Tonbandfundstelle: I/A/0603

 

 


Beschluss:

 

I.       Beratung der Stellungnahmen

 

1.      Beteiligung der Öffentlichkeit gemäß § 3 Abs. 2 BauGB

 

1.1       Herr R. Klaas; Geschäftsführer der Fa. Klaas & Kock B.V. & Co. KG,

Postfach 1520, 48576 Gronau;

          Schreiben vom 28. Februar 2006

 

Abwägung und Abwägungsbeschluss:

1.   Die Problematisierung der Ansiedlung eines vollsortimentierten Lebensmittel-SB-Marktes mit maximal 1.700 m² Verkaufsfläche vermag nicht zu überzeugen.

 

Die Festsetzung eines derartigen Verbrauchermarktes muss in Zusammenhang mit der Zweckbestimmung des hier in Rede stehenden Sondergebietes für ein „Grundversorgungszentrum“ stehen. Wie in der Bebauungsplanbegründung aus­führlich dargestellt, ist es stadtentwicklungspolitisches Ziel des Bebauungsplanes, ein attraktives und zukunftssicheres Grundversorgungszentrum für den Stadtteil Dorenkamp/Dutum herauszubilden. Das an diesem Standort bereits vorhandene Nahversorgungszentrum im Bereich Breite Straße/Darbrookstraße soll nach den gutachterlichen Empfehlungen des Planungsbüros Junker und Kruse sowie nach dem einstimmig vom Rat am 8. November 2005 verabschiedeten Einzelhandels- und Zentrenkonzept zu einem funktionsfähigen Grundversorgungszentrum wei­terentwickelt werden und dazu beitragen, auch in Zukunft eine möglichst woh­nungsnahe Grundversorgung in diesem Stadtteil zu sichern. Gleichzeitig soll die Konzentration der Handelsfunktion auf diesem Bereich zu einer funktionalen und gestalterischen Ortsmitte für diesen Stadtteil führen.

 

Zur Mindestgrundausstattung eines Grundversorgungszentrums gehören insbe­sondere ein vollsortimentierter SB-Lebensmittelmarkt (Supermarkt oder kleiner Verbrauchermarkt) und ein Discountmarkt, der an diesem Standort bereits mit dem Aldi-Markt vorhanden ist.

Dieser vorhandene Discountmarkt und der zukünftige Verbrauchermarkt erfüllen eine wichtige Frequenzbringerfunktion für weitere Einzelhandels- und Dienstleis­tungsbetriebe in diesem Grundversorgungszentrum, die der Nahversorgung die­nen. Da auch kleinere nahversorgungsrelevante Einzelhandels- und Dienstleis­tungsbetriebe zu einem solchen Grundversorgungszentrum gehören, ist es nur konsequent, auch noch 300 m² Verkaufsfläche für derartige ergänzende Betriebe vorzusehen.

 

Die gutachterliche Einschätzung des Büros Junker und Kruse, das die Grundlagen für die Aktualisierung des Einzelhandels und Zentrenkonzeptes geliefert hat, geht davon aus, dass in diesem Stadtteil derzeit bereits eine grundzentrale Versor­gung gegeben ist, jedoch ohne eine städtebaulich wünschenswerte räumliche Konzentration in einem zentralen Versorgungsbereich für diesen Stadtteil. Die beabsichtigte Ansiedlung des Lebensmittelmarktes und weiterer kleinerer Be­triebe wird als Chance für die Schaffung einer funktionalen und städtebaulichen Mitte herausgestellt.

 

2.   Insgesamt wird durch die differenzierte Sondergebietsfestsetzung der nahver­sorgungsrelevante Einzelhandel auf eine Verkaufsfläche von maximal 2.000 m² begrenzt.

