Beschlussvorschlag/Empfehlung:
Â
Der Haupt- und Finanzausschuss nimmt die Ausführungen zur Bildung von
Rückstellungen für unterlassene Instandhaltung in der Eröffnungsbilanz und die
damit verbundene Maßnahmenliste zur Kenntnis.
Begründung:
Â
1
gesetzliche Grundlagen für die Bildung von
Rückstellungen für unterlassene Instandhaltung
Im Gegensatz zum Handelsrecht, das ein Passivierungswahlrecht für
Aufwandsrückstellungen aufweist, sind im NKF Aufwandsrückstellungen
grundsätzlich unzulässig. Einzige Ausnahme bilden die Rückstellungen für unterlassene Instandhaltung gemäß § 36 Abs. 3
GemHVO, denen aufgrund des umfangreichen Immobilienvermögens der Gemeinden eine
besondere Bedeutung zukommt. Ziel der haushaltsrechtlichen Passivierungspflicht für unterlassene Instandsetzungen ist es, den
Verfall des kommunalen Vermögens zu verhindern und die stetige
Aufgabenerfüllung der Gemeinden zu sichern. Im doppischen Rechnungswesen führt
ein Instandhaltungsstau nicht mehr zu einer Entlastung des aktuellen Haushaltes,
da die unterlassene Instandhaltung entweder über eine Rückstellung zu
berücksichtigen ist oder eine außerplanmäßige Abschreibung des
Vermögensgegenstandes notwendig macht. In beiden Fällen wird die mit dem
Verzicht auf die Instandhaltung beabsichtigte Einsparung durch die
ergebnisbelastende Rückstellung bzw. Abschreibung aufgehoben.
Unter Instandhaltung
versteht man wiederkehrende Instandsetzungsmaßnahmen, Wartung und Inspektion
von Vemögensgegenständen des Sachanlagevermögens. Im Einzelnen beinhaltet die
Instandsetzung alle Maßnahmen der Verschleißbeseitigung, der vorbeugenden
Verschleißhemmung sowie der Feststellung des eingetretenen technischen
Verschleißes.
Die Rückstellungen dürfen ausschließlich für lnstandhaltungen des Sachanlagevermögens, also insbesondere
der Gebäude, des Infrastrukturvermögens, der Maschinen und technischen Anlagen,
gebildet werden. Immaterielle Vermögensgegenstände sind, anders als im
Handelsrecht, hiervon ausgenommen. Führt die Instandhaltung zu einer
Aktivierungspflicht auf Grund einer wesentlichen Verbesserung des Vermögensgegenstandes
gemäß § 33 Abs. 3 ist die Bildung einer Rückstellung ausgeschlossen.
Die Bildung einer Rückstellung kommt nur dann in Betracht, wenn die
Instandhaltung als bisher unterlassen
zu bewerten ist. Hierzu ist es erforderlich, die Instandhaltungen systematisch
zu planen und durchzuführen. Wird eine im Rahmen des lnstandhaltungsplans vorgesehene Maßnahme auf Grund eines
finanziellen Engpasses, Terminproblemen o. ä. auf das nächste Haushaltsjahr
verschoben, so ist hierfür zwingend eine Rückstellung zu bilden, um den Aufwand
periodengerecht dem laufenden Haushaltsjahr zuzuordnen. Eine
Passivierungspflicht besteht auch dann, wenn der Verschleiß erst im laufenden
Haushaltsjahr aufgetreten ist und der Vermögensgegenstand reparaturbedürftig ist. Ist der Vermögensgegenstand jedoch noch
weiter nutzbar und erst nach weiterem Gebrauch reparaturbedürftig, ist die
Instandhaltung nicht als unterlassen anzusehen und folglich auch keine
Rückstellung zu bilden.
