Betreff
Investitionsprogramm Abwasser Nordrhein-Westfalen
Vorlage
220/07
Aktenzeichen
FB 5.4-geh
Art
Beschlussvorlage

Beschlussvorschlag/Empfehlung:

 

Der Bau- und Betriebsausschuss nimmt die Ausführungen der Verwaltung zum Investitionsprogramm Abwasser Nordrhein-Westfalen zur Kenntnis.


Begründung:

 

Das Ministerium für Umwelt und Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen hat mit Inkrafttreten zum 1. Januar 2007 eine neue Richtlinie über die Gewährung von Zuwendungen aus dem Investitionsprogramm Abwasser NRW in Kraft gesetzt. Das neue Zuwendungsprogramm löst das in der Vergangenheit gültige Zuwendungsprogramm „Initiative ökologische und nachhaltige Wasserwirtschaft in Nordrhein-Westfalen“ ab. Aus dem alten Programm, welches mit Datum vom 31. Dezember 2005 auslief, wurden in Rheine etliche Maßnahmen realisiert.

 

1         Das alte Zuschussprogramm

 

1.1      Zuschüsse für die Anlegung von Kleinkläranlagen

 

Im Außenbereich der Stadt Rheine werden auf ca. 130 Grundstücken Kleinkläranlagen betrieben. Alle weiteren Grundstücke im Außenbereich sind zwischenzeitlich am städtischen Kanal angeschlossen. Für die Sanierung und Erneuerung der Kleinkläranlagen bot das alte Zuschussprogramm Zuschüsse bis zu einer Höhe von ca. 2.000,00 € je Anlage. Das Zuschussprogramm wurde von den Grundstückseigentümern im Außenbereich zur Erneuerung der Kleinkläranlagen stark in Anspruch genommen. Bis auf wenige wurden die Kleinkläranlagen mit Zuschüssen aus dem Programm saniert.

 

Die Zuschüsse mussten über die Stadt Rheine beantragt werden und wurden auch durch die Stadt Rheine ausgezahlt. Insgesamt ist in den letzten Jahren der Bau von ca. 109 Kleinkläranlagen mit einer insgesamten Zuschusssumme von ca. 130.000,00 â‚¬ gefördert worden.

 

1.2      Zuschüsse für Entsiegelungen

 

Das alte Zuschussprogramm bot die Möglichkeit, Mittel für Flächenentsiegelungen zu erhalten. Im Einzelnen war es möglich, mit Zuschussmitteln versiegelte Pflasterflächen oder auch asphaltierte Flächen zu entsiegeln. Dieses Programm wurde in Rheine nur von ein paar Antragstellern in Anspruch genommen. Im Einzelnen war es möglich, hier einen Zuschuss von 15,00 € je m² entsiegelter Fläche zu erhalten.

 

1.3      Regenwassernutzungsanlagen

 

Regenwassernutzungsanlagen für den Betrieb von Toiletten und Waschmaschinen in Privathaushalten wurden nach dem alten Zuschussprogramm gefördert. In Rheine sind in den letzten Jahren ca. 40 Anträge bearbeitet worden. Die Zuschussauszahlung und die Überprüfung vor Ort mussten durch die Stadt Rheine durchgeführt werden. Regenwassernutzungsanlagen erhielten einen Zuschuss von je 1.500,00 € pauschal.

 

1.4      Dachbegrünung

 

Eine weitere Zuschussmöglichkeit bot das alte Programm für die Anlegung von Dachbegrünungen. Dieses Programm wurde in Rheine von ca. 10 Antragstellern beansprucht. Auch hier galt, dass die Bearbeitung der Zuschussanträge durch die Stadt Rheine erfolgen musste. Die Zuschusshöhe lag hier bei 15,00 € je m² begrünter Dachfläche.

 

1.5      Kredite für Kanalerneuerungen

 

Das alte Zuschussprogramm gab die Möglichkeit, verbilligte Kredite für Kanalerneuerungen der Stadt Rheine zu erhalten. Damit war die Stadt Rheine bei diesem Punkt des Programms selbst starker Nutznießer. Die Kreditwürdigkeit für eine Kanalerneuerung war nach dem Programm gegeben, soweit der Bauzustand des Kanals den Zustandsklassen 0 und 1 entsprach.

