Betreff
Änderungen des Landesentwicklungsplans Nordrhein-Westfalen
Beteiligung als "öffentliche Stelle"
hier: Kenntnisnahme und Billigungsbeschluss
Vorlage
257/18
Art
Beschlussvorlage

Beschlussvorschlag/Empfehlung:

 

Der Ausschuss für Stadtentwicklung, Umwelt und Klimaschutz nimmt die Ausführungen und Erläuterungen der Verwaltung zur Kenntnis.

 

Die Stadt Rheine schließt sich der Bewertung des Städte- und Gemeindebundes Nordrhein-Westfalen an. Diese soll als offizielle Stellungnahme der Landesplanungsbehörde zugeleitet und in diesem Sinne auf entsprechende Änderung bzw. Ergänzung des Landesentwicklungsplans hingewirkt werden.

 

 

 

Begründung:

 

1.         Allgemeines und Verfahrensablauf

 

Im Rahmen des Entfesselungspaktes II hat die Landesregierung am 17. April 2018 Änderungen des am 8. Februar 2017 in Kraft getretenen Landesentwicklungsplans Nordrhein-Westfalen (LEP NRW) gebilligt und ein Beteiligungsverfahren beschlossen. In diesem Beteiligungsverfahren werden die Öffentlichkeit und die in ihren Belangen berührten öffentlichen Stellen - also auch die Stadt Rheine - beteiligt. Die umfangreichen Verfahrensunterlagen (Entwurf der Änderungen, Planbegründung und Umweltbericht) sind abrufbar auf der Internetseite des NRW-Wirtschaftsministeriums, unter folgendem Link: https://www.wirtschaft.nrw/landesplanung.

 

Stellungnahmen zu den Änderungen müssen bis zum 15. Juli 2018 eingereicht werden. Nach Auswertung und Beratung im Kabinett wird der punktuell geänderte LEP dem Landtag mit der Bitte um Zustimmung zugeleitet. Je nach Dauer der Beratungen dürfte der geänderte Plan - nach Bekanntmachung im Gesetz- und Verordnungsblatt NRW - im ersten Halbjahr 2019 in Kraft treten.

 

Nordrhein-Westfalen ist ein dicht besiedeltes Land. An den begrenzten Raum und seine Ressourcen werden vielfältige Nutzungsansprüche gestellt. Diese Nutzungsanforderungen stehen zueinander im Wettbewerb und müssen bestmöglich im LEP NRW aufeinander abstimmt werden. In Nordrhein-Westfalen wird diese Aufgabe vom Wirtschaftsministerium (zuvor von der Staatskanzlei) als Landesplanungsbehörde wahrgenommen. Das wichtigste Planungsinstrument der Landesplanungsbehörde ist der Landesentwicklungsplan, der die räumlichen Ziele und Grundsätze der Landesentwicklung festlegt.

Der LEP NRW ist der zusammenfassende, überörtliche und fachübergreifende Raumordnungsplan für das gesamte Gebiet des Landes Nordrhein-Westfalen. Er enthält Vorgaben für alle räumlichen Planungen und Maßnahmen, insbesondere für die Regionalpläne, die gemeindlichen Bauleitpläne, Landschaftspläne und andere Fachpläne (siehe nächste Seite, Abbildung 1).

 

Die kapitelweise definierten „Ziele“ der Raumordnung sind verbindliche Vorgaben zur Entwicklung, Ordnung und Sicherung des Raums, die zu beachten sind. D.h. es handelt sich um Festlegungen, die eine strikte Bindung auslösen und nicht durch Abwägung überwindbar sind. Die so genannten „Grundsätze“ sind Aussagen, die in Abwägungs- und Ermessensentscheidungen der nachfolgenden Planungsebenen lediglich zu berücksichtigen sind.

 

 

Abb. 1:   System der räumlichen Planung in Nordrhein-Westfalen

 

 

 

2.         Wesentliche Inhalte der geplanten Änderungen

 

Die Leitvorstellung des LEP NRW wird geprägt durch den Begriff der „nachhaltigen Raumentwicklung“, die die sozialen und wirtschaftlichen Ansprüche an den Raum mit seinen ökologischen Funktionen in Einklang bringt und zu einer dauerhaften, großräumig ausgewogenen Ordnung mit gleichwertigen Lebensverhältnissen in den Teilräumen des Landes beiträgt.

 

Der Entwurf der Änderungen des LEP NRW berücksichtigt veränderte Zielvorstellungen der jetzigen Landesregierung und revidiert - nach Reinhold Müller/FDP - „die Folterinstrumente der früheren rot-grünen Landesregierung besonders für die Entwicklung des ländlichen Raums“. Dabei beziehen sich die geplanten Änderungen nur auf einzelne textliche Ziele, Grundsätze und Erläuterungen. Zeichnerische Festlegungen des geltenden LEP sind nicht betroffen. Insgesamt sollen 16 Ziele und Grundsätze der Raumordnung geändert oder sogar gestrichen werden, ein neues Ziel und drei neue Grundsätze kommen hinzu.

