Beschlussvorschlag/Empfehlung:
Der
Sozialausschuss nimmt die Ausführungen zur Ankommensberatung des Teams Beratung
und Begleitung von Zuwanderern zur Kenntnis.
Begründung:
1. Ausgangslage
Jährlich gibt es eine
Zuwanderung nach Rheine von mehreren hundert Menschen aus dem
Ausland/EU-Ländern (siehe Säulendiagramme Seiten 5 und 6 dieser Vorlage). Ein
nicht unerheblicher Teil kommt über die EU-Freizügigkeitsregelungen oder den
Familiennachzug nach Rheine.
Diese Gruppe der
zugewanderten Menschen bezieht häufig direkt eine Privatwohnung und haben daher
nicht unmittelbar eine Anbindung an die Beratungsstruktur der Stadt Rheine
„Beratung und Begleitung von Zuwanderern“ – Stadtteilbüros oder die Migrationsberatung
beim Träger Caritasverband Rheine. Beide Angebote sind auf eine Komm-Struktur
für die Zielgruppe angelegt, zu der die zugewanderten Menschen nicht immer
unmittelbar Zugang finden.
Integration- und
Willkommenskultur benötigt jedoch eine Willkommensstruktur. Es müssen
organisatorische Voraussetzungen geschaffen werden, damit die Versorgung und
Eingliederung aller zugezogenen Menschen in unser Sozial- und Bildungssystem
gelingen kann.
Langjährige Erfahrung in kommunaler Integrationsarbeit hat gezeigt, dass Integration und Teilhabe am gesellschaftlichen Leben für die Zielgruppe Zuwanderer - speziell Zuwandererfamilien - besonders gefördert werden muss, um Orientierung zu geben und sozialer Isolation entgegenzuwirken.
In den letzten drei Jahren sind neben den Rheine zugewiesenen, mittlerweile anerkannten und sesshaft gewordenen Flüchtlingen weitere neue Zielgruppen von Zuwanderern in größerer Zahl zugezogen.
Seit Dezember 2016 gibt es z. B. die Wohnsitzauflage für Flüchtlinge nach § 12 a AufentG. In diesem Zusammenhang sind viele Familien in privaten Wohnraum gezogen und benötigen aktive, individuelle Unterstützung in verschiedenen Intensitätsgraden.
Ferner gibt es die Gruppe der EU-Bürger aus Polen, Rumänien, Bulgarien, Litauen etc., die als Arbeitseinwanderer einreisen und möglicherweise langfristig bleiben wollen. Diese Gruppe muss in ihren Absichten die eigene Zukunftsperspektive (wichtig in Bezug auf Infrastruktur und Sozialplanung für Schule, Kita, Sprachangebote, Begegnungsangebote etc.) betreffend abgefragt werden.
In dem Projekt „Einwanderung gestalten NRW“ zeigte sich gerade in den Einzelfallanalysen, dass eine „Navigationshilfe“ für zugewanderte Menschen den Integrationsprozess positiv beeinflussen und beschleunigen kann.
Schaffung eines Informations- und
Präventionsangebotes:
Ebenso wie die in unserem
Beratungsangebot bereits bekannten und berücksichtigten Zuwanderer braucht die
Zielgruppe der Ankommensberatung, hier im Arbeitstitel „Arbeitsmigranten“
genannt, Unterstützung in ihrer Orientierung im neuen Land.
Die gesellschaftlichen und
bürokratischen Strukturen müssen genauso (neu) erlernt/kennengelernt werden wie
die fremde Sprache und Kultur. Die hohe Anforderung, sich in einer fremden
Sprache durch den „Behördendschungel“ zu schlagen und die zahlreichen Angebote
nach den eigenen Bedürfnissen zu filtern, kann - trotz persönlicher Ressourcen
und individueller Fähigkeiten - rasch zu einer Überforderung führen.
