Beschlussvorschlag/Empfehlung:

 

Die Satzung über die Festsetzung der Steuersätze für die Grund- und Gewerbesteuer in der Stadt Rheine (Hebesatzsatzung, Anlage 1) wird beschlossen.


Begründung:

 

Nach Art. 106 Abs. 6 des Grundgesetzes steht den Gemeinden das Aufkommen der Realsteuern zu. Den Gemeinden ist das Recht eingeräumt worden, die Höhe der Hebesätze der Realsteuern im Rahmen der Gesetze grundsätzlich in eigener Zuständigkeit festzulegen.

 

Das kommunale Hebesatzrecht als Ausdruck der kommunalen Selbstverwaltungsgarantie (Art. 28 GG) wird im Grundsteuergesetz (GrStG) sowie im Gewerbesteuergesetz (GewStG) konkretisiert.

 

Danach sind Hebesätze für ein oder mehrere Kalenderjahre festzusetzen. Der Rat der Stadt Rheine hat in seiner Sitzung am 12. April 2011 die zurzeit gültige Hebesatzsatzung beschlossen.

 

Der notwendige Ratsbeschluss zur Verabschiedung des Haushaltsplanes und der Haushaltssatzung für das Jahr 2013 soll voraussichtlich erst im März 2013 gefasst werden. Gleichzeitig könnten auch neue Hebesätze beschlossen werden. Das würde aber dazu führen, dass neben den im Januar zu versendenden Jahresbescheiden zusätzlich ca. 30.000 Änderungsbescheide für die Steuererhebung erstellt und versandt werden müssen. Um den damit verbundenen Arbeitsaufwand und die notwendigen finanziellen Belastungen zu vermeiden, sollte der Rat der Stadt Rheine die Änderung der Hebesatzsatzung am 11.12.2012 beschließen.

 

Die finanzielle Entwicklung der Stadt Rheine beschreibt der Kreis Steinfurt in seiner Verfügung zum Haushaltsplan 2012 wie folgt:

 

„Die Ergebnisplanung 2012 schließt mit einem Fehlbedarf von 13,216 Mio € ab. Der Deckungsrad der ordentlichen Aufwendungen fällt auf 89 v.H. zurück. Die Eigenkapitalquote I sinkt auf rd. 36 v.H. der Bilanzsumme. Unter Berücksichtigung des Ergebnisses 2011 steigen die Liquiditätsverbindlichkeiten zum Ende des Haushaltsjahres 2012 auf mehr als 20 Mio € an. Daran hat der Liquiditätsverlust aus laufender Verwaltungstätigkeit einen Anteil von rd. 13,949 Mio €. Aus der Investitionstätigkeit folgt entsprechend der Finanzplanung eine Nettokreditaufnahme von 1,510 Mio €.

Nach der mittelfristigen Finanzplanung erwartet Ihre Stadt in den drei Folgejahren weitere Haushaltsdefizite von rd. 18,1 Mio € und damit einhergehende Liquiditätsverluste von rd. 11,4 Mio €.

Wie dem Vorbericht auf Seite 29 des Haushaltsplanes zu entnehmen ist, wird sich durch die andauernde defizitäre Situation im Ergebnisplan die Liquiditätslage der Stadt weiter verschärfen und zur Sicherung der Zahlungsfähigkeit voraussichtlich auf längere Dauer Liquiditätskredite in erheblicher Größenordnung erfordern…

 

Die Haushaltsplanung und –ausführung der Stadt Rheine wurde seit 2006 durch Jahresfehlbeträge dominiert. Der gesetzliche Haushaltsausgleich gem. § 75 (2) GO NRW kann mit dem vorgelegten Haushalt auch innerhalb der Mittelfristplanung nicht erreicht werden. Durch die Fehlbedarfe der Planungsjahre 2012 bis 2015 verringert sich der Bestand der allgemeinen Rücklage jeweils zum Vorjahr um 4,78 %, 2,57 %, 2,25 % und 2,23 %. Das bilanzielle Eigenkapital wird sich nach einer Dekade im Neuen Kommunalen Finanzmanagement Ende 2015 um rd. 30 v.H. oder 103 Mio € verringert haben.“

 

Für den Haushalt 2013 ergeben sich nach den Gesprächen mit den Fachbereichen Ergebnisverschlechterungen von rd. 2,4 Mio €. Insbesondere der Fachbereich 2 – Jugend und Soziales – benötigt zusätzliche Mittel in Höhe von ca. 1 Mio €, um die Mehrbedarfe durch steigende Fallzahlen bei den Hilfen zur Erziehung (450 T€), bei Tageseinrichtungen für Kinder aufgrund des geänderten Buchungsverhalten der Eltern (470 T€) und die Anhebung der Regelsätze für Asylbewerber in Folge einer BVerfG-Entscheidung (120 T€) zu decken. Für das Jahr 2012 werden für den Fachbereich 2 nach Stand vom 18.10.2012 Verschlechterungen gegenüber der Planung in Höhe von ca. 1 Mio € erwartet, welches auch dem Mehrbedarf ab 2013 entspricht.