 

Dabei darf der Verbrauchermarkt höchstens 1.700 m² Verkaufsfläche haben. Diese Größenordnung des „Vollsortimenters“ ist nicht übersetzt. Daran ändert auch nichts der Hinweis, dass nach dem Bericht der Arbeitsgruppe „Strukturwan­del im Lebensmitteleinzelhandel und § 11 Abs. 3 BauNVO“ ein Supermarkt eine Verkaufsfläche von etwa 1.500 m² aufweist. Zum einen ist in dem Arbeitsgrup­penbericht diese Größenordnung nicht als Obergrenze genannt. Zum anderen müssen auch Kassenzone, Packzone, Windfang und andere Flächen hinzugerech­net werden, die nach der vom BVerwG ausdrücklich bestätigten weiten Verkaufs­flächendefinition als Verkaufsfläche anzusetzen sind.

 

Wenn zu diesem Vollsortimenter noch weitere 300 m² Verkaufsfläche für nahver­sorgungsrelevante kleinteilige Einzelhandelsbetriebe hinzukommen dürfen, hat dies nichts mit einer „Verfälschung“ des in dem Arbeitsgruppenbericht genannten Wertes von 1.500 m² Verkaufsfläche für einen Vollsortimenter zu tun. Abzustel­len ist hier nicht allein auf den Vollsortimenter, sondern auf die Frage, was an dem konkreten Standort für ein attraktives und zukunftsfähiges Grundversor­gungszentrum sinnvoll ist.

 

3.   Die Stadt ist auch keineswegs verpflichtet, ein Verkaufsflächenpotential gleich­mäßig auf alle in diesem Stadtteil vorhandenen Nahversorgungs-SB-Märkte zu verteilen.

 

Wie bereits betont, geht es bei der vorliegenden Planung um eine städtebauliche Schwerpunktsetzung für einen räumlich und funktional bestimmten zentralen Versorgungsbereich an dem hier in Rede stehenden Standort. Das Ziel, eine funktionale und städtebauliche Mitte zu schaffen, rechtfertigt die Konzentration der Verkaufsflächenpotentiale auf eben diesem Standort.

 

Hierbei geht es auch nicht darum, die Wettbewerbsfähigkeit der anderen Le­bensmittel-SB-Märkte, die in diesem Stadtteil außerhalb dieses zentralen Versor­gungsbereiches existieren, zu „verzerren“. Es geht vielmehr um die städtebauli­che Zielsetzung, diesem Stadtteil eine funktionale und städtebauliche Mitte zu geben.

 

4.   Eine Wettbewerbsverzerrung kann auch nicht speziell im Hinblick auf die Lö­sung der Stellplatzfrage angenommen werden.

 

Ausgehend von der Zahl der bauordnungsrechtlich notwendigen Stellplätze ist hier die Stellplatzpflicht ordnungsgemäß abgelöst worden. Die Besonderheit des Falles besteht nur darin, dass die Summe der Ablösebeträge mit den Kosten verrechnet wird, die dem Investor durch die ihm obliegende Herstellung des öf­fentlichen Platzes einschließlich der Parkplätze entstehen.

 

5.   Im Übrigen ist die Bebauungsplanung für dieses Grundversorgungszentrum auch nicht etwa deshalb planungsrechtlich problematisch, weil die Stadt sich hier aktiv an der Herausbildung einer städtebaulichen Mitte an diesem Standort betei­ligt und sich nicht allein auf die entsprechende Bauleitplanung beschränkt.

 

Es ist vielmehr geradezu eine wichtige städtebauliche Aufgabe der Städte, in den ausgewiesenen zentralen Versorgungsbereichen aktiv an der Umsetzung solcher Planungen mitzuwirken und bei der Entwicklung positiver Standortangebote in­nerhalb der Zentren mitzuhelfen.

 

6.   Insgesamt ist festzuhalten, dass die gegen die differenzierte Sondergebietsfest­setzung vorgetragenen Bedenken nicht greifen und daher als unbegründet zurückzuweisen sind.

