Betreff
Modellprojekt Einwanderung gestalten - NRW, Sachstandbericht
Vorlage
271/19
Aktenzeichen
II-8.10-hf
Art
Beschlussvorlage

Beschlussvorschlag/Empfehlung:

 

Der Sozialausschuss nimmt die Ausführungen zum Sachstand des „Modellprojektes Einwanderung  gestalten – NRW“ zur Kenntnis

 


Begründung:

 

Auf die bisherigen Vorlagen zum Sachstand des Modellprojektes Einwanderung gestalten – NRW (EWG - NRW) Nr. 199/17, 067/18 und 322/18 wird verwiesen.

 

Der Sachstand wird anhand der nachfolgend aufgeführten und im Modellprojekt erarbeiteten Aktivitäten bzw. Instrumente erläutert.

 

1.   Begleitheft

Von den beteiligten Akteuren wurde ein Begleitheft für Zuwanderer gewünscht, um individuelle Daten und Kontakte verschiedenen Behörden/Institutionen zugänglich zu machen, um so Synergieeffekte zu erzielen und Doppelungen zu vermeiden. Das Heft wurde zum Oktober 2018 nach den Vorstellungen der Projektgruppe erstellt und wird aktuell im Rahmen einer Pilotphase von 6 Monaten seit dem 1. November 2018 ausprobiert. Nach ersten Einschätzungen der Verteilerstellen kann festgestellt werden, dass neue Zuwanderer dieses Unterstützungsinstrument gerne annehmen. Zuwanderer, die bereits mehrere Jahre in Rheine leben, haben eher Vorbehalte, ihre Daten einzutragen. Im Übrigen argumentiert diese Gruppe, dass ihnen alle Angaben bekannt seien und sie diese schriftliche Zusammenfassung nicht benötigen würden. Es konnten insgesamt durch verschiedene Institutionen (jobcenter, Agentur für Arbeit, Team Beratung und Begleitung Stadt Rheine) 42 Begleithefte ausgegeben werden. Ursprünglich war eine Verteilung von 90 Exemplaren geplant. Zurzeit erfolgt die Evaluierung, sodass gegen Ende des Projektes festgestellt werden kann, ob es ein Instrument ggf. auch für weitere Gruppen, wie z. B. die EU-Bürger, sein kann.

 

2.       Arbeitgeberservice – Beschäftigung ausländischer Mitarbeiter

Ende 2018 wurde von der Projektgruppe Arbeit zum Rahmenziel 3 (RZ 3) „Arbeitgeber beschäftigen Zuwanderer“ die Ergebnisziele (EZ) 1 „Ansprechpartner der Migrationsberatung ist bekannt“ und 2 „Ansprechpartner für die Erteilung der Arbeitserlaubnis und der Ausbildungsduldung ist bekannt“ ein Flyer entwickelt, der die zwei Servicestellen bekannt machen soll.

 

Die bisherige Öffentlichkeitsarbeit durch Tageszeitung und Newsletter für Arbeitgeber hat noch nicht zum erwarteten Erfolg geführt. Die Ausbildungsleitungen der in Betracht kommenden 45 Firmen aus Rheine und der näheren Umgebung wurden im Rahmen der jährlich in Rheine stattfindenden Ausbildungsmesse Anfang Juni 2019 direkt von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern über dieses neue Serviceangebot des Fachbereiches Schulen, Soziales, Migration und Integration, Team Begleitung und Beratung, informiert. Dieses Arbeitgeberangebot wurde von den Firmen als sehr nützlich bezeichnet.


 

3.       Neukonzeptionierung der Sprachoffensive

Da Sprache die Basisqualifikation für den Zugang zur Bildung, zum Ausbildungs- und Arbeitsmarkt ist und dadurch Teilhabe am gesellschaftlichen Leben ermöglicht wird, ist „Deutsch lernen in Rheine!“ mithilfe der Sprachoffensive ein Bildungsangebot, das jedem Zugewanderten in Rheine offen steht, egal ob Flüchtling, EU Bürger, Spätaussiedler oder Arbeitsmigrant. Durch das neue, differenzierte und zielgruppenbezogene Kursangebot der Sprachoffensive wird den individuellen Lernbedürfnissen der Zuwanderer in Rheine Rechnung getragen. Aktuell werden 21 Sprachkurse angeboten, ein weiterer Kurs ist in Planung. Die Sprachoffensive bietet Kurse für Frauen und Kinder, Schülerinnen und Schüler, Auszubildende und Arbeitnehmer, Eltern in Kitas und Schulen, für Personen im Schichtdienst, Basiskurse für jedermann in verschiedenen Stadtteilbüros, im Gemeindezentrum, bei Trägern und Institutionen. Es werden Kurse für Anfänger und Fortgeschrittene angeboten, allerdings arbeiten die Dozentinnen und Dozenten meistens binnendifferenziert. Die Teilnehmerzahl pro Kurs ist sehr unterschiedlich. Es gibt Kursgrößen von 7 – 23 Personen. Durchschnittlich beläuft sich die Teilnehmerzahl pro Kurs auf 12-13 Personen. In der nächsten Sozialausschusssitzung im September 2019 wird Frau Renger-Stilling als zuständige Ansprechpartnerin des Teams Beratung und Begleitung ausführlich über die Sprachoffensive berichten. Die Öffentlichkeitsarbeit erfolgte bisher über Presseartikel und den Flyer der Sprachoffensive für Arbeitgeber. Eine direkte Ansprache der Firmen aus Rheine erfolgte im Rahmen der Ausbildungsmesse Anfang Juni 2019 (vgl. Punkt 2 Arbeitgeberservice). Das Instrument der Sprachoffensive für die Auszubildenden wurde von den Ausbildungsleitungen als sehr gutes Angebot bezeichnet. Die Verwaltung rechnet zukünftig mit weiteren Anfragen durch diese Zielgruppe. Ein mehrsprachiger Flyer für die Nutzer ist in Vorbereitung.

