Beschlussvorschlag/Empfehlung:
Der BauA nimmt den Sachstandsbericht zur Prävention bei Starkregener-eignissen zur
Kenntnis.
Sachstand:
Beim Starkregenereignis vor gut einem Jahr
sind innerhalb einer Stunde ca. 80 Liter pro m² in Rheine, d. h. ca. 1 Zehntel
der Jahresmenge niedergegangen.
Laut Definition handelt es sich ab einer
Menge von 5 Liter innerhalb von 5 Minuten bzw. ab 20 Liter in einer Stunde um
Starkregen. Der Deutsche Wetterdienst warnt in 2 Stufen vor Starkregen, wenn
voraussichtlich folgende Schwellenwerte überschritten werden:
Regenmengen > = 10 Liter/1 Std. oder >
= 20 Liter/6 Std. (Markante Wetterwarnung)
Regenmengen > = 25 Liter/1 Std. oder >
= 35 Liter/6 Std. (Unwetterwarnung).
Seit 2010 gab es in Rheine drei
Starkregenereignisse
26.08.2010 ca. 145 Liter/Tag
(!)
20.06.2013 ca. 30 Liter/Stunde
23.06.2016 ca. 80 Liter/Stunde
(!)
Sowohl der Regen am 26.08.2010 als auch der
Regen am 23.06.2016 lagen mehr als 4 x höher als die Grenze eines Starkregens.
In diesem Zusammenhang wird immer wieder die Frage nach der Wirksamkeit der öffentlichen
Kanalisation und weiteren technischen Lösungen gestellt. Geschädigte bemängeln
insbesondere die Dimensionierung des Kanalnetzes.
Die öffentliche Abwasseranlage kann jedoch
nicht für derart große Regenmengen ausgelegt werden. Das Kanalnetz in Rheine
ist mit den Regenrückhaltebecken und Pumpstationen für einen örtlichen „Bemessungsregen“
(z. B. für Wohngebiete ~ 12 Liter/Stunde) dimensioniert. Beim Starkregen,
wie am 23.06.2016, waren die öffentlichen und die privaten Abwasseranlagen
überfordert. Die Kanäle liefen voll, überschüssiges Oberflächenwasser konnte
nicht mehr geordnet abfließen. Das Wasser überflutete angrenzende Flächen.
Landwirtschaftlich genutzte Hanglagen verschärften das Problem durch eine
starke Verschlammung des abfließenden Oberflächenwassers.
Maßnahmen
im öffentlichen Kanalnetz
Um die hydraulische Leistungsfähigkeit des
öffentlichen Kanalnetzes und die Auswirkungen von Starkregenereignissen sowie
die Wirksamkeit von verschiede-nen baulichen Erweiterungslösungen einschätzen
zu können, hat die TBR am 30.08.2016 einen Auftrag zur Erstellung einer
Überflutungsberechnung vergeben. In dieser Überflutungsberechnung sind
Überflutungssimulationen für das gesamte Stadtgebiet mit verschiedenen Regenmengen
durchgeführt worden.
Die ersten Ergebnisse aus der
Überflutungsbetrachtung zeigen 10 Hotspots in Rheine, bei denen es in Folge von
hohen Regenmengen zu einer Überlastung des öffentlichen Kanalnetzes kommt. Um
aus den Ergebnissen Lösungsvorschläge für bauliche Anpassungen im Kanalnetz
erarbeiten zu können, werden in den nächsten Monaten weitere Planungen
durchgeführt. Die Ergebnisse der sich hieraus ergebenen Variantenbetrachtung
werden dem Verwaltungsrat der TBR zur Investitionsentscheidung vorgelegt.
Während sich die Überflutungsbetrachtung
insbesondere mit Gebieten, die bereits bebaut sind befasst, erfolgt bei
Neubaugebiete in Rheine seit einigen Jahren eine integrale Entwässerungsplanung. Hierbei werden Straßenzüge und
Straßenhöhen so geplant, dass bei Überstauungen das Niederschlagswasser auf der
Straße gezielt möglichst schadlos abgeleitet werden kann. Beispiel dafür ist
das Neubaugebiet Sandmanns Hof, welches bei Überflutung in den Dutum-Graben der
B 475 entwässert.
Maßnahmen
bei privaten Entwässerungsanlagen
Ein wirksamer Überflutungsschutz muss
gemeinsam von allen Beteiligten so gestaltet werden, dass möglichst wenige
Schäden entstehen. Dies bedeutet, dass auch Grundstückseigentümer bauliche
Vorsorge treffen müssen, in dem sie sich vor Rückstau aus der öffentlichen
Abwasseranlage und vor Überflutungen durch Oberflächenwasser schützen. Wenn
Rückstausicherungen im Privatanschluss vorhanden sind, versagen diese häufig im
Ernstfall, weil sie nicht entsprechend gewartet werden. Bei
Grundstücks-/Gebäudeüberflutungen wird oft die Rückstauebene nicht eingehalten:
Liegen Öffnungen im Gebäude, über die Wasser in das Gebäude eintreten kann (insbesondere
Türen, Fenster und Kellerlichtschächte etc.) unter der Höhe der Straßenfläche
(Rückstauebene), kann das Oberflächenwasser bei Starkregen ins Gebäude fließen.