 

Generell will die Landesregierung den Kommunen mehr Spielraum geben, damit sie leichter Flächen für Firmenansiedlungen und -erweiterungen sowie für den Wohnungsbau ausweisen können. Davon profitieren Unternehmen, die sich ansiedeln oder erweitern wollen, und Bauherren, die Wohnraum schaffen wollen. Mit dem überarbeiteten LEP sollen ausdrücklich auch die kleinen Ortsteile im ländlichen Raum gestärkt werden, denen bessere Entwicklungsmöglichkeiten eröffnet werden sollen.

 

Hier die wichtigsten Änderungen im Überblick:

 

In den Zielen 2-3 und 2-4 ist mehr Flexibilität bei der Flächenausweisung vorgesehen. Erleichtert werden sollen insbesondere die Festsetzung von Bauflächen und Baugebieten in kleinen Ortsteilen mit weniger als 2.000 Einwohnern, die Erweiterung bestehender Betriebe und die Planung von gewerblichen Tierhaltungsanlagen im Außenbereich.

 

Der 5 ha-Grundsatz (bisher Grundsatz 6.1-2) soll gestrichen werden. Er gibt vor, dass das tägliche Wachstum der Siedlungs- und Verkehrsflächen bis zum Jahr 2020 landesweit auf 5 ha und langfristig auf „Netto-Null“ reduziert werden soll. Dabei will sich die Landesregierung weiter für die Vermeidung unnötiger Flächeninanspruchnahmen und für den Schutz landwirtschaftlicher Flächen einsetzen.

 

Für landesbedeutsame Standorte für flächenintensive Großvorhaben wird der bisher geltende Mindestflächenbedarf für eine Erstansiedlung von 80 ha auf 50 ha reduziert (Ziel 6.4-2). Dies geschieht u.a. mit Blick auf die Entwicklung des „newParks“ in der Emscher-Lippe Region und andere Standorte für landesbedeutende flächenintensive Großvorhaben.

 

Eine Streichung im Ziel 7.2-2 führt dazu, dass die Möglichkeit der Unterschutzstellung des derzeitigen Truppenübungsplatzes Senne als Nationalpark nicht mehr zwingend vorzusehen ist. Dies schließt eine spätere Unterschutzstellung als Nationalpark zwar nicht aus. Mit der Änderung wird dieses Ziel jedoch zunächst politisch nicht weiter verfolgt.

 

Die Festlegungen zur Windenergie (Ziele 7.3-1 und 10.2-2 sowie der Grundsatz 10.2-3) sollen geändert werden. Die Aussagen zur Möglichkeit der Errichtung von Windenergieanlagen im Wald und die verpflichtende Vorgabe von konkreten Flächenkulissen für Vorranggebiete für die Windenergie in den einzelnen Regionalplänen sollen aufgehoben werden. Demgegenüber soll die Vorgabe zur Festlegung von Vorranggebieten für die Windenergienutzung in den Regionalplänen zu einem Grundsatz – und damit als Möglichkeit und nicht mehr als Pflicht – herabgestuft werden. Zu allgemeinen und reinen Wohngebieten soll ein Mindestabstand für Windenergieanlagen von 1.500 m eingeführt werden.

 

Die Unterscheidung zwischen landes- und regionalbedeutsamen Flughäfen wird aufgegeben (Ziel 8.1-6). Damit wird auch der Flughafen Münster/Osnabrück „landesbedeutsam“ und kann sich entsprechend bedarfsgerecht entwickeln.

 

In Ziel 9.2-1 (oberflächennahe Bodenschätze) wird die verpflichtende Festlegung von Vorranggebieten in den Regionalplänen mit der gleichzeitigen Wirkung als Eignungsgebiete aufgegeben. In Ziel 9.2-2 werden die Versorgungszeiträume für die Sicherung oberflächennaher, nichtenergetischer Rohstoffe (für Lockergesteine, z.B. Kies und Sand) von 20 wieder auf 25 Jahre verlängert. Das erhöht die Planungssicherheit der betroffenen Unternehmen.

 

 

 

3.         Auswirkungen der LEP-Änderungen auf die Stadt Rheine

 

Die vorgesehenen Änderungen des Landesentwicklungsplans Nordrhein-Westfalen beinhalten planerische Festlegungen, die aus Sicht der Stadt Rheine im Wesentlichen begrüßt werden. Negative Auswirkungen der überwiegend abstrakt-programmatisch festgelegten Ziele und Grundsätze sind nicht zu erwarten.

 

Insgesamt greift der überarbeitete LEP-Entwurf wichtige Forderungen der Städte und Gemeinden auf und stellt eine Verbesserung bzw. Stärkung der kommunalen Planungshoheit dar. Es wurden u.a. Ziele zu Grundsätzen „umgewandelt“ bzw. „herabgestuft“ und damit die jeweiligen Anliegen einer Abwägung im Einzelfall zugänglich gemacht. Damit wird den Kommunen und Regionen insgesamt mehr Spielraum für planerische Entscheidungen gegeben, aber entsprechend auch mehr Verantwortung, den tatsächlichen Bedürfnissen und Entwicklungsmöglichkeiten nachzukommen.

 

Die Stadt Rheine schließt sich den folgenden, überwiegend positiven Bewertungen des Städte- und Gemeindebundes Nordrhein-Westfalen zu den einzelnen LEP-Änderungen an. Diese Bewertungen sollen als offizielle Stellungnahme der Landesplanungsbehörde in Düsseldorf zugeleitet werden.