 

Daneben sind höhere Personalaufwendungen und Rückstellungen, insbesondere infolge der geschlossenen Tarifverträge und der Besoldungserhöhungen zu berücksichtigen. Dieses macht weitere 1,7 Mio € aus.

 

Um diese, nicht von der Stadt Rheine zu beeinflussenden negativen Bedarfe zum Teil aufzufangen, soll die im Haushaltsplan 2012 für 2014 geplante Erhöhung der Grundsteuer B bereits zum Haushaltsjahr 2013 vorgezogen werden. Damit die Belastungen von allen Grundsteuerpflichtigen getragen werden, sollen sowohl die Grundsteuer B als auch die Grundsteuer A angehoben werden.

 

Die Verwaltung empfiehlt die Anhebung der Hebesätze für die Realsteuern wie folgt:

 

- Grundsteuer A               250 v.H. (bislang 210 v.H.)

- Grundsteuer B               480 v.H. (bislang 420 v.H.)

- Gewerbesteuer             430 v.H. (unverändert)

 

Die Anhebung der Hebesätze dient auch der Umsetzung der vom Rat am 05.10.2010 beschlossenen Konsolidierungsziele. Das erste Konsolidierungsziel lautet die dauerhafte strukturelle Konsolidierung von 10 Mio € in einem Zeitraum von fünf Jahren (2011 – 2015). Im Vorbericht zum Haushaltsplan 2012 sind Konsolidierungsvorschläge aufgeführt, die für die Jahre 2012 bis 2015 eine Summe von 5,8 Mio € ergeben.

 

Im Fazit des Vorberichtes werden nochmals die Bemühungen zur unbedingt notwendigen Haushaltskonsolidierung dargestellt. Im Punkt 2 heißt es:

„Verhinderung eines Haushaltssicherungskonzeptes, notfalls durch eine weitere Anhebung des Hebesatzes für die Grundsteuer B.“

 

Der zunehmende Eigenkapitalverzehr führt zu immer geringeren HSK-Schwellenwerten und erhöht hierdurch die Gefahr für ein Haushaltssicherungskonzept. Eine Lösung des Problems ist nicht in Sicht.

 

Die Festlegung der Hebesatzhöhe liegt im pflichtgemäßen Ermessen des Rates der Stadt. Die Ermessensgrenze wird erst dann überschritten, wenn die Stadt bei der Festsetzung des Hebesatzes willkürlich und unsachlich verfährt.

 

Die Hebesätze der Kommunen im Kreis Steinfurt und vergleichbarer Städte und Gemeinden in NRW können dabei als geeignete Richtgröße herangezogen werden. In den Anlagen 2 bis 5 sind Hebesatzvergleiche mit den Kommunen im Kreis Steinfurt und großen kreisangehörigen Städten in NRW beigefügt. Bei den Angaben zu den Hebesätzen sind bei den Kommunen die Hebesätze für das Jahr 2012 hinterlegt, bei der Stadt Rheine die geplanten neuen Hebesätze ab 2013. Ob die angegebenen Kommunen ihre Hebesätze für 2013 ebenfalls anpassen, ist nicht bekannt.

 

Die Auswirkungen der vorgesehenen Hebesatzanpassungen auf die Steuerpflichtigen sind an einigen Beispielen in der Anlage 6 dargestellt. Ein mittlerer landwirtschaftlicher Betrieb, der bisher jährlich 350 € Grundsteuer A zu entrichten hat, muss zukünftig knapp 67 € mehr zahlen. Bei einem typischen Einfamilienhaus ist mit einer Mehrbelastung von jährlich 40 – 60 € für die Grundsteuer B zu rechnen. Die Erhöhung bei einem Mehrfamilienhaus mit 8 Wohnungen und bisher 786 € Grundsteuer B beträgt je Wohnung 14 € im Jahr bzw. 1,17 € pro Monat.

 

Die neuen Hebesätze erhöhen 2013 die Erträge aus der Grundsteuer A um 29 T€ auf 179 T€ und aus der Grundsteuer B um 1,6 Mio € auf 12,9 Mio €.

 

Auswirkungen auf den Finanzausgleich ergeben sich aufgrund der Hebesatzerhöhungen nicht.

 

Die Anhebung der Hebesätze ermöglicht der Stadt eine deutliche Ergebnis- und Liquiditätsverbesserung, die durch eine hiermit mögliche Senkung der Zinszahlungen für Liquiditätskredite weiter verstärkt wird. Dem Gedanken der intergenerativen Gerechtigkeit wird damit auch Rechnung getragen.

 

Nur zusammen mit einer Anhebung der Hebesätze kann das Konsolidierungsziel, langfristig den strukturellen Haushaltsausgleich herzustellen, erreicht werden.


Anlagen:

 

Anlage 1 - Hebesatzsatzung vom 11.12.2012

Anlage 2 - Übersicht Grundsteuer A – Kommunen Kreis Steinfurt

Anlage 3 - Übersicht Grundsteuer A – Große kreisangehörige Städte in NRW

Anlage 4 - Übersicht Grundsteuer B – Kommunen Kreis Steinfurt

Anlage 5 - Übersicht Grundsteuer B – Große kreisangehörige Städte in NRW

Anlage 6 - Übersicht Auswirkungen Erhöhung Grundsteuer A und B in Rheine