Betreff
Antrag Bündnis 90/Die Grünen; Verkehrssicherheit auf den Wegen zu Schulen, Kindertagesstätten
Vorlage
481/21
Art
Beschlussvorlage

Beschlussvorschlag/Empfehlung:

 

 

des Antragsstellenden:

 

 

Der Rat der Stadt Rheine beauftragt die Verwaltung unter Beteiligung der sogenannten Stakeholder (gleiche Interessen- bzw. Anspruchsgruppen, beispielsweise Eltern-, Schüler- und Lehrervertretungen) ganzheitliche und standortbezogene Konzepte und Maßnahmenpläne (soll heißen: pro Schule oder Kindertagesstätte) zu erstellen, inklusive einer Kostenplanung, um gezielt Fuß- und Radwege zu Schulen und Kindertagesstätten (Kitas) verkehrssicher auszubauen. Gleichzeitig sollen ganzheitliche und standortbezogene Konzepte und Maßnahmenpläne unter Beteiligung dieser Interessen- bzw. Anspruchsgruppen zur Verbesserung der Verkehrssicherheit rund um Schulen und Kitas erstellt werden. Bereits realisierte Maßnahmen und die Erfahrungen mit diesen werden im Vorfeld analysiert und fließen in die Planung der jeweiligen Konzepte mit ein. Die Maßnahmen sollen mit einer langfristig angelegten Informationskampagne flankiert werden, die Eltern, Jugendliche und Kinder unter anderem dazu animieren, auf öffentliche Verkehrsmittel, muskelkraftbetriebene Fahrzeuge wie Fahrräder oder Roller umzusteigen oder zu Fuß zu gehen, um den Weg zur Schule oder Kita zu bewältigen. Die Umsetzung dieses Beschlussvorschlages/dieser Empfehlung könnte auch zunächst an jeweils einer Pilotschule und einer Pilot-Kindertagesstätte erprobt und danach sequenziell an allen Schulen und Kitas in Rheine umgesetzt werden.

 

 

der Verwaltung:

 

1.      Der Bau- und Mobilitätsausschuss nimmt die Ausführungen der Verwaltung zur Schulwegsicherung und zur Kenntnis und beauftragt die Verwaltung damit bei der regelmäßigen Durchführung von Fußverkehrs-Checks und der Umsetzung der daraus abgeleiteten Verbesserungen der Infrastrukturmaßnahmen die Belange der Kinder besonders zu beachten und zu berücksichtigen.

 

2,   Der Bau- und Mobilitätsausschuss nimmt die Ausführungen der Verwaltung zum konzeptionellen Vorgehen der Schulwegsicherung zur Kenntnis und beauftragt die Verwaltung, die vorgestellten Projekte und Konzepte des Schulischen Mobilitätsmanagement an geeigneten Pilotschulen der Stadt anzuwenden.

 


Begründung:

 

des Antragstellenden: siehe Anlage

 

der Verwaltung:

 

A.   Hintergrund und Ansätze zum Thema „Schulwegsicherung“

 

Verkehrssicherheit lernt man nicht auf dem Rücksitz des Autos

 

Seit einigen Jahren ist festzustellen, dass Kinder vermehrt mit dem Auto zur Schule oder in den Kindergarten gebracht werden. Das sogenannte Elterntaxi gehört mittlerweile längst zum allmorgendlichen Schulverkehr und stellt Kommunen zunehmend vor das Problem, die Verkehrssicherheit der Kinder, aber auch der übrigen Verkehrsteilnehmer und Verkehrsteilnehmerinnen sowie der Anwohnerschaft, zu gewährleisten. Ein wirksamer Schutz der Jüngsten wird von den Eltern oft nicht berücksichtigt: die Eigenständigkeit. Verkehrskompetenzen lernt man nicht vom Rücksitz des elterlichen Autos. Auch Kommunen sind hier gefordert, ihren Beitrag zu einer sicheren und nachhaltigen Mobilität von Kindern zu leisten.