 

Die durchgeführten Kanalerneuerungen der letzten Jahre im Stadtgebiet von Rheine entsprachen in der überwiegenden Anzahl diesem Zustandskriterium. Es ist allerdings festzuhalten, dass in den letzten Jahren auch Kanalerneuerungen durchgeführt wurden, die in erster Linie aus hydraulischer Sicht notwendig waren. Soweit diese Kanäle vom Bauzustand nicht den Zustandsklassen 0 und 1 entsprachen, war die Kreditwürdigkeit nicht gegeben.

 

Die Konditionen der Kredite lagen bei ca. 1 % Zinsen im Jahr und waren aus diesem Grunde für die Finanzierung der Stadtentwässerung sehr attraktiv.

 

2         Förderungen nach dem neuen Zuschussprogramm

 

Das neue Zuschussprogramm unterteilt sich in 6 Förderbereiche.

 

2.1      Förderbereich 1

 

Im Förderbereich 1 wird ein produktorientierter Umweltschutz in der Abwasserbeseitigung der Industrie gefördert. Damit ist dieser Förderbereich für die Stadt Rheine unbedeutend.

 

2.2      Förderbereich 2

 

Der Förderbereich 2 beschäftigt sich mit gutachterlichen Untersuchungen zur Energieeinsparung bei öffentlichen Abwasserreinigungsmaßnahmen. In diesem Förderbereich wird die Zuwendung als Zuschuss bis zu einer Höhe von 70 % geleistet.

 

Für die Stadt Rheine ist festzuhalten, dass mit dem zurzeit laufenden Fuzzyprojekt auf der Kläranlage Rheine nicht nur eine Optimierung des Einsatzes von Energie ermittelt wird, sondern dass das Projekt Optimierungen bereits umsetzt. Die Zuschusshöhe aus dem Fuzzyprojekt – großteils EU-Mittel – liegt mit 80 % Zuschusshöhe über der aus dem Förderbereich 2 des Investitionsprogramms Abwasser NRW.

 

2.3      Förderbereich 3

 

Der Förderbereich 3 des Investitionsprogramms Abwasser NRW beschäftigt sich ausschließlich mit öffentlichen Kläranlagen. Unter diesem Punkt ist die Möglichkeit gegeben, für Maßnahmen auf Kläranlagen günstige Kredite bzw. Zuschüsse bis 50 % der Kosten zu erhalten. Maßnahmen für erprobte Technologien werden dabei mit Krediten gefördert. Für innovative Technologien können bis zu 50 % Zuschuss gezahlt werden.

 

Es soll an dieser Stelle noch einmal daran erinnert werden, dass das laufende Fuzzyprojekt der Kläranlage Rheine als innovatives Projekt angesehen werden müsste und sogar 80 % Förderung erhält.

 

2.4      Förderbereich 4

 

Der Förderbereich 4 des Investitionsprogramms Abwasser NRW stellt für die Anlegung von Bodenfilteranlagen 50 % Zuschuss zur Verfügung.

 

Das MUNLV will mit diesem Programm die Niederschlagswassereinleitungen in die Gewässer verbessern. Bodenfilter dienen der Behandlung von Niederschlagswasserabflüssen aus Misch- und Trennsystemen. Für die Stadt Rheine gilt, dass in Rheine bisher keine Bodenfilteranlagen an den Einleitungsstellen in die Gewässer betrieben werden. Es ist festzuhalten, dass an den meisten Einleitungsstellen auch keine Flächen für derartige Anlagen zur Verfügung stehen. Aus Sicht der Verwaltung sollte in diesem Zusammenhang die weitere wasserrechtliche Entwicklung abgewartet werden. Zurzeit sind die Einleitungsstellen der Stadt Rheine auch ohne Bodenfilteranlagen im Rahmen der rechtlichen Erfordernisse.

 

2.5      Förderbereich 5

 

Der Förderbereich 5 ermöglicht jetzt Kredite für die Anlegung von Regenüberlaufbecken, Regenklärbecken, Stauraumkanälen und Regenrückhaltebecken.