Als weitere Voraussetzung für die Bildung einer
Instandhaltungsrückstellung muss die Nachholung der Instandhaltung hinreichend
konkret beabsichtigt sein. Anders als im Handelsrecht, wo eine Dreimonatsfrist
für die Nachholung gilt, gibt die Gemeindehaushaltsverordnung keine bestimmte
Frist vor. Die Nachholung kann jedoch nur dann als hinreichend konkret beabsichtigt angesehen werden, wenn sie in der
mittelfristigen Ergebnis- und Finanzplanung berücksichtigt wird. Damit beschränkt
sich der Zeitraum für die Nachholung der Instandhaltung auf maximal vier Jahre,
ausgehend von dem Jahr, in dem die Instandhaltung unterlassen wurde. Im
Regelfall wird der Planungszeitraum jedoch deutlich kürzer ausfallen, da die
Rückstellung nur gebildet werden darf, wenn die Nachholung der Instandhaltung
auch wahrscheinlich ist. Mit zunehmendem Instandhaltungsstau wird die
Nachholung der Maßnahme jedoch aufgrund der begrenzten Kapazitäten und
wirtschaftlichen Möglichkeiten der Gemeinde ungewiss.
Ist eine Instandhaltung nicht beabsichtigt, unwahrscheinlich, oder
nicht hinreichend konkret bestimmt, darf keine Rückstellung gebildet werden. In
diesem Fall ist jedoch zu prüfen, ob für die entsprechende Wertminderung des
Vermögensgegenstandes eine außerplanmäßige Abschreibung gemäß § 35
Abs. 5 vorzunehmen ist.
Die vorgesehenen lnstandhaltungsmaßnahmen müssen am Abschlussstichtag einzeln bestimmt und wertmäßig beziffert sein.
Dabei ist anzugeben, auf welchen Vermögensgegenstand sich die Maßnahme bezieht,
warum sie als unterlassen zu bewerten ist und wann sie nachgeholt werden soll.
Die Bewertung der Rückstellung richtet sich nach den wahrscheinlichen Kosten
für die Instandhaltungsmaßnahme. Diese sind aufgrund von Erfahrungswerten
vorsichtig zu schätzen oder aufgrund eines Angebots für die Durchführung der
Maßnahmen festzulegen. Gemäß § 44 Abs. 3 Nr. 3 sind die Angaben zu den
Instandhaltungsrückstellungen in den Anhang aufzunehmen.
2
Auswirkungen auf die Ergebnisrechung in den
Folgejahren bei Durchführung der Instandhaltung
a)
Durchführung der Instandhaltung
Mit der Durchführung der Instandhaltung wird die für die Maßnahme
gebildete Rückstellung für unterlassene Instandhaltung aufgelöst.
Da es sich bei einer Rückstellung um eine Kostenschätzung handelt sind
drei verschiedene Auswirkungen auf das Ergebnis des Haushaltsjahres der
Durchführung möglich
- die
tatsächlichen Kosten entsprechen
der gebildeten Rückstellung
(keine Auswirkung auf die Ergebnisrechnung im
Jahr der Durchführung der Instandhaltung)
- die
tatsächlichen Kosten sind höher
als die gebildete Rückstellung
(die Ergebnisrechnung im Jahr der
Durchführung der Instandhaltung wird durch bisher nicht geplante Aufwendungen zusätzlich
belastet)
- die
tatsächlichen Kosten sind geringer
als die gebildete Rückstellung
(keine Auswirkung auf die Ergebnisrechnung im
Jahr der Durchführung der Instandhaltung, da eine ertragswirksame Auflösung der
restlichen Rückstellung in diesen Fällen unterbleibt.)
b)
Entfall des Grundes für die Rückstellung
Im §
36 Abs. 6 GemHVO wird geregelt, dass Rückstellungen aufzulösen sind, wenn der
Grund dafür entfallen ist. Handelt es sich hierbei um eine Rückstellung, die bereits
in der Eröffnungsbilanz enthalten war, wird empfohlen, die Rückstellung ergebnisneutral
gegen die allgemeine Rücklage zu buchen. Eine ertragswirksame Auflösung sollte
in diesen Fällen unterbleiben. Die bilanzielle Situation der Gemeinde wird
durch die ergebnisneutrale Buchung so gestellt, als wäre die Rückstellung in
der Eröffnungsbilanz nicht bilanziert worden. Andernfalls würde der
Jahresabschluss kein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der
Ertragslage der Gemeinde vermitteln, da er Erträge enthielte, die lediglich
fiktiv ohne Grundlage erzielt wurden.
Ist
eine Durchführung der Instandhaltung nicht mehr vorgesehen, so ist in diesem
Fall jedoch zu prüfen, ob für die entsprechende Wertminderung des Vermögensgegenstandes
eine außerplanmäßige Abschreibung gemäß § 35 Abs. 5 vorzunehmen
ist.
