Betreff
Jahresbericht zur Ankommensberatung
Vorlage
334/20
Aktenzeichen
II-8.10-hf
Art
Beschlussvorlage

Beschlussvorschlag/Empfehlung:

 

Der Sozialausschuss nimmt die Ausführungen zur Ankommensberatung des Teams Beratung und Begleitung von Zuwanderern zur Kenntnis.

 


Begründung:

 

1.      Ausgangslage

 

Jährlich gibt es eine Zuwanderung nach Rheine von mehreren hundert Menschen aus dem Ausland/EU-Ländern (siehe Säulendiagramme Seiten 5 und 6 dieser Vorlage). Ein nicht unerheblicher Teil kommt über die EU-Freizügigkeitsregelungen oder den Familiennachzug nach Rheine.

Diese Gruppe der zugewanderten Menschen bezieht häufig direkt eine Privatwohnung und haben daher nicht unmittelbar eine Anbindung an die Beratungsstruktur der Stadt Rheine „Beratung und Begleitung von Zuwanderern“ – Stadtteilbüros oder die Migrationsberatung beim Träger Caritasverband Rheine. Beide Angebote sind auf eine Komm-Struktur für die Zielgruppe angelegt, zu der die zugewanderten Menschen nicht immer unmittelbar Zugang finden.

 

Integration- und Willkommenskultur benötigt jedoch eine Willkommensstruktur. Es müssen organisatorische Voraussetzungen geschaffen werden, damit die Versorgung und Eingliederung aller zugezogenen Menschen in unser Sozial- und Bildungssystem gelingen kann.

Langjährige Erfahrung in kommunaler Integrationsarbeit hat gezeigt, dass Integration und Teilhabe am gesellschaftlichen Leben für die Zielgruppe Zuwanderer - speziell Zuwandererfamilien - besonders gefördert werden muss, um Orientierung zu geben und sozialer Isolation entgegenzuwirken.

 

In den letzten drei Jahren sind neben den Rheine zugewiesenen, mittlerweile anerkannten und sesshaft gewordenen Flüchtlingen weitere neue Zielgruppen von Zuwanderern in größerer Zahl zugezogen.

Seit Dezember 2016 gibt es z. B. die Wohnsitzauflage für Flüchtlinge nach § 12 a AufentG. In diesem Zusammenhang sind viele Familien in privaten Wohnraum gezogen und benötigen aktive, individuelle Unterstützung in verschiedenen Intensitätsgraden.

Ferner gibt es die Gruppe der EU-Bürger aus Polen, Rumänien, Bulgarien, Litauen etc., die als Arbeitseinwanderer einreisen und möglicherweise langfristig bleiben wollen. Diese Gruppe muss in ihren Absichten die eigene Zukunftsperspektive (wichtig in Bezug auf Infrastruktur und Sozialplanung für Schule, Kita, Sprachangebote, Begegnungsangebote etc.) betreffend abgefragt werden.

 

In dem Projekt „Einwanderung gestalten NRW“ zeigte sich gerade in den Einzelfallanalysen, dass eine „Navigationshilfe“ für zugewanderte Menschen den Integrationsprozess positiv beeinflussen und beschleunigen kann.

 


 

Schaffung eines Informations- und Präventionsangebotes:

 

Ebenso wie die in unserem Beratungsangebot bereits bekannten und berücksichtigten Zuwanderer braucht die Zielgruppe der Ankommensberatung, hier im Arbeitstitel „Arbeitsmigranten“ genannt, Unterstützung in ihrer Orientierung im neuen Land.

Die gesellschaftlichen und bürokratischen Strukturen müssen genauso (neu) erlernt/kennengelernt werden wie die fremde Sprache und Kultur. Die hohe Anforderung, sich in einer fremden Sprache durch den „Behördendschungel“ zu schlagen und die zahlreichen Angebote nach den eigenen Bedürfnissen zu filtern, kann - trotz persönlicher Ressourcen und individueller Fähigkeiten - rasch zu einer Überforderung führen.

