Betreff
Forensik - Verlängerung des Mietvertrages
Vorlage
022/20
Art
Beschlussvorlage

Beschlussvorschlag/Empfehlung:

 

Der Rat der Stadt Rheine beauftragt die Verwaltung, weitere Verhandlungen mit dem Land NRW zur Verlängerung des Mietvertrages für die Liegenschaft Rheine, Hohe Allee 110 (derzeitige Nutzung als forensische Übergangseinrichtung) mit dem Ziel der Schaffung einer Einrichtung für suchtkranke Straftäter zu führen.

 

Um eine größtmögliche Transparenz zu erreichen, soll das Land NRW/Der Landesbeauftragte für den Maßregelvollzug hierzu rechtzeitig eine öffentliche Informationsveranstaltung anbieten.

 


Begründung:

 

Zum Zwecke der Einrichtung einer forensischen Übergangseinrichtung hat das Land NRW mit Vertrag vom 27.12.2002 von der Stadt Rheine die Liegenschaft Rheine, Hohe Allee 110 angemietet. Dieser Vertrag wurde zwischenzeitlich bereits zweimal verlängert, zuletzt bis zum 31.12.2019 mit der Option einer weiteren einjährigen Verlängerung bis 31.12.2020.

 

Die letzte Verlängerung des Mietvertrages um ein Jahr wurde notwendig, da die geplante forensische Klinik in Hörstel absehbar nicht rechtzeitig zum Ende des damals gültigen Mietvertrages fertiggestellt sein würde.

 

Zum jetzigen Zeitpunkt steht fest, dass die forensische Klinik in Hörstel auch zum 1. Januar 2021 nicht fertiggestellt sein wird. Das Land NRW strebt deshalb einerseits eine Verlängerung des Mietvertrages für die Liegenschaft Hohe Allee 110 zur Nutzung als forensische Übergangseinrichtung bis zur Fertigstellung der Einrichtung in Hörstel an.

 

Andererseits besteht seitens des Landes NRW der dringende Bedarf zur Unterbringung suchtkranker Straftäter nach § 64 StGB sowie von Patienten nach § 126a Strafprozessordnung (StPO) und Patienten, die gemäß § 81 StPO der Erstellung eines forensisch-psychologischen Gutachtens bedürfen.

 

Daher beabsichtigt das Land NRW, die Liegenschaft nach der Nutzung als forensische Übergangsklinik zu einer Maßregelvollzugseinrichtung für Suchtkranke umzubauen und weiter zu nutzen. Auf die Vorhabenbeschreibung des Landesbeauftragten (Anlage) und die darin enthaltene Beschreibung der Patientengruppe wird verwiesen. Daraus folgt auch, dass neben der stationären Unterbringung, auch die Versorgung bereits beurlaubter, aber noch in der Maßregel befindlicher Patienten im Rahmen der ambulanten Betreuung erfolgt (Seite 2 der Anlage).

 

Das Land NRW beziffert die notwendigen Umbaukosten auf rd. 11,8 Mio. Euro, die vor allem für die Ertüchtigung der bestehenden Gebäudesubstanz und für neue Gebäude aufgewendet werden müssen.

Nach dem Umbau soll die Einrichtung eine Größe von 68 Betten aufweisen.

Für die Unterhaltung einer Einrichtung dieser Größe sind rd. 68 Vollzeitstellen erforderlich, die dann nach der Nutzung der Liegenschaft als forensische Übergangsklinik in Rheine erhalten werden könnten.

Für die allein vom Land zu tragende Investition in dieser Größenordnung benötigt das Land NRW  - insoweit nachvollziehbar - jedoch eine entsprechende Nutzungsdauer für die Einrichtung und strebt daher eine Verlängerung des Mietvertrages um mindestens 30 Jahre an.

 

Für den Mietvertrag wünscht das Land NRW ein Sonderkündigungsrecht für den Fall, dass der Platzbedarf entfällt. Hier ist auch eine Änderungskündigung für einen anderen Nutzungszweck denkbar, welche jedoch nur im Einvernehmen mit der Stadt als Eigentümerin erfolgen kann.

 

Der Stadt Rheine könnte ebenfalls ein Sonderkündigungsrecht z. B. nach einer 10jährigen Nutzungszeit mit einer 5-jährigen Kündigungsfrist für den Fall des Eigenbedarfs eingeräumt werden (gegen eine Wertentschädigung für die Gebäude nach Gebäuderestwertbetrachtung an das Land).

 

Eine anderweitige städtische Nutzung der Liegenschaft ist zum jetzigen Zeitpunkt nicht geplant und auch nicht absehbar.

