Betreff
SGB XII Jahresbericht 2020
Vorlage
253/21
Art
Beschlussvorlage

Beschlussvorschlag/Empfehlung:

Der Sozialausschuss nimmt den SGB XII Jahresbericht 2020 zur Kenntnis.

 

 


Begründung:

Der Sachstandsbericht hat das Ziel, die Mitglieder des Ausschusses einmal jährlich über die Entwicklungen und Tendenzen im Bereich der Leistungsgewährung nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII) zu informieren.

 

 

Sachdarstellung:

 

Leistungsberechtigte und Abgrenzung zum SGB II:

 

Im Gegensatz zur Leistungsgewährung nach dem SGB II (Grundsicherung für Arbeitsuchende) stehen die Hilfeempfänger nach dem SGB XII (Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung) dem Arbeitsmarkt (dauerhaft) nicht zur Verfügung und haben somit in der Regel keine Möglichkeit zur Selbsthilfe.

 

Leistungen nach dem SGB XII erhalten Personen, die entweder die Altersgrenze (aktuell 65 Jahre und 10 Monate für den Geburtsjahrgang 1956) erreicht haben oder bei denen der Rententräger eine volle Erwerbsminderung (Leistungsvermögen liegt unter 3 Stunden pro Tag) festgestellt hat

 

Die Altersgrenze wird bis zum Jahr 2031 schrittweise auf 67 Jahre angehoben.

 

Die volle Erwerbsminderung wird vom Rententräger entweder befristet oder dauerhaft festgestellt. Bei einer befristeten vollen Erwerbsminderung werden Leistungen nach dem 3. Kapitel des SGB XII gewährt. Bei einer vollen Erwerbsminderung auf Dauer oder nach Erreichen der Altersgrenze erfolgt die Hilfegewährung nach dem 4. Kapitel des SGB XII.

 

Neben der reinen Leistungsgewährung zur Sicherstellung des Lebensunterhalts besteht bei den Hilfeempfängern aufgrund des Alters und den oftmals vorhandenen Einschränkungen ein erhöhter Beratungsbedarf zur möglichen Stärkung der Selbsthilfe und zur aktiven Teilnahme am Leben in der Gemeinschaft.

 

 

Finanzierung:

 

Die Kosten der Leistungsgewährung nach dem 4. Kapitel werden nach einer schrittweisen Anhebung seit dem 01.01.2014 zu 100 % vom Bund getragen. Bei den Kosten des 3. Kapitels handelt es sich um Kreismittel.


 

Fallzahlentwicklung:

 

Die Fallzahlen sind seit der Einführung des SGB XII zum 01.01.2005 im Rahmen der Hartz IV‑Reform kontinuierlich gestiegen. In den letzten Jahren ist jedoch eine leichte Abflachung des Anstiegs erkennbar. Die letzte signifikante Erhöhung der Fallzahlen erfolgte zum 01.01.2020 durch die Umsetzung des Bundesteilhabegesetzes (BTHG).

 

Der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) hat bis dahin bei Personen in stationären Einrichtungen neben der Eingliederungshilfe auch die Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung als Hilfen aus einer Hand geleistet. Nach der Neuregelung verbleiben die Fachleistungsstunden jetzt beim LWL während die Grundsicherung separat bei den Kommunen zu beantragen ist. Die einmalige Spitze im Januar 2020 rührt von der gesetzlichen Regelung die Einkünfte im Januar 2020 einmalig nicht zu berücksichtigen um den Übergang zwischen den Hilfesystemen zu erleichtern. In vielen Fällen wurde daher nur einmalig in diesem Monat eine Hilfe gezahlt.

 

(*Stand: 05/2021)

 

 

Die in den Vorjahren auf die Entwicklung der Fallzahlen wirkenden vorrangigen Leistungen (sog. „Mütterrente“ und die Erhöhung des Wohngeldes) sind ebenfalls in der Grafik abgebildet.