 

Seitens der Verwaltung ist vorgesehen, für entsprechende Anlagen die nötigen Kreditanträge zu stellen. Beispielhaft sind hier die nötigen Regenklär- und Rückhalteanlagen für die Maßnahmen Rheine R, Kaserne Gellendorf und Baarentelgen-Nord zu nennen.

 

2.6      Förderbereich 6

 

Der Förderbereich 6 beschäftigt sich mit dem Problemfeld „Sanierung Fremdwasser“. Bei der Sanierung Fremdwasser ist daran gedacht, die Fremdwassermengen im Kanalnetz und damit im Zulauf zur Kläranlage zu reduzieren. Für das Kanalnetz der Stadt Rheine gilt, dass ca. 7.900.000 m³ Abwasser im Jahr der Kläranlage zufließen. Diese Abwassermenge ist wasserrechtlich die sogenannte „Jahresschmutzwassermenge“, auf deren Mengengrundlage die Schmutzwasserabgabe berechnet wird. Die Jahresabwassermenge, die für die Kanalbenutzungsgebühr herangezogen wird, liegt mit ca. 4.000.000 m³ im Jahr weit unter dieser zuvor angegebenen Jahresschmutzwassermenge. Die Abwassermenge von 4.000.000 m³ im Jahr ist die Menge, die von den Stadtwerken als Frischwasser verkauft wird zuzüglich der Menge, die über eigene Brunnen gefördert und anschließend als Abwasser abgeleitet wird.

 

Die Differenz dieser beiden Abwassermengen im Zulauf der Kläranlage ist die sogenannte „Fremdwassermenge“, die sich durch Abflüsse aus Dränungen, undichten Kanälen und defekten Anschlüssen auf den Hausgrundstücken ergeben.

 

Schon die durchgeführte Kanalsanierung/Kanalerneuerung der letzten Jahre hatte das Ziel, diese Fremdwassermenge durch neue dichte Abwasserkanäle zu reduzieren. Mit der Reduzierung der Fremdwassermengen soll eine Kosteneinsparung auf der Kläranlage veranlasst werden. Aber nicht nur auf der Kläranlage können Kosten durch das Zurückdrängen der Fremdwassermengen reduziert werden, sondern bereits in einzelnen Pumpstationen durch das Einsparen von Pumpenergie.

 

Die Aufsichtsbehörden – Wasserbehörden – fordern die Reduzierung der Fremdwassermengen. Diese Forderung wird weniger erhoben, um damit eine Kostenreduzierung in der Stadtentwässerung zu erreichen. Das Ziel der Wasserbehörden ist in erster Linie die Reduzierung der Schmutzfrachten aus den Kläranlagen und den Niederschlagswassereinleitungsstellen. Diese Forderung wird durch das Zurückdrängen von Fremdwassermengen erreicht, weil die Belastungsgrenzwerte am Auslauf von Kläranlagen immer auf eine Mengeneinheit abgestellt sind. Soweit die jährlichen Ableitungsmengen aus Kläranlagen durch das Zurückdrängen der Fremdwassermengen reduziert werden, tritt automatisch eine Reduzierung der eingeleiteten Jahresschmutzwassermenge ein.

 

Wie zuvor dargestellt, liegt die Fremdwassermenge im Kanalnetz der Stadt Rheine übers ganze Jahr gesehen am Zulauf der Kläranlage bei ca. 3.900.000 m³. Das ergibt einen Fremdwasseranteil von ca. 49 %. Bei einem Fremdwassergrößenanteil von über 50 % unterstellt die Wasserbehörde, dass das Kanalnetz nicht dem Stand der Technik entsprechend betrieben wird. Die zurzeit bei der Stadt Rheine bestehende Befreiung von der Niederschlagswasserabgabe wäre bei einem Fremdwasseranteil von über 50 % in Gefahr. Insofern begründet sich auch hieraus die Notwendigkeit, alles daranzusetzen, die Fremdwassermengen zu reduzieren.

