Betreff
Zwischenbericht der Fachstelle für Wohnraumsicherung
Vorlage
302/22
Art
Beschlussvorlage

Beschlussvorschlag/Empfehlung:

 

Der Sozialausschuss nimmt den Bericht der Fachstelle für Wohnraumsicherung zur Kenntnis.

 


Begründung:

 

Im März 2022 hat die neue Fachstelle für Wohnraumsicherung ihre Arbeit in den Räumlichkeiten am Kardinal-Galen-Ring 98 aufgenommen. Die Fachstelle ist ein für zunächst zwei Jahre durch das Land NRW gefördertes Projekt. Die vom Minister für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes NRW, Karl-Josef Laumann, ins Leben gerufene Initiative „Endlich ein Zuhause!“ verfolgt das Ziel und unterstützt die Bemühungen Obdachlosigkeit zu bekämpfen und präventiv zu vermeiden.

Der Fachstelle vorausgehend wurde im Jahr 2020 das Fachbereichs- und Trägerübergreifende Projekt „Prävention von Wohnungsnotfällen“, ebenfalls gefördert durch die Landesinitiative, durchgeführt. Die externe Projektbegleitung lag bei der Gesellschaft für innovative Sozialforschung und Sozialplanung e. V. (GISS). Ein abschließender Bericht wurde dem Sozialausschuss vorgestellt (siehe Vorlage 101/21). Auf der Grundlage der Projektergebnisse und dem erfolgten Beschluss im Sozialausschuss konnte die Förderung für die Fachstelle erfolgreich beim Land NRW beantragt werden. In der Fachstelle werden insgesamt zwei Stellen, 4x 0,5 Stellenanteile, gefördert, die durch Sozialarbeiter besetzt werden.

Die Aufgabenbereiche teilen sich wie folgt auf:

  • 2x 0,5 Stellen für die aufsuchende Arbeit (bislang erst einfach besetzt)
  • 1x 0,5 Stellen für Verwaltung, Dokumentation, Statistik, Öffentlichkeitsarbeit
  • 1x 0,5 Stellen Leitung, Koordination, Fachaufsicht

Über ein Interessensbekundungsverfahren wurde der Caritasverband Rheine e. V. mit der Besetzung der beiden Stellenanteile für die aufsuchende Arbeit beauftragt. Damit wurde dem Aspekt der Trägerübergreifenden Struktur Rechnung getragen. Aufgrund der schwierigen Bewerberlage konnte hier bislang erst ein Stellenanteil besetzt werden. Die Stellenanteile Verwaltung, Dokumentation, Statistik, Öffentlichkeitsarbeit und Leitung, Koordination, Fachaufsicht konnten in entsprechenden Auswahlverfahren mit städtischen Mitarbeitern besetzt werden.

Mit der Umsetzung der Landesinitiative nimmt die Fachstelle besonders die präventive Ausrichtung in die tägliche Arbeit auf. Sie wollen verhindern, dass Mietverhältnisse gekündigt/ aufgelöst werden und Mieter vor der nahezu unüberwindlichen Aufgabe stehen eine alternative, angemessene Wohnung zu finden. Von großer Bedeutung ist es daher, dass die Mitarbeiter möglichst früh über Probleme im Mietverhältnis Kenntnis erhalten.

 

Zugänge dieser Informationen erfolgen über:

  • Eingehende Räumungsklagen bei der Stadt Rheine vom Amtsgericht Rheine
    (§ 22 Abs. 9 SGB II)
  • Informationen von Vermietern (privat oder unternehmerisch geführt)
  • Information von Mietern
  • Durch Mitarbeiter von Einrichtungen im Hilfesystem
  • Durch Leistungsgewährende Stellen (SGB II, SGB XII)

 

 

Aufsuchende Arbeit

Sind der Fachstelle problematische Mietverhältnisse gemeldet oder es liegt eine Räumungsklage vor, besteht die große Herausforderung darin, Kontakt zu den Mietern herzustellen. Vor der Einrichtung der Fachstelle haben die Mitarbeiter der Stadtverwaltung versucht diese postalisch zu erreichen. Das hat in den seltensten Fällen zum Erfolg geführt. Während der Projektphase „Prävention von Wohnungsnotfällen“ haben die Mitarbeiter der Anlauf-, Kontakt- und Beratungsstelle „Treff 100“ aktiv versucht die Mieter zu Hause zu erreichen. Das gestaltete sich schon erfolgreicher, war aber aufgrund mangelnder zeitlicher Ressourcen der Mitarbeiter nicht in dem Maße umsetzbar, wie es erforderlich ist.

