Beschlussvorschlag/Empfehlung:
Der
Sozialausschuss nimmt die Ausführungen zum Sachstand des „Modellprojektes
Einwanderung gestalten – NRW“ zur
Kenntnis
Begründung:
Auf die bisherigen Vorlagen zum Sachstand des Modellprojektes Einwanderung gestalten – NRW (EWG - NRW) Nr. 199/17, 067/18 und 322/18 wird verwiesen.
Der Sachstand wird anhand der nachfolgend aufgeführten und im
Modellprojekt erarbeiteten Aktivitäten bzw. Instrumente erläutert.
1.
Begleitheft
Von
den beteiligten Akteuren wurde ein Begleitheft für Zuwanderer gewünscht, um
individuelle Daten und Kontakte verschiedenen Behörden/Institutionen zugänglich
zu machen, um so Synergieeffekte zu erzielen und Doppelungen zu vermeiden. Das
Heft wurde zum Oktober 2018 nach den Vorstellungen der Projektgruppe erstellt
und wird aktuell im Rahmen einer Pilotphase von 6 Monaten seit dem 1. November
2018 ausprobiert. Nach ersten Einschätzungen der Verteilerstellen kann
festgestellt werden, dass neue Zuwanderer dieses Unterstützungsinstrument gerne
annehmen. Zuwanderer, die bereits mehrere Jahre in Rheine leben, haben eher Vorbehalte,
ihre Daten einzutragen. Im Übrigen argumentiert diese Gruppe, dass ihnen alle
Angaben bekannt seien und sie diese schriftliche Zusammenfassung nicht
benötigen würden. Es konnten insgesamt durch verschiedene Institutionen
(jobcenter, Agentur für Arbeit, Team Beratung und Begleitung Stadt Rheine) 42
Begleithefte ausgegeben werden. Ursprünglich war eine Verteilung von 90
Exemplaren geplant. Zurzeit erfolgt die Evaluierung, sodass gegen Ende des
Projektes festgestellt werden kann, ob es ein Instrument ggf. auch für weitere
Gruppen, wie z. B. die EU-Bürger, sein kann.
2. Arbeitgeberservice – Beschäftigung
ausländischer Mitarbeiter
Ende
2018 wurde von der Projektgruppe Arbeit zum Rahmenziel 3 (RZ 3) „Arbeitgeber
beschäftigen Zuwanderer“ die Ergebnisziele (EZ) 1 „Ansprechpartner der
Migrationsberatung ist bekannt“ und 2 „Ansprechpartner für die Erteilung der
Arbeitserlaubnis und der Ausbildungsduldung ist bekannt“ ein Flyer entwickelt,
der die zwei Servicestellen bekannt machen soll.
Die bisherige Öffentlichkeitsarbeit durch Tageszeitung und Newsletter für Arbeitgeber hat noch nicht zum erwarteten Erfolg geführt. Die Ausbildungsleitungen der in Betracht kommenden 45 Firmen aus Rheine und der näheren Umgebung wurden im Rahmen der jährlich in Rheine stattfindenden Ausbildungsmesse Anfang Juni 2019 direkt von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern über dieses neue Serviceangebot des Fachbereiches Schulen, Soziales, Migration und Integration, Team Begleitung und Beratung, informiert. Dieses Arbeitgeberangebot wurde von den Firmen als sehr nützlich bezeichnet.
3. Neukonzeptionierung der Sprachoffensive
Da Sprache die Basisqualifikation für den
Zugang zur Bildung, zum Ausbildungs- und Arbeitsmarkt ist und dadurch Teilhabe
am gesellschaftlichen Leben ermöglicht wird, ist „Deutsch lernen in Rheine!“
mithilfe der Sprachoffensive ein Bildungsangebot, das jedem Zugewanderten in
Rheine offen steht, egal ob Flüchtling, EU Bürger, Spätaussiedler oder
Arbeitsmigrant. Durch das neue, differenzierte und zielgruppenbezogene Kursangebot
der Sprachoffensive wird den individuellen Lernbedürfnissen der Zuwanderer in
Rheine Rechnung getragen. Aktuell werden 21 Sprachkurse angeboten, ein weiterer
Kurs ist in Planung. Die Sprachoffensive bietet Kurse für Frauen und Kinder,
Schülerinnen und Schüler, Auszubildende und Arbeitnehmer, Eltern in Kitas und
Schulen, für Personen im Schichtdienst, Basiskurse für jedermann in
verschiedenen Stadtteilbüros, im Gemeindezentrum, bei Trägern und
Institutionen. Es werden Kurse für Anfänger und Fortgeschrittene angeboten,
allerdings arbeiten die Dozentinnen und Dozenten meistens binnendifferenziert.