Unmittelbar nach der
Migration sind die Zuwanderer in der Regel motiviert und zuversichtlich und
reagieren mit einer hohen Anpassung an die neuen Verhältnisse. Nach einiger
Zeit tritt nicht selten eine Ernüchterung ein, da die Hürden einer umfassenden
Integration höher sind als zuvor angenommen. Besonders in dieser Phase ist es
wichtig, die Zugewanderten durch Unterstützungsangebote abzuholen oder
aufzufangen. Um sich dem Ziel einer Integration aller Zugewanderten anzunähern,
wurde das bestehende Beratungsangebot mit der Etablierung einer „Zentralen Ankommensberatung“ erweitert.
Zielsetzung der Ankommensberatung
Information und Stärkung der Eigenverantwortung im
Integrationsprozess
Die Ankommensberatung
übernimmt eine Lotsenfunktion, Ziel ist, dass jeder Zuwanderer über die
bestehenden Integrations- und Teilhabeleistungen informiert ist und diese auch
nutzen kann.
Monitoring
als Planungsgrundlage für das kommunale Integrationsmanagement
Aus Sicht der Stadt Rheine ist
ein weiteres Ziel, dass der Fachbereich Schulen, Soziales, Migration und
Integration einen ersten Überblick über die aktuelle Lebenssituation der
Zugewanderten und ihre Einwanderungsgründe bekommt, diese auswerten kann und
weitere Rückschlüsse für die Konzeption der Beratungsangebote erhält
(Planungsgrundlage).
a) Zielgruppe
·
EU-Bürger – Arbeitsmigranten
Personen, die als
Familiennachzug kommen
·
Zuwanderer,
die mit einer Wohnsitzauflage nach Rheine ziehen
b) Schaubild: Ziel und Zielerreichung der Zentralen Ankommensberatung:
c)
Ziele und Wirkungsindikatoren:
·
Flächendeckende Integration in Rheine
gewährleisten
·
Unterstützung bei der Stabilisierung
existenzieller Lebensbereiche wie z. B. Gesundheit, Wohnen, Arbeit und Bildung
·
Erleichterung der Zugänge zu Ämtern und Einrichtungen
·
Schnellerer Zugang zu Sprachkursangebote
·
Bedarfsgerechte Unterstützung, z. B. durch Case
Management
·
Information über bestehende Angebote,
Vernetzungen und Kooperationen
·
Zugang zu sozialer und gesellschaftlicher
Teilhabe ermöglichen Beratung im Sozialraum, präventive Arbeit
·
Zugang zu bestehenden Beratungsangeboten von
Stadt und freien Trägern erleichtern
2.
Statistik
der Zuzüge ab August 2018
In
der Statistik wurden alle Bürgerinnen und Bürger mit Migrationshintergrund
aufgelistet, die aus dem In- und Ausland mit ausländischem Pass nach Rheine
zugezogen sind. Herausgefiltert wurden Personen, die der Zentralen
Erstunterbringung (ZUE – Damloup-Kaserne) zugewiesen wurden und Personen, die
in städtischen Unterkünfte durch Zuweisungen nach dem
Asylbewerberleistungsgesetz eingezogen sind.
Unterteilt
haben wir Zuzüge der Familien/Familiennachzüge
aus dem In- und dem Ausland.
Zuzüge |
Inland |
Ausland |
Summe |
2018 (5 Monate) |
19 |
14 |
33 |
2019 (12 Monate) |
60 |
69 |
129 |
2020 (6 Monate ) |
24 |
25 |
49 |
Zuzüge ab August 2018
Zuzüge
2019
Zuzüge
2020
Erklärung:
Im
Säulendiagramm ist die Anzahl der Personen angegeben. Ungerade Zahlen
ergeben sich durch Einzelzuzüge, das bedeutet z. B. aus einer hier lebenden
alleinstehenden Person wird ein Paar.
Als
Familie gilt auch der Nachzug eines einzelnen Kindes oder eines Ehepartners, so
kommen zum Teil geringe Personenzahlen bei den Familienzuzügen zustande.
