Betreff
Instandhaltungsrückstellung
Vorlage
259/07
Aktenzeichen
I - FB 5 - gr
Art
Nachtragsvorlage

Beschlussvorschlag/Empfehlung:

 

Der Haupt- und Finanzausschuss nimmt die Ausführungen zur Bildung von Rückstellungen für unterlassene Instandhaltung in der Eröffnungsbilanz und die damit verbundene Maßnahmenliste zur Kenntnis.

 


Begründung:

 

 

1                  gesetzliche Grundlagen für die Bildung von Rückstellungen für unterlassene Instandhaltung

 

Im Gegensatz zum Handelsrecht, das ein Passivierungswahlrecht für Aufwandsrückstellungen aufweist, sind im NKF Aufwandsrückstellungen grundsätzlich unzulässig. Einzige Ausnahme bilden die Rückstellungen für unterlassene Instandhaltung gemäß § 36 Abs. 3 GemHVO, denen aufgrund des umfangreichen Immobilienvermögens der Gemeinden eine besondere Bedeutung zukommt. Ziel der haushaltsrechtlichen Passivierungspflicht für unterlassene Instandsetzungen ist es, den Verfall des kommunalen Vermögens zu verhindern und die stetige Aufgabenerfüllung der Gemeinden zu sichern. Im doppischen Rechnungswesen führt ein Instandhaltungsstau nicht mehr zu einer Entlastung des aktuellen Haushaltes, da die unterlassene Instandhaltung entweder über eine Rückstellung zu berücksichtigen ist oder eine außerplanmäßige Abschreibung des Vermögensgegenstandes notwendig macht. In beiden Fällen wird die mit dem Verzicht auf die Instandhaltung beabsichtigte Einsparung durch die ergebnisbelastende Rückstellung bzw. Abschreibung aufgehoben.

Unter Instandhaltung versteht man wiederkehrende Instandsetzungsmaßnahmen, Wartung und Inspektion von Vemögensgegenständen des Sachanlagevermögens. Im Einzelnen beinhaltet die Instandsetzung alle Maßnahmen der Verschleißbeseitigung, der vorbeugenden Verschleißhemmung sowie der Feststellung des eingetretenen technischen Verschleißes.

Die Rückstellungen dürfen ausschließlich für lnstandhaltungen des Sachanlagevermögens, also insbesondere der Gebäude, des Infrastrukturvermögens, der Maschinen und technischen Anlagen, gebildet werden. Immaterielle Vermögensgegenstände sind, anders als im Handelsrecht, hiervon ausgenommen. Führt die Instandhaltung zu einer Aktivierungspflicht auf Grund einer wesentlichen Verbesserung des Vermögensgegenstandes gemäß § 33 Abs. 3 ist die Bildung einer Rückstellung ausgeschlossen.

Die Bildung einer Rückstellung kommt nur dann in Betracht, wenn die Instandhaltung als bisher unterlassen zu bewerten ist. Hierzu ist es erforderlich, die Instandhaltungen systematisch zu planen und durchzuführen. Wird eine im Rahmen des lnstandhaltungsplans vorgesehene Maßnahme auf Grund eines finanziellen Engpasses, Terminproblemen o. ä. auf das nächste Haushaltsjahr verschoben, so ist hierfür zwingend eine Rückstellung zu bilden, um den Aufwand periodengerecht dem laufenden Haushaltsjahr zuzuordnen. Eine Passivierungspflicht besteht auch dann, wenn der Verschleiß erst im laufenden Haushaltsjahr aufgetreten ist und der Vermögensgegenstand reparaturbedürftig ist. Ist der Vermögensgegenstand jedoch noch weiter nutzbar und erst nach weiterem Gebrauch reparaturbedürftig, ist die Instandhaltung nicht als unterlassen anzusehen und folglich auch keine Rückstellung zu bilden.