Die Teilnehmerzahl pro Kurs ist sehr unterschiedlich. Es gibt Kursgrößen von 7
– 23 Personen. Durchschnittlich beläuft sich die Teilnehmerzahl pro Kurs auf
12-13 Personen. In der nächsten Sozialausschusssitzung im September 2019 wird
Frau Renger-Stilling als zuständige Ansprechpartnerin des Teams Beratung und
Begleitung ausführlich über die Sprachoffensive berichten. Die
Öffentlichkeitsarbeit erfolgte bisher über Presseartikel und den Flyer der
Sprachoffensive für Arbeitgeber. Eine direkte Ansprache der Firmen aus Rheine
erfolgte im Rahmen der Ausbildungsmesse Anfang Juni 2019 (vgl. Punkt 2
Arbeitgeberservice). Das Instrument der Sprachoffensive für die Auszubildenden
wurde von den Ausbildungsleitungen als sehr gutes Angebot bezeichnet. Die
Verwaltung rechnet zukünftig mit weiteren Anfragen durch diese Zielgruppe. Ein
mehrsprachiger Flyer für die Nutzer ist in Vorbereitung.
4. „Nutzer-Workshop“
Der
Nutzer-Workshop mit „Geflüchteten mit positiven Integrationsgeschichten“ hat am
31. Oktober 2018 im Centro S. Antonio stattgefunden. Im Rahmen der
bestehenden Arbeitsgruppen Sprache und Arbeit am 29. Januar 2019 wurde der
Nutzer-Workshop ausgewertet. Das Thema „(Mehr-)Angebote, um Sprache und
Arbeit zu kombinieren“ wurde von der Arbeitsgruppe als wichtigster Punkt
herausgearbeitet. Im Rahmen der Aufgabenteilung innerhalb der Arbeitsgruppe haben sich die Akteure
Migrationsberatungsstelle des Caritasverbandes Rheine und das jobcenter bereit
erklärt, dieses Thema aufzubereiten, um dann gemeinsam mit der Arbeitsgruppe
Zielvereinbarungen zu formulieren.
5. Ankommensberatung
Im Rahmen
des Modellprojektes wurde deutlich, dass die bisher „kaum“ berücksichtigte Zielgruppe
der EU-Bürger nur zufällig den Weg in die städtischen Beratungsbüros findet.
Aus diesem Grunde hat sich das Team Beratung und Begleitung damit beschäftigt,
wie auch diese Zielgruppen der EU-Bürger und der Zuwanderer, die durch
Familiennachzug zu uns gekommen sind, die Beratungs- und Lotsenfunktion der
Stadtteilbüros für sich nutzen können. So entstand die Idee der
Ankommensberatung für alle Zuwanderer in Rheine. Die Koordinatorinnen von
Einwanderung gestalten NRW und das Team Beratung und Begleitung von Zuwanderern
haben eine Konzeption der Ankommensberatung für Neuzugewanderte mit
ausländischen Wurzeln erarbeitet.
Zuwanderung
EU-Bürger und Familienzusammenführung im Überblick ab 1. August 2018 (ohne die
dem Fachbereich 8 zugewiesenen Zuwanderer in Flüchtlingsunterkünften):
Monate ab 08/2018 |
Neuan- |
davon Familien |
davon (Ehe)paare |
Personenanzahl
|
davon Allein- |
davon männlich |
davon weiblich |
|
08/2018 |
119 |
10 |
5 |
51 |
68 |
41 |
27 |
|
09/2018 |
115 |
7 |
7 |
39 |
76 |
42 |
34 |
|
10/2018 |
125 |
7 |
8 |
38 |
87 |
51 |
36 |
|
11/2018 |
79 |
5 |
8 |
30 |
49 |
29 |
20 |
|
12/2018 |
52 |
6 |
1 |
19 |
33 |
18 |
15 |
|
01/2019 |
106 |
8 |
8 |
47 |
59 |
42 |
17 |
|
02/2019 |
128 |
16 |
10 |
59 |
69 |
48 |
21 |
|
03/2019 |
143 |
8 |
9 |
40 |
103 |
78 |
25 |
|
04/2019 |
83 |
6 |
2 |
24 |
59 |
36 |
23 |
Von
den 35 Familien und 29 (Ehe)Paaren, die in der Zeit August bis Dezember 2018 nach Rheine gezogen sind, haben
6 Familien und 12 (Ehe)Paare Rheine wieder verlassen (Stand 31. Mai 2019).
Soweit es sich feststellen lässt, sind einige Zuwanderer in andere deutsche
Städte verzogen, die überwiegende Anzahl der Zuwanderer ist in das jeweilige
Heimatland zurückgegangen.
Folgende
Zielsetzungen werden mit der Ankommensberatung verfolgt:
·
Jeder
Zuwanderer ist über Integrations- und Teilhabemöglichkeiten informiert und kann
sie nutzen.
·
Die
Stadt Rheine, Fachbereich Schulen, Soziales, Migration und Integration, hat
einen Überblick über die aktuelle Lebenssituation der Zugewanderten und ihre
Einwanderungsgründe.
