Sitzung: 22.03.2006 Ausschuss für Stadtentwicklung, Umwelt und Klimaschutz
Beratungsergebnis: einstimmig beschlossen
Vorlage: 100/06
Tonbandfundstelle: I/A/0603
Beschluss:
I. Beratung der Stellungnahmen
1. Beteiligung der Öffentlichkeit gemäß § 3
Abs. 2 BauGB
1.1 Herr
R. Klaas; Geschäftsführer der Fa. Klaas & Kock B.V. & Co. KG,
Postfach 1520, 48576 Gronau;
Schreiben vom 28. Februar 2006
Abwägung und
Abwägungsbeschluss:
1. Die Problematisierung der Ansiedlung eines vollsortimentierten Lebensmittel-SB-Marktes mit maximal 1.700 m² Verkaufsfläche vermag nicht zu überzeugen.
Die Festsetzung eines derartigen Verbrauchermarktes muss in Zusammenhang mit der Zweckbestimmung des hier in Rede stehenden Sondergebietes für ein „Grundversorgungszentrum“ stehen. Wie in der Bebauungsplanbegründung ausführlich dargestellt, ist es stadtentwicklungspolitisches Ziel des Bebauungsplanes, ein attraktives und zukunftssicheres Grundversorgungszentrum für den Stadtteil Dorenkamp/Dutum herauszubilden. Das an diesem Standort bereits vorhandene Nahversorgungszentrum im Bereich Breite Straße/Darbrookstraße soll nach den gutachterlichen Empfehlungen des Planungsbüros Junker und Kruse sowie nach dem einstimmig vom Rat am 8. November 2005 verabschiedeten Einzelhandels- und Zentrenkonzept zu einem funktionsfähigen Grundversorgungszentrum weiterentwickelt werden und dazu beitragen, auch in Zukunft eine möglichst wohnungsnahe Grundversorgung in diesem Stadtteil zu sichern. Gleichzeitig soll die Konzentration der Handelsfunktion auf diesem Bereich zu einer funktionalen und gestalterischen Ortsmitte für diesen Stadtteil führen.
Zur Mindestgrundausstattung eines Grundversorgungszentrums gehören insbesondere ein vollsortimentierter SB-Lebensmittelmarkt (Supermarkt oder kleiner Verbrauchermarkt) und ein Discountmarkt, der an diesem Standort bereits mit dem Aldi-Markt vorhanden ist.
Dieser vorhandene Discountmarkt und der zukünftige Verbrauchermarkt erfüllen eine wichtige Frequenzbringerfunktion für weitere Einzelhandels- und Dienstleistungsbetriebe in diesem Grundversorgungszentrum, die der Nahversorgung dienen. Da auch kleinere nahversorgungsrelevante Einzelhandels- und Dienstleistungsbetriebe zu einem solchen Grundversorgungszentrum gehören, ist es nur konsequent, auch noch 300 m² Verkaufsfläche für derartige ergänzende Betriebe vorzusehen.
Die gutachterliche Einschätzung des Büros Junker und Kruse, das die Grundlagen für die Aktualisierung des Einzelhandels und Zentrenkonzeptes geliefert hat, geht davon aus, dass in diesem Stadtteil derzeit bereits eine grundzentrale Versorgung gegeben ist, jedoch ohne eine städtebaulich wünschenswerte räumliche Konzentration in einem zentralen Versorgungsbereich für diesen Stadtteil. Die beabsichtigte Ansiedlung des Lebensmittelmarktes und weiterer kleinerer Betriebe wird als Chance für die Schaffung einer funktionalen und städtebaulichen Mitte herausgestellt.
2. Insgesamt wird durch die differenzierte Sondergebietsfestsetzung der nahversorgungsrelevante Einzelhandel auf eine Verkaufsfläche von maximal 2.000 m² begrenzt.
Dabei darf der Verbrauchermarkt höchstens 1.700 m² Verkaufsfläche haben. Diese Größenordnung des „Vollsortimenters“ ist nicht übersetzt. Daran ändert auch nichts der Hinweis, dass nach dem Bericht der Arbeitsgruppe „Strukturwandel im Lebensmitteleinzelhandel und § 11 Abs. 3 BauNVO“ ein Supermarkt eine Verkaufsfläche von etwa 1.500 m² aufweist. Zum einen ist in dem Arbeitsgruppenbericht diese Größenordnung nicht als Obergrenze genannt. Zum anderen müssen auch Kassenzone, Packzone, Windfang und andere Flächen hinzugerechnet werden, die nach der vom BVerwG ausdrücklich bestätigten weiten Verkaufsflächendefinition als Verkaufsfläche anzusetzen sind.
Wenn zu diesem Vollsortimenter noch weitere 300 m² Verkaufsfläche für nahversorgungsrelevante kleinteilige Einzelhandelsbetriebe hinzukommen dürfen, hat dies nichts mit einer „Verfälschung“ des in dem Arbeitsgruppenbericht genannten Wertes von 1.500 m² Verkaufsfläche für einen Vollsortimenter zu tun. Abzustellen ist hier nicht allein auf den Vollsortimenter, sondern auf die Frage, was an dem konkreten Standort für ein attraktives und zukunftsfähiges Grundversorgungszentrum sinnvoll ist.