Die Mitarbeitenden der nun geschaffenen Stelle der aufsuchenden Arbeit fahren die Haushalte zu verschiedenen Tageszeiten persönlich an. Wenn niemand erreicht wird, wird ein Flyer im Briefkasten hinterlassen, damit die Möglichkeit besteht sich eigenständig in der Fachstelle zu melden. Die Erfolgsquote dieser Arbeit liegt aktuell bei 76 %. 

In 84 % führt der Erstkontakt auch zu einer weiteren Hilfeleistung durch die Mitarbeiter der Fachstelle. Zumeist beginnt die Erstberatung direkt vor Ort. Über die Feststellung des wirtschaftlichen Status Quo werden Gründe für das Zustandekommen der Mietschulden erörtert. In vielen Fällen bestehen Probleme bei Anträgen gegenüber leistungsgewährenden Behörden. Hier wird per Unterstützung im Antragsverfahren gemeinsam die wirtschaftliche Grundlage geschaffen, um die Miete zukünftig leisten zu können. Eine Mietschuldenübernahme tilgt darlehensweise die bestehenden Mietschulden.

Wird ein weiterer Hilfebedarf festgestellt, wird gemeinsam mit den Klienten im Hilfenetzwerk nach weiteren begleitenden Hilfen gesucht. Diese Hilfen können sein: Ambulant betreutes Wohnen (ABW), Angliederung an die Schuldnerberatung, Einrichtung von sozialpädagogischer Familienhilfe, Kommunales Integrationsmanagement (KIM), etc. Damit soll verhindert werden, dass es zukünftig zu ähnlichen existenziellen Problemen kommt. Die Koordination und regelmäßige Überprüfung der eingerichteten Hilfemaßnahmen obliegt weiterhin der Fachstelle für Wohnraumsicherung.

Insgesamt wurden in der Zeit von März bis Ende August 2022 in der Fachstelle 23 Haushalte aufgesucht. Davon waren 21 Räumungsklagen und 2 präventiv gemeldete Fälle.

Präventiv gemeldete Fälle erreichen die Fachstelle vor Einreichung einer Räumungsklage durch den Vermieter. Entweder wendet sich der Vermieter, der Mieter oder Mitarbeiter anderer Einrichtungen, wie dem Caritas Sozialbüro oder dem Treff 100 an die Kollegen der Fachstelle. Die Mitarbeiter der zuletzt genannten Einrichtungen und der Fachstelle für Wohnraumsicherung stehen in einem engen Austausch und sprechen Zuständigkeiten bei einzelnen Fällen konkret ab. Doppelstrukturen in der Fallbearbeitung werden somit ausgeschlossen.

In Fällen, in denen eine Wohnraumsicherung nicht mehr erreicht werden kann, werden die Stellen des kreisweit tätigen Kümmerer Projektes zur weiteren Hilfe hinzugezogen. Das Kümmerer Projekt wird vom Land NRW im Rahmen der Initiative „Endlich ein zu Hause“ gefördert. Da der Kreis Steinfurt zu den 20 am stärksten von Wohnungslosigkeit bedrohten Kommunen in NRW zählt, wurde dieses Projekt im Kreis Steinfurt im Jahr 2019 eingerichtet. In Rheine sind dafür Stellenanteile beim Caritasverband Rheine e. V. und der Jugend- und Drogenberatungsstelle angegliedert.  Zu den Aufgaben der Kümmerer gehört es wohnungslose Menschen möglichst schnell wieder mit Wohnraum zu versorgen. Sobald im Kündigungs- oder Räumungsklageverfahren ersichtlich wird, dass das angespannte Mietverhältnis nicht befriedet werden kann, werden die Kümmerer von den Kollegen der Fachstelle für Wohnraumsicherung hinzugezogen.