Unmittelbar nach der Migration sind die Zuwanderer in der Regel motiviert und zuversichtlich und reagieren mit einer hohen Anpassung an die neuen Verhältnisse. Nach einiger Zeit tritt nicht selten eine Ernüchterung ein, da die Hürden einer umfassenden Integration höher sind als zuvor angenommen. Besonders in dieser Phase ist es wichtig, die Zugewanderten durch Unterstützungsangebote abzuholen oder aufzufangen. Um sich dem Ziel einer Integration aller Zugewanderten anzunähern, wurde das bestehende Beratungsangebot mit der Etablierung einer „Zentralen Ankommensberatung“ erweitert.

 

 

Zielsetzung der Ankommensberatung

 

Information und Stärkung der Eigenverantwortung im Integrationsprozess

Die Ankommensberatung übernimmt eine Lotsenfunktion, Ziel ist, dass jeder Zuwanderer über die bestehenden Integrations- und Teilhabeleistungen informiert ist und diese auch nutzen kann.

 

Monitoring als Planungsgrundlage für das kommunale Integrationsmanagement

Aus Sicht der Stadt Rheine ist ein weiteres Ziel, dass der Fachbereich Schulen, Soziales, Migration und Integration einen ersten Überblick über die aktuelle Lebenssituation der Zugewanderten und ihre Einwanderungsgründe bekommt, diese auswerten kann und weitere Rückschlüsse für die Konzeption der Beratungsangebote erhält (Planungsgrundlage).

 

 

a)      Zielgruppe

                              ·          EU-Bürger – Arbeitsmigranten
Personen, die als Familiennachzug kommen

                              ·          Zuwanderer, die mit einer Wohnsitzauflage nach Rheine ziehen

 


 

b)      Schaubild: Ziel und Zielerreichung der Zentralen Ankommensberatung:

 

c)      Ziele und Wirkungsindikatoren:

                  ·            Flächendeckende Integration in Rheine gewährleisten

                  ·            Unterstützung bei der Stabilisierung existenzieller Lebensbereiche wie z. B. Gesundheit, Wohnen, Arbeit und Bildung

                  ·            Erleichterung der Zugänge zu Ämtern und Einrichtungen

                  ·            Schnellerer Zugang zu Sprachkursangebote

                  ·            Bedarfsgerechte Unterstützung, z. B. durch Case Management

                  ·            Information über bestehende Angebote, Vernetzungen und Kooperationen

                  ·            Zugang zu sozialer und gesellschaftlicher Teilhabe ermöglichen Beratung im Sozialraum, präventive Arbeit

                  ·            Zugang zu bestehenden Beratungsangeboten von Stadt und freien Trägern erleichtern

 

 

2.      Statistik der Zuzüge ab August 2018

 

In der Statistik wurden alle Bürgerinnen und Bürger mit Migrationshintergrund aufgelistet, die aus dem In- und Ausland mit ausländischem Pass nach Rheine zugezogen sind. Herausgefiltert wurden Personen, die der Zentralen Erstunterbringung (ZUE – Damloup-Kaserne) zugewiesen wurden und Personen, die in städtischen Unterkünfte durch Zuweisungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz eingezogen sind.

 

Unterteilt haben wir  Zuzüge der Familien/Familiennachzüge aus dem In- und dem Ausland.

Zuzüge

Inland

Ausland

Summe

2018    (5 Monate)

 19

 14

 33

2019    (12 Monate)

 60

 69

 129

2020    (6 Monate )

 24

 25

 49


 

Zuzüge ab August 2018

 

 

 

 

 

 

 

 

Zuzüge 2019

 


 

Zuzüge 2020

Erklärung:

Im Säulendiagramm ist die Anzahl der Personen angegeben. Ungerade Zahlen ergeben sich durch Einzelzuzüge, das bedeutet z. B. aus einer hier lebenden alleinstehenden Person wird ein Paar.

