Beschlussvorschlag/Empfehlung:
Der Sozialausschuss nimmt den SGB XII Jahresbericht 2020 zur Kenntnis.
Begründung:
Der Sachstandsbericht hat das Ziel, die Mitglieder des Ausschusses einmal jährlich über die Entwicklungen und Tendenzen im Bereich der Leistungsgewährung nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII) zu informieren.
Sachdarstellung:
Leistungsberechtigte
und Abgrenzung zum SGB II:
Im Gegensatz
zur Leistungsgewährung nach dem SGB II (Grundsicherung für Arbeitsuchende)
stehen die Hilfeempfänger nach dem SGB XII (Grundsicherung im Alter und bei
Erwerbsminderung) dem Arbeitsmarkt (dauerhaft) nicht zur Verfügung und haben
somit in der Regel keine Möglichkeit zur Selbsthilfe.
Leistungen
nach dem SGB XII erhalten Personen, die entweder die Altersgrenze (aktuell 65 Jahre
und 10 Monate für den Geburtsjahrgang 1956) erreicht haben oder bei denen der
Rententräger eine volle Erwerbsminderung (Leistungsvermögen liegt unter 3
Stunden pro Tag) festgestellt hat
Die
Altersgrenze wird bis zum Jahr 2031 schrittweise auf 67 Jahre angehoben.
Die volle
Erwerbsminderung wird vom Rententräger entweder befristet oder dauerhaft
festgestellt. Bei einer befristeten vollen Erwerbsminderung werden Leistungen
nach dem 3. Kapitel des SGB XII gewährt. Bei einer vollen Erwerbsminderung
auf Dauer oder nach Erreichen der Altersgrenze erfolgt die Hilfegewährung nach
dem 4. Kapitel des SGB XII.
Neben der
reinen Leistungsgewährung zur Sicherstellung des Lebensunterhalts besteht bei
den Hilfeempfängern aufgrund des Alters und den oftmals vorhandenen
Einschränkungen ein erhöhter Beratungsbedarf zur möglichen Stärkung der
Selbsthilfe und zur aktiven Teilnahme am Leben in der Gemeinschaft.
Finanzierung:
Die Kosten
der Leistungsgewährung nach dem 4. Kapitel werden nach einer schrittweisen
Anhebung seit dem 01.01.2014 zu 100 % vom Bund getragen. Bei den Kosten des
3. Kapitels handelt es sich um Kreismittel.
Fallzahlentwicklung:
Die
Fallzahlen sind seit der Einführung des SGB XII zum 01.01.2005 im Rahmen der
Hartz IV‑Reform kontinuierlich gestiegen. In den letzten Jahren ist
jedoch eine leichte Abflachung des Anstiegs erkennbar. Die letzte signifikante
Erhöhung der Fallzahlen erfolgte zum 01.01.2020 durch die Umsetzung des
Bundesteilhabegesetzes (BTHG).
Der
Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) hat bis dahin bei Personen in
stationären Einrichtungen neben der Eingliederungshilfe auch die Grundsicherung
im Alter und bei Erwerbsminderung als Hilfen aus einer Hand geleistet. Nach der
Neuregelung verbleiben die Fachleistungsstunden jetzt beim LWL während die
Grundsicherung separat bei den Kommunen zu beantragen ist. Die einmalige Spitze
im Januar 2020 rührt von der gesetzlichen Regelung die Einkünfte im Januar 2020
einmalig nicht zu berücksichtigen um den Übergang zwischen den Hilfesystemen zu
erleichtern. In vielen Fällen wurde daher nur einmalig in diesem Monat eine
Hilfe gezahlt.
(*Stand: 05/2021)
Die in den
Vorjahren auf die Entwicklung der Fallzahlen wirkenden vorrangigen Leistungen
(sog. „Mütterrente“ und die Erhöhung des Wohngeldes) sind ebenfalls in der
Grafik abgebildet.
Die
zukünftige Fallzahlentwicklung ist maßgeblich von der demographischen
Entwicklung der Bevölkerung abhängig. In den kommenden Jahren werden die
„geburtenstarken Jahrgänge“ die Altersgrenze von aktuell 65 Jahren und 10
Monaten überschreiten und voraussichtlich für weiter steigende Fallzahlen
sorgen.
(*Stand 31.03.2021)
Zu den aktuell ca. 1.420 Fällen gehören ca. 1.640 Hilfeempfänger, die sich zu 60 % noch unter der Altersgrenze befinden und somit (dauerhaft) voll erwerbsgemindert sind.
(*Stand 05/2021
Die Struktur der Haushaltszusammensetzung zeigt deutlich, dass die Hilfeempfänger überwiegend in Ein-Personen-Haushalten leben.
(*Stand
05/2021)
Grundrente:
Zum 01. Januar 2021 ist die Grundrente in Kraft getreten. Die Grundrente ist ein individueller Zuschlag zur Rente, der ohne separate Antragstellung berechnet und ausgezahlt wird. Der Grundrentenzuschlag wird für alle Rentenarten gezahlt, also für Altersrenten, Renten an Hinterbliebene (Witwen- und Witwerrenten) sowie Erwerbsminderungsrenten. Die Grundrente wird gezahlt, wenn mindestens 33 Jahre Grundrentenzeiten vorhanden sind. Die Auszahlung beginnt mit Renten, die ab Juli 2021 erstmalig gezahlt werden. Anschließend erfolgt eine Nachberechnung der bestehenden Renten beginnend mit den ältesten Jahrgängen bis voraussichtlich Ende 2022. Bei späteren Bewilligungen wird die Grundrente ab dem 01. Januar 2021 nachgezahlt.
Die maximale Grundrente liegt aktuell bei 418 Euro; die Deutsche Rentenversicherung geht von einer durchschnittlichen Zahlung von ca. 75 Euro aus.
Bei der
Gewährung der SGB XII-Leistungen wird ein Freibetrag gewährt, der verhindert,
dass die bewilligte Grundrente vollständig auf die Sozialleistung angerechnet
wird. Der Freibetrag beträgt maximal 223 Euro und wird für das gesamte Einkommen
gewährt. Für die Berücksichtigung des Freibetrages ist Voraussetzung, dass 33
Jahre Grundrentenzeiten vorliegen. Es ist nicht notwendig, dass die
leistungsbeziehende Person auch tatsächlich einen Anspruch auf
Grundrentenzuschlag hat. Im Ergebnis kann dadurch ein Leistungsanspruch sogar
erstmalig entstehen.
Bisher gibt
es aber noch keine verlässlichen Aussagen darüber, wie sich die Grundrente auf
die Fallzahlen im Bereich des SGB XII auswirken.
E-Akte:
Der Kreis
Steinfurt als Träger der Sozialhilfe führt schrittweise die E-Akte ein. Die
SGB XII‑Abteilung der Stadt Rheine wurde Anfang Mai dieses Jahres
auf die elektronische Aktenführung umgestellt.
Corona-Pandemie:
Die
Leistungsgewährung konnte auch in Zeiten der Corona-Pandemie reibungslos
aufrechterhalten werden. Die Umstellung auf telefonische Absprachen und das
postalische Einreichen von Unterlagen hat sehr gut funktioniert. Persönliche
Vorsprachen wurden und werden auf das absolut notwendige Maß reduziert.
Die positiven
Erfahrungen sollen zukünftig genutzt werden um den Publikumsverkehr noch
stärker auf ein Terminverfahren auszurichten und damit das Beratungsangebot für
die Bürgerinnen und Bürger weiter zu optimieren.