Auswertung der Statistik Zuzüge
Die größten Gruppen der Zugezogenen von August 2018 bis Juli 2020
|
Zeitraum |
Zeitraum 2019 |
Zeitraum |
Gesamt |
Rumänen |
79 |
363 |
180 |
632 |
Bulgaren |
87 |
183 |
116 |
386 |
Polen |
58 |
122 |
37 |
219 |
Syrer |
39 |
121 |
52 |
217 |
Mazedonier |
14 |
66 |
23 |
103 |
Serben |
18 |
41 |
21 |
80 |
Die Auswertung erfolgte auf Basis der Daten des
Bürgerbüros der Stadt Rheine.
Besonderheiten im aktuellen gesamten
Erhebungszeitraum (August 2018 – Juni 2020):
·
2/3 der Zugewanderten sind Alleinstehende.
·
Der hohe Frauenanteil der zugewanderten
Alleinstehenden ist auffällig. Angenommen wurde, dass vor allem Männer saisonal
einreisen, jedoch sind die Hälfte bis ein Drittel zugewanderte alleinstehende
Frauen.
Das Konzept
„Ankommensberatung“ befasst sich vorerst nur mit den Familienzuzügen. Folgende
Gruppen sind als Familien definiert: Eltern mit Kindern, einzelnes Elternteil
mit Kind, Zuzug eines Familienmitglieds zur hier lebenden Familie.
Es kann vermutet werden, dass
die Einwanderungsquote mit langfristiger Bleibeperspektive bei Familien höher
ist als bei Einzelpersonen, da ein solcher Umzug mit wichtigen
Lebensentscheidungen (z. B. Einschulung der Kinder etc.) verbunden ist. Hier
sind nachhaltige Integrationsbemühungen zweckmäßig und sinnvoll.
Fraglich ist, ob die Familien
tatsächlich in Rheine bleiben, bzw. wenn nicht, wohin sie ziehen. Zurück in die
Heimat oder in eine andere Stadt innerhalb Deutschlands.
In der unten stehenden
Statistik werden die monatlichen Zuzüge mit Weg-/Umzügen für die Zeit 1. August
2018 bis 31. Dezember 2019 abgeglichen.
Zu-
und Wegzüge von Familien von August 2018 bis Juli 2020
Monat |
Zuzüge
Familien |
Wegzug
innerhalb von |
Wegzug
innerhalb 1 Jahr |
Wohin? |
|||
Umzug
innerhalb Deutschlands |
Zurück
ins Heimatland |
||||||
August 2018 |
10 |
- |
- |
- |
- |
||
September
18 |
7 |
1 |
2 |
2 |
1 |
||
Oktober
18 |
7 |
2 |
- |
2 |
- |
||
November
18 |
5 |
2 |
- |
- |
2 |
||
Dezember
18 |
4 |
- |
- |
- |
- |
||
Januar 2019 |
8 |
- |
1 |
- |
1 |
||
Februar
19 |
15 |
- |
1 |
- |
1 |
||
März 19 |
8 |
- |
1 |
1 |
- |
||
April 19 |
6 |
- |
- |
- |
- |
||
Mai 19 |
7 |
1 |
- |
1 |
- |
||
Juni 19 |
8 |
1 |
- |
1 |
- |
||
Juli 19 |
17 |
1 |
3 |
2 |
2 |
||
August 19 |
19 |
1 |
Nicht ermittelt |
- |
1 |
||
September
19 |
7 |
2 |
|
|
1 |
1 |
|
Oktober
19 |
14 |
1 |
|
|
- |
1 |
|
November
19 |
12 |
1 |
|
|
1 |
- |
|
Dezember
19 |
8 |
- |
|
|
- |
- |
|
Januar 2020 |
8 |
Nicht ermittelt |
|
|
|
|
|
Februar
20 |
11 |
|
|
|
|
|
|
März 20 |
5 |
|
|
|
|
|
|
April 20 |
4 |
|
|
|
|
|
|
Mai 20 |
2 |
|
|
|
|
|
|
Juni 20 |
8 |
|
|
|
|
|
|
Juli 20 |
11 |
|
|
|
|
|
|
Die Mehrheit der zugezogenen Familien bleibt
in Deutschland, wie aus den Zahlen zu ersehen ist. Zuzugsstarke Monate sind die
Sommermonate, die Familien nutzten die Schulferien für den Umzug oder Kinder
kommen als Familiennachzug in dieser Zeit nach Rheine. Das Schuljahr wurde im
Heimatland regulär beendet und in Rheine nach den Sommerferien neu begonnen.