Die
Ankommensberatung informiert über bestehende Angebote, vermittelt an
Fachdienste und Institutionen oder auch Vereine und wirkt so präventiv und gibt
Orientierung in der „neuen Stadt“. Mithilfe der aufsuchenden Arbeit der
Ankommensberatung werden anfängliche Hürden überwunden und erste Kontakte zur
Zielgruppe geknüpft. Durch die so entstandene Anbindung an ein Stadtteilbüro
ist eine Einschätzung von Integrationshindernissen und eine erste Einordnung
der ggf. erforderlichen Beratungsintensität möglich. Es ist geplant, die
Zuwanderer bei dem ersten Besuch mithilfe der „Willkommensmappe“
(zusammengestelltes Infomaterial über kommunale Unterstützungs- und
Angebotssysteme), die aktuell entwickelt wird, zu versorgen. Bis zur 24. KW
2019 erfolgten sieben Hausbesuche bei Familien und ergaben erste Erkenntnisse. Die
aufgesuchten Familien möchten alle in Deutschland bleiben und zeigten hohes
Interesse am Schulbesuch ihrer Kinder. Die Erwachsenen zeigten ein großes
Interesse an Sprachkursen, sowohl an Integrationskursen als auch an Kursen der
Sprachoffensive. Das nächste halbe Jahr des Modellprojektes soll als Probephase
für die Ankommensberatung dienen.
6. Case Management – Einzelfallebene und strukturelle Ebene
Im
Rahmen des Modellprojektes wurde vom Team Beratung und Begleitung ein Case
Managementkonzept entwickelt. Das Handlungskonzept dient auf der Einzelfallebene
zur strukturierten und koordinierten Gestaltung von Unterstützungs- und
Beratungsprozessen, bei denen eine organisationsübergreifende Steuerung gegeben
sein muss. Auf der Systemebene dient das Konzept der Evaluation
vorhandener Strukturen und der Implementierung notwendiger (eventuell noch zu
planender) Versorgungsstrukturen auf lokaler Ebene.
Eine
Mitarbeiterin und ein Mitarbeiter des Teams Beratung und Begleitung von
Zuwanderern der Stadt Rheine nutzen das Fortbildungsangebot des Landes NRW zum
Case Manager. Im Rahmen der Pilotphase wird das Konzept derzeit erprobt, um
dann im Anschluss zu entscheiden, ob es als Regelinstrument im Team Beratung
und Begleitung eingeführt wird. Im CM-Prozess übernehmen die Case Manager
während einer bestimmten definierten Zeitspanne die Prozesssteuerung, um
einzelfallbezogen passgenaue Hilfen in einem größeren Versorgungszusammenhang
optimal zugänglich zu machen. Es wird erwartet, dass das Case Management auf
der Einzelfall-Ebene fehlende oder nicht optimale Abläufe aufdeckt, um diese
dann für die strukturelle Ebene sichtbar und veränderbar zu machen
(strukturelles CM).
7. eUMA-Konzept
Zuwanderer, die
als unbegleitete minderjährige Flüchtlinge nach Deutschland gekommen sind,
erhalten in der Regel bis zum 18. Lebensjahr, manchmal auch noch einige Zeit
darüber hinaus, Jugendhilfe und wechseln dann aufgrund der Wohnungsknappheit in
die städtischen Unterkünfte für geflüchtete Menschen. Diese jungen Erwachsenen,
die nicht direkt (häufig auch nicht indirekt) auf Eltern oder
Familienangehörige zurückgreifen können, haben „besondere Bedarfe“. Hier ist
das Team Beratung und Begleitung derzeit dabei, diese Bedarfe zu ermitteln und
ein Betreuungskonzept gerade für diese Zielgruppe der jungen Menschen zwischen
18 und 25 Jahren zu entwickeln. Die erste Kooperationsvereinbarung zwischen dem
Team Beratung und Begleitung, Jugendamt und Jugendhilfeträger wurde bereits
geschlossen.
8. Verstetigung im Migrations- und Integrationskonzept/politische
Einbindung
Die Erkenntnisse aus dem Modellprojekt
Einwanderung gestalten – NRW, u. a. die Ansätze der Ankommensberatung, des Case
Managements sollen nach erfolgreicher Erprobung im Migrations- und
Integrationskonzept verstetigt werden. Zur weiteren Verstetigung der
eingeleiteten Prozesse und der erfolgreichen rechtskreisübergreifenden
Zusammenarbeit wird der Fachbereich Schulen, Soziales, Migration und
Integration im Herbst 2019 einen Vorschlag erarbeiten und dem Sozialausschuss
vorstellen.
Evaluierung
seitens des Landes:
Das Projekt wird von Seiten des Landes durch
die Institute IMAP und Kienbaum evaluiert. Als Erhebungsinstrumente setzten die Institute im Mai 2019 Einzelinterviews
und Fokusgruppeninterviews ein. Die Ergebnisse sollen dazu dienen, einen
„Instrumentenkoffer“ zu erstellen, der auch Kommunen dienen soll, die am
Modellprojekt Einwanderung gestalten – NRW nicht teilgenommen haben.
Aussichten/Weitere
Schritte:
Zwischen dem neuen Projekt „Gemeinsam klappt`s“ und „Einwanderung gestalten –
NRW“ wird an einer Verknüpfung
gearbeitet. Es sollen Ergebnisse, die in den Arbeits- und Projektgruppen
gewonnen wurden als Grundlage oder vorab-Erkenntnisse einfließen.