Betreff
Musterraumprogramm für die Sekundarschulen der Stadt Rheine
Vorlage
180/20
Art
Beschlussvorlage

Beschlussvorschlag/Empfehlung:

 

1.      Der Schulausschuss nimmt den Entwurf des Musterraumprogrammes für die Sekundarschulen zur Kenntnis.

2.      Der Schulausschuss beauftragt die Verwaltung auf Grundlage des Musterraumprogramms die weiteren Planungs- und Umsetzungsschritte für eine Erweiterung der Nelson-Mandela-Schule und Alexander-von-Humboldt-Schule zu erarbeiten.

 

 


Begründung:

Der Rat der Stadt Rheine hat am 09.07.2019 die Zügigkeit der Sekundarschulen neu festgelegt. Ab dem Schuljahr 2022/2023 sollen beide Sekundarschulen als 4-zügige Schulen des gemeinsamen Lernens geführt werden.

Die Schülerzahlen im Stadtgebiet der Stadt Rheine sind steigend und haben die Erhöhung der Zügigkeiten für fast alle städtischen Schulen notwendig gemacht. Durch die Erhöhung der Zügigkeiten ist unter Berücksichtigung des gemeinsamen Lernens von 600 Schüler/innen pro Sekundarschule auszugehen. Diese verteilen sich auf 6 Jahrgänge. Hierbei ist die Reduzierung des Klassenfrequenzwertes auf 25 Schüler/innen pro Klasse aufgrund des gemeinsamen Lernens (siehe Erlass des Ministeriums für Schule und Bildung des Landes NRW vom 15.10.2018) berücksichtigt.

 

Schule hat in den letzten Jahrzehnten einen sehr großen und wichtigen Wandel vollzogen. Neben der reinen Wissensvermittlung muss Schule auf die sich stetig verändernden Rahmenbedingungen reagieren und neben dem Bildungsauftrag zunehmend auch den Bedürfnissen an Erziehung und Betreuung Rechnung tragen. Der Schulausschuss der Stadt Rheine hat mit Vorlage 427/12 am 16.11.2012 und 286/13 am 17.06.2013 ein Musterraumprogramm für Sekundarschulen beschlossen. Mit Vorlage 225/17 und 157/18 (Schulausschuss am 14.06.2017 und 19.04.2018) wurde das Raumprogramm auch auf die Alexander von Humboldt Schule übertragen. Bauliche Erweiterungen an der Sekundarschule in Mesum wurden bis zur Klärung der zukünftigen Schulstruktur zurückgestellt. Als Übergangslösung wurden mobile Raumsysteme beschafft.

 

Zurzeit gibt es keine gesetzlichen Anforderungen für Raumprogramme der Schulen. Der Runderlass des Ministeriums „Grundsätze für Aufstellung von Raumprogrammen für allgemeinbildende Schulen und Förderschulen vom 19.10.1995“ hat seit 31.12.2010 keine Wirkung. Auch für die baulichen Umsetzungen der Inklusion gibt es keine Grundlagen des Gesetzgebers. Gerade in diesem Bereich können durch die gemachten Erfahrungen in den Schulen Anforderungen neu festgestellt werden. Bei der Erstellung des Musterraumprogrammes wurden neben dem vom Schulausschuss beschlossenen Raumprogramms der Elsa-Brändström-Realschule, dem Runderlass des Ministeriums, die Schulbaurichtlinien der Stadt Köln und Berechnungsgrundlagen für Raumprogramme an Schulen des KGST berücksichtigt. Ein weiterer wichtiger Bestandteil sind ebenfalls die Erfahrungsberichte der Schulen. Zusammen mit den Schulleitungen der Sekundarschulen wurde das bestehende Raumprogramm unter Berücksichtigung schulpädagogischer und –fachlicher Anforderungen und Bedarfe, nachdem alle Jahrgänge bestückt werden konnten, nochmals detailliert besprochen und verfeinert.

 

 

Klassenräume

Um auf verändernde Rahmenbedingungen flexibel reagieren zu können, sollen pro Schüler ca. 2,5 qm Raumbedarf vorgehalten werden. Zusätzlich zu der Schülerzahl von 25 Schüler/innen pro Klasse ist davon auszugehen, dass sich ggf. Integrationshelfer während des Unterrichts mit im Klassenraum aufhalten. Klassenräume müssen ausreichend Fläche und Zugänglichkeit für Rollstühle bieten. Neben dem Fachlehrer ist häufig ein Förderlehrer mit im Unterricht. Das Raummaß muss alternative Sitzordnungen, wie Kreis und Tischgruppen, Lösungen für digitales Arbeiten, Leseecken etc. zulassen, die mit den pädagogischen Konzepten der Schulen in Einklang stehen. Beide pädagogischen Konzepte der Sekundarschulen sehen eine jahrgangsbezogene Raumstruktur der Klassen vor.