Erfahrungen der Seiteneinsteigerberatung sind, dass Eltern sich im Vorfeld
wegen eines Schulplatzes beraten lassen und ankündigen wann sie einen
Schulplatz brauchen.
In der Statistik zeigt sich auch der
"Corona-Knick", Zuzüge, die vielleicht im März/April/Mai geplant
waren, scheinen verschoben auf die Folgemonate.
3. Umsetzung und Erfahrungen aus der
Ankommensberatung
Hausbesuche – Prozedere – Ablauf
Die Mitarbeiterin, der Mitarbeiter des Stadtteilbüros schreibt den Zuwanderer an und lädt sich zu einem Hausbesuch ein. Das Anschreiben gibt es in 4 Sprachen (polnisch, rumänisch, arabisch und mazedonisch). Wird der Adressat nicht angetroffen, wird eine Visitenkarte und ein Flyer des zuständigen Stadtteilbüros im Briefkasten hinterlegt und ein neuer Termin zugeschickt. Wird der Zuwanderer auch bei dem zweiten Besuch nicht angetroffen, wird die „Willkommensmappe “ im Briefkasten hinterlegt, ebenso die Visitenkarte des Stadtteilbüros. So kann der Zuwanderer bei Bedarf von sich aus Kontakt aufnehmen.
Beim Hausbesuch vermittelt die verantwortliche Sozialarbeiterin bzw. der verantwortliche Sozialarbeiter, einerseits Informationen (Aushändigen einer „Willkommensmappe“) über das Versorgungsnetz, z. B. über Beratungsstellen, die Unterstützung in wichtigen Lebensbereichen, wie Wohnen, Gesundheit, Sprache, Soziales etc. anbieten. Andererseits gewinnt die verantwortliche Fachkraft einen Einblick in die individuelle Familienstruktur/-situation und hat die Möglichkeit, persönliche Hilfen (z. B. in schwieriger schulischer Situation) anzubieten.
Die Fachkraft bringt einen Erhebungsbogen mit, den sie anonym ausfüllt und dessen Sinn und Nutzen sie dem Zuwanderer erklärt hat. Es wird erfragt, inwieweit z. B. Sprachkurse bekannt sind, Kindergartenplätze belegt oder gewünscht werden, ob der Zuwanderer in Deutschland bleiben möchte und was der Beweggrund war nach Deutschland zu ziehen.
Dieser Erhebungsbogen ist auch ein Leitfaden für das Erstgespräch und dient dem späteren Monitoring.
Im Erstgespräch soll eine Vertrauensbasis und ein Bezug zum zuständigen Stadtteilbüro hergestellt werden. In der eventuell folgenden Betreuungsarbeit können ehrenamtliche Kräfte - ebenso wie sie es in der Arbeit mit Geflüchteten tun - eine Rolle spielen.
Erfahrungen in 2019
In der ersten Jahreshälfte des Jahres wurden Hausbesuche in einer Erprobung durchgeführt, um festzustellen, wie das Angebot generell aufgefasst und angenommen wird.
Ab Juli 2019 wurden die Hausbesuche flächendeckend umgesetzt. Jede Familie wurde angeschrieben und besucht, wenn sie den Termin nicht absagte oder verlegen wollte.