 

Abstimmungsergebnis:           einstimmig

 

 

1.2    Sonstige Stellungnahmen

 

Es wird festgestellt, dass von Seiten der Öffentlichkeit keine weiteren abwä­gungsrelevanten Stellungnahmen eingegangen sind.

 

Abstimmungsergebnis:           einstimmig

 

 

2.      Beteiligung der Behörden und sonstigen Träger

         öffentlicher Belange gemäß § 4 Abs. 2 BauGB

 

2.1    Staatliches Umweltamt Münster, Postfach 8440, 48045 Münster;

          Stellungnahme vom 1. März 2006

 

Abwägung und Abwägungsbeschluss:

Festzuhalten bleibt, dass das schalltechnische Gutachten von der zuständigen Fachbehörde insgesamt als plausibel angesehen wird.

 

Ein minimaler Meinungsunterschied besteht lediglich in der Einschätzung des 50- oder 70 %igen MIV-Anteils (motorisierter Individualverkehr). Im Konsens mit dem Fachgutachter ist die Stadt Rheine nach wie vor der Auffassung, dass es sich bei dem Standort des künftigen Verbrauchermarktes eindeutig und zweifelsfrei um eine „integrierte Lage“ handelt. Im Vergleich zu dem bestehenden ALDI-Markt, der nach Angaben des Betreibers einen MIV-Anteil von 30 % aufweist, ist die 50 %ige MIV-Annahme im Rahmen der „Schalltechnischen Beurteilung“ als pessimaler und damit „gerichtsfester“ Wert zu betrachten.

Laut bundesweit anerkannter Studie der Hessischen Straßenbauverwaltung zeichnet sich eine „integrierte Lage“ vor allem durch die Nähe zu Wohngebieten und damit durch eine bessere Erreichbarkeit im Fußgänger- und Radverkehr, durch eine akzeptable ÖPNV-Erschließung und durch eine geringere Anzahl an Parkplätzen als bei nicht-integrierter Lage aus. Dies trifft zweifellos für den Standort an der Darbrookstraße, zwischen der Breiten Straße und der Windt-horststraße zu. Demzufolge kann der MIV-Anteil niedriger angesetzt werden, u.a. wegen geringerem Parkraumangebot, geringerem Gepäcktransport, günstiger Erschließung im Umweltverbund und hohem Anteil des nicht-motorisierten Verkehrs durch kurze Wegen zu den Wohnungen (Nutzungsmischung usw.).

 

Insbesondere in dieser „integrierten Lage“ - entlang der Breiten Straße bzw. der Darbrookstraße - ist die Herausbildung eines attraktiven und zukunftssicheren Grundversorgungszentrums für den Stadtteil Dorenkamp/Dutum wichtiges stadt­entwicklungspolitisches Ziel. Derzeit ist das eine grundzentrale Versorgungsfunk­tion übernehmende Einzelhandelsangebot dispers im Stadtteil verteilt. Diese Streulage erschwert die Herausbildung einer örtlichen Mitte für den Stadtteil.

Das Nahversorgungszentrum im Bereich Breite Straße/Darbrookstraße erscheint heute bereits funktional und städtebaulich kompakt und attraktiv. Durch die An­siedlung eines vollsortimentierten Lebensmittel-SB-Marktes kann dieses Zentrum zu einem funktionsfähigen Grundversorgungszentrum weiterentwickelt werden und dazu beitragen, auch in Zukunft eine möglichst wohnungsnahe Grundversor­gung in diesem Stadtteil zu sichern. Gleichzeitig führt die Konzentration der Han­delsfunktion auf diesen Bereich zu einer funktionalen und gestalterischen Orts­mitte. Dies ist sowohl aus Handelssicht als auch aus städtebaulicher Sicht wün­schenswert.