Die Versorgung mit neuem Wohnraum ist kurzfristig kaum zu bewerkstelligen. Eine ordnungsrechtliche Unterbringung, mit weiterer Betreuung durch die Kümmere oder ggf. eine übergangsweise Unterbringung in der städtischen Notschlafstelle „Kremer-Haus“ ist dann die Folge. Der Ein oder Andere kommt kurzfristig bei Bekannten oder Verwandten unter.

Ein regelmäßiger Austausch mit den Kümmerern findet in Form von Netzwerktreffen statt. Zuständigkeiten werden auch hier klar benannt und festgelegt. Diese Netzwerktreffen finden gemeinsam mit den Kollegen des Sozialbüros, des Treff 100 und der Fachstelle für Wohnraumsicherung statt. Eine trägerübergreifende Bündelung der Zuständigkeiten ist somit im Sinne der erfolgreichen Fallbearbeitung sichergestellt.

 

Evaluation

Die Förderrichtlinien sehen vor, dass die zweijährige Projektphase von einer externen Gesellschaft begleitet und die Arbeit in der Fachstelle evaluiert wird. Über ein entsprechendes Ausschreibungsverfahren konnte die evangelische Hochschule Nürnberg für die Evaluierung des Projektes gewonnen werden.

 

Der Ablauf der Evaluation soll in den folgenden Phasen folgendermaßen umgesetzt werden:

  • Phase 1: Exploration (explorative Informationssammlung anhand eines Workshops mit dem Auftraggeber, durch Interviews mit Fallverantwortlichen und Haushaltsangehörigen)
  • Phase 2: Quantitative Datensammlung (Einholung von Informationen durch standardisierte Befragungen zur Gewinnung relevanter Informationen für das interne Statistik-, Dokumentations- und Rückmeldesystem)
  • Phase 3: Qualitative Datensammlung (Klärung weiterer Fragen mithilfe von Interviews mit gezielt ausgewählten Haushalten, Mitarbeitende von Wohnungsgesellschaften und der Fachstelle)
  • Phase 4: Beratung (Beratung zur zusätzlichen Verwendung gewonnener Aspekte für das Statistik-, Dokumentations- und Rückmeldesystem. SROI-Analyse für die Reflektion der monetären Aspekte des präventiven Ansatzes der Arbeit in der Fachstelle)

 

 

Ausblick

Die Mitarbeitenden der Fachstelle haben die ersten Monate genutzt, um die Fachstelle als solche aufzubauen.

In den folgenden Monaten dieses Jahres soll vor allem der Kontakt zu den Wohnungsgesellschaften und den privaten Vermietern hergestellt bzw. intensiviert werden. Ziel der Fachstelle ist es mit diesen Akteuren des Wohnungsmarktes in der Weise zusammen zu arbeiten, dass die Mitarbeiter der Fachstelle möglichst frühzeitig über Probleme im Mietverhältnis erfahren.

Für die Hürde, die Datenschutzrichtlinie zu beachten, haben die Mitarbeiter bereits eine praktikable Lösung gefunden. Wer der Ankündigung des Vermieters, der Hinzuziehung der Fachstelle für Wohnraumsicherung, nicht innerhalb einer Frist widerspricht, stimmt der Maßnahme automatisch zu. Diese Ankündigung kann also zusammen mit der Mahnung oder Kündigung an die Mieter versandt werden.

Die steigenden Energie- und Lebenshaltungskosten werden in den kommenden Monaten viele private Haushalte vor Herausforderungen stellen. In enger Kooperation mit dem Jobcenter (Hilfen nach dem SGB II), der Hilfegewährung nach dem SGB XII und der Fachstelle Wohnraumsicherung werden derzeit Beratungsangebote geplant, um auf Anfragen und Unterstützungsbedarfe entsprechend vorbereitet zu sein.

 

Die Fachstelle für Wohnraumsicherung ist wie folgt zu erreichen:

Kardinal-Galen-Ring 98, 48429 Rheine

Tel.: 05971/9436999

Mail: wohnraumsicherung@rheine.de

www: rheine.de

Öffnungszeiten:    Mo-Do   8-16 Uhr, Fr   8-13 Uhr