Im Vorfeld ergab sich in einigen Fällen die Konstellation, dass der Familiennachzug bereits bekannt war, bzw. die Familie in irgendeiner Form schon Kontakt zum Stadtteilbüro hatte und ein Besuch nicht notwendig war. In anderen Fällen zog eine Familie zurück nach Rheine, ein Termin wurde trotzdem vereinbart, da die kommunalen Beratungsangebote der Familie nicht bekannt waren.
Als eine sehr nützliche Einrichtung stellte sich der Dolmetscherpool des Caritasverbandes Rheine heraus. Die gute, unbürokratische Zusammenarbeit mit den Mitarbeitern/innen und die große Flexibilität der Dolmetscher/innen ermöglichten Gespräche, in denen Inhalte überhaupt erst vermittelt werden konnten.
In 70 % der Fälle waren keine ausreichenden Deutschkenntnisse vorhanden, allerdings gab es auch in 70 % dieser Fälle Verwandte, Freunde, Nachbarn oder Arbeitskollegen, die als Übersetzer schnell herangeholt wurden, ein Dolmetscher also nicht benötigt wurde.
Die Zuzüge aus dem Inland gehörten zu den restlichen 30 %, die i. d. R. über Deutschkenntnisse verfügen.
Wie wurden die
Hausbesuche aufgenommen/empfunden?
Alle Hausbesuche, die stattfanden, verliefen positiv. Immer wurde man freundlich aufgenommen, in vielen Fällen mit einem Fragezeichen in den Augen und in einigen Fällen auch mit Skepsis, was ein/-e Mitarbeiter/-innen der Stadt Rheine von ihnen will. Wenige Male interessierten die Themen die Familie nicht, wenn z. B. die Kinder erwachsen waren, auch in einem Arbeitsverhältnis standen und Kindergeldanträge oder Schulbesuch keine Rolle mehr spielten.
Das Thema Sprachangebote traf so gut wie immer auf offene Ohren, allerdings wurde im Gespräch oft deutlich, dass die Zeit für einen Sprachkurs fehlt. Der Schichtdienst, die Anfahrt zum Arbeitsplatz und die Arbeitsdauer sind gewichtige Hinderungsgründe.
Auf die festgestellten Bedarfe
geht das Angebot der Sprachoffensive gezielt ein. Es gibt u. a. einen digitalen
Sprachkurs in den Abendstunden und speziell für Schichtarbeiter/-innen Sprachkurse an wechselnden Tagen und zu
wechselnden Tageszeiten, jeweils abgestimmt auf die Gruppe (siehe hierzu auch die Vorlage im heutigen
Sozialausschuss: Berichterstattung zur Sprachoffensive 335/20).
Für die vielfältigen Möglichkeiten der
Sprachoffensive wird im Rahmen der Hausbesuche und der Beratungen geworben.
Die Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter
der Stadtteilbüros verfügen über mehrsprachige Kompetenzen. So kann auf
Russisch, Arabisch, Türkisch, Englisch und Französisch über Inhalte der
Willkommensmappe und kommunale Angebote informiert werden.
Die Beratungsstellen der Stadt Rheine und die des Caritasverbandes arbeiten Hand in Hand. Russischsprechende Familien nehmen vielfach die Beratungsstelle des Caritasverbandes in Anspruch, weil sie dort in ihrer Heimatsprache beraten werden. Allerdings wird die aufsuchende Sozialarbeit ausschließlich von den Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeitern der Stadt Rheine gewährleistet.
Manche Familien haben sich im Vorfeld Fragen und Anliegen notiert, die sie gerne mit uns in dem Gespräch besprochen hätten.
Ein Hausbesuch dauerte zwischen 20 Minuten und einer Stunde, abhängig von den Sprachbarrieren, Interesse und auch Verpflichtungen (Schichtbeginn, Abholung Kindergarten ...). In einigen Fällen haben Zuwanderer ihre Schicht getauscht, um den Termin wahrnehmen zu können.
Erfolgte – nicht
erfolgte - Hausbesuche
In der Zeit Juli 2019 bis Januar 2020 sind insgesamt 85 Familien - bzw. Familiennachzüge erfolgt.
