Beschlussvorschlag/Empfehlung:
des
Antragsstellenden:
Der Rat der Stadt
Rheine beauftragt die Verwaltung unter Beteiligung der sogenannten Stakeholder
(gleiche Interessen- bzw. Anspruchsgruppen, beispielsweise Eltern-, Schüler-
und Lehrervertretungen) ganzheitliche und standortbezogene Konzepte und
Maßnahmenpläne (soll heißen: pro Schule oder Kindertagesstätte) zu erstellen,
inklusive einer Kostenplanung, um gezielt Fuß- und Radwege zu Schulen und
Kindertagesstätten (Kitas) verkehrssicher auszubauen. Gleichzeitig sollen
ganzheitliche und standortbezogene Konzepte und Maßnahmenpläne unter
Beteiligung dieser Interessen- bzw. Anspruchsgruppen zur Verbesserung der
Verkehrssicherheit rund um Schulen und Kitas erstellt werden. Bereits
realisierte Maßnahmen und die Erfahrungen mit diesen werden im Vorfeld
analysiert und fließen in die Planung der jeweiligen Konzepte mit ein. Die
Maßnahmen sollen mit einer langfristig angelegten Informationskampagne
flankiert werden, die Eltern, Jugendliche und Kinder unter anderem dazu
animieren, auf öffentliche Verkehrsmittel, muskelkraftbetriebene Fahrzeuge wie
Fahrräder oder Roller umzusteigen oder zu Fuß zu gehen, um den Weg zur Schule
oder Kita zu bewältigen. Die Umsetzung dieses Beschlussvorschlages/dieser
Empfehlung könnte auch zunächst an jeweils einer Pilotschule und einer
Pilot-Kindertagesstätte erprobt und danach sequenziell an allen Schulen und
Kitas in Rheine umgesetzt werden.
der Verwaltung:
1.
Der Bau-
und Mobilitätsausschuss nimmt die Ausführungen der Verwaltung zur
Schulwegsicherung und zur Kenntnis und beauftragt die Verwaltung damit bei der
regelmäßigen Durchführung von Fußverkehrs-Checks und der Umsetzung der daraus
abgeleiteten Verbesserungen der Infrastrukturmaßnahmen die Belange der Kinder
besonders zu beachten und zu berücksichtigen.
2, Der Bau- und
Mobilitätsausschuss nimmt die Ausführungen der Verwaltung zum konzeptionellen
Vorgehen der Schulwegsicherung zur Kenntnis und beauftragt die Verwaltung, die
vorgestellten Projekte und Konzepte des Schulischen Mobilitätsmanagement an
geeigneten Pilotschulen der Stadt anzuwenden.
Begründung:
des
Antragstellenden: siehe Anlage
der Verwaltung:
A.
Hintergrund und Ansätze zum Thema
„Schulwegsicherung“
Verkehrssicherheit lernt man nicht auf dem Rücksitz des
Autos
Seit einigen
Jahren ist festzustellen, dass Kinder vermehrt mit dem Auto zur Schule oder in
den Kindergarten gebracht werden. Das sogenannte Elterntaxi gehört mittlerweile
längst zum allmorgendlichen Schulverkehr und stellt Kommunen zunehmend vor das
Problem, die Verkehrssicherheit der Kinder, aber auch der übrigen Verkehrsteilnehmer
und Verkehrsteilnehmerinnen sowie der Anwohnerschaft, zu gewährleisten. Ein
wirksamer Schutz der Jüngsten wird von den Eltern oft nicht berücksichtigt: die
Eigenständigkeit. Verkehrskompetenzen lernt man nicht vom Rücksitz des
elterlichen Autos. Auch Kommunen sind hier gefordert, ihren Beitrag zu einer
sicheren und nachhaltigen Mobilität von Kindern zu leisten.