 

Lediglich der Grundsatz 10.2-3 (Abstand von Bereichen/Flächen von Windenergieanlagen) wird aus rechtlichen Erwägungen kritisch gesehen und sollte gestrichen werden. Relevant ist dieser für die Stadt Rheine allerdings nicht mehr, da bereits seit 2016 verbindliche Wind-Konzentrationszonen bestehen. Als zusätzliche, ergänzende Forderung im Rahmen des Ziels 6.1-1 (Rücknahme nicht in Anspruch genommener Flächen) sollte auch zum Thema „Flächenrücknahme“ eine Umformulierung – im Sinne des Städte- und Gemeindebundes - stattfinden.

 

Auf entsprechende Änderung bzw. Ergänzung der geplanten LEP-Änderungen soll hingewirkt werden.

 

 

 

4.         Stellungnahme der Stadt Rheine bzw. des Städte- und Gemeindebundes

 

Die nachfolgenden Ausführungen zu den raumordnerischen Festlegungen des LEP-Entwurfs orientieren sich an der Gliederung der Entwurfsfassung.

 

Siedlungsraum und Freiraum (2-3 Ziel):

 

Die Erweiterungen des Ziels 2-3 sind zu begrüßen und entsprechen in vielen Teilen der Forderung der kommunalen Spitzenverbände, den kommunalen Planungsspielraum zu erhöhen und ländliche Räume zu stärken. Positiv ist insbesondere die gänzlich weggefallene Beschränkung auf den Bedarf der ansässigen Bevölkerung und der vorhandenen Betriebe. Denn in großen, dünnbesiedelten Flächengemeinden gibt es Ortsteile mit weniger als 2.000 Einwohnern, die eine Versorgungsfunktion für andere, noch kleinere Ortsteile übernehmen. Zur Sicherung des vorhandenen Angebots an öffentlichen und privaten Dienstleistungs- und Versorgungseinrichtungen in diesen versorgenden Ortsteilen muss ihnen eine Siedlungs-entwicklung – auch im Außenbereich – zugestanden werden, die über den Eigenbedarf der Einwohner dieses Ortsteils hinaus geht. Der vorliegende Entwurf berücksichtigt diese Forderung und wird daher begrüßt.

Künftig werden die in Frage kommenden Ausnahmen für Weiterentwicklungen in den Freiraum hinein zentral im Ziel 2-3 gebündelt, so etwa auch bei den Standorten für raumbedeutsame, überwiegend durch bauliche Anlagen geprägte Erholungs-, Sport-, Freizeit- und Tourismuseinrichtungen (zuvor Ziel 6.6-2, das jetzt nur noch für neue Standorte gilt).

Dabei ist insbesondere zu begrüßen, dass mit dem neu eingefügten ersten Spiegelstrich klar-gestellt wird, dass Flächenerweiterungen in den Freiraum hinein auch künftig im Rahmen der landesplanerischen Unschärferegelung betrachtet werden können. Ebenso entspricht es dem kommunalen Interesse, große Tierhaltungsanlagen auf der Grundlage einer Bauleitplanung im Freiraum zulassen zu können. Andernfalls hätte die Ausweisung von Bauflächen für Intensiv-tierhaltungsanlagen nur noch in den festgelegten Siedlungsbereichen und damit in Gewerbe- und Industriegebieten erfolgen können. Die ergänzte Ausnahme für bauliche Anlagen der Kommunen bei der Erfüllung ihrer Aufgaben im Brand- und Katastrophenschutz trägt ebenfalls der Realität im ländlichen Raum Rechnung und wird daher begrüßt. Wie in den Erläuterungen erwähnt, sollte dies auch Rettungswachen umfassen. Zur Klarstellung sollte im Wortlaut des Ziels daher von „Aufgaben im Brand- und Katastrophenschutz sowie im Rettungswesen“ gesprochen werden.

Der neu eingefügte, zweite Spiegelstrich führt zudem explizit aus, dass die angemessene Er-weiterung vorhandener Betriebe oder eine Betriebsverlagerung zwischen benachbarten Orts-teilen zulässig sein soll. Hierbei wären Erläuterungen hilfreich, wann von einer „angemesse-nen“ Erweiterung ausgegangen werden kann. Dies könnte sowohl auf den Ortsteil als Ganzen als auch nur auf den Bedarf des Betriebs an sich zu beziehen sein. Als „angemessen“ sollte da-bei auch die bedarfsgerechte Sicherung von Reserveflächen angesehen werden. Bei den Anforderungen an die Angemessenheit bzw. Bedarfsgerechtigkeit von Betriebserweiterungen muss zudem ein Gleichlauf zwischen den Zielen 2-3 und 2-4 bestehen. Hierzu wären Klarstellungen in den Erläuterungen wünschenswert. Auch sollten weitergehende Erläuterungen zu der Frage erfolgen, wann Ortsteile als „benachbart gelten“, da dies aufgrund der unterschiedlichen räumlichen Strukturen in den einzelnen Landesteilen nicht immer einfach abzugrenzen sein wird. Zudem bleibt offen, ob die Ausnahme auch für benachbarte Ortsteile verschiedener Gemeinden gilt.