Als weitere Voraussetzung für die Bildung einer Instandhaltungsrückstellung muss die Nachholung der Instandhaltung hinreichend konkret beabsichtigt sein. Anders als im Handelsrecht, wo eine Dreimonatsfrist für die Nachholung gilt, gibt die Gemeindehaushaltsverordnung keine bestimmte Frist vor. Die Nachholung kann jedoch nur dann als hinreichend konkret beabsichtigt angesehen werden, wenn sie in der mittelfristigen Ergebnis- und Finanzplanung berücksichtigt wird. Damit beschränkt sich der Zeitraum für die Nachholung der Instandhaltung auf maximal vier Jahre, ausgehend von dem Jahr, in dem die Instandhaltung unterlassen wurde. Im Regelfall wird der Planungszeitraum jedoch deutlich kürzer ausfallen, da die Rückstellung nur gebildet werden darf, wenn die Nachholung der Instandhaltung auch wahrscheinlich ist. Mit zunehmendem Instandhaltungsstau wird die Nachholung der Maßnahme jedoch aufgrund der begrenzten Kapazitäten und wirtschaftlichen Möglichkeiten der Gemeinde ungewiss.

Ist eine Instandhaltung nicht beabsichtigt, unwahrscheinlich, oder nicht hinreichend konkret bestimmt, darf keine Rückstellung gebildet werden. In diesem Fall ist jedoch zu prüfen, ob für die entsprechende Wertminderung des Vermögensgegenstandes eine außerplanmäßige Abschreibung gemäß § 35 Abs. 5 vorzunehmen ist.

Die vorgesehenen lnstandhaltungsmaßnahmen müssen am Abschlussstichtag einzeln bestimmt und wertmäßig beziffert sein. Dabei ist anzugeben, auf welchen Vermögensgegenstand sich die Maßnahme bezieht, warum sie als unterlassen zu bewerten ist und wann sie nachgeholt werden soll. Die Bewertung der Rückstellung richtet sich nach den wahrscheinlichen Kosten für die Instandhaltungsmaßnahme. Diese sind aufgrund von Erfahrungswerten vorsichtig zu schätzen oder aufgrund eines Angebots für die Durchführung der Maßnahmen festzulegen. Gemäß § 44 Abs. 3 Nr. 3 sind die Angaben zu den Instandhaltungsrückstellungen in den Anhang aufzunehmen.

2                  Auswirkungen auf die Ergebnisrechung in den Folgejahren bei Durchführung der Instandhaltung

 

a)               Durchführung der Instandhaltung

 

Mit der Durchführung der Instandhaltung wird die für die Maßnahme gebildete Rückstellung für unterlassene Instandhaltung aufgelöst.

 

Da es sich bei einer Rückstellung um eine Kostenschätzung handelt sind drei verschiedene Auswirkungen auf das Ergebnis des Haushaltsjahres der Durchführung möglich

 

  • die tatsächlichen Kosten entsprechen der gebildeten Rückstellung

(keine Auswirkung auf die Ergebnisrechnung im Jahr der Durchführung der Instandhaltung)

 

  • die tatsächlichen Kosten sind höher als die gebildete Rückstellung

(die Ergebnisrechnung im Jahr der Durchführung der Instandhaltung wird durch bisher nicht geplante Aufwendungen zusätzlich belastet)

 

  • die tatsächlichen Kosten sind geringer als die gebildete Rückstellung

(keine Auswirkung auf die Ergebnisrechnung im Jahr der Durchführung der Instandhaltung, da eine ertragswirksame Auflösung der restlichen Rückstellung in diesen Fällen unterbleibt.)

 

b)               Entfall des Grundes für die Rückstellung

 

Im § 36 Abs. 6 GemHVO wird geregelt, dass Rückstellungen aufzulösen sind, wenn der Grund dafür entfallen ist. Handelt es sich hierbei um eine Rückstellung, die bereits in der Eröffnungsbilanz enthalten war, wird empfohlen, die Rückstellung ergebnisneutral gegen die allgemeine Rücklage zu buchen. Eine ertragswirksame Auflösung sollte in diesen Fällen unterbleiben. Die bilanzielle Situation der Gemeinde wird durch die ergebnisneutrale Buchung so gestellt, als wäre die Rückstellung in der Eröffnungsbilanz nicht bilanziert worden. Andernfalls würde der Jahresabschluss kein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Ertragslage der Gemeinde vermitteln, da er Erträge enthielte, die lediglich fiktiv ohne Grundlage erzielt wurden.

