Betreff
Projektentwicklung "Im Coesfeld" Entscheidung über das weitere Verfahren und Auswahl eines Projektentwicklers
Vorlage
516/07
Aktenzeichen
5.1 - gel
Art
Beschlussvorlage

Beschlussvorschlag/Empfehlung:

 

Der Stadtentwicklungsausschuss "Planung und Umwelt" empfiehlt dem Rat der Stadt Rheine, folgende Beschlüsse zu fassen:

 

 

  1. Vertiefung der Projektentwicklung auf Grundlage der gutachterlichen Stellungnahme vom Büro Junker + Kruse und des unter Punkt 3 der Begründung dargestellten Anforderungskatalogs

 

  1. Ausarbeitung einer Kooperationsvereinbarung und Abschluss der Vereinbarung mit Multi-Development

 

 

Der Rat der Stadt Rheine fasst folgende Beschlüsse:

 

  1. Vertiefung der Projektentwicklung auf Grundlage der gutachterlichen Stellungnahme vom Büro Junker + Kruse und des unter Punkt 3 der Begründung dargestellten Anforderungskatalogs

 

  1. Ausarbeitung einer Kooperationsvereinbarung und Abschluss der Vereinbarung mit Multi-Development

Begründung:

 

1. Planungsanlass

 

Man weiß nie, was daraus wird, wenn Dinge verändert werden.

Aber weiß man denn, was daraus wird, wenn sie nicht verändert werden?

(Elias Canetti)

 

Die Planungen für das Quartier „Im Coesfeld“ reichen über 20 Jahre zurück, verschiedene Investoren, aber auch die Stadtverwaltung haben sich sehr intensiv mit städtebaulichen Konzepten beschäftigt. Bis heute ist es nicht gelungen diesen Bereich, der eine sehr heterogene Eigentümerstruktur aufweist, neu zu ordnen und zu revitalisieren. Eine Luftbildaufnahme des Quartiers ist unter Anlage 1 beigefügt.

 

Für das Jahr 2007 war die Gründung der ISG „Münstertor“ und damit verbunden ein Städtebaulicher Wettbewerb für das Areal zwischen Münsterstraße und Emsstraße geplant. Die Gründung der Immobilien- und Standortgemeinschaft ist nicht erfolgt und auf den Wettbewerb wurde bisher verzichtet, da sich zwischen März und August 2007 drei Projektentwickler bei der Stadt Rheine gemeldet haben, die Interesse an der Entwicklung des genannten Quartiers haben.

 

In den letzten Monaten wurden auf dieser Grundlage zahlreiche Gespräche geführt und Konzepte besprochen, die von allen Projektentwicklern mehrfach überarbeitet wurden. Jeder der drei Projektentwickler hat sich mit seinem Konzept der Verwaltung und der Politik vorgestellt, außerdem erfolgte im Oktober eine große Öffentlichkeitsveranstaltung mit den Entwicklern in der Stadthalle.

 

Die Entscheidungsfindung, ob eine entsprechende Projektentwicklung im Bereich „Im Coesfeld“ umgesetzt werden soll, soll bis zum Jahresende 2007 erfolgen, um mit einem der drei Projektentwickler eine Kooperationsvereinbarung abzuschließen, in der die wesentlichen Anforderungen und Kriterien formuliert werden.

 

2. aktuelles Planungsrecht, Einzelhandels- und Zentrenkonzept

 

Der rechtskräftige Bebauungsplan Nr. 10 h, 7. Änderung, Kennwort „Westliche Innenstadt“ weist im gesamten Bereich „Im Coesfeld“ Kerngebietsflächen (MK) aus. Diese MK Ausweisung ermöglicht vorrangig einen Nutzungsmix aus Einzelhandel, Gastronomie, Dienstleistung und ausnahmsweise untergeordnet Wohnen.

Aufgrund der getroffenen Festsetzungen ergibt sich für die Erdgeschossflächen eine heute maximal mögliche Verkaufsfläche von ca. 9.000 qm.

Eine grafische Darstellung in Anlage 1 zeigt die heute maximal mögliche Bebauung anhand eines Baumassenmodells.

 

Im Einzelhandels- und Zentrenkonzept der Stadt Rheine ist das Quartier „Im Coesfeld“ nur teilweise dem Hauptversorgungsbereich der Innenstadt zugeordnet, insbesondere die rückwärtige Lage zur Ems gehört aktuell nicht zum Hauptgeschäftszentrum (siehe grafische Darstellung unten).

 

„Im Coesfeld“

 

 


3. Ziele der Projektentwicklung

 

Oberstes Ziel der Projektentwicklung ist es, durch die Entwicklung dieses städtebaulich mindergenutzten Bereichs eine nachhaltige Stärkung und Attraktivierung der gesamten Rheiner Innenstadt zu erzielen.

 

Dabei steht die Schaffung eines urbanen, gemischt genutzten Wohnquartiers, das sich auf den Ort einlässt und konsequent nach außen öffnet im Vordergrund.

 

Im Sinne einer bestmöglichen städtebaulichen und funktionalen Integration sollen Architektur, Verkaufsfläche und Branchenmix optimal auf die lokale Situation zugeschnitten sein.