 

4.       „Nutzer-Workshop“

Der Nutzer-Workshop mit „Geflüchteten mit positiven Integrationsgeschichten“ hat am 31. Oktober 2018 im Centro S. Antonio stattgefunden. Im Rahmen der bestehenden Arbeitsgruppen Sprache und Arbeit am 29. Januar 2019 wurde der Nutzer-Workshop ausgewertet. Das Thema „(Mehr-)Angebote, um Sprache und Arbeit zu kombinieren“ wurde von der Arbeitsgruppe als wichtigster Punkt herausgearbeitet. Im Rahmen der Aufgabenteilung innerhalb der Arbeitsgruppe haben sich die Akteure Migrationsberatungsstelle des Caritasverbandes Rheine und das jobcenter bereit erklärt, dieses Thema aufzubereiten, um dann gemeinsam mit der Arbeitsgruppe Zielvereinbarungen zu formulieren.

 

5.       Ankommensberatung

Im Rahmen des Modellprojektes wurde deutlich, dass die bisher „kaum“ berücksichtigte Zielgruppe der EU-Bürger nur zufällig den Weg in die städtischen Beratungsbüros findet. Aus diesem Grunde hat sich das Team Beratung und Begleitung damit beschäftigt, wie auch diese Zielgruppen der EU-Bürger und der Zuwanderer, die durch Familiennachzug zu uns gekommen sind, die Beratungs- und Lotsenfunktion der Stadtteilbüros für sich nutzen können. So entstand die Idee der Ankommensberatung für alle Zuwanderer in Rheine. Die Koordinatorinnen von Einwanderung gestalten NRW und das Team Beratung und Begleitung von Zuwanderern haben eine Konzeption der Ankommensberatung für Neuzugewanderte mit ausländischen Wurzeln erarbeitet.

 

Zuwanderung EU-Bürger und Familienzusammenführung im Überblick ab 1. August 2018 (ohne die dem Fachbereich 8 zugewiesenen Zuwanderer in Flüchtlingsunterkünften):

 

Monate

ab 08/2018

Neuan­-
meldungen
monatlich

davon

Familien

davon

(Ehe)paare

Personenanzahl
insgesamt

davon

Allein-
stehende

davon

männlich

davon

weiblich

08/2018

119

10

5

51

68

41

27

09/2018

115

7

7

39

76

42

34

10/2018

125

7

8

38

87

51

36

11/2018

79

5

8

30

49

29

20

12/2018

52

6

1

19

33

18

15

01/2019

106

8

8

47

59

42

17

02/2019

128

16

10

59

69

48

21

03/2019

143

8

9

40

103

78

25

04/2019

83

6

2

24

59

36

23

 

Von den 35 Familien und 29 (Ehe)Paaren, die in der Zeit August bis  Dezember 2018 nach Rheine gezogen sind, haben 6 Familien und 12 (Ehe)Paare Rheine wieder verlassen (Stand 31. Mai 2019). Soweit es sich feststellen lässt, sind einige Zuwanderer in andere deutsche Städte verzogen, die überwiegende Anzahl der Zuwanderer ist in das jeweilige Heimatland zurückgegangen.

 

Folgende Zielsetzungen werden mit der Ankommensberatung verfolgt:

 

·                Jeder Zuwanderer ist über Integrations- und Teilhabemöglichkeiten informiert und kann sie nutzen.

·                Die Stadt Rheine, Fachbereich Schulen, Soziales, Migration und Integration, hat einen Überblick über die aktuelle Lebenssituation der Zugewanderten und ihre Einwanderungsgründe.

