Beschlussvorschlag/Empfehlung:

 

 

der Antragsteller:

 

  1. Der Ausschuss für Stadtentwicklung, Umwelt und Klimaschutz übernimmt die hier vorgelegten Änderungen in der von der Verwaltung vorgelegten Fassung  der Satzung, die folgende Aspekte betreffen (siehe Synopse in der Anlage, rot markierte Textstellen):
  • Aufnahme von landschafts- und stadtbildprägenden bzw. ökologisch bedeutsamen Hecken, insbesondere Buchen-, Weißdorn-, Liguster- und Eibenhecken, von mindestens 1,50 Meter Höhe
  • Ausweitung des Schutzes auf alle Baumarten
  • Ausweitung des Schutzes auf jüngere Bäume (Stammumfang)
  • Entscheidung von Ausnahmegenehmigungen durch den Ausschuss für Stadtentwicklung, Umwelt und Klimaschutz
  • Entscheidungen nur nach vor Ort Begehung, nicht nach Aktenlage
  • Ersatzanpflanzungen immer mindestens 1 : 2

 

  1. Die Stadtverwaltung erstellt ein Baum- und Heckenkataster

 

 

der Verwaltung:

 

I.                    Der Ausschuss für Stadtentwicklung, Umwelt und Klimaschutz stimmt dem als Anlage 1 beigefügten, neu ausgearbeiteten Entwurf der 2. Änderungssatzung zur Satzung zum Schutz des Baumbestandes in der Stadt Rheine zu und empfiehlt dem Rat der Stadt Rheine die 2. Änderungssatzung zu beschließen.

 

II.                  Der Rat der Stadt Rheine beschließt die als Anlage 1 beigefügte 2. Änderungssatzung zur Satzung zum Schutz des Baumbestandes in der Stadt Rheine.

 

 


Begründung:

 

der Antragsteller:

 

Auf den als Anlage 3 beigefügten Antrag der Fraktion von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vom 08.05.2021  wird verwiesen.

 

 

 

der Verwaltung:

 

Mit Beschluss des Ausschusses für Stadtentwicklung, Umwelt und Klimaschutz in der Sitzung vom 11.03.2020 wurde die Verwaltung beauftragt, eine Änderung der Satzung zum Schutz des Baumbestandes in der Stadt Rheine bezüglich der Regelung von Ersatzanpflanzungen und der Aktualisierung der Rechtsbezüge auszuarbeiten (Vorlage Nr. 097/20). Anlass war ein Antrag der SPD-Fraktion im Rat der Stadt Rheine vom 19.11.2019 mit dem eine Änderung der Baumschutzsatzung der Stadt Rheine bezüglich der Regelung von Ersatzanpflanzungen im Falle von widerrechtlich erfolgten Baumfällungen oder schwerwiegenden Beschädigungen geschützter Bäume beantragt wurde. Die SPD-Fraktion hatte beantragt, den Wortlaut von § 9 der Baumschutzsatzung so zu ändern, dass Ersatzanpflanzungen für geschützte Bäume bei einer widerrechtlichen Beseitigung grundsätzlich an selber Stelle auszuführen sind.

 

Die Verwaltung hatte im Sinne des Antrages der SPD-Fraktion eine rechtssichere Formulierung von § 9 Folgenbeseitigung ausgearbeitet. Zudem wurden die Rechtsbezüge und Rechtsgrundlagen der Baumschutzsatzung der Stadt Rheine aktualisiert. Die Verwaltung hatte für diese Änderungen und Aktualisierungen den Entwurf einer 2. Änderungssatzung zur Satzung zum Schutz des Baumbestandes in der Stadt Rheine für die Beratung in der Sitzung des Ausschusses für Stadtentwicklung, Umwelt und Klimaschutz am 12.05.2021 als Beschlussvorlage Nr. 224/21 gefertigt. Auf die Begründung zu dieser Vorlage wird hier verwiesen. Der Entwurf der 2. Änderungssatzung in der ursprünglichen Fassung zu der Vorlage Nr. 224/21 ist als Anlage 2 beigefügt.

 

Mit Schreiben vom 08.05.2021 hatte die Fraktion von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN einen Änderungsantrag zu der Vorlage Nr. 224/21 der Verwaltung eingereicht (s. Anlage 3). Dieser Änderungsantrag beinhaltet einen neuen Beschlussvorschlag mit wesentlichen weiteren Änderungen und Ergänzungen der Baumschutzsatzung. Aufgrund dieses umfassenden Änderungsantrages wurde die Vorlage Nr. 224/21 von der Beratung in der Sitzung des Ausschusses für Stadtentwicklung, Umwelt und Klimaschutz am 12.05.2021 von der Tagesordnung genommen.