In dieser Zeitspanne wurden allen zugewanderten Familien, die nicht bekannt waren und zu denen es noch keine Bezüge gab, Hausbesuche angeboten.
Familien/-nachzüge |
85 |
Angekündigte
Hausbesuche |
63 |
Durchgeführte
Hausbesuche |
53 |
Abgesagte
Hausbesuche oder nach |
10 |
Kontaktaufnahme
zum Stadtteilbüro nach Hausbesuch |
13 |
In zunehmenden Fällen wurde Freunde, Kollegen und Verwandten von dem Beratungs- und Unterstützungsangebot berichtet und diese nutzten das Angebot ebenfalls.
Eine Familie ist in das Case Management des Teams Beratung und Begleitung aufgenommen worden. Sie befanden sich in einer schwierigen Lebenslage mit komplexeren Problemen.
Ab März 2020 waren aufgrund der Corona-Pandemie Hausbesuche nicht mehr möglich. Familien und Nachzüge bekamen die Willkommensmappe mit Visitenkarten, sowie aktuellen Informationen (z. B. über Online-Kurse der Sprachoffensive).
Termine in den Stadtteilbüros können telefonisch vereinbart werden und werden unter Berücksichtigung des Hygienekonzeptes des Stadt Rheine angeboten.
Lebens-
und Wohnsituation der Familien
Bis auf ein älteres Ehepaar
wollten alle befragten Familien in Rheine bzw. in Deutschland bleiben. Das gute
Schulsystem, die Bildungsmöglichkeiten der Kinder und der Arbeitsplatz waren
oft genannte Gründe.
80 – 90 % der Familien wurden
in einer der Anzahl der Familienmitglieder angemessenen Wohnsituation angetroffen.
In ca. 60 % der Neuzugänge war der Mann als
Arbeitnehmer eingereist und hat seine Familie nachkommen lassen, nachdem er
eine passende Wohnung gefunden hat.
Der Schulbesuch der Kinder
ist ein zentrales Anliegen der Zuwanderer. Durch die Erhebung im Zuge der
Ankommensberatung werden alle minderjährigen Kinder erfasst und es kann
abgeglichen werden, wer die Seiteneinsteigerberatung (eine Kooperation der
Stadt Rheine und des Kreis Steinfurt um einen Schulplatz zu bekommen) genutzt
hat und in welchen (seltenen) Fällen nachgehakt werden muss, ob das Kind an
einer Schule angemeldet worden ist. Hier gibt es dann die kurzen Wege; im Zuge
des angekündigten Hausbesuches kann der Hintergrund der Nichtanmeldung erfragt
werden.
Neben Schule ist der
Kitaplatz abgefragt worden. In 2019 hatten 10 besuchte Familien einen Kitaplatz
bekommen, 5 Familien hatten (noch) keinen.
Gewünscht wurde ein Kitaplatz
von allen Familien, deren Kleinkinder dem Babyalter entwachsen waren. Ein
Interesse am Spracherwerb - ein zentrales Thema für alle - wurde dezidiert
erfragt.
Im zweiten Halbjahr 2019
wurde festgestellt: 16 % der Befragten kannten Sprachkurse, 10 % kannten keine
und 60 % würden gerne einen Sprachkurs belegen (beinhaltet Integrationskurse
wie auch Kurse der Sprachoffensive).
In 15 – 20 % der Fälle konnte
durch die Hausbesuche ein Sprachkurs der Sprachoffensive vermittelt werden.
Die überwiegende Mehrheit ist
Sprachanfänger und wünscht sich 2 x wöchentlich Sprachunterricht, sofern er
sich mit den sonstigen Verpflichtungen vereinbaren lässt. Integrationskurse
sind seltener Thema, da sie eigenfinanziert werden müssen.
Wie
erwartet haben fast alle Neuzuzüge einen Vollzeitjob, mit jedoch geringem
Einkommen. Zwar wurde das natürlich nicht erfragt, aber im Gespräch wurde häufiger
der Arbeitsplatz erwähnt.