Als Familie gilt auch der Nachzug eines einzelnen Kindes oder eines Ehepartners, so kommen zum Teil geringe Personenzahlen bei den Familienzuzügen zustande.

 

Auswertung der Statistik Zuzüge

Die größten Gruppen der Zugezogenen von August 2018 bis Juli 2020

 

 

Zeitraum
08. – 12.2018

Zeitraum 2019

Zeitraum
01. – 07.2020

Gesamt

Rumänen

79

363

180

632

Bulgaren

87

183

116

386

Polen

58

122

37

219

Syrer

39

121

52

217

Mazedonier

14

66

23

103

Serben

18

41

21

80

 

Die Auswertung erfolgte auf Basis der Daten des Bürgerbüros der Stadt Rheine.

 

Besonderheiten im aktuellen gesamten Erhebungszeitraum (August 2018 – Juni 2020):

 

·         2/3 der Zugewanderten sind Alleinstehende.

·         Der hohe Frauenanteil der zugewanderten Alleinstehenden ist auffällig. Angenommen wurde, dass vor allem Männer saisonal einreisen, jedoch sind die Hälfte bis ein Drittel zugewanderte alleinstehende Frauen.

 

Das Konzept „Ankommensberatung“ befasst sich vorerst nur mit den Familienzuzügen. Folgende Gruppen sind als Familien definiert: Eltern mit Kindern, einzelnes Elternteil mit Kind, Zuzug eines Familienmitglieds zur hier lebenden Familie.

Es kann vermutet werden, dass die Einwanderungsquote mit langfristiger Bleibeperspektive bei Familien höher ist als bei Einzelpersonen, da ein solcher Umzug mit wichtigen Lebensentscheidungen (z. B. Einschulung der Kinder etc.) verbunden ist. Hier sind nachhaltige Integrationsbemühungen zweckmäßig und sinnvoll.

 

Fraglich ist, ob die Familien tatsächlich in Rheine bleiben, bzw. wenn nicht, wohin sie ziehen. Zurück in die Heimat oder in eine andere Stadt innerhalb Deutschlands.

In der unten stehenden Statistik werden die monatlichen Zuzüge mit Weg-/Umzügen für die Zeit 1. August 2018 bis 31. Dezember 2019 abgeglichen.

 

Zu- und Wegzüge von Familien von August 2018 bis Juli 2020

 

Monat

Zuzüge Familien

Wegzug innerhalb von
6 Monaten

Wegzug innerhalb 1 Jahr

Wohin?

Umzug innerhalb Deutschlands

Zurück ins Heimatland

August 2018

10

-

-

-

-

September 18

7

1

2

2

1

Oktober 18

7

2

-

2

-

November 18

5

2

-

-

2

Dezember 18

4

-

-

-

-

Januar 2019

8

-

1

-

1

Februar 19

15

-

1

-

1

März 19

8

-

1

1

-

April 19

6

-

-

-

-

Mai 19

7

1

-

1

-

Juni 19

8

1

-

1

-

Juli 19

17

1

3

2

2

August 19

19

1

Nicht ermittelt

-

1

September 19

7

2

 

 

1

1

Oktober 19

14

1

 

 

-

1

November 19

12

1

 

 

1

-

Dezember 19

8

-

 

 

-

-

Januar 2020

8

Nicht ermittelt

 

 

 

 

Februar 20

11

 

 

 

 

 

 

März 20

5

 

 

 

 

 

 

April 20

4

 

 

 

 

 

 

Mai 20

2

 

 

 

 

 

 

Juni 20

8

 

 

 

 

 

 

Juli 20

11

 

 

 

 

 

 

Die Mehrheit der zugezogenen Familien bleibt in Deutschland, wie aus den Zahlen zu ersehen ist. Zuzugsstarke Monate sind die Sommermonate, die Familien nutzten die Schulferien für den Umzug oder Kinder kommen als Familiennachzug in dieser Zeit nach Rheine. Das Schuljahr wurde im Heimatland regulär beendet und in Rheine nach den Sommerferien neu begonnen. Erfahrungen der Seiteneinsteigerberatung sind, dass Eltern sich im Vorfeld wegen eines Schulplatzes beraten lassen und ankündigen wann sie einen Schulplatz brauchen.