 

Die Verwaltung legt nunmehr - nach Prüfung und Beurteilung des Änderungsantrages der Fraktion von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - hiermit eine Ergänzungsvorlage für die Vorlage Nr. 224/21 vor, die einen neu gefassten Entwurf für die 2. Änderungssatzung der Satzung zum Schutz des Baumbestandes in der Stadt Rheine beinhaltet.

 

Die Verwaltung hat die beantragten Änderungen und Erweiterungen der Baumschutzsatzung überprüft und einen neuen Entwurf für die 2. Änderungssatzung der Satzung zum Schutz des Baumbestandes in der Stadt Rheine ausgearbeitet. Dieser beinhaltet einige wesentliche inhaltliche Änderungen, die aus dem Änderungsantrag der Fraktion von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN resultieren.

 

Ein Teil der beantragten Änderungen und Ergänzungen der Baumschutzsatzung sind aufgrund bestehender Rechtsgrundlagen nicht umsetzbar oder werden von der Verwaltung als nicht praxisgerecht oder unangemessen beurteilt.

 

Eine Aufnahme von Hecken in die Baumschutzsatzung, ist grundsätzlich nicht möglich, da dies durch die Ermächtigungsgrundlage für den Erlass von kommunalen Baumschutzsatzungen in § 49 LNatSchG NRW nicht gedeckt ist. In Nordrhein-Westfalen ist den Kommunen explizit nur die Berechtigung eingeräumt, den Schutz von Bäumen, die sich im bauplanungsrechtlichen Innenbereich befinden, über eine kommunale Satzung zu regeln, nicht jedoch den Schutz sonstiger geschützter Landschaftsbestandteile im Sinne von § 29 BNatSchG.

 

Eine Ausweitung des Schutzes auf alle Baumarten ist aus Sicht der Verwaltung nicht sachgerecht. Die Verwaltung hält eine Einbeziehung sämtlicher Laubbaumarten und auch der Obstbaumarten, mit Ausnahme von Bäumen die dem Erwerbsobstanbau dienen, für sinnvoll und angemessen.

 

Bei Obstbäumen sollen Ausnahmen von den Verboten der Baumschutzsatzung jedoch grundsätzlich genehmigt werden, ohne dass hierfür die in § 6 Abs. 1 aufgeführten Erlaubnisvoraussetzungen nachgewiesen werden müssen. Diese Verfahrenserleichterung ist aus Sicht der Verwaltung in Bezug auf Obstbäume verhältnismäßig und geboten, um  die Akzeptanz der Baumschutzsatzung weiterhin zu gewährleisten. Obstbäume werden, wenn auch nicht für den Lebensunterhalt, häufig noch als Obstlieferant genutzt und wenn sie nicht mehr tragen durch einen neuen Obstbaum ersetzt.

 

Nadelbäume sollen weiterhin von der Satzung ausgenommen werden. Bei den Nadelbäumen im Geltungsbereich der Baumschutzsatzung handelt es sich in der Regel um standortfremde Baumarten, deren ökologische und klimarelevante Funktionen nicht als besonders hochwertig und schützenswert zu beurteilen sind. Zudem sind große Teile des Nadelbaumbestandes aktuell auch bereits durch Trockenheit, Krankheiten und Schädlingsbefall erheblich geschädigt und erfüllen daher nur in seltenen Fällen die naturhaushaltlichen Funktionen und das besondere öffentliche Interesse, um eine Unterschutzstellung durch die Baumschutzsatzung und die damit verbundenen Eingriffe in die Eigentumsrechte hinreichend zu rechtfertigen.

 

Den Stammumfang für geschützte Bäume von bisher ab > 80 cm auf künftig ab > 60 cm zu ändern, ist fachlich vertretbar und aus Sicht der Verwaltung auch sinnvoll, um für deutlich mehr Bäume künftig eine Erhaltung zu sichern. Durch die Erhaltung jüngerer Bäume kann auch eine Verjüngung und Vermehrung des vorhandenen Baumbestandes im Stadtgebiet erreicht werden. Dies ist auch in Anbetracht der notwendigen Klimafolgenanpassung als wirksam und zielführend anzusehen. Auf vielen bebauten Grundstücken sind heute nur jüngere Bäume oder schwächer wachsende Baumarten vorhanden, die vielfach einen Stammumfang von > 80 cm noch nicht aufweisen und ggf. auch nicht erreichen würden, weil sie zum Teil vorher entfernt werden.