Ist eine Durchführung der Instandhaltung nicht mehr vorgesehen, so ist in diesem Fall jedoch zu prüfen, ob für die entsprechende Wertminderung des Vermögensgegenstandes eine außerplanmäßige Abschreibung gemäß § 35 Abs. 5 vorzunehmen ist.

In diesem Fall wird die im Rahmen der Eröffnungsbilanz gebildete Rückstellung in Höhe der außerplanmäßigen Abschreibung ergebniswirksam aufgelöst, die bilanzielle Situation der Gemeinde wird durch diese Buchung so gestellt, als wäre die Rückstellung in der Eröffnungsbilanz nicht bilanziert worden und die Wertmindung bereits berücksichtigt gewesen.

 

3                  Verfahren für die Bildung der Rückstellungen für unterlassene Instandhaltung

 

3.1    Ermittlung der unterlassenen Instandhaltung

 

Für die Bildung der Rückstellungen für unterlassene Instandhaltung zur Eröffnungsbilanz wurde zunächst der Umfang der unterlassenen Instandhaltungsmaßnahmen ermittelt. Die objektive Abgrenzung zwischen einer „gewöhnlichen“ Instandhaltungsmaßnahme und einer „unterlassenen“ Instandhaltungsmaßnahme ist teilweise fließend. So ist unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten die Ausnutzung der technischen Nutzungszeit des Anlagengutes (Anlagenteils) gewünscht. Dieses erschwert, die Differenzierung zwischen einem Anlagegut, welches sich am Ende seiner technischen Nutzungszeit befindet (gewöhnliche Instandhaltung) und einem Anlagegut, welches diese bereits überschritten hat (unterlassene Instandhaltung).

 

Ein weiteres Problem stellt die Tiefe der Betrachtung dar. So kann sicherlich ein Wasserhahn, der seit Jahren defekt ist als Instandhaltungsrückstau betrachtet werden. Von wesentlicherer Bedeutung sind jedoch die „kostenintensiven“ Instandhaltungsmaßnahmen, die eine Aufrechterhaltung des Gebäudebetriebes gefährden bzw. wesentliche Funktionsstörungen bewirken. (z. sanierungsbedürftige Flachdächer, Heizungsanlagen, Fenster- und Fassadenelemente, Toilettenanlagen).

 

Damit die Höhe der gebildeten Rückstellung nachprüfbar ist, werden einzelne konkrete unterlassene Instandhaltungsmaßnahmen definiert (Umfang und Wert). Die einzelnen Maßnahmen sollen innerhalb der nächsten 4 Jahre (2007 bis 2010) durchgeführt werden, welches zur Auflösung der damit verbundenen Rückstellung führt. Aufgrund der umfangreichen Aufgabenstellung beschränkte sich die Analyse der unterlassenen Instandhaltung im Wesentlichen auf

 

  • Fenster- und Fassadenelemente (1.400.000 €)

(Lehrerseminar, Neues Rathaus)

 

  • Heizungsanlagen (955.000 Euro)

(Emsland-Gymnasium, Annetteschule II, Elisabethschule, Gesamtschule, Südeschschule, Rathaus, Kardinal-von-Galen, Edith-Stein, Franziskusschule)

 

  • Flachdachsanierungen (610.000 Euro)

(Overbergschule, Emsland-Gymnaisum, Elisabethschule, Kaufmännische Schulen, Kopernikus-Gymnasium, Neues Rathaus, Waschhalle Feuerwehr)

 

  • Gebäudegrundsanierungen (849.000 Euro)

(Bodelschwinghschule im Jahr 2007, Alte Josefschule, Aula JoWi)

 

  • Sanierung WC-Anlagen (180.000 Euro)

(Südeschschule, Elsa-Brändström-Schule, Altes Rathaus)

 

  • Sanierung Naturwissenschaftlicher Räume (132.000 Euro)

(Fürstenbergschule)

 

  • Verschiedene Maßnahmen (324.500 Euro)

 

Die Rückstellungen für unterlassene Instandhaltungsmaßnahmen betragen insgesamt 4.450.500 Euro. Der Durchführungszeitpunkt der einzelnen unterlassenen Instandhaltungsmaßnahmen ergibt sich aus der als Anlage beigefügten Aufstellung. Die Rückstellungen verteilen sich auf die Maßnahmejahre 2007 bis 2010 wie folgt:

 

Jahr 2007                 766.500 Euro

Jahr 2008              1.275.000 Euro

Jahr 2009              1.238.000 Euro

Jahr 2010              1.171.000 Euro

 

 

4                  „Besondere“ unterlassene Instandhaltungsmaßnahmen    

 

Bei der Aufstellung „unterlassene Instandhaltungsmaßnahmen“ sind 3 Maßnahmen besonders zu betrachten, da mit diesen erhebliche Rückstellungen verbunden sind.