In der Statistik zeigt sich auch der "Corona-Knick", Zuzüge, die vielleicht im März/April/Mai geplant waren, scheinen verschoben auf die Folgemonate.

 

3.      Umsetzung und Erfahrungen aus der Ankommensberatung

 

Hausbesuche – Prozedere – Ablauf

 

Die Mitarbeiterin, der Mitarbeiter des Stadtteilbüros schreibt den Zuwanderer an und lädt sich zu einem Hausbesuch ein. Das Anschreiben gibt es in 4 Sprachen (polnisch, rumänisch, arabisch und mazedonisch). Wird der Adressat nicht angetroffen, wird eine Visitenkarte und ein Flyer des zuständigen Stadtteilbüros im Briefkasten hinterlegt und ein neuer Termin zugeschickt. Wird der Zuwanderer auch bei dem zweiten Besuch nicht angetroffen, wird die „Willkommensmappe “ im Briefkasten hinterlegt, ebenso die Visitenkarte des Stadtteilbüros. So kann der Zuwanderer bei Bedarf von sich aus Kontakt aufnehmen.

 

Beim Hausbesuch vermittelt die verantwortliche Sozialarbeiterin bzw. der verantwortliche Sozialarbeiter, einerseits Informationen (Aushändigen einer „Willkommensmappe“) über das Versorgungsnetz, z. B. über Beratungsstellen, die Unterstützung in wichtigen Lebensbereichen, wie Wohnen, Gesundheit, Sprache, Soziales etc. anbieten. Andererseits gewinnt die verantwortliche Fachkraft einen Einblick in die individuelle Familienstruktur/-situation und hat die Möglichkeit, persönliche Hilfen (z. B. in schwieriger schulischer Situation) anzubieten.

 

Die Fachkraft bringt einen Erhebungsbogen mit, den sie anonym ausfüllt und dessen Sinn und Nutzen sie dem Zuwanderer erklärt hat. Es wird erfragt, inwieweit z. B. Sprachkurse bekannt sind, Kindergartenplätze belegt oder gewünscht werden, ob der Zuwanderer in Deutschland bleiben möchte und was der Beweggrund war nach Deutschland zu ziehen.

Dieser Erhebungsbogen ist auch ein Leitfaden für das Erstgespräch und dient dem späteren Monitoring.

Im Erstgespräch soll eine Vertrauensbasis und ein Bezug zum zuständigen Stadtteilbüro hergestellt werden. In der eventuell folgenden Betreuungsarbeit können ehrenamtliche Kräfte - ebenso wie sie es in der Arbeit mit Geflüchteten tun - eine Rolle spielen.

 

 

Erfahrungen in 2019

 

In der ersten Jahreshälfte des Jahres wurden Hausbesuche in einer Erprobung durchgeführt, um festzustellen, wie das Angebot generell aufgefasst und angenommen wird.

 

Ab Juli 2019 wurden die Hausbesuche flächendeckend umgesetzt. Jede Familie wurde angeschrieben und besucht, wenn sie den Termin nicht absagte oder verlegen wollte.

Im Vorfeld ergab sich in einigen Fällen die Konstellation, dass der Familiennachzug bereits bekannt war, bzw. die Familie in irgendeiner Form schon Kontakt zum Stadtteilbüro hatte und ein Besuch nicht notwendig war. In anderen Fällen zog eine Familie zurück nach Rheine, ein Termin wurde trotzdem vereinbart, da die kommunalen Beratungsangebote der Familie nicht bekannt waren.