 

Das neue Investitionspgrogramm Abwasser NRW geht im Förderbereich 6 auf die Problematik Fremdwasser ein. Im Förderbereich 6.1 des Investitionsprogramms wird die Erstellung eines Fremdwassersanierungskonzeptes gefördert. Die Förderung beträgt hier 50 % der entstehenden Kosten. Mit dem Fremdwassersanierungskonzept soll/wird untersucht, wie hoch der Fremdwasseranteil im Kanalnetz liegt. Vor allem wird konzeptionell festgestellt, in welchen Anteilen des Kanalnetzes erhöhte Fremdwassermengen vorliegen. Das Ziel soll sein, eine möglichst effektive Kanalsanierung/Kanalerneuerung daraus ableiten zu können.

 

Die Verwaltung hat bereits im April 2007 einen Zuschussantrag für die Erstellung eines Fremdwassersanierungskonzeptes gestellt. Der Kostenansatz für die Erstellung des Konzeptes liegt bei ca. 69.000,00 €, der Zuschussanteil von 50 % demnach bei 34.500,00 € und der städtische Anteil ebenfalls in dieser Größe. Es ist vorgesehen, nach einer Zuschussbewilligung sofort mit der Erstellung des Konzeptes zu beginnen.

 

Das Bearbeitungsende des Konzeptes wird im Juni 2008 erwartet. Diese lange Bearbeitungszeit ist nötig, weil notwendige Untersuchungen zeitversetzt erforderlich werden, um Auswirkungen von wechselnden Grundwasserständen mitzuerfassen.

 

Es wird in diesem Zusammenhang auf eine gesonderte Sitzungsdrucksache im nicht öffentlichen Teil der Bau- und Betriebsausschusssitzung verwiesen, in der die Auftragsvergabe für das Fremdwassersanierungskonzept aufbereitet wurde.

 

Der Förderbereich 6 des Investitionsprogramms Abwasser NRW bietet im Punkt 6.2 die Möglichkeit, für Kanalerneuerungen günstige Kredite zu erhalten. Voraussetzung für die Kreditbeantragung ist, dass das zuvor dargestellte Fremdwassersanierungskonzept erarbeitet vorliegt. Eine weitere Voraussetzung für die Kreditierung ist, dass der jeweils zu erneuernde Kanal in einem Kanalnetzteil der Stadt Rheine liegt, wo der Fremdwasseranteil über 50 % ausmacht. Da die Fremdwasseranteilmenge im Kanalnetz von Rheine über das ganze gesehen ca. 49 % ausmacht, wird erwartet, dass das Fremdwassersanierungskonzept große Stadtgebietsteile ausweisen wird, in denen die Kreditwürdigkeit gegeben ist.

 

Das zuvor Dargestellte zeigt die Dringlichkeit der Erstellung des Fremdwassersanierungskonzeptes.

 

Im letzten Punkt des Förderbereiches 6 des Investitionsprogramms Abwasser NRW wird die private Kanalsanierung behandelt. Hier ist es im Punkt 6.3 des Programms möglich, für die Sanierung von Kanalleitungen auf Hausgrundstücken Zuschüsse zu erhalten. Die Zuschusshöhe beträgt hier 30 % der zuwendungsfähigen Ausgaben, jedoch maximal 200,00 € je angefangenen lfd. M. sanierter Hausanschluss- und Grundleitung je Haus. Bei einer beispielhaften Sanierungshöhe von 5.000,00 € je Grundstück läge ein 30 %iger Zuschussanteil bei ca. 1.500,00 €.

 

Als Voraussetzung für die Beantragung von Zuschüssen gilt auch hier das Vorhandensein eines fertigen Fremdwassersanierungskonzeptes. Es gilt auch hier, dass nur derjenige Zuschüsse bekommen kann, dessen Grundstück in einem Stadtgebietsteil liegt, wo der Fremdwasseranteil über 50 % ausmacht. Eine Bezuschussung der Sanierung von Hausanschlüssen ist darüber hinaus nur möglich, soweit die jeweilige Stadt die Organisation des Vorhabens übernimmt.

 

Aus Sicht der Verwaltung sollte die Stadt Rheine sich dieser Aufgabe annehmen. Es ist geplant, zu diesem Punkt noch in diesem Jahr eine gesonderte Sitzungsdrucksache für den Bau- und Betriebsausschuss zu fertigen, um eine nötige politische Entscheidung vorzubereiten.