Betreff
Einrichtung von Orten des Gemeinsamen Lernens im Sekundarstufenbereich
Vorlage
070/15
Aktenzeichen
FB 1 / 10 - te
Art
Beschlussvorlage
Untergeordnete Vorlage(n)

Beschlussvorschlag/Empfehlung:

 

Der Schulausschuss empfiehlt dem Rat der Stadt Rheine folgende Beschlüsse zu fassen.

 

  1. Der Rat der Stadt Rheine stimmt der Einrichtung von Orten des Gemeinamen Lernens i. S. d. § 20 Abs. 5 SchulG (Förderschwerpunkte Lernen, Sprache, Emotionale und soziale Entwicklung) an den folgenden Schulen der Sekundarstufe ab dem Schuljahr 2015/2016 zu:

-      Sekundarschule Rheine Stadt (ab 01.08.2015: Nelson-Mandela-Schule, Sekundarschule der Stadt Rheine)

-      Sekundarschule am Hassenbrock

-      Euregio-Gesamtschule

-      Kopernikus-Gymnasium

 

  1. Die Annahme der Schulaufsichtsbehörde, dass für die Aufnahme der Schüler/innen mit Lern- und Entwicklungsstörungen keine baulich bedeutsamen investiven Maßnahmen erforderlich sind, wird vom Schulausschuss und vom Rat nicht geteilt. Die betroffenen Schulen werden gebeten, gemeinsam mit dem Schulträger unter Berücksichtigung der individuellen Schulkonzepte erforderliche räumliche und sächliche Mindeststandards und Voraussetzungen für die Aufnahme der Schüler/innen mit Lern- und Entwicklungsstörungen für die Schulen des Gemeinsamen Lernens der Stadt Rheine zu erarbeiten, die Grundlage für eine Prioritätenliste sind.

 

  1. Die im Haushaltsentwurf für 2015 veranschlagten Mittel über die Förderung kommunaler Anforderungen für die schulische Inklusion i. H. v. 122.000,00 € im Fachbereich 1 sollen für die Einrichtung von Orten des Gemeinsamen Lernens eingesetzt werden. Die Auszahlung der zur Verfügung stehenden Mittel erfolgt in Abhängigkeit der Priorität.

 

 


Begründung:

 

Für das Schuljahr 2014/15 konnte das Aufnahmeverfahren zur Beschulung von Schülern mit sonderpädagogischem Förderbedarf erfolgreich abgeschlossen werden. Allen Schülern konnte ein entsprechendes Schulangebot unterbreitet werden. Neben gesondert bewilligten Einzelintegrationsmaßnahmen wurden in der Regel die Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf, die eine Beschulung in allgemeinen Schulen wünschten, im Sekundarstufenbereich an der Sekundarschule Rheine Stadt und Sekundarschule am Hassenbrock aufgenommen. Dabei handelt es sich um die Schulen in der Trägerschaft der Stadt Rheine, die bislang bereits den Gemeinsamen Unterricht bzw. integrative Lerngruppen angeboten haben.

 

Nach Inkrafttreten des 9. Schulrechtsänderungsgesetzes regelt § 19 Abs. 5 SchulG NRW, dass dem Grunde nach die Schulaufsichtsbehörde auf Antrag der Eltern über den Bedarf an sonderpädagogischer Unterstützung und die Förderschwerpunkte entscheidet. Besteht ein Bedarf an sonderpädagogischer Unterstützung, schlägt die Schulaufsichtsbehörde den Eltern mit Zustimmung des Schulträgers mindestens eine allgemeine Schule vor, an der ein Angebot zum Gemeinsamen Lernen eingerichtet ist.

 

Zuvor richtet gemäß § 20 Abs. 5 SchulG NRW die Schulaufsichtsbehörde Gemeinsames Lernen mit Zustimmung des Schulträgers an einer allgemeinen Schule ein, es sei denn, die Schule ist dafür personell und sächlich nicht ausgestattet und kann auch nicht mit vertretbarem Aufwand dafür ausgestattet werden.

 

Die Bezirksregierung Münster als zuständige Schulaufsichtsbehörde beabsichtigt nunmehr, an vier Schulen der Sekundarstufe dauerhaft Orte des Gemeinsamen Lernens einzurichten.

 

Hierbei handelt es sich ausschließlich um Angebote für Schüler/innen mit Lern- und Entwicklungsstörungen, das heißt mit den Förderschwerpunkten Lernen, Sprache Emotionale und soziale Entwicklung.