Als eine sehr nützliche Einrichtung stellte sich der Dolmetscherpool des Caritasverbandes Rheine heraus. Die gute, unbürokratische Zusammenarbeit mit den Mitarbeitern/innen und die große Flexibilität der Dolmetscher/innen ermöglichten Gespräche, in denen Inhalte überhaupt erst vermittelt werden konnten.

In 70 % der Fälle waren keine ausreichenden Deutschkenntnisse vorhanden, allerdings gab es auch in 70 % dieser Fälle Verwandte, Freunde, Nachbarn oder Arbeitskollegen, die als Übersetzer schnell herangeholt wurden, ein Dolmetscher also nicht benötigt wurde.

Die Zuzüge aus dem Inland gehörten zu den restlichen 30 %, die i. d. R. über Deutschkenntnisse verfügen.

 

Wie wurden die Hausbesuche aufgenommen/empfunden?

Alle Hausbesuche, die stattfanden, verliefen positiv. Immer wurde man freundlich aufgenommen, in vielen Fällen mit einem Fragezeichen in den Augen und in einigen Fällen auch mit Skepsis, was ein/-e Mitarbeiter/-innen der Stadt Rheine von ihnen will. Wenige Male interessierten die Themen die Familie nicht, wenn z. B. die Kinder erwachsen waren, auch in einem Arbeitsverhältnis standen und Kindergeldanträge oder Schulbesuch keine Rolle mehr spielten.

Das Thema Sprachangebote traf so gut wie immer auf offene Ohren, allerdings wurde im Gespräch oft deutlich, dass die Zeit für einen Sprachkurs fehlt. Der Schichtdienst, die Anfahrt zum Arbeitsplatz und die Arbeitsdauer sind gewichtige Hinderungsgründe.

Auf die festgestellten Bedarfe geht das Angebot der Sprachoffensive gezielt ein. Es gibt u. a. einen digitalen Sprachkurs in den Abendstunden und speziell für Schichtarbeiter/-innen  Sprachkurse an wechselnden Tagen und zu wechselnden Tageszeiten, jeweils abgestimmt auf die Gruppe (siehe hierzu auch die Vorlage im heutigen Sozialausschuss: Berichterstattung zur Sprachoffensive 335/20).

Für die vielfältigen Möglichkeiten der Sprachoffensive wird im Rahmen der Hausbesuche und der Beratungen geworben.

 

Die Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter der Stadtteilbüros verfügen über mehrsprachige Kompetenzen. So kann auf Russisch, Arabisch, Türkisch, Englisch und Französisch über Inhalte der Willkommensmappe und kommunale Angebote informiert werden.

Die Beratungsstellen der Stadt Rheine und die des Caritasverbandes arbeiten Hand in Hand. Russischsprechende Familien nehmen vielfach die Beratungsstelle des Caritasverbandes in Anspruch, weil sie dort in ihrer Heimatsprache beraten werden. Allerdings wird die aufsuchende Sozialarbeit ausschließlich von den Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeitern der Stadt Rheine gewährleistet.

Manche Familien haben sich im Vorfeld Fragen und Anliegen notiert, die sie gerne mit uns in dem Gespräch besprochen hätten.

Ein Hausbesuch dauerte zwischen 20 Minuten und einer Stunde, abhängig von den Sprachbarrieren, Interesse und auch Verpflichtungen (Schichtbeginn, Abholung Kindergarten ...). In einigen Fällen haben Zuwanderer ihre Schicht getauscht, um den Termin wahrnehmen zu können.

 

 

Erfolgte – nicht erfolgte -  Hausbesuche

 

In der Zeit Juli 2019 bis Januar 2020 sind insgesamt 85 Familien - bzw. Familiennachzüge erfolgt.

 

In dieser Zeitspanne wurden allen zugewanderten Familien, die nicht bekannt waren und zu denen es noch keine Bezüge gab, Hausbesuche angeboten.