 

Die zukünftige Fallzahlentwicklung ist maßgeblich von der demographischen Entwicklung der Bevölkerung abhängig. In den kommenden Jahren werden die „geburtenstarken Jahrgänge“ die Altersgrenze von aktuell 65 Jahren und 10 Monaten überschreiten und voraussichtlich für weiter steigende Fallzahlen sorgen.

 

Pfeil nach links und rechts: Altersgrenze 65J. 10 M.

(*Stand 31.03.2021)

 

Zu den aktuell ca. 1.420 Fällen gehören ca. 1.640 Hilfeempfänger, die sich zu 60 % noch unter der Altersgrenze befinden und somit (dauerhaft) voll erwerbsgemindert sind.

 

 

Pfeil nach links und rechts: Altersgrenze 65J. 10 M.

(*Stand 05/2021

 

Die Struktur der Haushaltszusammensetzung zeigt deutlich, dass die Hilfeempfänger überwiegend in Ein-Personen-Haushalten leben.

 

(*Stand 05/2021)

 

 

Grundrente:

 

Zum 01. Januar 2021 ist die Grundrente in Kraft getreten. Die Grundrente ist ein individueller Zuschlag zur Rente, der ohne separate Antragstellung berechnet und ausgezahlt wird. Der Grundrentenzuschlag wird für alle Rentenarten gezahlt, also für Altersrenten, Renten an Hinterbliebene (Witwen- und Witwerrenten) sowie Erwerbsminderungsrenten. Die Grundrente wird gezahlt, wenn mindestens 33 Jahre Grundrentenzeiten vorhanden sind. Die Auszahlung beginnt mit Renten, die ab Juli 2021 erstmalig gezahlt werden. Anschließend erfolgt eine Nachberechnung der bestehenden Renten beginnend mit den ältesten Jahrgängen bis voraussichtlich Ende 2022. Bei späteren Bewilligungen wird die Grundrente ab dem 01. Januar 2021 nachgezahlt.

 

Die maximale Grundrente liegt aktuell bei 418 Euro; die Deutsche Rentenversicherung geht von einer durchschnittlichen Zahlung von ca. 75 Euro aus.

 

Bei der Gewährung der SGB XII-Leistungen wird ein Freibetrag gewährt, der verhindert, dass die bewilligte Grundrente vollständig auf die Sozialleistung angerechnet wird. Der Freibetrag beträgt maximal 223 Euro und wird für das gesamte Einkommen gewährt. Für die Berücksichtigung des Freibetrages ist Voraussetzung, dass 33 Jahre Grundrentenzeiten vorliegen. Es ist nicht notwendig, dass die leistungsbeziehende Person auch tatsächlich einen Anspruch auf Grundrentenzuschlag hat. Im Ergebnis kann dadurch ein Leistungsanspruch sogar erstmalig entstehen.

 

Bisher gibt es aber noch keine verlässlichen Aussagen darüber, wie sich die Grundrente auf die Fallzahlen im Bereich des SGB XII auswirken.


 

E-Akte:

 

Der Kreis Steinfurt als Träger der Sozialhilfe führt schrittweise die E-Akte ein. Die SGB XII‑Abteilung der Stadt Rheine wurde Anfang Mai dieses Jahres auf die elektronische Aktenführung umgestellt.

 

Corona-Pandemie:

 

Die Leistungsgewährung konnte auch in Zeiten der Corona-Pandemie reibungslos aufrechterhalten werden. Die Umstellung auf telefonische Absprachen und das postalische Einreichen von Unterlagen hat sehr gut funktioniert. Persönliche Vorsprachen wurden und werden auf das absolut notwendige Maß reduziert.

 

Die positiven Erfahrungen sollen zukünftig genutzt werden um den Publikumsverkehr noch stärker auf ein Terminverfahren auszurichten und damit das Beratungsangebot für die Bürgerinnen und Bürger weiter zu optimieren.