Autoverkehr schützt Kinder nicht
Kinder unterliegen
im Straßenverkehr einem besonderen Schutzbedürfnis. Aus Sicht der
Unfallstatistik stellt die Mitfahrt im Pkw ein größeres Risiko für Kinder von
sechs bis neun Jahren dar, als die Fortbewegung mit jedem anderen
Verkehrsmittel. So kommen jährlich mehr Kinder im Pkw der Eltern zu Schaden,
als durch die selbstständige Mobilität zu Fuß. Viele Eltern möchten ihre Kinder
mit dem Auto bis vor die Schule fahren, damit sie sicher ankommen. Doch das
Gegenteil ist der Fall. Der Autoverkehr vor der Schule gefährdet die Kinder
noch mehr. Durch Rückstau, Gedränge im Halteverbot und mitten auf der Straße
aussteigende Kinder entsteht schnell Chaos. Chaos, in dem Kinder leicht
übersehen werden. Eltern halten den Schulweg für zu gefährlich und fahren ihre
Kinder lieber mit dem PKW zur Schule. Damit sorgen sie wiederum unabsichtlich
für gefährliche Verkehrssituationen – ein Teufelskreis. Die Aufgabe des
Schulischen Mobilitätsmanagements ist es, Angebote zu schaffen, die diesen
„Teufelskreis“ durchbrechen.
Quelle:
Statistisches Bundesamt
Zahlen des
Statistischen Bundesamt belegen, dass 37,2 % der verunglückten Kinder im Jahr
2019 als Insasse in einem Pkw zu Schaden kamen, 34,4 % auf einem Fahrrad und
21,6 % der verunglückten Kinder waren zu Fuß unterwegs, als der Unfall
passierte.
Kleinkinder im
Alter bis 6 Jahren sind meist im Pkw ihrer Eltern unterwegs, demzufolge
verunglücken sie hier am häufigsten (64,4 % im Jahr 2019). Ab dem Schulalter
nehmen Kinder mehr und mehr selbstständig als Fußgänger oder Radfahrer am
Straßenverkehr teil. Dies zeigt sich auch in den Verunglücktenzahlen. Zwar
verunglücken Kinder im Alter von 6 bis 9 Jahren immer noch am häufigsten in
einem Auto (40,4 %), aber fast jedes dritte (28,7 %) verunglückte Kind in
diesem Alter war als Fußgänger und jedes vierte (25,0 %) als Radfahrer
unterwegs.
Hol- und Bringfahrten reduzieren
Seit geraumer Zeit
werden zunehmend Konzepte entwickelt, die auf eine Änderung des
Mobilitätsverhaltens von Kindern zu einer selbstständigen Teilnahme am
Straßenverkehr abzielen. Leider fallen diese Konzepte noch nicht überall auf
fruchtbaren Boden, da immer noch zu wenige Eltern bereit sind, Hol- und
Bringfahrten zu reduzieren. Mittlerweile ist durch zahlreiche Studien
nachgewiesen, dass die tägliche Bewältigung des Schulwegs zu Fuß eine Reihe von
positiven Effekten auf die kindliche Entwicklung hat. Dazu zählen eine höhere
Konzentrationsfähigkeit im Unterricht, eine gesteigerte körperliche Fitness,
der Abbau von Übergewicht sowie – bei gemeinsamer Bewältigung des Schulwegs mit
anderen Kindern – die Verbesserung des Sozialverhaltens.
Lösungsweg „Schulisches Mobilitätsmanagement“
Kinder sollen sich
sicher und frei in ihrem Umfeld bewegen können. Grundvoraussetzung dafür sind
verkehrssichere Wege, damit Eltern ihre Kinder ohne Sorge alleine laufen oder
fahren lassen können. Hier setzt das Schulische Mobilitätsmanagement an. In
Anknüpfung an die traditionelle Verkehrserziehung wird es auch neueren
Anforderungen wie der Mobilitätsbildung gerecht. Dabei werden immer
verschiedene Akteure wie Schulen, Eltern und Kinder mit einbezogen. Durch ein
abgestimmtes Vorgehen fühlen sich alle Beteiligten mitgenommen und können so
gemeinsam verkehrssichere Wege schaffen.
B.
Weiteres Vorgehen
Die Verwaltung schlägt vor, sichere Schulwege mit dem
ganzheitliche Schulwegkonzept: „Geh-Spaß statt Elterntaxi“ umzusetzen.
„Geh-Spaß statt
Elterntaxi“ ist ein vielfach erprobtes und effektives Instrument, um Kindern
einen sicheren und eigenständigen Schulweg zu ermöglichen. Das ganzheitliche
Schulwegkonzept besteht aus drei Bausteinen, die infrastrukturelle Maßnahmen
mit bewegungsfördernden Programmen für Schulen kombinieren:
•
Auf
STREIFZÜGEN helfen Kinder den verantwortlichen Planern der Kommunen, die
Gefahren auf dem Schulweg zu identifizieren und zu lösen.