 

Entwicklung der im regionalplanerisch festgelegten Freiraum gelegenen Ortsteile (2-4 Ziel):

 

Der bisherige Satz 3 des Ziels 2-3 wird gestrichen und stattdessen mit dem neuen Ziel 2-4 eine bedarfsgerechte, an die vorhandene Infrastruktur angepasste Siedlungsentwicklung von Orts-teilen im regionalplanerisch festgelegten Freiraum ermöglicht. Damit wird die Bedeutung die-ser Entwicklungsmöglichkeiten stärker als bisher betont, was sehr zu begrüßen ist.

Positiv ist, dass im Rahmen einer bedarfsgerechten Weiterentwicklung auch Angebotsplanun-gen von Bauflächen und Baugebieten für einen mittel- bis langfristigen Planungshorizont möglich sind. Bei den genannten Aspekten, die für die Bewertung der Bedarfsgerechtigkeit herangezogen werden können, sollten zudem gemeindliche Strategien ergänzt werden, die einem (möglichen) Bevölkerungsrückgang entgegen wirken sollen.

Es erscheint zudem sachgerecht, dass die Weiterentwicklung zu einem ASB an ein hinreichend vielfältiges Infrastrukturangebot zur Grundversorgung, das ggf. auch erst zukünftig sichergestellt wird, geknüpft wird. Die Aufzählung der Grundversorgungsangebote sollte dabei beispielhaft erfolgen, um nicht den Eindruck entstehen zu lassen, dass erst das Vorliegen sämtlicher Angebote für eine Grundversorgung ausreicht. Anstelle eines durch die Verbindung „oder“ angedeuteten Alternativverhältnisses, das speziell im Fall der Kirchen und Supermärkte kaum beabsichtigt sein dürfte, sollte innerhalb der Liste einfach durch Kommas getrennt und die möglichen Beispiele noch um Arztpraxen, Tankstellen und – wegen ihrer sozialen Funktion als gemeinschaftlicher Treffpunkt – auch Gast- und Versammlungsstätten ergänzt werden. Neben Supermärkten und Discountern sollten zudem unbedingt „Dorfläden“ erwähnt werden, da diese in ihrer modernen Form über den Verkauf von Lebensmitteln hinaus oft auch als zent-raler Anlaufpunkt für verschiedene Dienstleistungen (Post, Geldautomat, Friseur, Versicherungsagentur etc.) dienen.

 

Strukturwandel in Kohleregionen (5-4 Grundsatz):

 

Die Stärkung der regionalen Zusammenarbeit, um den Strukturwandel in den Kohleregionen bewältigen zu können, ist grundsätzlich sinnvoll. Der Grundsatz bleibt in Bezug auf die konkre-ten Ziele jedoch eher vage. Unklar ist auch die in den Erläuterungen geäußerte Intention der Landesregierung, den Kommunen des Rheinischen Reviers eine nicht näher definierte „Sonder-stellung bei der Ausweisung zusätzlicher Industrie- und Gewerbegebiete“ zu ermöglichen, die aber „ohne Auswirkungen in anderen Regionen“ bleiben soll.

Die Landesregierung muss aus kommunaler Sicht sicherstellen, dass regionale Kooperationen in den Kohleregionen im Einklang mit den Wachstumsperspektiven anderer Landesteile stehen und dass mit Blick auf die Ausweisung von neuen GIB-Bereichen alle Regionen in NRW gleichberechtigt bleiben.

 

Leitbild „flächensparende Siedlungsentwicklung“ (6.1-2 Grundsatz):

 

Der Grundsatz, wonach das tägliche Wachstum der Siedlungs- und Verkehrsflächen in NRW bis zum Jahr 2020 auf 5 ha und langfristig auf „netto null“ zu reduzieren sein soll, wird gänzlich gestrichen. Damit entfällt ein wesentliches Hindernis für die kommunale Baulandentwicklung. Die kommunalen Spitzenverbände hatten bereits bei der Aufstellung dieses –ursprünglich sogar noch als raumordnerisches Ziel angedachten – Grundsatzes deutlich darauf hingewiesen, dass der Wohnungsbaubedarf von aktuell jährlich 60.000 Wohnungen in NRW, der Bedarf an Gewerbe- und Industrieflächen und der Bedarf für überörtliche Verkehrswege nicht mit dem 5 ha-Ziel zu vereinbaren sind. Ohnehin ist unklar, welchen Anteil hiervon die sechs Planungsregionen und die 396 Städte und Gemeinden in NRW jeweils im Rahmen ihrer Siedlungsflächenentwicklung umsetzen sollen und wie dieser Anteil bestimmt werden soll. Die Regelung ist daher zu unbestimmt.

Die kommunalen Spitzenverbände hatten die Festlegung des 5-ha-Ziels auch als Grundsatz aus den genannten rechtlichen Gründen abgelehnt, das 5-ha-Ziel allerdings als politisches Leitbild grundsätzlich mitgetragen. Die Streichung ist daher mit Blick auf die rechtlich unsichere Umsetzung des Grundsatzes zu begrüßen und entspricht unserer Forderung. Dennoch wird das 5-ha-Ziel als politisches Ziel von den kommunalen Spitzenverbänden nach wie vor ausdrücklich unterstützt und wird die Landesregierung in ihrem Anliegen unterstützt, sich für die Vermeidung unnötiger Flächeninanspruchnahmen und für den Schutz landwirtschaftlicher Flächen einzusetzen.