 

Familien/-nachzüge
Juli 2019 – Januar 2020

85

Angekündigte Hausbesuche

63

Durchgeführte Hausbesuche

53

Abgesagte Hausbesuche oder nach
2x Besuch nicht angetroffene Bewohner

10

Kontaktaufnahme zum Stadtteilbüro nach Hausbesuch

13

 

In zunehmenden Fällen wurde Freunde, Kollegen und Verwandten von dem Beratungs- und Unterstützungsangebot berichtet und diese nutzten das Angebot ebenfalls.

 

Eine Familie ist in das Case Management des Teams Beratung und Begleitung aufgenommen worden. Sie befanden sich in einer schwierigen Lebenslage mit komplexeren Problemen.

 

Ab März 2020 waren aufgrund der Corona-Pandemie Hausbesuche nicht mehr möglich. Familien und Nachzüge bekamen die Willkommensmappe mit Visitenkarten, sowie aktuellen Informationen (z. B. über Online-Kurse der Sprachoffensive).

Termine in den Stadtteilbüros können telefonisch vereinbart werden und werden unter Berücksichtigung des Hygienekonzeptes des Stadt Rheine angeboten.

 

 

Lebens- und Wohnsituation der Familien

 

Bis auf ein älteres Ehepaar wollten alle befragten Familien in Rheine bzw. in Deutschland bleiben. Das gute Schulsystem, die Bildungsmöglichkeiten der Kinder und der Arbeitsplatz waren oft genannte Gründe.

 

80 – 90 % der Familien wurden in einer der Anzahl der Familienmitglieder angemessenen Wohnsituation angetroffen. In ca. 60 % der Neuzugänge war der Mann als Arbeitnehmer eingereist und hat seine Familie nachkommen lassen, nachdem er eine passende Wohnung gefunden hat.

Der Schulbesuch der Kinder ist ein zentrales Anliegen der Zuwanderer. Durch die Erhebung im Zuge der Ankommensberatung werden alle minderjährigen Kinder erfasst und es kann abgeglichen werden, wer die Seiteneinsteigerberatung (eine Kooperation der Stadt Rheine und des Kreis Steinfurt um einen Schulplatz zu bekommen) genutzt hat und in welchen (seltenen) Fällen nachgehakt werden muss, ob das Kind an einer Schule angemeldet worden ist. Hier gibt es dann die kurzen Wege; im Zuge des angekündigten Hausbesuches kann der Hintergrund der Nichtanmeldung erfragt werden.

 

Neben Schule ist der Kitaplatz abgefragt worden. In 2019 hatten 10 besuchte Familien einen Kitaplatz bekommen, 5 Familien hatten (noch) keinen.

Gewünscht wurde ein Kitaplatz von allen Familien, deren Kleinkinder dem Babyalter entwachsen waren. Ein Interesse am Spracherwerb - ein zentrales Thema für alle - wurde dezidiert erfragt.

Im zweiten Halbjahr 2019 wurde festgestellt: 16 % der Befragten kannten Sprachkurse, 10 % kannten keine und 60 % würden gerne einen Sprachkurs belegen (beinhaltet Integrationskurse wie auch Kurse der Sprachoffensive).

 

In 15 – 20 % der Fälle konnte durch die Hausbesuche ein Sprachkurs der Sprachoffensive vermittelt werden.

 

Die überwiegende Mehrheit ist Sprachanfänger und wünscht sich 2 x wöchentlich Sprachunterricht, sofern er sich mit den sonstigen Verpflichtungen vereinbaren lässt. Integrationskurse sind seltener Thema, da sie eigenfinanziert werden müssen.

Wie erwartet haben fast alle Neuzuzüge einen Vollzeitjob, mit jedoch geringem Einkommen. Zwar wurde das natürlich nicht erfragt, aber im Gespräch wurde häufiger der Arbeitsplatz erwähnt. Aus der Nachfrage nach Hilfe bei Wohngeldanträgen, Kinderzuschlägen und SGB II für aufstockende Hilfen wird ein Verdienst im Niedriglohnsektor deutlich.

