Beschlussvorschlag/Empfehlung:

 

Der Antrag der SPD-Fraktion wird zur Kenntnis genommen. Die Verwaltung wird beauftragt – entsprechend freier Arbeitskapazitäten – Bebauungspläne für Gebiete ohne verbindliche Bauleitplanung aufzustellen bzw. bestehende Bebauungspläne zu ändern – mit der Intention, in durch Ein- und Zweifamilienhausgebieten geprägten Quartieren die Zahl der Wohneinheiten pro Gebäude zu begrenzen.

 


Begründung:

 

1.       Inhalt des Antrages:

 

Mit dem vorgelegten Antrag (s. Anlage 1) wird die Aufstellung von Bebauungsplänen bzw. Änderungen bestehender Bauleitpläne aus unterschiedlichen Gründen gefordert. Dabei wird Bezug genommen auf in letzter Zeit dem Ausschuss vorgelegten Bauleitplanverfahren und aktuelle Baugenehmigungen in Gebieten ohne Bebauungsplan, die in der Öffentlichkeit diskutiert worden sind. Bei den Bauleitplanverfahren ging es insbesondere um die Regelung der zulässigen Zahl der Wohneinheiten pro Gebäude und um Bauvorhaben, die in der Öffentlichkeit diskutiert worden sind (Beispiel: Bebauung Riegelstraße).

 

 

2.       Grundlagenermittlung

 

Mit dem Antrag werden unterschiedliche planungsrechtliche Sachverhalte angesprochen, die auch unterschiedlich zu bewerten sind. Im nachfolgenden werden auf Grund einer kompletten Aufnahme aller 187 Bebauungspläne der Stadt Rheine (s. Anlage 2), die Wohnbauflächen festsetzen, Vorschläge für das weitere Vorgehen gemacht. Bei dieser Bestandsaufnahme wurde neben der Bezeichnung des Bebauungsplanes das Datum der Rechtskraft erfasst und die Begründungen in Bezug auf die Aussage ausgewertet, ob der Plan für Ein-/Zweifamilienhäuser aufgestellt worden ist. Zusätzlich wurde die Anzahl der im Geltungsbereich des Bebauungsplanes gelegenen/geplanten Baugrundstücke abgeschätzt und aufgenommen, ob eine Regelung zur Anzahl der Wohneinheiten enthalten ist. Abschließend wurde die zulässige Zahl der Vollgeschosse und – sofern in den rechtlichen Grundlagen aufgeführt – die anzuwendende Baunutzungsverordnung aufgenommen.

 

Zur Ermittlung der Grundlagen in Bezug auf weitere Vorgaben für Bauleitplanverfahren erfolgte auch eine Analyse der Flächen nach § 34 BauGB. Die Untersuchung der Gebiete ohne Bauleitplanung erfolgte auf Basis der Baustruktur aus der Deutschen Grundkarte und der Auswertung von Luftbildern. Auf Grund der Fülle dieser Bereiche und der begrenzten personellen Ressourcen konnten keine Ortsbegehungen durchgeführt werden. Die Ergebnisse dieser Recherche werden exemplarisch an den Ergebnissen für den Ortsteil „Dorenkamp/Dutum“ dargestellt (s. Anlage 3). Kartografisch werden die Bereiche mit verbindlicher bzw. in Aufstellung befindlicher Bauleitplanung und Satzungen dargestellt. Die Bereiche, für die die Aufstellung eines Bebauungsplanes zur Regelung der Anzahl der Wohneinheiten vorgeschlagen wird, sind ebenfalls aufgenommen.

 

 

3.       Wohngebiete mit Bebauungsplänen

 

Bei der Vielzahl der im Gebiet der Stadt Rheine geltenden Bebauungspläne bestehen unterschiedlichste Regelungen in Bezug auf die zulässige Zahl der Wohneinheiten:

 

 

3.1     Bebauungspläne mit Festsetzungen zur Zahl der zulässigen Wohneinheiten

 

34 der analysierten Bauleitpläne enthalten exakte Vorgaben bezüglich der Anzahl der möglichen Wohneinheiten. Bei weiteren 29 Bebauungsplänen liegen tlw. Beschränkungen vor. Diese Vorgaben beziehen sich beispielsweise auf neu zu bebauende Grundstücke, auf Gebäude mit einer bestimmten Zahl der Vollgeschosse oder auch auf räumliche Teilbereiche. Bei den 34 erstgenannten Plänen besteht kein Handlungsbedarf; bei den übrigen 29 Plänen ist eine genauere Analyse – über die Sichtung der Planunterlagen hinaus – notwendig, um ggf. den Handlungsbedarf zu erfassen.