 

Zur Einrichtung von Orten des Gemeinsamen Lernens an der Sekundarschule Rheine Stadt und Sekundarschule am Hassenbrock ist die Stadt Rheine als Schulträger mit Schreiben der Bezirksregierung Münster vom 15. August 2014 gemäß § 20 Abs 5 SchulG NRW um Zustimmung gebeten worden. Dabei geht die genannte Schulaufsichtsbehörde davon aus, dass für die Aufnahme der betreffenden Schüler/innen keine baulich bedeutsamen investiven Maßnahmen erforderlich sind.

 

Ebenfalls werden, insbesondere bedingt durch das Inkrafttreten des 1. Gesetzes zur Umsetzung der VN-Behindertenrechtskonvention in den Schulen (9. Schulrechtsänderungsgesetz) und der Verordnung über die Mindestgrößen der Förderschulen (Mindestgrößenverordnung) erforderliche Neustrukturierung der Förderschullandschaft im Kreis Steinfurt und der daraus zu erwartenden verändernden Bewegungen und Ströme von Schüler/innen mit sonderpädagogischen Förderbedarf, die von der Bezirksregierung Münster vorgeschlagenen Orte des Gemeinsamen Lernens perspektivisch für den Schulträgerbereich der Stadt Rheine nicht ausreichen. Um Kindern mit sonderpädagogischem Förderbedarf den Besuch der unterschiedlichen Schulformen zu ermöglichen, sollten weitere weiterführende Schulen als Orte des Gemeinsamen Lernens bestimmt werden.

 

Dementsprechend bittet die Bezirksregierung Münster mit Schreiben vom 14. Januar 2015 die Stadt Rheine als Schulträger, der Errichtung von Orten des Gemeinsamen Lernens ebenfalls an der Euregio Gesamtschule und dem Kopernikus-Gymnasium gemäß § 20 Abs. 5 SchulG NRW die Zustimmung zu erteilen. Der übliche Hinweis der Schulaufsichtsbehörden, dass für die Aufnahme der betreffenden Schüler/innen keine baulich bedeutsamen investiven Maßnahmen erforderlich sind, ist in dem o. a. Schreiben der Bezirksregierung Münster nicht mehr aufgeführt.

 

Eine Zustimmung kann aus den in § 20 Abs. 5 SchulG NRW genannten Gründen verweigert werden. Wenn es an sachlichen Voraussetzungen dafür fehlen sollte, wäre allerdings begründet darzulegen, warum sie nicht mit vertretbarem Aufwand erfüllt werden können.

 

Bereits seit zwei Jahren wird Gemeinsamer Unterricht an den beiden Sekundarschulen durchgeführt (bzw. sind integrative Lerngruppen eingerichtet). Dieses bedeutet, dass die beiden Sekundarschulen bereits das Gemeinsame Lernen i. S. d. §§ 19 und 20 SchulG NRW leben. Dieses soll auch zukünftig in der Form fortgesetzt werden.

 

Die Schaffung der sächlichen und räumlichen Voraussetzungen liegt unmittelbar in der Zuständigkeit der Stadt Rheine als Schulträger. Die Realisierung eines inklusiven Unterrichts ist nur in gemeinsamer Verantwortung von Schulträger und Land erfolgversprechend. Dieses entspricht § 78 Abs. 4 SchulG NRW, der diese gemeinsame Verantwortung für die zukunftsgerichtete Weiterentwicklung der Schulen beschreibt.

 

Die Annahme der Bezirksregierung Münster (Schulaufsicht), dass für die Aufnahme der Schüler/innen mit Lern- und Entwicklungsstörungen keine baulich bedeutsamen investiven Maßnahmen erforderlich sind, wird von der Verwaltung nicht geteilt. Vielmehr wird davon ausgegangen, dass allein aus dem inklusionsbedingten Mehrbedarf an Räumlichkeiten (z. B. Differenzierungsräume, Rückzugsräume, etc.) dauerhaft bauliche (investive) Neu-, Um- und Erweiterungsmaßnahmen an den vier genannten Schulstandorten erforderlich sein werden.

 

Um allen Kindern mit sonderpädagogischem Förderbedarf, deren Eltern die Beschulung an einer allgemeinen weiterführenden Schule wünschen, einen Platz im Gemeinsamen Lernen anbieten zu können, sind die sächlichen, räumlichen und personellen Voraussetzungen zu schaffen. Die personellen Voraussetzungen sind durch die Zuteilung der notwendigen Sonderschulpädagogen vom Land zu gewährleisten. Der Schulträger hingegen hat die sächlichen und räumlichen Gegebenheiten zu stellen.