 

Nutzung von militärischen Konversionsflächen (7.1-7 Grundsatz):

 

Die Streichung des Zusatzes, wonach Photovoltaikanlagen nur auf bereits versiegelten Flächen in Betracht kommen sollen, ist zu begrüßen. Dies erleichtert auf Ebene der Regionalplanung die Inanspruchnahme von militärischen Konversionsflächen und dient dem Ziel, die Nutzung der Solarenergie stärker als bisher zu fördern. Die Regionalplanungsbehörden müssen hiervon allerdings auch Gebrauch machen, da für Photovoltaikanlagen – anders als im Bereich der Windenergie – keine Außenbereichsprivilegierung besteht und damit stets eine gemeindliche Bauleitplanung erforderlich sein wird.

 

Walderhaltung und Waldinanspruchnahme (7.3-1 Ziel):

 

In Ziel 7.3-1, der die Nutzung von Waldflächen regelt, wird der Satz „Die Errichtung von Wind-energieanlagen ist möglich, sofern wesentliche Funktionen des Waldes nicht erheblich beeinträchtigt werden“ gestrichen. Dies geschieht vor dem Hintergrund der Aussage des Koalitions-vertrages, wonach „die Privilegierung der Windenergieerzeugung im Wald“ aufgehoben werden soll. Die Privilegierung der Windenergienutzung im Wald ist jedoch Folge ihrer Privilegierung im Außenbereich, die aus dem übergeordneten Bundesbaurecht in § 35 Abs. 1 Nr. 5, Abs. 3 Satz 3 BauGB folgt und nicht über Landesplanungsrecht aufgehoben werden kann. Aus dem Bauplanungsrecht hat die Rechtsprechung die bekannte Vorgabe hergeleitet, wonach der Windenergie bei der Planung von Konzentrationszonen substanziell Raum gegeben werden muss, weshalb Waldflächen grundsätzlich keine harten Tabuzonen mehr darstellen. Insofern hatte die im Ziel 7.3-1 zugelassene Nutzung von Waldflächen durch Windenergieanlagen nur eine deklaratorische Bedeutung.

Der Wegfall der o.g. Formulierung könnte aber nun den Eindruck erwecken, dass Waldflächen in der gemeindlichen Konzentrationszonenplanung künftig (doch wieder) als harte Tabuzonen einzustufen sind. Für den bereits ähnlich formulierten LEP NRW 1995, B III 3.21 hat das OVG NRW jedoch gerade erst entschieden, dass eine solche Interpretation unzulässig ist (OVG NRW, Urt. v. 06.03.2018, 2 D 95/15.NE, Rn. 109ff.). Es sollte deshalb, wenn an der Streichung festgehalten werden soll, jedenfalls in den Erläuterungen klargestellt werden, dass hiermit für die Regional- und Bauleitplanung keinerlei Rechtsänderung verbunden ist.

 

Landesbedeutsame Flughäfen in Nordrhein-Westfalen (8.1-6 Ziel):

 

Durch die Änderung des Ziels werden die Flughäfen Düsseldorf, Köln/Bonn, Münster/Osnabrück, Dortmund, Paderborn/Lippstadt und Wesel/Weeze bezüglich ihrer Weiterentwicklung gleichgestellt. Mit der vorherigen Einteilung in „landesbedeutsame Flughäfen“ und „regionalbedeutsame Flughäfen“ bestand die Gefahr, dass es zu einer unverhältnismäßigen Beschränkung der Entwicklungsmöglichkeiten der „regionalbedeutsamen Flughäfen“ hätte kommen können. Die Änderung ist daher zu begrüßen.

 

Energiewende und Netzausbau (8.2-7 Grundsatz):

 

Mit dem neuen Grundsatz soll in den Regionalplänen der Ausbau der Energienetze stärker be-rücksichtigt werden. Dies ist wegen der „Energiewende“ zu begrüßen. Der in Norddeutschland insbesondere an den Küsten und durch sog. Offshore-Windfarms erzeugte regenerative Strom muss nach Süden, insbesondere in das hochindustrialisierte und dicht besiedelte Nordrhein-Westfalen, transportiert werden. Mit der vorhandenen Infrastruktur ist dies nicht möglich, weshalb dem Ausbau der Stromleitungsnetze auf Bundesebene oberste Priorität beigemessen wird. Die Landesplanungsbehörde reagiert auf diese Herausforderungen, in dem sie für die Regionalpläne vorsieht, dass diese die raumordnerische Durchführbarkeit der benötigten Leitungsvorhaben einschließlich der für ihren Betrieb notwendigen Anlagen fördern.

