Beschlussvorschlag/Empfehlung:
Der Rat der
Stadt Rheine beauftragt die Verwaltung, weitere Verhandlungen mit dem Land NRW
zur Verlängerung des Mietvertrages für die Liegenschaft Rheine, Hohe Allee 110
(derzeitige Nutzung als forensische Übergangseinrichtung) mit dem Ziel der
Schaffung einer Einrichtung für suchtkranke Straftäter zu führen.
Um eine
größtmögliche Transparenz zu erreichen, soll das Land NRW/Der Landesbeauftragte
für den Maßregelvollzug hierzu rechtzeitig eine öffentliche Informationsveranstaltung
anbieten.
Begründung:
Zum Zwecke
der Einrichtung einer forensischen Übergangseinrichtung hat das Land NRW mit
Vertrag vom 27.12.2002 von der Stadt Rheine die Liegenschaft Rheine, Hohe Allee
110 angemietet. Dieser Vertrag wurde zwischenzeitlich bereits zweimal verlängert,
zuletzt bis zum 31.12.2019 mit der Option einer weiteren einjährigen
Verlängerung bis 31.12.2020.
Die letzte
Verlängerung des Mietvertrages um ein Jahr wurde notwendig, da die geplante
forensische Klinik in Hörstel absehbar nicht rechtzeitig zum Ende des damals
gültigen Mietvertrages fertiggestellt sein würde.
Zum jetzigen
Zeitpunkt steht fest, dass die forensische Klinik in Hörstel auch zum 1. Januar
2021 nicht fertiggestellt sein wird. Das Land NRW strebt deshalb einerseits
eine Verlängerung des Mietvertrages für die Liegenschaft Hohe Allee 110 zur
Nutzung als forensische Übergangseinrichtung bis zur Fertigstellung der
Einrichtung in Hörstel an.
Andererseits
besteht seitens des Landes NRW der dringende Bedarf zur Unterbringung
suchtkranker Straftäter nach § 64 StGB sowie von Patienten nach § 126a
Strafprozessordnung (StPO) und Patienten, die gemäß § 81 StPO der Erstellung
eines forensisch-psychologischen Gutachtens bedürfen.
Daher
beabsichtigt das Land NRW, die Liegenschaft nach der Nutzung als forensische
Übergangsklinik zu einer Maßregelvollzugseinrichtung für Suchtkranke
umzubauen und weiter zu nutzen. Auf die Vorhabenbeschreibung des
Landesbeauftragten (Anlage) und die darin enthaltene Beschreibung der
Patientengruppe wird verwiesen. Daraus folgt auch, dass neben der stationären
Unterbringung, auch die Versorgung bereits beurlaubter, aber noch in der
Maßregel befindlicher Patienten im Rahmen der ambulanten Betreuung erfolgt
(Seite 2 der Anlage).
Das Land NRW
beziffert die notwendigen Umbaukosten auf rd. 11,8 Mio. Euro, die vor allem für
die Ertüchtigung der bestehenden Gebäudesubstanz und für neue Gebäude
aufgewendet werden müssen.
Nach dem
Umbau soll die Einrichtung eine Größe von 68 Betten aufweisen.
Für die
Unterhaltung einer Einrichtung dieser Größe sind rd. 68 Vollzeitstellen
erforderlich, die dann nach der Nutzung der Liegenschaft als forensische
Übergangsklinik in Rheine erhalten werden könnten.
Für die
allein vom Land zu tragende Investition in dieser Größenordnung benötigt das Land
NRW - insoweit nachvollziehbar - jedoch
eine entsprechende Nutzungsdauer für die Einrichtung und strebt daher
eine Verlängerung des Mietvertrages um mindestens 30 Jahre an.
Für den
Mietvertrag wünscht das Land NRW ein Sonderkündigungsrecht für den Fall,
dass der Platzbedarf entfällt. Hier ist auch eine Änderungskündigung für einen
anderen Nutzungszweck denkbar, welche jedoch nur im Einvernehmen mit der
Stadt als Eigentümerin erfolgen kann.
Der Stadt
Rheine könnte ebenfalls ein Sonderkündigungsrecht z. B. nach einer
10jährigen Nutzungszeit mit einer 5-jährigen Kündigungsfrist für den Fall des
Eigenbedarfs eingeräumt werden (gegen eine Wertentschädigung für die Gebäude
nach Gebäuderestwertbetrachtung an das Land).
Eine
anderweitige städtische Nutzung der Liegenschaft ist zum jetzigen Zeitpunkt
nicht geplant und auch nicht absehbar.
Die genaue
Ausgestaltung des Mietvertrages mit dem Land NRW könnte - im Fall einer
positiven Beschlussfassung durch den Rat -
im ersten Quartal 2020 erfolgen. Dem Rat würden dann die wesentlichen Eckpunkte des
Mietvertrages zur endgültigen Genehmigung vorgelegt.
