hier: Antrag der SPD-Fraktion vom 21. 11. 2017
Beschlussvorschlag/Empfehlung:
Der Antrag der
SPD-Fraktion wird zur Kenntnis genommen. Die Verwaltung wird beauftragt –
entsprechend freier Arbeitskapazitäten – Bebauungspläne für Gebiete ohne
verbindliche Bauleitplanung aufzustellen bzw. bestehende Bebauungspläne zu
ändern – mit der Intention, in durch Ein- und Zweifamilienhausgebieten geprägten
Quartieren die Zahl der Wohneinheiten pro Gebäude zu begrenzen.
Begründung:
1. Inhalt
des Antrages:
Mit dem vorgelegten
Antrag (s. Anlage 1) wird die Aufstellung von Bebauungsplänen bzw. Änderungen
bestehender Bauleitpläne aus unterschiedlichen Gründen gefordert. Dabei wird
Bezug genommen auf in letzter Zeit dem Ausschuss vorgelegten
Bauleitplanverfahren und aktuelle Baugenehmigungen in Gebieten ohne
Bebauungsplan, die in der Öffentlichkeit diskutiert worden sind. Bei den
Bauleitplanverfahren ging es insbesondere um die Regelung der zulässigen Zahl
der Wohneinheiten pro Gebäude und um Bauvorhaben, die in der Öffentlichkeit
diskutiert worden sind (Beispiel: Bebauung Riegelstraße).
2. Grundlagenermittlung
Mit dem Antrag
werden unterschiedliche planungsrechtliche Sachverhalte angesprochen, die auch
unterschiedlich zu bewerten sind. Im nachfolgenden werden auf Grund einer
kompletten Aufnahme aller 187 Bebauungspläne der Stadt Rheine (s. Anlage 2),
die Wohnbauflächen festsetzen, Vorschläge für das weitere Vorgehen gemacht. Bei
dieser Bestandsaufnahme wurde neben der Bezeichnung des Bebauungsplanes das
Datum der Rechtskraft erfasst und die Begründungen in Bezug auf die Aussage
ausgewertet, ob der Plan für Ein-/Zweifamilienhäuser aufgestellt worden ist.
Zusätzlich wurde die Anzahl der im Geltungsbereich des Bebauungsplanes gelegenen/geplanten
Baugrundstücke abgeschätzt und aufgenommen, ob eine Regelung zur Anzahl der
Wohneinheiten enthalten ist. Abschließend wurde die zulässige Zahl der Vollgeschosse
und – sofern in den rechtlichen Grundlagen aufgeführt – die anzuwendende Baunutzungsverordnung
aufgenommen.
Zur Ermittlung der
Grundlagen in Bezug auf weitere Vorgaben für Bauleitplanverfahren erfolgte auch
eine Analyse der Flächen nach § 34 BauGB. Die Untersuchung der Gebiete ohne
Bauleitplanung erfolgte auf Basis der Baustruktur aus der Deutschen Grundkarte
und der Auswertung von Luftbildern. Auf Grund der Fülle dieser Bereiche und der
begrenzten personellen Ressourcen konnten keine Ortsbegehungen durchgeführt
werden. Die Ergebnisse dieser Recherche werden exemplarisch an den Ergebnissen
für den Ortsteil „Dorenkamp/Dutum“ dargestellt (s. Anlage 3). Kartografisch
werden die Bereiche mit verbindlicher bzw. in Aufstellung befindlicher
Bauleitplanung und Satzungen dargestellt. Die Bereiche, für die die Aufstellung
eines Bebauungsplanes zur Regelung der Anzahl der Wohneinheiten vorgeschlagen
wird, sind ebenfalls aufgenommen.
3. Wohngebiete
mit Bebauungsplänen
Bei der Vielzahl der
im Gebiet der Stadt Rheine geltenden Bebauungspläne bestehen unterschiedlichste
Regelungen in Bezug auf die zulässige Zahl der Wohneinheiten:
3.1 Bebauungspläne
mit Festsetzungen zur Zahl der zulässigen Wohneinheiten
34 der analysierten
Bauleitpläne enthalten exakte Vorgaben bezüglich der Anzahl der möglichen
Wohneinheiten. Bei weiteren 29 Bebauungsplänen liegen tlw. Beschränkungen vor.
Diese Vorgaben beziehen sich beispielsweise auf neu zu bebauende Grundstücke,
auf Gebäude mit einer bestimmten Zahl der Vollgeschosse oder auch auf räumliche
Teilbereiche. Bei den 34 erstgenannten Plänen besteht kein Handlungsbedarf; bei
den übrigen 29 Plänen ist eine genauere Analyse – über die Sichtung der
Planunterlagen hinaus – notwendig, um ggf. den Handlungsbedarf zu erfassen.