 

 

Autoverkehr schützt Kinder nicht

 

Kinder unterliegen im Straßenverkehr einem besonderen Schutzbedürfnis. Aus Sicht der Unfallstatistik stellt die Mitfahrt im Pkw ein größeres Risiko für Kinder von sechs bis neun Jahren dar, als die Fortbewegung mit jedem anderen Verkehrsmittel. So kommen jährlich mehr Kinder im Pkw der Eltern zu Schaden, als durch die selbstständige Mobilität zu Fuß. Viele Eltern möchten ihre Kinder mit dem Auto bis vor die Schule fahren, damit sie sicher ankommen. Doch das Gegenteil ist der Fall. Der Autoverkehr vor der Schule gefährdet die Kinder noch mehr. Durch Rückstau, Gedränge im Halteverbot und mitten auf der Straße aussteigende Kinder entsteht schnell Chaos. Chaos, in dem Kinder leicht übersehen werden. Eltern halten den Schulweg für zu gefährlich und fahren ihre Kinder lieber mit dem PKW zur Schule. Damit sorgen sie wiederum unabsichtlich für gefährliche Verkehrssituationen – ein Teufelskreis. Die Aufgabe des Schulischen Mobilitätsmanagements ist es, Angebote zu schaffen, die diesen „Teufelskreis“ durchbrechen.

 

 

 

Quelle: Statistisches Bundesamt

 

 

Zahlen des Statistischen Bundesamt belegen, dass 37,2 % der verunglückten Kinder im Jahr 2019 als Insasse in einem Pkw zu Schaden kamen, 34,4 % auf einem Fahrrad und 21,6 % der verunglückten Kinder waren zu Fuß unterwegs, als der Unfall passierte.

Kleinkinder im Alter bis 6 Jahren sind meist im Pkw ihrer Eltern unterwegs, demzufolge verunglücken sie hier am häufigsten (64,4 % im Jahr 2019). Ab dem Schulalter nehmen Kinder mehr und mehr selbstständig als Fußgänger oder Radfahrer am Straßenverkehr teil. Dies zeigt sich auch in den Verunglücktenzahlen. Zwar verunglücken Kinder im Alter von 6 bis 9 Jahren immer noch am häufigsten in einem Auto (40,4 %), aber fast jedes dritte (28,7 %) verunglückte Kind in diesem Alter war als Fußgänger und jedes vierte (25,0 %) als Radfahrer unterwegs.

 

Hol- und Bringfahrten reduzieren

 

Seit geraumer Zeit werden zunehmend Konzepte entwickelt, die auf eine Änderung des Mobilitätsverhaltens von Kindern zu einer selbstständigen Teilnahme am Straßenverkehr abzielen. Leider fallen diese Konzepte noch nicht überall auf fruchtbaren Boden, da immer noch zu wenige Eltern bereit sind, Hol- und Bringfahrten zu reduzieren. Mittlerweile ist durch zahlreiche Studien nachgewiesen, dass die tägliche Bewältigung des Schulwegs zu Fuß eine Reihe von positiven Effekten auf die kindliche Entwicklung hat. Dazu zählen eine höhere Konzentrationsfähigkeit im Unterricht, eine gesteigerte körperliche Fitness, der Abbau von Übergewicht sowie – bei gemeinsamer Bewältigung des Schulwegs mit anderen Kindern – die Verbesserung des Sozialverhaltens.

 

 

Lösungsweg „Schulisches Mobilitätsmanagement“

 

Kinder sollen sich sicher und frei in ihrem Umfeld bewegen können. Grundvoraussetzung dafür sind verkehrssichere Wege, damit Eltern ihre Kinder ohne Sorge alleine laufen oder fahren lassen können. Hier setzt das Schulische Mobilitätsmanagement an. In Anknüpfung an die traditionelle Verkehrserziehung wird es auch neueren Anforderungen wie der Mobilitätsbildung gerecht. Dabei werden immer verschiedene Akteure wie Schulen, Eltern und Kinder mit einbezogen. Durch ein abgestimmtes Vorgehen fühlen sich alle Beteiligten mitgenommen und können so gemeinsam verkehrssichere Wege schaffen.

 

 

B.   Weiteres Vorgehen

 

Die Verwaltung schlägt vor, sichere Schulwege mit dem ganzheitliche Schulwegkonzept: „Geh-Spaß statt Elterntaxi“ umzusetzen.

 

„Geh-Spaß statt Elterntaxi“ ist ein vielfach erprobtes und effektives Instrument, um Kindern einen sicheren und eigenständigen Schulweg zu ermöglichen. Das ganzheitliche Schulwegkonzept besteht aus drei Bausteinen, die infrastrukturelle Maßnahmen mit bewegungsfördernden Programmen für Schulen kombinieren:

 

          Auf STREIFZÜGEN helfen Kinder den verantwortlichen Planern der Kommunen, die Gefahren auf dem Schulweg zu identifizieren und zu lösen.