 

 

3.2     Bebauungspläne ohne Festsetzungen zur Zahl der zulässigen Wohneinheiten

 

124 Bebauungspläne enthalten keine exakten Festsetzungen zur Zahl der Wohnungen pro Gebäude. Dabei handelt es sich bei 13 Plangebieten um Quartiere, die für den Geschosswohnungsbau geplant worden sind, bzw. um 19 Quartiere, die sowohl für Geschosswohnungsbau als auch für Ein-/Zweifamilienhausbebauung konzipiert worden sind.

 

Bei den verbleibenden 92 Plangebieten, in denen der zugehörige Bebauungsplan keine Festsetzungen zur Zahl der Vollgeschosse enthält, ergibt sich lediglich in wenigen Fällen aus den zugehörigen Begründungen, dass der Bauleitplan für den Bau von Ein-/Zweifamilienhäuser aufgestellt worden ist, ohne dass entsprechende Festsetzungen aufgenommen worden sind. Vielfach ergibt sich jedoch aus Begriffen wie „Eigenheim“ oder „Familienheim“ die Intention, dass der Plan lediglich für Einfamilienhäuser projektiert worden ist. Insbesondere in Begründungen zu älteren Bebauungsplänen wird von Einzel- und Doppelhäusern gesprochen. Aus dem Kontext ist dabei zu entnehmen, dass hiermit klassische Einfamilienhäuser gemeint sind. Aus der Analyse der Begründungen lässt sich deshalb insgesamt nicht in allen Fällen direkt ablesen, ob ein Regelungsbedarf hinsichtlich der Beschränkung der Zahl der Wohneinheiten besteht. Bei den 92 Plangebieten handelt es sich jedoch insgesamt weitestgehend um „klassische“ Einfamilienhausgebiete. Diese These wird durch die bei der Ermittlung der betroffenen Grundstücke gewonnenen Erkenntnisse über die Bau- und Grundstückstruktur bestärkt.

 

Zur Vermeidung der bereits in anderen Vorlagen dargelegten negativen Auswirkungen (vgl. Vorlagen 023/17, 068/17, 069/17 und 259/17) kann es sinnvoll sein, in diesen Quartieren die Zahl der Wohneinheiten pro Gebäude zu begrenzen.

 

 

4.       Wohngebiete ohne Bebauungsplan

 

Analog der Bereiche mit verbindlichen Bauleitplänen haben sich auch in Bereichen, die nach § 34 BauGB zu beurteilen sind - im Zusammenhang bebaute Bereiche –, unterschiedliche Gebäude- und Wohnformen entwickelt. Grundsätzlich lassen sich hier drei Kategorien unterscheiden:

 

 

4.1     Wohngebiete mit Ein- und Zweifamilienhäusern

 

Hierbei handelt es sich zum einen um Wohngebiete – oft am Siedlungsrand gelegen - die i.d.R. selbst genutzte ein- oder zweigeschossige Wohnhäuser mit ausgebautem Dachgeschoss als Einzel- oder Doppelhaus aufweisen. Diese für Rheine typischen Wohnsiedlungen weisen meist eine sehr homogene Bebauungsstruktur auf, selten finden sich hier Bebauungen, die mehr als zwei Wohneinheiten aufweisen. Diese Bereiche sind zu unterschiedlichen Bauzeiten entstanden und weisen deshalb – abgesehen von der Anzahl der Wohneinheiten – teilweise erhebliche Unterschiede in Bezug auf die Grundstücksstruktur auf. Je älter die Baugebiete desto größer sind tendenziell die Grundstücke. Mit der Größe der Grundstücke und dem Alter der Gebäude steigt die Gefahr, dass im Rahmen von Nachverdichtungsmaßnahmen die bereits mehrfach aufgezeigten negativen Auswirkungen für die Nachbarschaft auftreten. Für diese Bereiche (s. exemplarisch Anlage 4) besteht die Möglichkeit, durch die Aufstellung eines einfachen Bebauungsplanes die Wohneinheiten zu begrenzen. Durch die Begrenzung kann der ursprüngliche Charakter der Gebiete erhalten und vor unerwünschten Umstrukturierungen geschützt werden. Eine Analyse des Stadtgebietes zeigt insgesamt ca. 30 entsprechende Plangebiete auf.