In diesem Fall wird die im Rahmen der
Eröffnungsbilanz gebildete Rückstellung in Höhe der außerplanmäßigen
Abschreibung ergebniswirksam aufgelöst, die bilanzielle Situation der Gemeinde
wird durch diese Buchung so gestellt, als wäre die Rückstellung in der
Eröffnungsbilanz nicht bilanziert worden und die Wertmindung bereits
berücksichtigt gewesen.
3
Verfahren für die Bildung der Rückstellungen
für unterlassene Instandhaltung
3.1Â Â Â Ermittlung der unterlassenen Instandhaltung
Für die Bildung der Rückstellungen für unterlassene Instandhaltung zur
Eröffnungsbilanz wurde zunächst der Umfang der unterlassenen Instandhaltungsmaßnahmen
ermittelt. Die objektive Abgrenzung zwischen einer „gewöhnlichen“ Instandhaltungsmaßnahme
und einer „unterlassenen“ Instandhaltungsmaßnahme ist teilweise fließend. So
ist unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten die Ausnutzung der technischen
Nutzungszeit des Anlagengutes (Anlagenteils) gewünscht. Dieses erschwert, die
Differenzierung zwischen einem Anlagegut, welches sich am Ende seiner technischen
Nutzungszeit befindet (gewöhnliche Instandhaltung) und einem Anlagegut, welches
diese bereits überschritten hat (unterlassene Instandhaltung).
Ein weiteres Problem stellt die Tiefe der Betrachtung dar. So kann
sicherlich ein Wasserhahn, der seit Jahren defekt ist als
Instandhaltungsrückstau betrachtet werden. Von wesentlicherer Bedeutung sind
jedoch die „kostenintensiven“ Instandhaltungsmaßnahmen, die eine
Aufrechterhaltung des Gebäudebetriebes gefährden bzw. wesentliche
Funktionsstörungen bewirken. (z. sanierungsbedürftige Flachdächer,
Heizungsanlagen, Fenster- und Fassadenelemente, Toilettenanlagen).
Damit die Höhe der gebildeten Rückstellung nachprüfbar ist, werden
einzelne konkrete unterlassene Instandhaltungsmaßnahmen definiert (Umfang und Wert).
Die einzelnen Maßnahmen sollen innerhalb der nächsten 4 Jahre (2007 bis 2010)
durchgeführt werden, welches zur Auflösung der damit verbundenen Rückstellung
führt. Aufgrund der umfangreichen Aufgabenstellung beschränkte sich die Analyse
der unterlassenen Instandhaltung im Wesentlichen auf
- Fenster-
und Fassadenelemente (1.400.000 €)
(Lehrerseminar, Neues Rathaus)
- Heizungsanlagen
(955.000 Euro)
(Emsland-Gymnasium, Annetteschule II,
Elisabethschule, Gesamtschule, Südeschschule, Rathaus, Kardinal-von-Galen,
Edith-Stein, Franziskusschule)
- Flachdachsanierungen
(610.000 Euro)
(Overbergschule, Emsland-Gymnaisum,
Elisabethschule, Kaufmännische Schulen, Kopernikus-Gymnasium, Neues Rathaus,
Waschhalle Feuerwehr)
- Gebäudegrundsanierungen
(849.000 Euro)
(Bodelschwinghschule im Jahr 2007, Alte
Josefschule, Aula JoWi)
- Sanierung
WC-Anlagen (180.000 Euro)
(Südeschschule, Elsa-Brändström-Schule, Altes
Rathaus)
- Sanierung
Naturwissenschaftlicher Räume (132.000 Euro)
(Fürstenbergschule)
- Verschiedene
Maßnahmen (324.500 Euro)
Die Rückstellungen für unterlassene
Instandhaltungsmaßnahmen betragen insgesamt 4.450.500 Euro. Der
Durchführungszeitpunkt der einzelnen unterlassenen Instandhaltungsmaßnahmen
ergibt sich aus der als Anlage beigefügten Aufstellung. Die Rückstellungen
verteilen sich auf die Maßnahmejahre 2007 bis 2010 wie folgt:
Jahr 2007Â Â Â Â Â Â Â Â Â Â Â Â Â Â Â Â 766.500
Euro
Jahr 2008Â Â Â Â Â Â Â Â Â Â Â Â Â 1.275.000
Euro
Jahr 2009Â Â Â Â Â Â Â Â Â Â Â Â Â 1.238.000
Euro
Jahr 2010Â Â Â Â Â Â Â Â Â Â Â Â Â 1.171.000
Euro
4
„Besondere“ unterlassene
Instandhaltungsmaßnahmen   Â
Bei der Aufstellung „unterlassene Instandhaltungsmaßnahmen“ sind 3
Maßnahmen besonders zu betrachten, da mit diesen erhebliche Rückstellungen
verbunden sind.