 

Räumliche Festlegungen für oberflächennahe nichtenergetische Rohstoffe (9.2-1 Ziel):

 

Die planerische Sicherung der heimischen oberflächennahen nichtenergetischen Bodenschät-ze (z.B. Sand, Kies, Ton, Lehm, Kalkstein, Tonstein, Basalt, Sandstein) soll nach der geänderten Zielfestlegung 9.2-1 in den Regionalplänen (durch textliche und zeichnerische Festlegungen von Bereichen für die Sicherung und den Abbau oberflächennaher Bodenschätze (BSAB)) nur noch dann als Vorranggebiete mit der Wirkung von Eignungsgebieten erfolgen, wenn besondere planerische Konfliktlagen bestehen. Dies ist insoweit zu begrüßen, als hierdurch rechtliche Unklarheiten aufgrund der bisherigen Fassung des LEP beseitigt werden. Die Erläuterung zum Ziel 9.2-1 wies bereits zuvor darauf hin, dass Abgrabungen geringen Umfangs auch außerhalb der festgelegten BSAB zulässig sein können. Die bislang vorgesehene Raumkategorie im LEP ließ einen Abbau außerhalb von BSAB aber gar nicht zu.

 

Reservegebiete (9.2-4 Grundsatz):

 

Nach dem neuen Grundsatz sollen für die langfristige Rohstoffversorgung Reservegebiete in die Erläuterungen zum Regionalplan aufgenommen werden. Der derzeitig gültige LEP sieht die Ausweisung von Reservegebieten nicht vor. Aus Gründen der Bestimmtheit müsste dies aber nicht nur in den Erläuterungen, sondern auch zeichnerisch erfolgen. Insoweit wären die Erläu-terungen zu Grundsatz 9.2-4 zu ergänzen. Aufgrund der knappen Erläuterung ist zudem nicht absehbar, welche Rechtswirkung derartige Reservegebiete entfalten sollen und in welchem Umfang mit ihrer Aufnahme in die Regionalpläne zu rechnen ist. Damit ist auch unsicher, in-wieweit Planungskonflikte z. B. mit Blick auf den Siedlungsflächenbedarf zu erwarten sind. Es müsste daher bei der Festlegung von Reservegebieten jedenfalls sichergestellt werden, dass es zu keiner unverhältnismäßigen Einschränkung kommunaler Entwicklungsmöglichkeiten kommt.

 

 

Kraft-Wärme-Kopplung (10.1-4 Grundsatz):

 

Die bereits im geltenden LEP enthaltene Festlegung soll nun von einem Ziel auf einen Grund-satz der Raumordnung abgestuft werden. Die Festlegung dient dazu, die Potentiale der kom-binierten Strom- und Wärmeerzeugung und der Nutzung von Abwärme zum Zwecke einer möglichst effizienten Energienutzung in der Regional- und Bauleitplanung zu nutzen. Wenn-gleich es zu begrüßen ist, dass über die Auskopplung von Wärme räumlich zugeordnete Ge-werbebetriebe oder Wohngebiete über Netze der Nah- und Fernwärmeversorgung versorgt werden können, muss insbesondere die Ausübung des Anschluss- und Benutzungszwangs für die Nutzung von Fern- und Nahwärme von den konkreten Rahmenbedingungen vor Ort und den Interessen der Bewohnerinnen und Bewohner eines Baugebietes abhängig gemacht werden. Sie darf nicht zu einer generellen Verdrängung anderer Anlagen zur Erzeugung und Nutzung erneuerbarer Energien führen und die Wahlfreiheit der Bauherren einschränken. Insoweit muss vor Ort ermittelt werden, ob für diese Art der Wärmeversorgung eine Nachfrage besteht und ob sie wirtschaftlich umgesetzt werden kann. Vor diesem Hintergrund ist zu begrüßen, dass die Kraft-Wärme-Kopplung nicht mehr als strikt zu beachtende Zielvorgabe geregelt werden soll, sondern als Grundsatz der Raumordnung, der einer Abwägung der örtlichen Belange zugänglich wird.

 

Vorranggebiete für die Windenergienutzung (10.2-2 Grundsatz) und Umfang der Flächenfestle-gungen für die Windenergienutzung (10.2-3 Grundsatz alt):

 

Das bisherige Ziel 10.2-2 wird in einen Grundsatz umgewandelt und enthält nur noch die Fest-legung, dass in den Planungsregionen Gebiete für die Nutzung der Windenergie als Vorrang-gebiete in den Regionalplänen festgelegt werden können, jedoch nicht – wie nach dem gelten-den LEP – müssen. Die hierfür im bisherigen Grundsatz 10.2-3 niedergelegten Flächenumfänge von insgesamt ca. 54.000 ha werden ersatzlos gestrichen. Die mit der Änderung dieser LEP-Festlegungen verbundene Erhöhung der kommunalen Planungshoheit ist zu begrüßen. Dies gilt speziell für die Streichung des bisherigen Grundsatzes 10.2-3.

Aus kommunaler Sicht ist auf raumordnerische Festlegungen für die Windenergienutzung jedoch gänzlich zu verzichten. Sie schränken die kommunale Planungshoheit unangemessen ein und führen durch die Ausweisung von Vorranggebieten zu einem erheblichen Abstim-mungsbedarf der Kommunen mit den Regionalplanungsbehörden, zu Verzögerungen bei der kommunalen Bauleitplanung und zu praktischen Umsetzungsproblemen.