3.2 Bebauungspläne
ohne Festsetzungen zur Zahl der zulässigen Wohneinheiten
124 Bebauungspläne
enthalten keine exakten Festsetzungen zur Zahl der Wohnungen pro Gebäude. Dabei
handelt es sich bei 13 Plangebieten um Quartiere, die für den Geschosswohnungsbau
geplant worden sind, bzw. um 19 Quartiere, die sowohl für Geschosswohnungsbau
als auch für Ein-/Zweifamilienhausbebauung konzipiert worden sind.
Bei den
verbleibenden 92 Plangebieten, in denen der zugehörige Bebauungsplan keine
Festsetzungen zur Zahl der Vollgeschosse enthält, ergibt sich lediglich in
wenigen Fällen aus den zugehörigen Begründungen, dass der Bauleitplan für den
Bau von Ein-/Zweifamilienhäuser aufgestellt worden ist, ohne dass entsprechende
Festsetzungen aufgenommen worden sind. Vielfach ergibt sich jedoch aus
Begriffen wie „Eigenheim“ oder „Familienheim“ die Intention, dass der Plan lediglich
für Einfamilienhäuser projektiert worden ist. Insbesondere in Begründungen zu
älteren Bebauungsplänen wird von Einzel- und Doppelhäusern gesprochen. Aus dem
Kontext ist dabei zu entnehmen, dass hiermit klassische Einfamilienhäuser
gemeint sind. Aus der Analyse der Begründungen lässt sich deshalb insgesamt
nicht in allen Fällen direkt ablesen, ob ein Regelungsbedarf hinsichtlich der
Beschränkung der Zahl der Wohneinheiten besteht. Bei den 92 Plangebieten
handelt es sich jedoch insgesamt weitestgehend um „klassische“ Einfamilienhausgebiete.
Diese These wird durch die bei der Ermittlung der betroffenen Grundstücke
gewonnenen Erkenntnisse über die Bau- und Grundstückstruktur bestärkt.
Zur Vermeidung der
bereits in anderen Vorlagen dargelegten negativen Auswirkungen (vgl. Vorlagen
023/17, 068/17, 069/17 und 259/17) kann es sinnvoll sein, in diesen Quartieren
die Zahl der Wohneinheiten pro Gebäude zu begrenzen.
4. Wohngebiete
ohne Bebauungsplan
Analog der Bereiche
mit verbindlichen Bauleitplänen haben sich auch in Bereichen, die nach § 34
BauGB zu beurteilen sind - im Zusammenhang bebaute Bereiche –, unterschiedliche
Gebäude- und Wohnformen entwickelt. Grundsätzlich lassen sich hier drei
Kategorien unterscheiden:
4.1 Wohngebiete mit Ein- und Zweifamilienhäusern
Hierbei handelt es
sich zum einen um Wohngebiete – oft am Siedlungsrand gelegen - die i.d.R.
selbst genutzte ein- oder zweigeschossige Wohnhäuser mit ausgebautem
Dachgeschoss als Einzel- oder Doppelhaus aufweisen. Diese für Rheine typischen
Wohnsiedlungen weisen meist eine sehr homogene Bebauungsstruktur auf, selten
finden sich hier Bebauungen, die mehr als zwei Wohneinheiten aufweisen. Diese
Bereiche sind zu unterschiedlichen Bauzeiten entstanden und weisen deshalb –
abgesehen von der Anzahl der Wohneinheiten – teilweise erhebliche Unterschiede in
Bezug auf die Grundstücksstruktur auf. Je älter die Baugebiete desto größer
sind tendenziell die Grundstücke. Mit der Größe der Grundstücke und dem Alter
der Gebäude steigt die Gefahr, dass im Rahmen von Nachverdichtungsmaßnahmen die
bereits mehrfach aufgezeigten negativen Auswirkungen für die Nachbarschaft
auftreten. Für diese Bereiche (s. exemplarisch Anlage 4) besteht die Möglichkeit,
durch die Aufstellung eines einfachen Bebauungsplanes die Wohneinheiten zu
begrenzen. Durch die Begrenzung kann der ursprüngliche Charakter der Gebiete
erhalten und vor unerwünschten Umstrukturierungen geschützt werden. Eine
Analyse des Stadtgebietes zeigt insgesamt ca. 30 entsprechende Plangebiete auf.