 

Differenzierungsraum

Grundsätzlich wird davon ausgegangen, dass 5% eines Jahrganges der Schülerinnen und Schüler einen sonderpädagogischen Förderbedarf haben. Die Statistiken der Sekundarschulen zeigen, dass der Anteil an diesen Schulformen weitaus höher ist. Im Schuljahr 2019/20 besuchten 93 Schülerinnen und Schüler mit sonderpädagogischen Förderbedarf eine Sekundarschule der Stadt Rheine. Dies entspricht einem Anteil von 10,23 %. Differenzierungsflächen sind daher unabdingbar. Zukünftig soll ein Differenzierungsraum für maximal 2 Klassen vorgehalten werden. Dieser sollte im Idealfall von den Klassenräumen zugänglich sein. Die Bestimmung und Nutzung dieser Räume ist abhängig von den Bedürfnissen der jeweils beschulten Kinder. Daher ist eine multifunktionale Ausrichtung erforderlich, um einen größtmöglichen Nutzwert zu erzielen. So dienen diese Räume z.B. auch als Erweiterungsfläche für Arbeit in Kleingruppen, als Selbstlernorte zur Aufbereitung von Informationen oder bieten die Möglichkeit zur individuellen (Einzel-)Förderung. Dem Grundgedanken des inklusiven Ansatzes folgend bezieht sich die individuelle Förderung dabei nicht nur auf die Ertüchtigung der Schülerinnen und Schüler mit sonderpädagogischen Förderbedarfen oder zum Ausgleich von Sprachdefiziten, sondern bezieht z.B. auch Angebote zur individuellen Förderung besonders begabter Schülerinnen und Schüler mit ein.

 

Mehrzweckraum/Inklusionsraum

Die UN- Konvention über die Rechte behinderter Menschen hat u.a. Auswirkungen auf den Schulbereich. Durch Art. 24 der Konvention anerkennen die Vertragsstaaten das Recht von Menschen mit Behinderungen auf Bildung. Um dieses Recht ohne Diskriminierung und auf der Grundlage der Chancengleichheit zu verwirklichen, gewährleisten die Vertragsstaaten ein „inklusives“ Bildungssystem auf allen Ebenen. Seitens der Vertragsstaaten ist dabei sicherzustellen, dass Menschen nicht aufgrund von Behinderung vom allgemeinen Bildungssystem ausgeschlossen werden. Kinder mit einer Behinderung dürfen nicht vom Besuch einer weiterführenden Schule aufgrund ihrer Behinderung ausgeschlossen werden, sondern ihnen soll gleichberechtigt mit anderen der Zugang zu einem einbeziehenden, hochwertigen Unterricht ermöglicht werden. Innerhalb des allgemeinen Bildungssystems sind daher angemessene Vorkehrungen zu treffen, damit den Eltern eine echte Wahlfreiheit und der Zugang zu der bestmöglichen Bildung erhalten und Förderorte für ihre Kinder eröffnet werden. So individuell sich Erfahrungshintergrund, Voraussetzungen und Kenntnisse der Kinder bereits beim Schuleintritt unterscheiden, so vielfältig gelten insbesondere für förderbedürftige Kinder einzelfallbezogene unterstützende Fördermaßnahmen. Die Erfahrungen der Schulen haben gezeigt, dass Schülerinnen und Schüler mit Behinderung zwischen den Unterrichtseinheiten individuelle Pausen benötigen. Hierzu ist ein Ruheraum im Sinne eines „Inklusionsraums“ notwendig.

 

Das Land NRW sieht außerdem für alle Schülerinnen und Schüler ohne Sprachkenntnisse eine Sprachförderung in Schulen vor. Um Grundkenntnisse zu erlangen erhalten sie eine Erstförderung. Diese kann bis zu 2 Jahren andauern. Danach werden die Kinder, sofern erforderlich in einer Anschlussförderung unterstützt. Im Primarbereich finden diese integriert im Klassenverband statt.