 

Abstand von Bereichen/Flächen von Windenergieanlagen (10.2-3 Grundsatz):

 

Der neue Grundsatz 10.2-3 sieht vor, dass mit Ausnahme des Repowerings bei der planeri-schen Steuerung von Windenergieanlagen in Regionalplänen und in kommunalen Flächennut-zungsplänen zu Allgemeinen Siedlungsbereichen und zu Wohnbauflächen ein planerischer Vorsorgeabstand eingehalten werden soll. Dabei ist zu allgemeinen und reinen Wohngebieten ein Abstand von 1.500 m vorgesehen.

Wie bereits oben erwähnt, sind raumordnerische Vorgaben für die Windenergienutzung abzu-lehnen, da sie unnötig in die kommunale Planungshoheit eingreifen und (bei negativen Vorga-ben wie der hier fraglichen Art) den benötigten Ausbau der erneuerbaren Energien erheblich einschränken können.

Es erscheint außerdem aus verschiedenen Gründen zweifelhaft, dass eine Abstandsregelung in dieser Form rechtssicher im LEP NRW verankert werden kann.

Zunächst ist der Grundsatz in sich widersprüchlich und verstößt damit gegen das Gebot der Normenklarheit. Der erste Satz spricht davon, dass zum ASB und zu Wohnbauflächen (jeder Art) ein planerischer Vorsorgeabstand eingehalten werden „soll“, der nach den örtlichen Ver-hältnissen angemessen ist. In Satz 2 heißt es jedoch, dass zu allgemeinen und reinen Wohngebieten ein Abstand von 1.500 m vorzusehen „ist“. Für diese Wohngebiete sieht der Wortlaut daher keinerlei Öffnung zwecks einer Abwägung im Einzelfall vor.

Es stellt sich auch die Frage, wie der Verweis auf die „örtlichen Verhältnisse“ mit Blick auf das von der Rechtsprechung entwickelte Gebot, der Windenergie substantiell Raum zu verschaffen (Substanzgebot), zu verstehen ist. Eine rechtssichere Handhabung des Grundsatzes ist mit der vorliegenden Formulierung nicht möglich. Vor dem Hintergrund der vielerorts beengten Verhältnisse ist absehbar, dass wegen des Substanzgebots regelmäßig eine Abwägung zulasten eines Abstands von 1.500 m erforderlich werden wird. Vorgaben dieser Art im LEP würden damit die ohnehin bereits schwierige planerische Abwägung noch zusätzlich erschweren.

 

Vorliegend ist auch nicht ersichtlich, wie ein „Vorsorgeabstand“ von 1.500 m der Höhe nach, losgelöst vom konkreten Sachverhalt gerechtfertigt werden soll. In den Erläuterungen wird hierzu lediglich ausgeführt: „Bei Einhaltung eines solchen Vorsorgeabstandes kann generell davon ausgegangen werden, dass von den Windenergieanlagen bei immer noch zunehmender Anlagenhöhe keine optisch bedrängende Wirkung zu Lasten der Wohnnutzung ausgeht und somit das Gebot der Rücksichtnahme nicht verletzt wird.“ Dies geht jedoch deutlich über die ständige Rechtsprechung des OVG NRW hinaus, das die Vermutung aufgestellt hat, dass eine optisch bedrängende Wirkung bereits bei einem Abstand, der der dreifachen Gesamthöhe entspricht, regelmäßig zu verneinen ist. Auch bei Zugrundelegung eines Vorsorgezuschlags und einer unterstellten weiteren Zunahme der Anlagenhöhen dürfte sich auf absehbare Zeit keine derart optisch bedrängende Wirkung ergeben, dass ein Abstand von 1.500 m generell erforderlich werden würde. Selbst eine – in der Praxis bisher unerreichte – Gesamthöhe von 300 m würde nach der o. g. Vermutung der Rechtsprechung kaum einen vierstelligen Abstandswert rechtfertigen. In der bisherigen Genehmigungspraxis genügen häufig Abstände, die nicht einmal halb so groß sind wie im geplanten Grundsatz 10.2-3 vorgesehen.

 

Schließlich ist zweifelhaft, ob und inwieweit ein solcher Grundsatz mit § 35 Abs. 1 Nr. 5, Abs. 3 Satz 3 BauGB als höherrangigem Recht vereinbar wäre. Die Erläuterungen zu Grundsatz 10.2-3 führen explizit aus, dass die kommunale Bauleitplanung im Sinne dieser auf § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB basierenden Rechtsprechung bei der Konzentrationszonendarstellung in den Flächen-nutzungsplänen der Windenergienutzung substanziell Raum schaffen muss. Dies ist aber nur durch Abwägung im Einzelfall möglich. Eine starre - nach Metern bemessene - Abstandsrege-lung erschwert diese Abwägung. Das Substanzgebot gilt aber auch für die Ebene der Raumpla-nung. So wie die Gemeinde für ihre Konzentrationszonenplanung unter anderem ein schlüssi-ges gesamträumliches Planungskonzept vorlegen muss, sind auch die Plangeber der Raum-ordnungspläne daran gehindert, eine reine Negativ- bzw. Verhinderungsplanung zu betreiben.