3. Die Stadt ist auch keineswegs verpflichtet, ein Verkaufsflächenpotential gleichmäßig auf alle in diesem Stadtteil vorhandenen Nahversorgungs-SB-Märkte zu verteilen.
Wie bereits betont, geht es bei der vorliegenden Planung um eine städtebauliche Schwerpunktsetzung für einen räumlich und funktional bestimmten zentralen Versorgungsbereich an dem hier in Rede stehenden Standort. Das Ziel, eine funktionale und städtebauliche Mitte zu schaffen, rechtfertigt die Konzentration der Verkaufsflächenpotentiale auf eben diesem Standort.
Hierbei geht es auch nicht darum, die Wettbewerbsfähigkeit der anderen Lebensmittel-SB-Märkte, die in diesem Stadtteil außerhalb dieses zentralen Versorgungsbereiches existieren, zu „verzerren“. Es geht vielmehr um die städtebauliche Zielsetzung, diesem Stadtteil eine funktionale und städtebauliche Mitte zu geben.
4. Eine Wettbewerbsverzerrung kann auch nicht speziell im Hinblick auf die Lösung der Stellplatzfrage angenommen werden.
Ausgehend von der Zahl der bauordnungsrechtlich notwendigen Stellplätze ist hier die Stellplatzpflicht ordnungsgemäß abgelöst worden. Die Besonderheit des Falles besteht nur darin, dass die Summe der Ablösebeträge mit den Kosten verrechnet wird, die dem Investor durch die ihm obliegende Herstellung des öffentlichen Platzes einschließlich der Parkplätze entstehen.
5. Im Übrigen ist die Bebauungsplanung für dieses Grundversorgungszentrum auch nicht etwa deshalb planungsrechtlich problematisch, weil die Stadt sich hier aktiv an der Herausbildung einer städtebaulichen Mitte an diesem Standort beteiligt und sich nicht allein auf die entsprechende Bauleitplanung beschränkt.
Es ist vielmehr geradezu eine wichtige städtebauliche Aufgabe der Städte, in den ausgewiesenen zentralen Versorgungsbereichen aktiv an der Umsetzung solcher Planungen mitzuwirken und bei der Entwicklung positiver Standortangebote innerhalb der Zentren mitzuhelfen.
6. Insgesamt ist festzuhalten, dass die gegen die differenzierte Sondergebietsfestsetzung vorgetragenen Bedenken nicht greifen und daher als unbegründet zurückzuweisen sind.
Abstimmungsergebnis: einstimmig
1.2 Sonstige Stellungnahmen
Es wird festgestellt, dass von Seiten der Öffentlichkeit keine weiteren abwägungsrelevanten Stellungnahmen eingegangen sind.
Abstimmungsergebnis: einstimmig
2. Beteiligung der Behörden
und sonstigen Träger
öffentlicher Belange
gemäß § 4 Abs. 2 BauGB
2.1 Staatliches Umweltamt Münster, Postfach 8440, 48045 Münster;
Stellungnahme vom 1. März 2006
Abwägung und
Abwägungsbeschluss:
Festzuhalten bleibt, dass das schalltechnische Gutachten von der zuständigen Fachbehörde insgesamt als plausibel angesehen wird.
Ein minimaler Meinungsunterschied besteht lediglich in der Einschätzung des 50- oder 70 %igen MIV-Anteils (motorisierter Individualverkehr). Im Konsens mit dem Fachgutachter ist die Stadt Rheine nach wie vor der Auffassung, dass es sich bei dem Standort des künftigen Verbrauchermarktes eindeutig und zweifelsfrei um eine „integrierte Lage“ handelt. Im Vergleich zu dem bestehenden ALDI-Markt, der nach Angaben des Betreibers einen MIV-Anteil von 30 % aufweist, ist die 50 %ige MIV-Annahme im Rahmen der „Schalltechnischen Beurteilung“ als pessimaler und damit „gerichtsfester“ Wert zu betrachten.
Laut bundesweit anerkannter Studie der Hessischen Straßenbauverwaltung zeichnet sich eine „integrierte Lage“ vor allem durch die Nähe zu Wohngebieten und damit durch eine bessere Erreichbarkeit im Fußgänger- und Radverkehr, durch eine akzeptable ÖPNV-Erschließung und durch eine geringere Anzahl an Parkplätzen als bei nicht-integrierter Lage aus. Dies trifft zweifellos für den Standort an der Darbrookstraße, zwischen der Breiten Straße und der Windt-horststraße zu. Demzufolge kann der MIV-Anteil niedriger angesetzt werden, u.a. wegen geringerem Parkraumangebot, geringerem Gepäcktransport, günstiger Erschließung im Umweltverbund und hohem Anteil des nicht-motorisierten Verkehrs durch kurze Wegen zu den Wohnungen (Nutzungsmischung usw.).