Im weiterführenden Bereich wird die Erstförderung in gesonderten Sprachklassen durchgeführt. Nach Abschluss der Erstförderung nehmen die Schüler/innen am Regelunterricht teil und erhalten im Rahmen von zusätzlichen Deutschstunden eine Anschlussförderung. Eine Ansiedlung von Sprachklassen an Schulen des integrierten Systems wird ausdrücklich gewünscht, da ein Verbleib an der Erstförderschule auch mit unterschiedlichen Leistungsniveaus möglich ist. Zurzeit sind an der Nelson-Mandela-Schule 2 Sprachklassen und an der Alexander von Humboldt 1 Sprachklasse eingerichtet. Zukünftig soll ermöglicht werden, dass an jeder Sekundarschule 2 Sprachklassen in der Erstförderung eingerichtet werden. Mehrzweckräume sind multifunktional nutzbar und werden individuell an die aktuelle Nutzung angepasst. Um darüber hinaus flexibel auf zukünftige Bedarfe reagieren zu können, sollten 2 zusätzliche Klassenräume abgebildet werden.

 

Offene Lernbereiche

Offene Lernbereiche dienen der Ergänzung der Differenzierungsräume. Sie dienen zur Durchführung von Kleingruppenarbeitsphasen, aber auch zur Begegnung und ggf. Deeskalation. Diese Arbeit in Kleingruppen ist im pädagogischen Konzept der Schulen ein fester Bestandteil.

 

Differenzierungsraum für Fachleistung

Das integrierte Schulsystem sieht eine Differenzierung der Kernfächer ab Klasse 7 vor. Die Schüler werden entsprechend ihrer schulischen Leistung in Kurse eingeteilt. Da die Anzahl der Kurse von der Klassenanzahl abweichen kann, sind zusätzliche Räume hierfür notwendig. Zusätzlich können diese Räume vielseitig als Mehrzweckräume genutzt werden. Mehrzweckräume sind unter anderem für die Durchführung von Schülerprojekten wie z.B. einer Schülerfirma notwendig.

 

Fachräume

Die Fachräume und ihre Ausstattung sind modern zu gestalten. Die Raumgestaltung sollte eine Anordnung der Schülertische zu Lern- und Versuchsgruppen ermöglichen. Dies kann durch die Verlegung der Anschlüsse von der Decke herab gewährleistet werden. Durch Überschneidungen in den Fächern ist es grds. möglich, dass ein solcher Fachraum im Bereich Biologie und Physik multifunktional ausgestattet wird. Eine ähnliche Ausstattung kann im Bereich Technik/Textil/Kunst erfolgen, so dass eine multifunktionale Nutzung ermöglicht wird. Die umfangreichen Fachsammlungen müssen in unmittelbarer Nähe vorgehalten werden, die Fachräume sind dementsprechend mit Nebenräumen auszustatten. Neben der Lagerung der Fachsammlungen dienen diese auch zur Versuchsvorbereitung der Lehrkräfte.

Im Integrierten System gibt es ebenfalls die Möglichkeit der Schwerpunktbildung. So kann eine Schule Ihren Schwerpunkt in den Naturwissenschaftlichen Fächer, Informationstechnik oder Technik bilden. Beide Sekundarschulen haben zum jetzigen Zeitpunkt die Wahlpflichtbereiche Arbeitslehre sowie Darstellen und Gestalten als Bestandteil Ihres Schulkonzeptes. Sofern ein Schwerpunkt im pädagogischen Konzept der Schule vorgesehen ist, ist dies im Raumkonzept zu berücksichtigen.

 

Bibliothek/Mediathek

Unterrichtsziel für Schüler ist nicht nur die Speicherung von Wissen, sondern die Fähigkeit, sich selbst Informationen zu beschaffen und mit ihnen umzugehen. Hierzu ist neben einer umfangreichen Ausstattung mit altersgerechter Literatur sowie themenbezogener Fachliteratur auch die Ausstattung mit PC/Laptops inkl. Internetanschlüssen erforderlich. Insofern erfüllt die Bibliothek zukünftig auch die Funktion des Selbstlernzentrums einer Schule und bietet eine wichtige Grundlage für die Selbstarbeit z.B. bei der Ausarbeitung von Referaten. Gerade für Schüler/innen, die Zuhause keine Möglichkeit der PC-Nutzung oder Internet haben, ist dieser Lernort von großer Bedeutung. Durch die Einrichtung von Leseecken wird die Lesekompetenz der Schüler gestärkt. Zusätzlich bieten Bibliotheken auch Raum zur notwendigen Entspannung. Auch unter Berücksichtigung des Ziels der Stärkung der Integration sowie der Verbesserung der Sprachkompetenz von Schülerinnen und Schülern mit und ohne Migrationshintergrund kommt der Schulbibliothek eine große Bedeutung zu. Eine Nutzungsmöglichkeit im Rahmen des Ganztages ist ebenfalls gegeben.