4.1
Sanierung der Fassadenelemente des Neuen
Rathauses
Die mehr als 30 Jahre alten Alu-Fensterelemente des Neuen Rathauses
weisen seit mehreren Jahren erhebliche bauliche und technische Mängel auf.
Diese Mängel umfassen
·
Sicherung
der Fensterflügel vor dem Herausstürzen nach Innen mit Ketten
·
fehlende
Fensterdichtungen (Zugluft am Arbeitsplatz einschließlich starker
Pfeiffgeräusche bei starkem Wind)
·
verzogene
Rahmen im Treppenhaus (Kombirahmen aus Holz und Alu) mit der Folge starken
Wassereintritts
·
defekter
Rahmenverbund an der Iso-Glasscheibe (Erblindung der Fenster,
Kondenswasserbildung im Scheibenzwischenraum)
·
diverse
Undichtigkeiten in den Brüstungsbereichen
·
keine
Ersatzteilbeschaffungen mehr möglich (Fenster lassen sich in Teilbereichen
nicht mehr öffnen)
·
fehlende
thermische Trennung (hohe Wärmeverluste im Winter, Hitzeentwicklung in den
Sommermonaten)
Eine gesonderte Beschluss-Vorlage zur beabsichtigten Sanierungsmaßnahme
der Fensterelemente wird seitens der Verwaltung Ende 2007 für den Bauausschuss
erstellt.
4.2
Sanierung „Alte Josef-Schule“ in Mesum
Die Alte Josef-Schule in Mesum besteht aus drei Wohnungen sowie einem
Gebäudeteil mit 2 Klassenräumen und Nebenräumen (frühere Schulnutzung).
Die Wohnungen waren bis Ende 2004 vermietet und wurden aufgrund
offensichtlicher Mängel in der Balkenlage (Durchbiegung) und den damit
verbundenen statischen Risiken freigezogen. Eine Untersuchung im Jahr 2005 des
Statikbüros Hagemann und Heider ergab, dass die Balkenlage sowie die Decken zu
sanieren sind.
Eine Untersuchung des Architekturbüros Terhechte und Höfker ergab, dass
eine Totalsanierung des gesamten Gebäudes erforderlich wird. Die
Kostenschätzung für diese Totalsanierung beläuft sich auf 246.000 Euro. Die
Maßnahme wurde bisher nicht umgesetzt, da die weitere städtische Nutzung des
Gebäudes untersucht werden soll.
4.3
Sanierung der Aula im Josef-Winckler-Zentrum
Die Aula des Josef-Winckler-Zentrum weist bereits seit mehreren Jahren
erhebliche Baumängel auf, die dazu führten, dass diese nicht mehr als
Versammlungsstätte genutzt wird. Die Mängel sind unter anderem begründet in
einer unzureichenden Fluchtwegsituation, einer defekten Notlichtbeleuchtung,
einer defekten Lüftungsanlage sowie einer sanierungsbedürftigen Fensteranlage.
Die Bühne ist seit mehreren Jahren wegen Sicherheitsmängel (Bühnenaufbauten, Beleuchtungsanlage) gesperrt.
Ein beauftragtes Brandschutzgutachten soll die erforderlichen Maßnahmen
für eine künftige Nutzung der Aula aufzeigen. Das Brandschutzgutachten wird im
Juni 2007 vorliegen. Die vorläufig ermittelten Sanierungskosten auf Grundlage
einer Kostenschätzung aus dem Jahr 2002
belaufen sich auf 475.000 Euro.
Die Nachtragsvorlage wird erforderlich, da einzelne Instandsetzungsmaßnahmen an Schulen noch in den Sommerferien durchgeführt werden sollen.
Anlagen:
Anlage 1: Aufstellung unterlassene Instandhaltungsmaßnahmen