 

Angesichts der eindeutigen Formulierung führt die vorgesehene Regelung zu einem faktischen Ausschluss von Windkraftanlagen in einem Abstand von 1500 m zu allgemeinen und reinen Wohngebieten. Zwar sind Grundsätze der Raumordnung – anders als Ziele der Raumordnung – nicht zwingend zu beachten, sondern in der Abwägung oder bei der Ermessensausübung nach Maßgabe der dafür geltenden Vorschriften zu berücksichtigen. Dennoch geht von einem solchen Grundsatz die Abwägungsdirektive aus, die Errichtung von Windenergieanlagen nach Möglichkeit nicht zuzulassen. Damit könnte ein Verstoß gegen den Grundsatz der bundesfreundlichen Kompetenzausübung vorliegen. Nach diesem vom BVerfG aus dem Bun-desstaatsprinzip und Rechtsstaatsprinzip abgeleiteten Grundsatz dürfen die Kompetenzen eines Bundeslandes nicht so genutzt werden, dass dadurch bundesrechtliche Vorgaben unter-laufen werden. Dies könnte aber mit dem geplanten Grundsatz der Raumordnung im Hinblick auf die in § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB verankerten energiepolitischen Ziele (Privilegierung) des Bundes der Fall sein.

 

 

Anforderungen an neue, im Regionalplan festzulegende Standorte (10.3-2 Grundsatz):

 

Im Grundsatz bezüglich neuer Kraftwerksstandorte wird die Anforderung gestrichen, dass re-gionalplanerisch neu festzulegende Standorte einen elektrischen Kraftwerk-Mindestwirkungsgrad von 58 Prozent oder die hocheffiziente Nutzung der Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) mit einem Gesamtwirkungsgrad von 75 Prozent mit KWK ermöglichen sollen.

Dies ist zu begrüßen. Es bestanden erhebliche rechtliche Zweifel, ob die Landesregierung einen solchen Grundsatz in der Raumordnung regeln darf. Nach derzeitigem Stand der Technik kann von Kohlekraftwerken ein Nutzungsgrad von 58 Prozent nicht erreicht werden. Die derzeit modernsten Braunkohlekraftwerke mit optimierter Anlagentechnik (BoA) erreichen laut Betreiberangaben einen Wirkungsgrad von maximal 44 %, Steinkohlekraftwerke von ca. 47 %. Ob der Gesamtwirkungsgrad von 75 % mit KWK erreicht wird, ist ebenfalls sehr fraglich und hängt von der Abnahme von Wärme durch Verbraucher ab. Angesichts dieser technischen Grenzen kam die bisherige Regelung – auch als Grundsatz – einem faktischem Ausschluss von Kohlekraftwerken nahe.

 

 

Ergänzende Forderung zu den LEP-Änderungen

 

Flächensparende und bedarfsgerechte Siedlungsentwicklung (6.1-1 Ziel):

 

Dieses Ziel legt u.a. fest, dass bisher in Regional- oder Flächennutzungsplänen für Siedlungs-zwecke vorgehaltene Flächen, für die kein Bedarf mehr besteht, wieder dem Freiraum zuge-führt werden müssen, sofern sie noch nicht in verbindliche Bauleitpläne umgesetzt sind. Diese Zielfestlegung widerspricht dem in § 1 Abs. 3 ROG verankerten Gegenstromprinzip, das eine wesentliche Leitvorstellung der Raumordnung darstellt: Danach erfolgt nicht nur ein Einfügen der Teilräume in die Gegebenheiten und Erfordernisses des Gesamtraumes, sondern ebenso eine Berücksichtigung der Gegebenheiten und Erfordernisse der Teilräume durch den Gesamt-raum.

Darüber hinaus widerspricht es auch dem Charakter eines Flächennutzungsplans (FNP), der langfristig und zukunftsorientiert die beabsichtigte städtebauliche Entwicklung für das Ge-meindegebiet definiert und Wachstumspotentiale auch dann aufzeigen soll, wenn diese ggf. kurz- oder mittelfristig nicht aktivierbar sind. Der FNP wird zudem in seinem umfangreichen Aufstellungsprozess nicht nur von einer breiten Öffentlichkeitsbeteiligung flankiert, sondern auch fortlaufend mit der höheren Verwaltungsbehörde, der Bezirksregierung, abgestimmt und schließlich durch diese genehmigt. Aus dieser intensiven Abstimmung der Bauleitplanung mit der Regionalplanung leitet sich ein Vertrauensschutz für die entsprechende Planung ab, der hier unterlaufen wird.

Praktisch konterkariert die Regelung einerseits eine vorausschauende und längerfristige Flä-chenpolitik der Kommunen und nimmt ihnen andererseits zugleich die Möglichkeit, zeitnah und flexibel zu reagieren, um alternative Flächenpotentiale zu erschließen. Im Rahmen der kommunalen Planungshoheit und einer verantwortungsvollen Stadtentwicklungspolitik ist es daher von zentraler Bedeutung, weiterhin Flächen für unvorhersehbare Situationen vorzuhal-ten. Zudem wirkt sich ein hinreichendes Angebot an Siedlungsreserven dämpfend auf Boden-preissteigerungen aus. Hingegen gehen von Flächenreserven, die nicht in Anspruch genom-men werden, i.d.R. auch keine negativen Auswirkungen aus.