Bei mehrstämmig gewachsenen Bäumen sollte daran festgehalten werden, dass erst dann aufaddiert wird, wenn ein Stamm einen Umfang von mind. 30 cm aufweist und ein Schutz erst bei einer Summe der Stammumfänge > 80 cm gilt. Ansonsten würde regelmäßig auch unbedeutender, mehrstämmiger Gehölzaufschlag der Baumschutzsatzung unterfallen. Dies ist aus Sicht der Verwaltung als unverhältnismäßig zu beurteilen.

 

Die Verwaltung lehnt den Vorschlag ab, Entscheidungen von Ausnahmegenehmigungen künftig durch den Ausschuss für Stadtentwicklung, Umwelt und Klimaschutz treffen zu lassen. Die Entscheidung über Anträge auf Ausnahme oder Befreiung von der Baumschutzsatzung gehören zum laufenden Geschäft der Verwaltung und müssen aus Sicht der Verwaltung auch weiterhin von der Verwaltung ohne Beschlussfassung im Ausschuss entschieden werden. In Anbetracht von derzeit im Mittel mehr als 120 Anträgen/Jahr, und der mit den vorgesehenen Änderungen der Baumschutzsatzung noch deutlich zunehmenden Zahl von Verfahren, wäre eine termingerechte und effiziente Bearbeitung der Antragsverfahren ansonsten nicht umsetzbar und würde den Verwaltungsaufwand unangemessen erhöhen sowie bürgerunfreundlich sein. 

 

Eine ergänzende Regelung in § 6 Abs. 1 der Baumschutzsatzung, die vorgibt, dass die Überprüfungen der Genehmigungsvoraussetzungen durch die Verwaltung nur nach Vor-Ort-Begehung und nicht nach Aktenlage vorzunehmen sind, ist aus Sicht der Verwaltung nicht erforderlich. Die Entscheidungen der Verwaltung werden auch derzeit bei Antragsverfahren nach Baumschutzsatzung grundsätzlich nur nach einer gründlichen Inaugenscheinnahme des betreffenden Baumes und der örtlichen Gegebenheiten getroffen.

 

Abgesehen von Obstbäumen, für die generell eine Ersatzanpflanzung im Verhältnis 1 : 1 festgelegt werden soll, stimmt die Verwaltung der beantragten Änderung zu, dass künftig bei der Auflage von Ersatzanpflanzungen mindestens 2 Ersatzbäume für jeden zu entfernenden Baum anzupflanzen sind, sofern die Fällgenehmigung aufgrund einer ansonsten nicht möglichen Umsetzung von baurechtlich zulässigen Nutzungen (Ausnahmen gem. § 6 Abs. 1 b) ) oder bei Befreiungen gem. § 6 Abs. 2 erteilt wird. In Anbetracht der Jahrzehnte währenden Entwicklungsphase, die Bäume bis zu einer wirksamen Funktionserfüllung benötigen, ist in diesen Fällen eine Ersatzanpflanzung mit einem Faktor von mind. 1 : 2 als verhältnismäßig und angemessen zu beurteilen.

 

Es ist jedoch darauf hinzuweisen, dass Ersatzpflanzungsforderungen und Ausgleichszahlungsregelungen nicht in Betracht kommen, wenn eine Ausnahme nach § 6 Abs. 1 c) oder d) zu erteilen ist, um einen Baum wegen fortgeschrittener Krankheit oder aus Gründen der Gefahrenabwehr zu beseitigen. Bäume, die krank oder gefährlich und nicht mehr mit zumutbarem Aufwand zu erhalten sind, müssen grundsätzlich als abgängig behandelt werden. Bäume sind als Lebewesen dem natürlichen Gesetz des Kommens und Vergehens unterworfen. Soweit für die weitgehende Schädigung eines Baumes kein Verschulden vorliegt, und sofern nicht durch Festsetzungen eines Bebauungsplanes eine Ersatzanpflanzung bei natürlichem Ausfall festgesetzt wurde, dürfen keine Ersatzanpflanzungen auferlegt werden.