Die derzeitige Versorgungssituation im Stadtteil Dorenkamp weist keine städte­baulich wünschenswerte räumliche Konzentration in einem zentralen Versor­gungsbereich auf. Die beabsichtigte Ansiedlung des Lebensmittelmarktes wird als Chance für die Schaffung einer funktionalen und städtebaulichen Mitte herausge­stellt. Die Herausbildung einer solchen Mitte bzw. die Weiterentwicklung der be­stehenden „integrierten Lage“ im Stadtteil Dorenkamp ist auch im Hinblick auf die derzeit stattfindende und zukünftige Wohnbaulandmobilisierung sinnvoll. Die neuen Wohngebiete helfen, die vorhandene Infrastruktur besser zu nutzen. Bei der Entwicklung des vorhandenen Nahversorgungszentrums zu einem zukunftssi­cheren Grundversorgungszentrum wird die Bedeutung der Breiten Straße und der Darbrookstraße insbesondere für den nicht-motorisierten Verkehr zunehmen.

 

Doch selbst bei Zugrundelegung eines 70%igen MIV-Anteils könnten die Immis­sionsrichtwerte der TA Lärm eingehalten werden (siehe obige StUA-Berechnung). D.h. selbst bei pessimalster Betrachtung treten keine Überschreitungen der ge­setzlich definierten Obergrenzen auf. Bei dem gutachterlich prognostizierten MIV-Anteil von 50 % ergibt sich also ein ausreichend großer „Puffer“ bzw. ein not­wendiger Spielraum für unvorhersehbare Unwägbarkeiten. Letztlich ist die „Schalltechnische Beurteilung“ zu dieser Bebauungsplanänderung „als plausibel anzusehen“.

 

Die Durchführung der Anregung zur künftigen Überprüfung der dem Gutachten zugrundegelegten Verkehrsdaten wird nach Etablierung und „Verfestigung“ des Verbrauchermarktes sowie des öffentlichen (Stell-) Parkplatzes in der Darbrookstraße zeitnah erfolgen.

 

Abstimmungsergebnis:           einstimmig

 

 

2.2    Sonstige Stellungnahmen

 

Es wird festgestellt, dass von Seiten der übrigen Behörden und sonstigen Träger öffentlicher Belange keine weiteren abwägungsrelevanten Stellungnahmen ein­gegangen sind.

 

Abstimmungsergebnis:           einstimmig

 

 

Der Stadtentwicklungsausschuss „Planung und Umwelt“ der Stadt Rheine empfiehlt dem Rat der Stadt Rheine, die folgenden Beschlüsse zu fassen:

 

II.     Bestätigung der Beschlüsse des Stadtentwicklungsausschusses

          "Planung und Umwelt"

 

Der Rat der Stadt Rheine nimmt die Beschlüsse des Stadtentwicklungsausschus­ses "Planung und Umwelt" zu den während der Beteiligungen gemäß § 3 Abs. 2 BauGB und § 4 Abs. 2 BauGB eingegangenen abwägungsrelevanten Stellung­nahmen zur Kenntnis und bestätigt diese.

 

Abstimmungsergebnis:           einstimmig

 

III.    Satzungsbeschluss nebst Begründung

 

Gemäß der §§ 1 Abs. 8 BauGB und 10 Abs. 1 des Baugesetzbuches (BauGB) in der Fassung der Bekanntmachung vom 23. September 2004 (BGBl. I S. 2414) sowie der §§ 7 und 41 der Gemeindeordnung für das Land Nordrhein-Westfalen (GO NRW) in der Fassung der Bekanntmachung vom 14. Juli 1994 (GV. NRW S. 666), zuletzt geändert durch Gesetz vom 16. November 2004 (GV. NRW S. 644)

wird die 1. Änderung des Bebauungsplanes Nr. 288, Kennwort: "Zentrum Du­tum/Dorenkamp", der Stadt Rheine als Satzung und die Begründung hierzu be­schlossen.

 

Abstimmungsergebnis:           einstimmig