Insbesondere in dieser „integrierten Lage“ - entlang der Breiten Straße bzw. der Darbrookstraße - ist die Herausbildung eines attraktiven und zukunftssicheren Grundversorgungszentrums für den Stadtteil Dorenkamp/Dutum wichtiges stadtentwicklungspolitisches Ziel. Derzeit ist das eine grundzentrale Versorgungsfunktion übernehmende Einzelhandelsangebot dispers im Stadtteil verteilt. Diese Streulage erschwert die Herausbildung einer örtlichen Mitte für den Stadtteil.
Das Nahversorgungszentrum im Bereich Breite Straße/Darbrookstraße erscheint heute bereits funktional und städtebaulich kompakt und attraktiv. Durch die Ansiedlung eines vollsortimentierten Lebensmittel-SB-Marktes kann dieses Zentrum zu einem funktionsfähigen Grundversorgungszentrum weiterentwickelt werden und dazu beitragen, auch in Zukunft eine möglichst wohnungsnahe Grundversorgung in diesem Stadtteil zu sichern. Gleichzeitig führt die Konzentration der Handelsfunktion auf diesen Bereich zu einer funktionalen und gestalterischen Ortsmitte. Dies ist sowohl aus Handelssicht als auch aus städtebaulicher Sicht wünschenswert.
Die derzeitige Versorgungssituation im Stadtteil Dorenkamp weist keine städtebaulich wünschenswerte räumliche Konzentration in einem zentralen Versorgungsbereich auf. Die beabsichtigte Ansiedlung des Lebensmittelmarktes wird als Chance für die Schaffung einer funktionalen und städtebaulichen Mitte herausgestellt. Die Herausbildung einer solchen Mitte bzw. die Weiterentwicklung der bestehenden „integrierten Lage“ im Stadtteil Dorenkamp ist auch im Hinblick auf die derzeit stattfindende und zukünftige Wohnbaulandmobilisierung sinnvoll. Die neuen Wohngebiete helfen, die vorhandene Infrastruktur besser zu nutzen. Bei der Entwicklung des vorhandenen Nahversorgungszentrums zu einem zukunftssicheren Grundversorgungszentrum wird die Bedeutung der Breiten Straße und der Darbrookstraße insbesondere für den nicht-motorisierten Verkehr zunehmen.
Doch selbst bei Zugrundelegung eines 70%igen MIV-Anteils könnten die Immissionsrichtwerte der TA Lärm eingehalten werden (siehe obige StUA-Berechnung). D.h. selbst bei pessimalster Betrachtung treten keine Überschreitungen der gesetzlich definierten Obergrenzen auf. Bei dem gutachterlich prognostizierten MIV-Anteil von 50 % ergibt sich also ein ausreichend großer „Puffer“ bzw. ein notwendiger Spielraum für unvorhersehbare Unwägbarkeiten. Letztlich ist die „Schalltechnische Beurteilung“ zu dieser Bebauungsplanänderung „als plausibel anzusehen“.
Die Durchführung der Anregung zur künftigen Überprüfung der dem Gutachten zugrundegelegten Verkehrsdaten wird nach Etablierung und „Verfestigung“ des Verbrauchermarktes sowie des öffentlichen (Stell-) Parkplatzes in der Darbrookstraße zeitnah erfolgen.
Abstimmungsergebnis: einstimmig
2.2 Sonstige Stellungnahmen
Es wird festgestellt, dass von Seiten der übrigen Behörden und sonstigen Träger öffentlicher Belange keine weiteren abwägungsrelevanten Stellungnahmen eingegangen sind.
Abstimmungsergebnis: einstimmig
Der Stadtentwicklungsausschuss „Planung und Umwelt“ der Stadt Rheine empfiehlt dem Rat der Stadt Rheine, die folgenden Beschlüsse zu fassen:
II. Bestätigung der Beschlüsse des Stadtentwicklungsausschusses
"Planung und Umwelt"
Der Rat der Stadt Rheine nimmt die Beschlüsse des Stadtentwicklungsausschusses "Planung und Umwelt" zu den während der Beteiligungen gemäß § 3 Abs. 2 BauGB und § 4 Abs. 2 BauGB eingegangenen abwägungsrelevanten Stellungnahmen zur Kenntnis und bestätigt diese.
Abstimmungsergebnis: einstimmig
III. Satzungsbeschluss nebst Begründung
Gemäß der §§ 1 Abs. 8 BauGB und 10 Abs. 1 des Baugesetzbuches (BauGB) in der Fassung der Bekanntmachung vom 23. September 2004 (BGBl. I S. 2414) sowie der §§ 7 und 41 der Gemeindeordnung für das Land Nordrhein-Westfalen (GO NRW) in der Fassung der Bekanntmachung vom 14. Juli 1994 (GV. NRW S. 666), zuletzt geändert durch Gesetz vom 16. November 2004 (GV. NRW S. 644)
wird die 1. Änderung des Bebauungsplanes Nr. 288, Kennwort: "Zentrum Dutum/Dorenkamp", der Stadt Rheine als Satzung und die Begründung hierzu beschlossen.
Abstimmungsergebnis: einstimmig