          Das VERKEHRSZÄHMER Programm mit Belohnungssystem im Unterricht bestärkt die Kinder gleichzeitig darin, ihre Wege nicht mit dem Auto zurückzulegen. Dafür erhalten sie Zaubersterne, die im Klassenverbund gesammelt und gegen eine Belohnung eingelöst werden. Festgelegte Spielregeln garantieren, dass kein Kind benachteiligt wird.

          Der dritte Baustein des Programms zielt auf Eltern ab. Die Kommune richtet zusätzlich ELTERNHALTESTELLEN ein, um gefährliche Hol- und Bringverkehre an den Schulen zu entschärfen und den Kindern so Freiraum zu geben.

 

Das ganzheitliche Schulkonzept „Geh Spaß statt Elterntaxi“ wurde bereits von mehr als 30 Kommunen in NRW mit Hilfe des Zukunftsnetzes Mobilität NRW umgesetzt. Städte wie Waltrop oder Gummersbach haben dabei ein flächendeckendes Schulisches Mobilitätsmanagementkonzept auf den Weg gebracht. Das spart nicht nur Nerven für Eltern und Kinder, sondern senkt auch die CO2-Bilanz der Kommunen.

 

Die Federführung liegt bei dem für die Umsetzung des Schulwegekonzeptes zuständigen Fachbereich 2.

 

Der Fachbereich 5 wird im Rahmen von begleitenden Fußverkehrs-Checks die infrastrukturellen Defizite aufzeigen und planerische Lösungsvorschläge/Maßnahmen erarbeiten.

So sind bereits mit Unterstützung des Zukunftsnetzes Mobilität NRW (ZMN NRW) erfolgreich die Durchführungen der Fußverkehrs-Checks (siehe Vorlage 437/21) umgesetzt worden. Im Rahmen des FVC wurden beispielsweise im Untersuchungsraum Mesum oder Schotthock Hinweise gegeben, die zu einer Verbesserung der Sicherheit von Schülerinnen und Schülern führen. Diese Hinweise wurden aufgegriffen, flossen inklusive Kostenplanung in das Infrastrukturverbesserungsprogramm ein und werden durch den hierfür zuständigen Fachbereich 5.30 kurzfristig umgesetzt. Die Fußverkehrs-Checks erwiesen sich als hilfreiches Instrument und sollen künftig systematisch in den verschiedenen Stadtquartieren vorgenommen werden. Bei der Festlegung der zu betrachtenden Wege innerhalb der Stadtteile sind die Schulwege/Kindergartenwege dabei besonders zu berücksichtigen. Gestartet werden soll in dem Stadtteil, in dem sich voraussichtlich eine Pilotschule zur Umsetzung der Schulwegsicherung befindet. Nach Rücksprache mit dem Schulamt wird diese Schule im Bereich Dutum/Dorenkamp gesehen.

Eine Auswertung und ein Bericht über die Erfolge des Programmes ist vorgesehen. Ein Prüfung inwieweit auch Kindertagesstätten miteinbezogen werden können soll erfolgen.

 

Über das Mobilitätsmanagement, welches ebenfalls dem Fachbereich 5.30 zugeordnet ist, können zusätzlich Unterstützungsleistungen bei der Etablierung des schulischen Mobilitätsmanagement in der Stadt Rheine angeboten werden. So können hier beispielsweise Informations- und Materialquellen erschlossen, Fördermittelrecherche betrieben und Kontakte vermittelt werden.

 

 

Auswirkungen auf den kommunalen Klimaschutz

 

Maßnahmen zur Verbesserung des Fuß- und Radverkehrs im Zusammenhang mit der Einführung und Umsetzung von schulischem Mobilitätsmanagement, fördern die emissionsarme Mobilität und tragen daher grundsätzlich zur Verminderung von Treibhausgasemissionen, zur Stärkung des Klimaschutzes und zur Förderung einer nachhaltigen und klimafreundlichen Mobilitätswende der Stadt Rheine bei.

 


Anlagen:

 

Anlage 1: Antrag Bündnis 90/Die Grünen vom 07.12.2020