 

Gem. § 76 Nummer 8 SchulG NRW (Mitwirkung beim Schulträger / Einrichtung des Gemeinsamen Lernens) sind die Schulen zu beteiligen. Die Stellungnahmen der betroffenen Schulen (Sekundarschule Rheine Stadt, Sekundarschule am Hassenbrock, Euregio Gesamtschule, Kopernikus-Gymnasium) liegen zwischenzeitlich vor und sind als Anlagen beigefügt.

 

Von allen beteiligten weiterführenden Schulen wurde einhellig festgestellt, dass die praktische Umsetzung und das erfolgreiche Gelingen des Gemeinsamen Lernens nur in einem möglichst optimalen Zusammenwirken von ausreichendem Einsatz professionellen Fachkräften vor Ort und adäquater räumlicher und sachlicher Ausstattung erfolgen können. Dabei ist jedoch insbesondere zu beachten, dass der Mensch als Handelnder und Behandelter im Mittelpunkt steht, stehen bleibt und auch stehen bleiben muss.

 

In einer im ersten Schritt vom Schulträger initiierten Gesprächsrunde mit den benannten Schulen wurden folgende Gelingensvoraussetzungen „Gemeinsames Lernen“ von den beteiligten Schulen definiert:

 

1. Einsatz/Bereitstellung der personellen Ressourcen

Bei dem einzusetzenden Personal kommt es auf die Professionalität der Fachkräfte an. Es muss sich um ausgebildete Förderschullehrer/-pädagogen handeln. Der Einsatz von Integrationshelfern oder sonstigen (Fach-) Personal stellt in diesem Kontext keine adäquate Alternative dar. Da diese Ressourcenverwaltung jedoch maßgeblich der Schulaufsicht obliegt, kann der Personaleinsatz an dieser Stelle (beim Schulträger) zurückgestellt werden.

 

2. Bereitstellung/Ausstattung mit sächlichen und räumlichen Ressourcen

Grundausstattung/Standort pro GL-Schule

-      ein zusätzlicher Raum pro Jahrgang (½ Klassenraumgröße mit direktem Zugang vom Klassenraum) und

-      ein zusätzlicher Raum pro Schule (als Time-Out-Raum, Trainingsraum u. ä.)

-      Förder-, Arbeits- und Differenzierungsmaterial

-      Therapie- und Diagnostikmaterial

-      PC´s/Laptop`s im Förder-/Differenzierungsraum

-      Software/Lernprogramme

-      Raum für die Medienaufbewahrung (Abstell-/Lagerräume, Schränke)

-      förder-/differenzierungsraumgeeignete Ausstattung (Mobiliar, Einzeltische, u. a.)

-      Sicherstellung der Erreichbarkeit in den Klassen- bzw. Differenzierungsräumen (Telefon, Handy u. ä.)

-      Schulsozialarbeit (Einsatz von Schulsozialarbeitern/-pädagogen)

-      Aufstockung/Anpassung der Schulsekretariatsstunden

 

Die Bezirksregierung Münster und das Schulamt für den Kreis Steinfurt haben bisher darauf hingewiesen, dass die Einrichtung von Orten des Gemeinsamen Lernens nicht mit sächlichen Mehrkosten verbunden sei. In jedem Fall seien pädagogische Lösungen möglich.

 

Dieser Zwiespalt (die Aussagen der Schulaufsicht und der betroffenen Schulen unterscheiden sich erheblich) ist von der Stadt Rheine als Schulträger so nicht zu lösen. Dennoch sind Mittel über die Förderung kommunaler Anforderungen für die schulische Inklusion i. H. v. 122.000,00 € (FB 1: Sachkosten, Belastungsausgleich) sowie i. H. v. 22.000,00 € (FB 2: Einsatz von nicht lehrendem Personal) bereitgestellt. Insbesondere hinsichtlich des Belastungsausgleiches ist im Rahmen der gemeinsam noch zu erarbeitenden Prioritätenliste über die Verteilung gesondert zu entscheiden.

 

Auf Grund der dargestellten Sachlage wird dem Rat der Stadt Rheine empfohlen, der Einrichtung von Orten des Gemeinsamen Lernens i. S. d. § 20 Abs. 5 SchulG NRW (Förderschwerpunkte Lernen, Sprache, Emotionale und Soziale Entwicklung) an den folgenden Schulen ab dem Schuljahr 2015/16 zuzustimmen:

-      Sekundarschule Rheine Stadt (ab 01.08.2015: Nelson-Mandela-Schule, Sekundarschule der Stadt Rheine)

-      Sekundarschule am Hassenbrock

-      Euregio Gesamtschule

-      Kopernikus-Gymnasium.