 

4.      Fazit

 

Die Ankommensberatung hat durchweg positive Resonanzen bekommen. Die Hausbesuche waren für alle Beteiligten informativ.

 

Zwar war die Skepsis, was Mitarbeiterinnen oder Mitarbeiter der Stadt Rheine von ihnen will,  bei einigen Hausbesuchen deutlich spürbar, trotzdem wurden fast alle Türen aufgemacht. Die Zuwanderer haben in ihren Heimatländern unterschiedliche Erfahrungen mit Behörden gemacht, so war es in den Gesprächen wichtig Vertrauen zu schaffen. In dem Zusammenhang mussten die  Fragen nach Arbeit, Sprache, Kitaplatz etc. besonders gut erklärt werden. Schließlich waren die aufgesuchten Familien positiv überrascht über das Infomaterial, über Nachfragen nach ihrer Lebenssituation und nach Interesse an ihrem Leben.

 

Die Willkommensmappe ist ein gutes anschauliches Infomaterial. Sie enthält neben der Willkommensbroschüre (Anlage 1) die Kontaktdaten des zuständigen Stadtteilbüros und den Flyer der Sprachoffensive.

Je nach Familie liegen Broschüren zum Kitaplatz, Kinderferienangebot oder Infos zu aktuellen Veranstaltungen verschiedener Träger oder Vereine bei.

Häufiger kam der Wunsch von Multiplikatoren, wie Ehrenamtlichen oder Kollegen von Beratungsstellen, die Willkommensmappe in mehreren Sprachen zu übersetzen.

Sie wurde erst einmal in kleiner Auflage gedruckt, um auf neue Entwicklungen zeitnah reagieren zu können. Geplant ist eine aktualisierte Neuauflage für Anfang 2021. Diese sollte dann in 5 Sprachen (Rumänisch, Bulgarisch, Polnisch, Russisch und Arabisch) übersetzt werden.

 

Personelle Ressourcen

Familien, die nach Rheine ziehen, haben eine ernsthafte Bleibeabsicht und sind auch deshalb unsere primäre Zielgruppe für die Ankommensberatung.

Zu der sekundären Gruppe gehören die Paare, die sich eventuell niederlassen wollen, deren Beweggründe wir nicht kennen.

Wie sich die große Gruppe der alleinstehenden Zuwanderer zusammensetzt, ist nicht bekannt. Wir wissen, ein Teil von ihnen sind Familienväter, die eine Zukunft für ihre Familie planen und Umstände dafür vorbereiten. Ein anderer, größerer Teil sind Saisonarbeiter und kehren nach einigen Monaten in die Heimat zurück.

Als der Fachbereich 8 die Notwendigkeit einer Ankommensberatung feststellte, weil sich die EU-Bürger in einer ähnlichen Lebenssituation wie die Geflüchteten befinden, hat niemand mit der Höhe des monatlichen Zuzugs gerechnet.

Derzeit sind Hausbesuche im Rahmen der Ankommensberatung und die daraus resultierenden Aufgaben, Anfragen, Auswertungen der Fragebögen, Beratungen und führen einer Statistik mit den aktuell vorhandenen personellen Ressourcen lediglich für die "Zielgruppe Familien" möglich.

Die Vielzahl der Einzelpersonen kann nicht erreicht werden, allerdings spricht die hohe Zahl der Einzelpersonen dafür, dass ein dauerhafter Verbleib in Rheine nicht beabsichtigt ist. Selbstverständlich haben alle Zuwanderer, somit auch die Einzelpersonen, die Möglichkeit die offene Beratung der Stadtteilbüros zu nutzen.

 


Anlagen:

 

Broschüre Willkommen in Rheine – Erste Informationen für Zugewanderte