Aus der Nachfrage nach Hilfe
bei Wohngeldanträgen, Kinderzuschlägen und SGB II für aufstockende Hilfen wird
ein Verdienst im Niedriglohnsektor deutlich.
4.
Fazit
Die Ankommensberatung hat
durchweg positive Resonanzen bekommen. Die Hausbesuche waren für alle
Beteiligten informativ.
Zwar war die Skepsis, was
Mitarbeiterinnen oder Mitarbeiter der Stadt Rheine von ihnen will, bei einigen Hausbesuchen deutlich spürbar,
trotzdem wurden fast alle Türen aufgemacht. Die Zuwanderer haben in ihren
Heimatländern unterschiedliche Erfahrungen mit Behörden gemacht, so war es in
den Gesprächen wichtig Vertrauen zu schaffen. In dem Zusammenhang mussten
die Fragen nach Arbeit, Sprache,
Kitaplatz etc. besonders gut erklärt werden. Schließlich waren die aufgesuchten
Familien positiv überrascht über das Infomaterial, über Nachfragen nach ihrer
Lebenssituation und nach Interesse an ihrem Leben.
Die Willkommensmappe ist ein
gutes anschauliches Infomaterial. Sie enthält neben der Willkommensbroschüre
(Anlage 1) die Kontaktdaten des zuständigen Stadtteilbüros und den Flyer der
Sprachoffensive.
Je nach Familie liegen
Broschüren zum Kitaplatz, Kinderferienangebot oder Infos zu aktuellen
Veranstaltungen verschiedener Träger oder Vereine bei.
Häufiger kam der Wunsch von
Multiplikatoren, wie Ehrenamtlichen oder Kollegen von Beratungsstellen, die
Willkommensmappe in mehreren Sprachen zu übersetzen.
Sie wurde erst einmal in
kleiner Auflage gedruckt, um auf neue Entwicklungen zeitnah reagieren zu
können. Geplant ist eine aktualisierte Neuauflage für Anfang 2021. Diese sollte
dann in 5 Sprachen (Rumänisch, Bulgarisch, Polnisch, Russisch und Arabisch)
übersetzt werden.
Personelle
Ressourcen
Familien, die nach Rheine ziehen, haben eine
ernsthafte Bleibeabsicht und sind auch deshalb unsere primäre Zielgruppe für
die Ankommensberatung.
Zu der sekundären Gruppe gehören die Paare,
die sich eventuell niederlassen wollen, deren Beweggründe wir nicht kennen.
Wie sich die große Gruppe der
alleinstehenden Zuwanderer zusammensetzt, ist nicht bekannt. Wir wissen, ein
Teil von ihnen sind Familienväter, die eine Zukunft für ihre Familie planen und
Umstände dafür vorbereiten. Ein anderer, größerer Teil sind Saisonarbeiter und
kehren nach einigen Monaten in die Heimat zurück.
Als der Fachbereich 8 die Notwendigkeit
einer Ankommensberatung feststellte, weil sich die EU-Bürger in einer ähnlichen
Lebenssituation wie die Geflüchteten befinden, hat niemand mit der Höhe des monatlichen
Zuzugs gerechnet.
Derzeit sind Hausbesuche im Rahmen der
Ankommensberatung und die daraus resultierenden Aufgaben, Anfragen,
Auswertungen der Fragebögen, Beratungen und führen einer Statistik mit den
aktuell vorhandenen personellen Ressourcen lediglich für die "Zielgruppe
Familien" möglich.
Die Vielzahl der Einzelpersonen kann nicht
erreicht werden, allerdings spricht die hohe Zahl der Einzelpersonen dafür,
dass ein dauerhafter Verbleib in Rheine nicht beabsichtigt ist.
Selbstverständlich haben alle Zuwanderer, somit auch die Einzelpersonen, die
Möglichkeit die offene Beratung der Stadtteilbüros zu nutzen.
Anlagen:
Broschüre Willkommen in Rheine – Erste Informationen für Zugewanderte