Diese Gebäudeöffnungen sollten z. B. mit einer Aufkantung von ca. 20 cm
versehen werden.
Um die Privatleute in der Überprüfung ihrer
Entwässerungsanlage zu unterstützen, stellt die TBR umfangreiche Informationen
und Beratungen für die Absicherung von Grundstücken und Gebäuden bereit. Neben
Informationsmaterial in Form von Flyern und auf der Homepage der TBR werden
individuelle Beratungsgespräche durch die TBR für Betroffene und Interessierte
angeboten. Zudem hat die TBR am 11.07.2017 auf Einladung des Stadtteilbeirates
Dutum-Dorenkamp auf einer Veranstaltung mit dem Thema „Starkregen – ein Jahr
danach“ über die Möglichkeiten der Prävention informiert. Dieser Einladung
folgten ca. 80 interessierte Bürger. Es ist geplant, auch in anderen
Stadteilbeiräten über die Möglichkeiten der privaten Vorsorge zu informieren.
Eine Übersicht der Anfragen im Fachbereich
Entwässerung nach dem Starkregen vom 23.06.2016 zeigt folgende Tabelle (Stand:
16.08.2017):
Telefonanrufe,
Beschwerden etc.: |
~1.100 |
|||
Beratungsgespräche telefonisch: |
~340 |
|||
Beratungsgespräche im Rathaus: |
~250 |
|||
Beratungsgespräche vor Ort: |
80 |
|||
Dauer je Gespräch im Rathaus im
Mittel: |
0,45 - 1
Stunde |
|||
Dauer je Vor-Ort-Gespräch im Mittel: |
1.5 - 2
Stunden |
|||
Derzeitige anstehende Termine: |
bis zu 3 pro
Woche |
|||
TBR-Anschreiben mit Broschüren inkl.
Selbstauskunft: |
240 |
|||
Antworten Betroffener mit
ausgefühlter Selbstauskunft: |
330 |
|||
Herausgegebene Broschüren,
Selbstauskunft, etc.: |
~400 |
|||
Abruf TBR-Starkregen-Link: |
|
Zugriffe
(insgesamt) |
Zugriffe (pro Monat) |
Zugriffe (pro
Tag) |
Starkregen |
|
1.300 |
~100 |
~4 |
Rückstau im Abwassernetz durch
Starkregen |
|
500 |
~39 |
~2 |
Überflutung durch Starkregen |
|
540 |
~42 |
~2 |
Die Beratungsgespräche haben gezeigt, dass
bei der Planung privater Bauobjekte Maßnahmen zum Schutz vor Rückstau und
Überflutung nur unzureichend berücksichtigt werden. Daher ist eine
Informationsveranstaltung gezielt für Architekten und Fachplaner geplant, in
der die TBR über notwendigen privaten Maßnahmen zum Schutz vor Rückstau und
Überflutungen informiert wird.
Präventionsmaßnahmen an der
Hünenborg
Im Hinblick auf die
Abschwemmungsproblematik der Ackerfläche an der Hünenborg beim
Starkregenereignis am 23.06.2016 wurde vom Grundstücksmanagement der Stadt
Rheine Kontakt mit den Eigentümern und dem landwirtschaftlichen Pächter der
Fläche aufgenommen. Nach zahlreichen Telefonaten und persönlichen Gesprächen
konnte mit dem Pächter vereinbart werden, dass er entlang der Hünenborgstraße
einen ca. 20 m breiten Ackerstreifen zukünftig als Grünland bzw. als
Ackerblühstreifen bewirtschaftet. Hierdurch kann der Abtrag des Oberbodens bei
Starkregenereignissen reduziert werden. Der Pächter hat diese Maßnahme im
Frühjahr 2017 umgesetzt. Vor Ort ist mittlerweile ein ca. 20 m breiter
Ackerblühstreifen entstanden. Ohne Zustimmung des Eigentümers der Fläche kann
der Landwirt diese Fläche für vier Jahre als Grünland bewirtschaften. Danach
ist er auf die Zustimmung des Eigentümers angewiesen. Hintergrund ist der
Umstand, dass Grünland nach vier Jahren wieder zu Ackerland umgebrochen werden
muss. Andernfalls erhält die Ackerfläche den Status Dauergrünland und darf
nicht mehr umgebrochen werden. Da Dauergrünland weniger Wert ist als Ackerland,
würde sich der Landwirt schadensersatzpflichtig gegenüber dem Eigentümer
machen. Die Gespräche mit den Eigentümern über eine dauerhafte Lösung sind noch
nicht abgeschlossen bzw. sind noch im Gange. Da die Stadt selbst weder
Eigentümer noch Pächter der Fläche ist, kann sie nur vermittelnd tätig werden.
Eine dauerhafte Lösung kann nur vom Pächter und insbesondere vom Eigentümer
selbst kommen. Die Stadt Rheine wird weiterhin den Kontakt zum Pächter und
Eigentümer halten, um möglichst eine dauerhafte Lösung zu erzielen.
Neben der Saat eines
ca. 20 m breiten Grünland- bzw. Ackerblühstreifen wurden von der TBR beidseitig
der Hünenborgstr. vor der Kreuzung des Radweges zwei große Einlaufbauwerke
errichtet, die bei starken Niederschlägen das Wasser in den Graben entlang des
Radwegs ableiten. Zudem wird der Graben regelmäßig freigeräumt.