt. Dieses führt zwangsläufig zur Pflegebedürftigkeit allerdings mit längeren Pflegezeiten und intensiveren Pflegeverläufen.

 

 

4.         Seniorenpolitik und Pflege noch stärker ins Zentrum der Diskussion rücken

Die Städte und Gemeinden sind wegen der prinzipiell größeren Nähe zu den Menschen und zu den konkreten altenpolitischen Problemen die Ebene für die Gestaltung der Alten- und Seniorenpolitik. Sie sollen eine langfristige Strategie zur Bewältigung der Herausforderungen des demografischen Wandels erarbeiten. Zielsetzungen für ein kommunales Handeln in der Senioren- und Pflegepolitik sind:

 

-            Förderung der selbstbestimmten Lebensführung

-            Erhaltung der menschlichen Würde und der individuellen Persönlichkeit im Alter

-            Erhaltung der Häuslichkeit

-            Stärkung der Teilnahme am sozialen Leben, gesellschaftlichen und kulturellen Leben  in den Städten und Gemeinden

-            Stärkung der Selbsthilfe

-            Vermeidung der Unter- und Überversorgung mit Diensten und Einrichtungen

-            Förderung von Netzwerken

Altenarbeit, Seniorenpolitik und Pflege sind kommunale Querschnittsaufgaben und Teil der Daseinsfürsorge.

 

 

5.         Fehlende Kurzeitpflegeplätze

Wie beschrieben werden ca. zwei Drittel der zu pflegenden älteren Menschen zu Hause von Angehörigen versorgt. Zur ihrer Unterstützung und Entlastung stehen den Betroffenen und den pflegenden Angehörigen in Rheine eingestreute Pflegeplätze in stationären Einrichtungen zur Verfügung. Die eingestreuten Pflegeplätze werden von Kurzeitpflegebedürftigen belegt, wenn die Plätze nicht von dauerhaft dort lebenden Bewohnern besetzt sind. Nur dann können Kurzeitpflegegäste aufgenommen werden.

 

Die Kurzzeitpflege ermöglicht pflegebedürftigen älteren Menschen den Aufenthalt in einer stationären Einrichtung für einen begrenzten Zeitraum. Dies ist eine wichtige Hilfe, wenn aufgrund einer Krisensituation Angehörige die Pflege eine Zeitlang nicht leisten können oder eine Auszeit brauchen. Nach einem Krankenhausaufenthalt gibt Kurzzeitpflege die Chance, sich zu orientieren und in Ruhe zu entscheiden, ob eine stationäre oder ambulante Betreuung der richtige Weg ist. Die Pflegebedürftigen sollten in dieser Phase die Möglichkeit haben, sich in der Sicherheit der Rund-um-die-Uhr Versorgung einer stationären Einrichtung zu erholen.

 

Diese wichtige Unterstützung tritt in der Alltagspraxis allerdings nicht immer in Kraft, da Kurzzeitplätze heutzutage Mangelware sind. Dieses führt zu großen Problemen in Notsituationen, wenn es nötig ist, sich selbst, oder den Angehörigen fachkundig und gut versorgt untergebracht zu sehen.