 

4.1           Sanierung der Fassadenelemente des Neuen Rathauses

 

Die mehr als 30 Jahre alten Alu-Fensterelemente des Neuen Rathauses weisen seit mehreren Jahren erhebliche bauliche und technische Mängel auf. Diese Mängel umfassen

 

·                Sicherung der Fensterflügel vor dem Herausstürzen nach Innen mit Ketten

·                fehlende Fensterdichtungen (Zugluft am Arbeitsplatz einschließlich starker Pfeiffgeräusche bei starkem Wind)

·                verzogene Rahmen im Treppenhaus (Kombirahmen aus Holz und Alu) mit der Folge starken Wassereintritts

·                defekter Rahmenverbund an der Iso-Glasscheibe (Erblindung der Fenster, Kondenswasserbildung im Scheibenzwischenraum)

·                diverse Undichtigkeiten in den Brüstungsbereichen

·                keine Ersatzteilbeschaffungen mehr möglich (Fenster lassen sich in Teilbereichen nicht mehr öffnen)

·                fehlende thermische Trennung (hohe Wärmeverluste im Winter, Hitzeentwicklung in den Sommermonaten)

 

Eine gesonderte Beschluss-Vorlage zur beabsichtigten Sanierungsmaßnahme der Fensterelemente wird seitens der Verwaltung Ende 2007 für den Bauausschuss erstellt.

 

4.2           Sanierung „Alte Josef-Schule“ in Mesum

 

Die Alte Josef-Schule in Mesum besteht aus drei Wohnungen sowie einem Gebäudeteil mit 2 Klassenräumen und Nebenräumen (frühere Schulnutzung).

 

Die Wohnungen waren bis Ende 2004 vermietet und wurden aufgrund offensichtlicher Mängel in der Balkenlage (Durchbiegung) und den damit verbundenen statischen Risiken freigezogen. Eine Untersuchung im Jahr 2005 des Statikbüros Hagemann und Heider ergab, dass die Balkenlage sowie die Decken zu sanieren sind.

 

Eine Untersuchung des Architekturbüros Terhechte und Höfker ergab, dass eine Totalsanierung des gesamten Gebäudes erforderlich wird. Die Kostenschätzung für diese Totalsanierung beläuft sich auf 246.000 Euro. Die Maßnahme wurde bisher nicht umgesetzt, da die weitere städtische Nutzung des Gebäudes untersucht werden soll.

 

4.3           Sanierung der Aula im Josef-Winckler-Zentrum

 

Die Aula des Josef-Winckler-Zentrum weist bereits seit mehreren Jahren erhebliche Baumängel auf, die dazu führten, dass diese nicht mehr als Versammlungsstätte genutzt wird. Die Mängel sind unter anderem begründet in einer unzureichenden Fluchtwegsituation, einer defekten Notlichtbeleuchtung, einer defekten Lüftungsanlage sowie einer sanierungsbedürftigen Fensteranlage. Die Bühne ist seit mehreren Jahren wegen Sicherheitsmängel  (Bühnenaufbauten, Beleuchtungsanlage) gesperrt.

 

Ein beauftragtes Brandschutzgutachten soll die erforderlichen Maßnahmen für eine künftige Nutzung der Aula aufzeigen. Das Brandschutzgutachten wird im Juni 2007 vorliegen. Die vorläufig ermittelten Sanierungskosten auf Grundlage einer Kostenschätzung  aus dem Jahr 2002 belaufen sich auf 475.000 Euro.

 

 

Die Nachtragsvorlage wird erforderlich, da einzelne Instandsetzungsmaßnahmen an Schulen noch in den Sommerferien durchgeführt werden sollen.

 


Anlagen:

 

Anlage 1: Aufstellung unterlassene Instandhaltungsmaßnahmen