 

 

4.2     Wohngebiete mit Geschosswohnungsbau

 

Innerhalb des Stadtgebietes finden sich Bereiche, die fast vollständig Mehrgeschosswohnungsbau aufweisen, die allerdings ohne verbindliche Bauleitplanung entstanden sind. In diesen Quartieren liegt bereits eine siedlungsstrukturelle Prägung vor, die eine Beschränkung der Anzahl der Wohneinheiten fragwürdig und nicht rechtssicher erscheinen lassen (s. exemplarisch Anlage 5).

 

 

4.3     Wohngebiete mit heterogener Wohnbebauung

 

Bei dieser Kategorie handelt es sich auf Grund ihrer meist zentraleren Lage um Quartiere mit einer heterogenen Wohnbebauung. Diese Gebiete weisen bereits einzelne Mehrfamilienhäuser mit drei oder mehr Wohnungen auf. Hier lässt sich differenzieren zwischen Bereichen, in denen eine Verdichtung zu Problemen führen kann, dies betrifft überwiegend die Innenbereiche der heterogenen Wohngebiete. Um den Bedarf nach Wohnungen im Mehrfamilienhausbau Rechnung zu tragen und eine weitere Innenentwicklung zu ermöglichen, wird es in diesen Fällen städtebaulich als vertretbar angesehen, in den Randbereichen dieser Quartiere eine höhere Verdichtung zu ermöglichen. Dies betrifft insbesondere Bereiche an Erschließungs- und Sammelstraßen, die auf Grund ihrer allgemeinen Funktion geeignet sind, ein höheres Verkehrsaufkommen aufzunehmen (s. exemplarisch Anlage 6). Zur Sicherung dieser Quartiere ist ebenfalls die Aufstellung einfacher Bebauungspläne notwendig.

 

Darüber hinaus sind Quartiere entstanden, die bereits einen erheblichen Anteil an Mehrfamilienhäusern aufweisen (s. exemplarisch Anlage 7). Die entsprechenden Geschosswohnungsbauten sind dabei jedoch weitgehend nicht im Rahmen von aktuellen Nachverdichtungsmaßnahmen entstanden, sondern vielmehr bereits bei der ursprünglichen Bebauung errichtet worden. Dabei ist die Verteilung der Gebäude-/Wohnformen so heterogen, dass eine Strukturierung nicht möglich ist. In diesen Quartieren ist eine Steuerung der Zahl der Wohneinheiten nicht möglich, da es mit Blick auf die vorhandenen Strukturen keine städtebaulich haltbare Begründung für diese planungsrechtliche Intention gibt. Diese bieten aus gesamtstädtischer Sicht die Möglichkeit, weitere Nachverdichtungsmaßnahmen zu ermöglichen. Dabei ist jedoch insbesondere auf die Stellplatzproblematik zu achten, um die Belastung des öffentlichen Straßenraumes mit zusätzlichem Parksuchverkehr zu reduzieren. Hierzu könnte eine auf die Bedürfnisse innerhalb der Stadt Rheine abgestimmte Stellplatzsatzung beitragen, in der z.B. pro Wohneinheit mehr als 1 Stellplatz gefordert wird.

 

In diese Kategorie der Bereiche, in denen durch Bauleitplanung keine Regelung der zulässigen Zahl der Wohneinheiten mehr möglich ist, fällt der im SPD-Antrag genannte Bereich Riegelstraße. Hier findet sich in der Umgebung bereits eine so große Zahl von Gebäuden mit mehreren Wohneinheiten dass eine städtebauliche Begründung für die Beschränkung der Wohneinheiten nicht mehr tragfähig ist.

 

 

5.       Fazit:

 

Die vorgelegte Analyse verdeutlicht, dass mit ca. 120 Quartieren eine Vielzahl von Planbereichen/Wohngebieten besteht, bei denen eine Regelung der Zahl der Wohneinheiten sinnvoll erscheint. Auf Grund der hohen Fallzahlen ist diese Aufgabe jedoch mit dem vorhandenen Personalbestand nicht in einem angemessenen Zeitrahmen leistbar. Es ist nur möglich – je nach freien Arbeitskapazitäten – Plangebiete aufzugreifen, bei denen auf Grund von Nachfragen mit Nachverdichtungsmaßnahmen zu rechnen ist oder auf entsprechende Anträge von Grundstückseigentümern zu reagieren. Ansonsten sollten Quartiere mit älteren Wohngebäuden und einer zumindest zweigeschossigen Bauweise zeitlich bevorzugt aufgegriffen werden, da hier die Gefahr der Nachverdichtung auf Grund möglicher Gebäudeabbrüche und höherer Ausnutzbarkeit der Baufelder für Geschosswohnungsbau besonders hoch ist.