•
Das
VERKEHRSZÄHMER Programm mit Belohnungssystem im Unterricht bestärkt die Kinder
gleichzeitig darin, ihre Wege nicht mit dem Auto zurückzulegen. Dafür erhalten
sie Zaubersterne, die im Klassenverbund gesammelt und gegen eine Belohnung
eingelöst werden. Festgelegte Spielregeln garantieren, dass kein Kind
benachteiligt wird.
•
Der dritte
Baustein des Programms zielt auf Eltern ab. Die Kommune richtet zusätzlich
ELTERNHALTESTELLEN ein, um gefährliche Hol- und Bringverkehre an den Schulen zu
entschärfen und den Kindern so Freiraum zu geben.
Das ganzheitliche
Schulkonzept „Geh Spaß statt Elterntaxi“ wurde bereits von mehr als 30 Kommunen
in NRW mit Hilfe des Zukunftsnetzes Mobilität NRW umgesetzt. Städte wie Waltrop
oder Gummersbach haben dabei ein flächendeckendes Schulisches
Mobilitätsmanagementkonzept auf den Weg gebracht. Das spart nicht nur Nerven
für Eltern und Kinder, sondern senkt auch die CO2-Bilanz der Kommunen.
Die Federführung
liegt bei dem für die Umsetzung des Schulwegekonzeptes zuständigen Fachbereich
2.
Der Fachbereich 5
wird im Rahmen von begleitenden Fußverkehrs-Checks die infrastrukturellen
Defizite aufzeigen und planerische Lösungsvorschläge/Maßnahmen erarbeiten.
So sind bereits
mit Unterstützung des Zukunftsnetzes Mobilität NRW (ZMN NRW) erfolgreich die
Durchführungen der Fußverkehrs-Checks (siehe Vorlage 437/21) umgesetzt worden.
Im Rahmen des FVC wurden beispielsweise im Untersuchungsraum Mesum oder
Schotthock Hinweise gegeben, die zu einer Verbesserung der Sicherheit von
Schülerinnen und Schülern führen. Diese Hinweise wurden aufgegriffen, flossen
inklusive Kostenplanung in das Infrastrukturverbesserungsprogramm ein und
werden durch den hierfür zuständigen Fachbereich 5.30 kurzfristig umgesetzt.
Die Fußverkehrs-Checks erwiesen sich als hilfreiches Instrument und sollen
künftig systematisch in den verschiedenen Stadtquartieren vorgenommen werden.
Bei der Festlegung der zu betrachtenden Wege innerhalb der Stadtteile sind die
Schulwege/Kindergartenwege dabei besonders zu berücksichtigen. Gestartet werden
soll in dem Stadtteil, in dem sich voraussichtlich eine Pilotschule zur
Umsetzung der Schulwegsicherung befindet. Nach Rücksprache mit dem Schulamt
wird diese Schule im Bereich Dutum/Dorenkamp gesehen.
Eine Auswertung
und ein Bericht über die Erfolge des Programmes ist vorgesehen. Ein Prüfung
inwieweit auch Kindertagesstätten miteinbezogen werden können soll erfolgen.
Über das
Mobilitätsmanagement, welches ebenfalls dem Fachbereich 5.30 zugeordnet ist,
können zusätzlich Unterstützungsleistungen bei der Etablierung des schulischen
Mobilitätsmanagement in der Stadt Rheine angeboten werden. So können hier
beispielsweise Informations- und Materialquellen erschlossen,
Fördermittelrecherche betrieben und Kontakte vermittelt werden.
Auswirkungen auf den kommunalen Klimaschutz
Maßnahmen zur
Verbesserung des Fuß- und Radverkehrs im Zusammenhang mit der Einführung und
Umsetzung von schulischem Mobilitätsmanagement, fördern die emissionsarme
Mobilität und tragen daher grundsätzlich zur Verminderung von
Treibhausgasemissionen, zur Stärkung des Klimaschutzes und zur Förderung einer
nachhaltigen und klimafreundlichen Mobilitätswende der Stadt Rheine bei.
Anlagen:
Anlage 1: Antrag Bündnis 90/Die Grünen vom 07.12.2020