 

Die Erstellung und Veröffentlichung einer Liste von auferlegten Ersatzanpflanzungen ist aus datenschutzrechtlichen Gründen nicht zulässig bzw. wäre nur in den Fällen möglich, in denen die Grundstückseigentümer bzw. Ersatzpflichtigen einer entsprechenden Veröffentlichung im Vorfeld zustimmen würden. Die Verwaltung schlägt ersatzweise die folgende, neue Formulierung vor, die § 7 als Absatz 6 hinzugefügt werden soll: „Der Antragsteller hat die fristgerechte und ordnungsgemäße Umsetzung der auferlegten Ersatzanpflanzungen umgehend nach Ausführung prüfbar nachzuweisen. Der Erklärung über die Ausführung der Ersatzanpflanzungen ist ein Lageplan beizufügen, in dem die Standorte der Ersatzanpflanzungen, die Baumarten und die Pflanzqualität einzutragen sind. Die Ersatzanpflanzungen werden von der Verwaltung im digitalen Baumkataster der Stadt Rheine erfasst und dokumentiert.“
Mit dieser Regelung wird eine Dokumentation der Ersatzanpflanzungen ohne eine Speicherung und Erfassung personenbezogener Daten innerhalb des verwaltungsinternen Datenbank- und Geoinformationssystems ermöglicht. Eine Veröffentlichung erfolgt nicht. Die Verwaltung schafft hiermit dennoch Kontrollmöglichkeiten. 

 

Aus den nach Prüfung der Verwaltung möglichen Änderungen und Ergänzungen der Baumschutzsatzung resultiert ein deutlich erhöhter Verwaltungs- und Personalaufwand für den Vollzug der Baumschutzsatzung. Mit Inkrafttreten der 2. Änderungssatzung ist ein entsprechender Stellenanteil, der etwa 1/4-Stelle entspricht, im Stellenplan erforderlich. Eine Möglichkeit diesem Mehraufwand zu begegnen wäre eine Ausweitung im Rahmen des Stellenplans, die andere eine Streichung von freiwilligen Aufgaben im Produkt Umwelt- und Klimaschutz. Die Verwaltung wird im Rahmen der Stellenplanberatung dazu einen Vorschlag machen.

 

 

Die als Punkt 2. des Antrages der Fraktion von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vom 08.05.2021 beantragte Erstellung eines Baum- und Heckenkatasters, ist aus Sicht der Verwaltung - sofern es insbesondere auch Gehölzbestände auf privaten Grundstücken mit einbeziehen soll - kaum umsetzbar. Zur Aufnahme der Bäume in ein Baumkataster müssten die Standorte genau eingemessen sowie Baumart, Stammumfang und Vitalitätszustand erfasst werden. Dazu müssten Privatgrundstücke betreten werden, wozu zwangsläufig im Vorfeld die Einverständniserklärung des Eigentümers bzw. Mieters zum Betreten des Privatgrundstückes und zur Aufnahme des Baumes in das Kataster einzuholen wäre. Dies dürfte nur mit sehr hohem Verwaltungsaufwand möglich sein. Sollten die Eigentümer zum Betreten des Grundstückes ihre Zustimmung geben, müssten sie im Folgenden noch die Zustimmung zur Verarbeitung ihrer Daten geben. Anderenfalls würde die Aufnahme der Bäume in das Kataster gegen die Datenschutzbestimmungen verstoßen. Grundsätzlich ist auch zu bedenken, dass ein solches Kataster regelmäßig gepflegt und aktualisiert werden muss. Dies würde in regelmäßigen Abständen einen wiederkehrenden Verwaltungs- und Kostenaufwand verursachen.

 

Da davon auszugehen ist, dass ein erheblicher Teil der privaten Grundstückseigentümer einer Erfassung der auf dem eigenen Grundstück befindlichen Gehölze nicht zustimmen wird und regelmäßige Datenpflege und Überprüfungen sich nicht mit vertretbarem Aufwand realisieren lassen, hält die Verwaltung den Aufbau eines vollständigen Baumkatasters, das auch die Baumbestände auf privaten Grundstücken erfasst, für nicht umsetzbar. 

 

Gleiches gilt grundsätzlich auch für die Erfassung von Heckenbeständen auf den privaten Grundstücken, wobei hier für die Stadt ohnehin keine Möglichkeit besteht, diese Landschaftsbestandteile im bauplanungsrechtlichen Innenbereich flächendeckend unter Schutz zu stellen. Insofern ist eine hinreichende Begründung und ein entsprechender Nutzen eines solchen Katasters für Heckenbestände nicht zu sehen. 

 

 

 

 


Anlagen:

 

Anlage 1: Entwurf der 2. Änderungssatzung zum Schutz des Baumbestandes in der Stadt Rheine (ergänzte Neufassung für die Vorlage 224/21/1)

 

Anlage 2: Entwurf der 2. Änderungssatzung in der ursprünglichen Fassung der Verwaltung für die Vorlage 224/21 zur Beratung im StUK am 12.05.2021

 

Anlage 3: Antrag der Fraktion von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vom 08.05.2021

 

Anlage 4: Synopse aus dem Antrag der Fraktion von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN mit Prüfvermerken und Stellungnahmen der Verwaltung