 

Die Ankommensberatung informiert über bestehende Angebote, vermittelt an Fachdienste und Institutionen oder auch Vereine und wirkt so präventiv und gibt Orientierung in der „neuen Stadt“. Mithilfe der aufsuchenden Arbeit der Ankommensberatung werden anfängliche Hürden überwunden und erste Kontakte zur Zielgruppe geknüpft. Durch die so entstandene Anbindung an ein Stadtteilbüro ist eine Einschätzung von Integrationshindernissen und eine erste Einordnung der ggf. erforderlichen Beratungsintensität möglich. Es ist geplant, die Zuwanderer bei dem ersten Besuch mithilfe der „Willkommensmappe“ (zusammengestelltes Infomaterial über kommunale Unterstützungs- und Angebotssysteme), die aktuell entwickelt wird, zu versorgen. Bis zur 24. KW 2019 erfolgten sieben Hausbesuche bei Familien und ergaben erste Erkenntnisse. Die aufgesuchten Familien möchten alle in Deutschland bleiben und zeigten hohes Interesse am Schulbesuch ihrer Kinder. Die Erwachsenen zeigten ein großes Interesse an Sprachkursen, sowohl an Integrationskursen als auch an Kursen der Sprachoffensive. Das nächste halbe Jahr des Modellprojektes soll als Probephase für die Ankommensberatung dienen.

 

6.       Case Management – Einzelfallebene und strukturelle Ebene

Im Rahmen des Modellprojektes wurde vom Team Beratung und Begleitung ein Case Managementkonzept entwickelt. Das Handlungskonzept dient auf der Einzelfallebene zur strukturierten und koordinierten Gestaltung von Unterstützungs- und Beratungsprozessen, bei denen eine organisationsübergreifende Steuerung gegeben sein muss. Auf der Systemebene dient das Konzept der Evaluation vorhandener Strukturen und der Implementierung notwendiger (eventuell noch zu planender) Versorgungsstrukturen auf lokaler Ebene.

 

Eine Mitarbeiterin und ein Mitarbeiter des Teams Beratung und Begleitung von Zuwanderern der Stadt Rheine nutzen das Fortbildungsangebot des Landes NRW zum Case Manager. Im Rahmen der Pilotphase wird das Konzept derzeit erprobt, um dann im Anschluss zu entscheiden, ob es als Regelinstrument im Team Beratung und Begleitung eingeführt wird. Im CM-Prozess übernehmen die Case Manager während einer bestimmten definierten Zeitspanne die Prozesssteuerung, um einzelfallbezogen passgenaue Hilfen in einem größeren Versorgungszusammenhang optimal zugänglich zu machen. Es wird erwartet, dass das Case Management auf der Einzelfall-Ebene fehlende oder nicht optimale Abläufe aufdeckt, um diese dann für die strukturelle Ebene sichtbar und veränderbar zu machen (strukturelles CM).

 

7.       eUMA-Konzept

Zuwanderer, die als unbegleitete minderjährige Flüchtlinge nach Deutschland gekommen sind, erhalten in der Regel bis zum 18. Lebensjahr, manchmal auch noch einige Zeit darüber hinaus, Jugendhilfe und wechseln dann aufgrund der Wohnungsknappheit in die städtischen Unterkünfte für geflüchtete Menschen. Diese jungen Erwachsenen, die nicht direkt (häufig auch nicht indirekt) auf Eltern oder Familienangehörige zurückgreifen können, haben „besondere Bedarfe“. Hier ist das Team Beratung und Begleitung derzeit dabei, diese Bedarfe zu ermitteln und ein Betreuungskonzept gerade für diese Zielgruppe der jungen Menschen zwischen 18 und 25 Jahren zu entwickeln. Die erste Kooperationsvereinbarung zwischen dem Team Beratung und Begleitung, Jugendamt und Jugendhilfeträger wurde bereits geschlossen.

 

8.       Verstetigung im Migrations- und Integrationskonzept/politische Einbindung

Die Erkenntnisse aus dem Modellprojekt Einwanderung gestalten – NRW, u. a. die Ansätze der Ankommensberatung, des Case Managements sollen nach erfolgreicher Erprobung im Migrations- und Integrationskonzept verstetigt werden. Zur weiteren Verstetigung der eingeleiteten Prozesse und der erfolgreichen rechtskreisübergreifenden Zusammenarbeit wird der Fachbereich Schulen, Soziales, Migration und Integration im Herbst 2019 einen Vorschlag erarbeiten und dem Sozialausschuss vorstellen.

 

 

Evaluierung seitens des Landes:

Das Projekt wird von Seiten des Landes durch die Institute IMAP und Kienbaum evaluiert. Als Erhebungsinstrumente setzten die Institute im Mai 2019 Einzelinterviews und Fokusgruppeninterviews ein. Die Ergebnisse sollen dazu dienen, einen „Instrumentenkoffer“ zu erstellen, der auch Kommunen dienen soll, die am Modellprojekt Einwanderung gestalten – NRW nicht teilgenommen haben.

 

 

Aussichten/Weitere Schritte:

Zwischen dem neuen Projekt „Gemeinsam klappt`s“ und „Einwanderung gestalten – NRW“  wird an einer Verknüpfung gearbeitet. Es sollen Ergebnisse, die in den Arbeits- und Projektgruppen gewonnen wurden als Grundlage oder vorab-Erkenntnisse einfließen.