Mit dem
Landesbeauftragten für den Maßregelvollzug wurde bereits abgestimmt, dass im
Fall einer geplanten weiteren Verlängerung des Mietvertrages vom Land rechtzeitig
(d.h. vor der endgültigen Beschlussfassung durch den Rat) eine
Informationsveranstaltung für die Öffentlichkeit angeboten werden soll, in der das Vorhaben transparent und
detailliert vorgestellt werden soll.
Überblick
über die wichtigsten rechtlichen Grundlagen für die Unterbringung der künftigen
Patientengruppe:
Strafgesetzbuch (StGB)
§ 64 Unterbringung in einer Entziehungsanstalt
Hat eine Person den Hang, alkoholische Getränke oder andere berauschende
Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen, und wird sie wegen einer rechtswidrigen
Tat, die sie im Rausch begangen hat oder die auf ihren Hang zurückgeht,
verurteilt oder nur deshalb nicht verurteilt, weil ihre Schuldunfähigkeit
erwiesen oder nicht auszuschließen ist, so soll das Gericht die Unterbringung
in einer Entziehungsanstalt anordnen, wenn die Gefahr besteht, dass sie infolge
ihres Hanges erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird. Die Anordnung ergeht
nur, wenn eine hinreichend konkrete Aussicht besteht, die Person durch die
Behandlung in einer Entziehungsanstalt innerhalb der Frist nach § 67d Absatz 1
Satz 1 oder 3 zu heilen oder über eine erhebliche Zeit vor dem Rückfall in den
Hang zu bewahren und von der Begehung erheblicher rechtswidriger Taten abzuhalten,
die auf ihren Hang zurückgehen.
Strafprozessordnung (StPO)
§ 81 Unterbringung des Beschuldigten zur Vorbereitung eines Gutachtens
(1) Zur Vorbereitung eines Gutachtens über den psychischen Zustand des
Beschuldigten kann das Gericht nach Anhörung eines Sachverständigen und des
Verteidigers anordnen, dass der Beschuldigte in ein öffentliches
psychiatrisches Krankenhaus gebracht und dort beobachtet wird.
(2) Das Gericht trifft die Anordnung nach Absatz 1 nur, wenn der
Beschuldigte der Tat dringend verdächtig ist. Das Gericht darf diese Anordnung
nicht treffen, wenn sie zu der Bedeutung der Sache und der zu erwartenden
Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung außer Verhältnis steht.
(3) Im vorbereitenden Verfahren entscheidet das Gericht, das für die
Eröffnung des Hauptverfahrens zuständig wäre.
(4) Gegen den Beschluss ist sofortige Beschwerde zulässig. Sie hat
aufschiebende Wirkung.
(5) Die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus nach Absatz 1
darf die Dauer von insgesamt sechs Wochen nicht überschreiten.
Strafprozessordnung (StPO)
§ 126a Einstweilige Unterbringung
(1) Sind dringende Gründe für die Annahme vorhanden, dass jemand eine
rechtswidrige Tat im Zustand der Schuldunfähigkeit oder verminderten
Schuldfähigkeit (§§ 20, 21 des Strafgesetzbuches) begangen hat und dass seine
Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus oder einer
Entziehungsanstalt angeordnet werden wird, so kann das Gericht durch
Unterbringungsbefehl die einstweilige Unterbringung in einer dieser Anstalten
anordnen, wenn die öffentliche Sicherheit es erfordert.
(2) Für die einstweilige Unterbringung gelten die §§ 114 bis 115a, 116
Abs. 3 und 4, §§ 117 bis 119a, 123, 125 und 126 entsprechend. Die §§ 121, 122
gelten entsprechend mit der Maßgabe, dass das Oberlandesgericht prüft, ob die
Voraussetzungen der einstweiligen Unterbringung weiterhin vorliegen.
(3) Der Unterbringungsbefehl ist aufzuheben, wenn die Voraussetzungen
der einstweiligen Unterbringung nicht mehr vorliegen oder wenn das Gericht im
Urteil die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus oder einer
Entziehungsanstalt nicht anordnet. Durch die Einlegung eines Rechtsmittels darf
die Freilassung nicht aufgehalten werden. § 120 Abs. 3 gilt entsprechend.
(4) Hat der Untergebrachte einen gesetzlichen Vertreter oder einen
Bevollmächtigten im Sinne des § 1906 Abs. 5 des Bürgerlichen Gesetzbuches, so
sind Entscheidungen nach Absatz 1 bis 3 auch diesem bekannt zu geben.
Anlagen 1:
Vorhabenbeschreibung des Landesbeauftragten für den Maßregelvollzug NRW