 

Die genaue Ausgestaltung des Mietvertrages mit dem Land NRW könnte - im Fall einer positiven Beschlussfassung durch den Rat -  im ersten Quartal 2020 erfolgen. Dem Rat würden  dann die wesentlichen Eckpunkte des Mietvertrages zur endgültigen Genehmigung vorgelegt.

 

Mit dem Landesbeauftragten für den Maßregelvollzug wurde bereits abgestimmt, dass im Fall einer geplanten weiteren Verlängerung des Mietvertrages vom Land rechtzeitig (d.h. vor der endgültigen Beschlussfassung durch den Rat) eine Informationsveranstaltung für die Öffentlichkeit angeboten werden soll,  in der das Vorhaben transparent und detailliert vorgestellt werden soll.

 

Überblick über die wichtigsten rechtlichen Grundlagen für die Unterbringung der künftigen Patientengruppe: 

Strafgesetzbuch (StGB)
§ 64 Unterbringung in einer Entziehungsanstalt

Hat eine Person den Hang, alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen, und wird sie wegen einer rechtswidrigen Tat, die sie im Rausch begangen hat oder die auf ihren Hang zurückgeht, verurteilt oder nur deshalb nicht verurteilt, weil ihre Schuldunfähigkeit erwiesen oder nicht auszuschließen ist, so soll das Gericht die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt anordnen, wenn die Gefahr besteht, dass sie infolge ihres Hanges erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird. Die Anordnung ergeht nur, wenn eine hinreichend konkrete Aussicht besteht, die Person durch die Behandlung in einer Entziehungsanstalt innerhalb der Frist nach § 67d Absatz 1 Satz 1 oder 3 zu heilen oder über eine erhebliche Zeit vor dem Rückfall in den Hang zu bewahren und von der Begehung erheblicher rechtswidriger Taten abzuhalten, die auf ihren Hang zurückgehen.

 

 

Strafprozessordnung (StPO)
§ 81 Unterbringung des Beschuldigten zur Vorbereitung eines Gutachtens

(1) Zur Vorbereitung eines Gutachtens über den psychischen Zustand des Beschuldigten kann das Gericht nach Anhörung eines Sachverständigen und des Verteidigers anordnen, dass der Beschuldigte in ein öffentliches psychiatrisches Krankenhaus gebracht und dort beobachtet wird.

(2) Das Gericht trifft die Anordnung nach Absatz 1 nur, wenn der Beschuldigte der Tat dringend verdächtig ist. Das Gericht darf diese Anordnung nicht treffen, wenn sie zu der Bedeutung der Sache und der zu erwartenden Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung außer Verhältnis steht.

(3) Im vorbereitenden Verfahren entscheidet das Gericht, das für die Eröffnung des Hauptverfahrens zuständig wäre.

(4) Gegen den Beschluss ist sofortige Beschwerde zulässig. Sie hat aufschiebende Wirkung.

(5) Die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus nach Absatz 1 darf die Dauer von insgesamt sechs Wochen nicht überschreiten.

 

 

Strafprozessordnung (StPO)
§ 126a Einstweilige Unterbringung

(1) Sind dringende Gründe für die Annahme vorhanden, dass jemand eine rechtswidrige Tat im Zustand der Schuldunfähigkeit oder verminderten Schuldfähigkeit (§§ 20, 21 des Strafgesetzbuches) begangen hat und dass seine Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus oder einer Entziehungsanstalt angeordnet werden wird, so kann das Gericht durch Unterbringungsbefehl die einstweilige Unterbringung in einer dieser Anstalten anordnen, wenn die öffentliche Sicherheit es erfordert.

(2) Für die einstweilige Unterbringung gelten die §§ 114 bis 115a, 116 Abs. 3 und 4, §§ 117 bis 119a, 123, 125 und 126 entsprechend. Die §§ 121, 122 gelten entsprechend mit der Maßgabe, dass das Oberlandesgericht prüft, ob die Voraussetzungen der einstweiligen Unterbringung weiterhin vorliegen.

(3) Der Unterbringungsbefehl ist aufzuheben, wenn die Voraussetzungen der einstweiligen Unterbringung nicht mehr vorliegen oder wenn das Gericht im Urteil die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus oder einer Entziehungsanstalt nicht anordnet. Durch die Einlegung eines Rechtsmittels darf die Freilassung nicht aufgehalten werden. § 120 Abs. 3 gilt entsprechend.

(4) Hat der Untergebrachte einen gesetzlichen Vertreter oder einen Bevollmächtigten im Sinne des § 1906 Abs. 5 des Bürgerlichen Gesetzbuches, so sind Entscheidungen nach Absatz 1 bis 3 auch diesem bekannt zu geben.

 

 


Anlagen 1:

 

Vorhabenbeschreibung des Landesbeauftragten für den Maßregelvollzug NRW