4.2 Wohngebiete
mit Geschosswohnungsbau
Innerhalb des
Stadtgebietes finden sich Bereiche, die fast vollständig Mehrgeschosswohnungsbau
aufweisen, die allerdings ohne verbindliche Bauleitplanung entstanden sind. In
diesen Quartieren liegt bereits eine siedlungsstrukturelle Prägung vor, die
eine Beschränkung der Anzahl der Wohneinheiten fragwürdig und nicht
rechtssicher erscheinen lassen (s. exemplarisch Anlage 5).
4.3 Wohngebiete
mit heterogener Wohnbebauung
Bei dieser Kategorie
handelt es sich auf Grund ihrer meist zentraleren Lage um Quartiere mit einer
heterogenen Wohnbebauung. Diese Gebiete weisen bereits einzelne Mehrfamilienhäuser
mit drei oder mehr Wohnungen auf. Hier lässt sich differenzieren zwischen
Bereichen, in denen eine Verdichtung zu Problemen führen kann, dies betrifft
überwiegend die Innenbereiche der heterogenen Wohngebiete. Um den Bedarf nach
Wohnungen im Mehrfamilienhausbau Rechnung zu tragen und eine weitere
Innenentwicklung zu ermöglichen, wird es in diesen Fällen städtebaulich als vertretbar
angesehen, in den Randbereichen dieser Quartiere eine höhere Verdichtung zu
ermöglichen. Dies betrifft insbesondere Bereiche an Erschließungs- und
Sammelstraßen, die auf Grund ihrer allgemeinen Funktion geeignet sind, ein
höheres Verkehrsaufkommen aufzunehmen (s. exemplarisch Anlage 6). Zur Sicherung
dieser Quartiere ist ebenfalls die Aufstellung einfacher Bebauungspläne notwendig.
Darüber hinaus sind
Quartiere entstanden, die bereits einen erheblichen Anteil an Mehrfamilienhäusern
aufweisen (s. exemplarisch Anlage 7). Die entsprechenden Geschosswohnungsbauten
sind dabei jedoch weitgehend nicht im Rahmen von aktuellen
Nachverdichtungsmaßnahmen entstanden, sondern vielmehr bereits bei der
ursprünglichen Bebauung errichtet worden. Dabei ist die Verteilung der
Gebäude-/Wohnformen so heterogen, dass eine Strukturierung nicht möglich ist.
In diesen Quartieren ist eine Steuerung der Zahl der Wohneinheiten nicht
möglich, da es mit Blick auf die vorhandenen Strukturen keine städtebaulich
haltbare Begründung für diese planungsrechtliche Intention gibt. Diese bieten
aus gesamtstädtischer Sicht die Möglichkeit, weitere Nachverdichtungsmaßnahmen
zu ermöglichen. Dabei ist jedoch insbesondere auf die Stellplatzproblematik zu
achten, um die Belastung des öffentlichen Straßenraumes mit zusätzlichem
Parksuchverkehr zu reduzieren. Hierzu könnte eine auf die Bedürfnisse innerhalb
der Stadt Rheine abgestimmte Stellplatzsatzung beitragen, in der z.B. pro
Wohneinheit mehr als 1 Stellplatz gefordert wird.
In diese Kategorie
der Bereiche, in denen durch Bauleitplanung keine Regelung der zulässigen Zahl
der Wohneinheiten mehr möglich ist, fällt der im SPD-Antrag genannte Bereich
Riegelstraße. Hier findet sich in der Umgebung bereits eine so große Zahl von
Gebäuden mit mehreren Wohneinheiten dass eine städtebauliche Begründung für die
Beschränkung der Wohneinheiten nicht mehr tragfähig ist.
5. Fazit:
Die vorgelegte
Analyse verdeutlicht, dass mit ca. 120 Quartieren eine Vielzahl von Planbereichen/Wohngebieten
besteht, bei denen eine Regelung der Zahl der Wohneinheiten sinnvoll erscheint.
Auf Grund der hohen Fallzahlen ist diese Aufgabe jedoch mit dem vorhandenen
Personalbestand nicht in einem angemessenen Zeitrahmen leistbar. Es ist nur
möglich – je nach freien Arbeitskapazitäten – Plangebiete aufzugreifen, bei
denen auf Grund von Nachfragen mit Nachverdichtungsmaßnahmen zu rechnen ist
oder auf entsprechende Anträge von Grundstückseigentümern zu reagieren. Ansonsten
sollten Quartiere mit älteren Wohngebäuden und einer zumindest zweigeschossigen
Bauweise zeitlich bevorzugt aufgegriffen werden, da hier die Gefahr der
Nachverdichtung auf Grund möglicher Gebäudeabbrüche und höherer Ausnutzbarkeit
der Baufelder für Geschosswohnungsbau besonders hoch ist.