 

 

Aula/Forum

Die Aula ist mit einer multifunktionalen Nutzung ein fester Bestandteil des pädagogischen Konzeptes der Schule. Die Aula stellt einen zentralen Veranstaltungsort im Schulleben und ist zugleich Bindeglied zwischen und Schule und Stadtteil (Schotthock und Mesum).

 

Ganztagsbereich

Beide Sekundarschulen sind Ganztagsschulen. Die Schüler/innen haben die Möglichkeit ein warmes Mittagessen zu sich zu nehmen. Hierfür ist eine Mensa/Speiseraum mit dazugehöriger Küche notwendig. Eine Nutzung der Mensa im Mehrschichtsystem ist möglich und kann in den Stundenplan berücksichtigt werden.

 

Verwaltung

Die Verwaltung ist mit ausreichend Büros für den Leitungsstab auszustatten. Hierzu gehören Schulleitung, stellvertretende Schulleitung, didaktische Leitung, Abteilungsleiter. Das dazugehörige Schulsekretariat ist im Verwaltungsbereich zu integrieren. In diesem Bereich ist ein Empfangsbereich für Schüler einzurichten um den Zugang zum Sekretariat zu steuern. Der Sanitätsraum sollte für die Beaufsichtigung von Schülern einsehbar sein. Die Lehrerzimmer muss ausreichend Platz für alle Lehrkräfte, Referendare und Förderpädagogen bieten. Für die Inklusionshelfer ist ebenfalls ein Aufenthaltsort zu schaffen. Neben den Lehrerinnen und Lehrern sind an beiden Standorten auch Sonderpädagogen eingesetzt. Die Sonderpädagogen müssen räumliche Möglichkeiten haben sich untereinander zu besprechen und Konzepte zu erstellen.

Da die Sekundarschulen Ganztagsschulen sind, haben die Lehrkräfte eine lange Verweildauer an den Schulen. Es ist daher notwendig räumliche Ressourcen für die Unterrichts Vor- und Nachbereitung vorzuhalten. In diesen Lehrerarbeitszimmern sind PC-Arbeitsplätze vorzusehen. Sprechzimmer dienen zum reinen Informations- und Austauschbedarf. Es soll als multifunktionales Büro für verschiedene Nutzungen vorgehalten werden, z.B. Elterngespräche, ASD, Bezirkspolizei, Streitschlichter oder auch kleine Abteilungskonferenzen.

 

Schulsozialarbeit

Die Schulsozialarbeit hat einen hohen Stellenwert in der konzeptionellen Arbeit der Sekundarschulen. Schulsozialarbeit versteht sich als präventive Jugendhilfe vor Ort. Sie verfolgt in Kooperation mit der Schulpädagogik die Förderung der Persönlichkeitsentwicklung von Schülern in deren schulischen, familiären und sozialen Lebenszusammenhängen. Im Mittelpunkt der Arbeit stehen sowohl die Vermeidung erfolgloser Schulkarrieren mit ihren Folgeerscheinungen als auch das frühzeitige Eingreifen in negative Entwicklungsprozesse. Die im Lebens- und Lernort Schule ansetzende Jugendsozialarbeit ermöglicht eine niederschwellige und frühzeitige Neuorientierung und Unterstützung bei schulischen sowie persönlichen Krisen. Das Zusammenwirken von Sozial- und Schulpädagogik an einem Ort bewirkt eine ganzheitliche Wahrnehmung und eine aufeinander abgestimmte Förderung von Kindern und Jugendlichen im Bezugssystem Schule. Schulsozialarbeit stellt darüber hinaus ihre Bindegliederfunktion zwischen Schule und außerschulischen Diensten dar, von den vielfältigen Beratungsangeboten bis hin zur Freizeitgestaltung. Das Vorhalten eines pädagogischen Raumes/Ankerraum zur Durchführung von Angeboten und Maßnahmen der Schulsozialarbeit ist erforderlich. Ebenfalls benötigt die Schulsozialarbeit Büroräume mit kleinen Besprechungsecken für Einzelgespräche.

 

 

 

Da beide Schulen im Bestand erweitert werden, ist in weiteren Schritten der Abgleich des Musterraumprogramms mit den gegebenen Möglichkeiten erforderlich und in eine entsprechende Planung zu überführen.

 


Anlagen:

 

Anlage 1: Raumprogramm Abgleich NMS

Anlage 2: Raumprogramm Abgleich AvH