 

Die Aufwertung des Quartiers soll auf die gesamte Innenstadt ausstrahlen, ohne dabei unerwünschte Verlagerungen aus anderen Innenstadtbereichen zu verursachen.

 

Die Stadt Rheine und die EWG haben nachstehendes Anforderungsprofil für die funktionale und städtebauliche Integration des Projekts erarbeitet:

 

Anforderungen an die funktionale Integration

 

Nutzungsangebote:

      an den Bestand angepasste Nutzungsvielfalt

      Erdgeschoss: Einzelhandel & Gastronomie

      Obergeschosse: Wohnen & Dienstleistungen

 

Verkaufsfläche/Branchenmix:

      Anpassung der Verkaufsfläche an die für die Stadt Rheine verträgliche Größe

      individuelle Ergänzung des vorhandenen Einzelhandelsbesatzes

      möglichst wenig mit dem bisherigen Handel konkurrierende Angebote

      kein vollständiger Branchenmix

Ø  Mieterduplizierungen, Abwanderungen, Umsatzumverteilungen und Schwerpunktverlagerungen vermeiden!

 

Anforderungen an die städtebauliche Integration

 

Städtebauliche und funktionale Vernetzung:

      direkte Anbindung an die Fußgängerzone

      neue Wegeverbindungen/Rundläufe schaffen

      Nutzung der Lagevorteile direkt an der Ems

      Öffnung der Ladenlokale zur Fußgängerzone

 

Architektur und Bauvolumen:

      individuelles, standortadäquates und architektonisch      hochwertiges Konzept

      Orientierung an der vorhandenen Bebauung der historischen Innenstadt

      Maßstäblichkeit wahren: kleinteilige Parzellierung, gegliederte Baukörper

      stadtbildprägende Bausubstanz erhalten

 

Anforderungen an den Entwickler/Investor/Betreiber

 

      Investition und Betrieb aus einer Hand

      Kompetenz und Erfahrung in der Realisierung und im Management derartiger Projekte

      bestmögliche Umsetzung der Ziele der Stadt Rheine durch ein individuelles, standortadäquates Konzept

      offene und vertrauensvolle Zusammenarbeit: faires Auftreten gegenüber Eigentümern, anderen Marktteilnehmern und der Stadt Rheine („Fairplay“)

 

 

4. Die drei Konzepte in Kurzfassung

 

Emsgalerie in Rheine, ECE (Anlage 3 – Konzeptblatt ECE)

Mit dem Projekt Emsgalerie in Rheine sollen 9.000 m² Verkaufsfläche in zwei Geschossen entstehen. Die Fläche gliedert sich in drei große Ankerbetriebe sowie in kleiner strukturierte Ladeneinheiten. Der Anteil an Sortimenten der innerstädtischen Leitbranchen Bekleidung und Schuhe/ Lederwaren wird mit über 50% angegeben. Die Obergeschosse werden durch Dienstleister, ein Gesundheitszentrum und Wohnen genutzt. Die Bauvolumina erstrecken sich über zwei versetzt angeordnete Grundstücksbereiche und sind durch eine innenliegende und überdachte zweigeschossige Mall miteinander verbunden. Das Einkaufszentrum ist mittels zweier terrassenartiger Plätze an den öffentlichen Raum angebunden. Der Haupteingang der Mall orientiert sich zur Hauptlage in der Emsstraße und stellt eine neue diagonale Verbindung zum Emsufer her.

 

EMS-GALERIE, GEDO (Anlage 4 – Konzeptblatt GEDO)

Im Einkaufszentrum EMS-GALERIE sollen ca. 12.000 m² Ladenfläche (Bruttogrundfläche entspricht ca. 9 –10.000 m² Verkaufsfläche) in zwei Geschossen entstehen. Der größte Betrieb weist ca. 3.000 m² Bruttofläche auf; darüber hinaus sind weitere großflächige Ankerbetriebe sowie kleinteilige Nutzungen vorgesehen. Die Schwerpunkte des Angebots liegen in den Branchen Lebensmittel, sowie Bekleidung und Schuhe. In den Obergeschossen sind Büros, Praxen und Wohnungen geplant. Die Einzelhandelsnutzungen sind entlang einer eingeschossigen Mall angeordnet, die die Einkaufslagen in der Ems- und Münsterstraße diagonal an das Flussufer anbindet. Durch die kleinteilige Gliederung der Fassade wird eine Auflösung der Baumasse in einzelne Baukörper und eine Integration in die umgebende Bebauung erreicht.

 

Münstertorplatz, Multi Development (Anlage 5 – Konzeptblatt Multi-D)

Das Projekt Münstertorplatz ist als offene zweigeschossige Einkaufsgalerie mit ca. 9.000 m² Verkaufsfläche konzipiert. Neben einem großflächigen Ankerbetrieb sollen überwiegend kleinere, marktgängige Einzelhandelsnutzungen

entstehen. Über 60 % der Fläche des Centers sind für Anbieter der innerstädtischen Leitbranchen Bekleidung und Schuhe/Lederwaren vorgesehen. Die Obergeschosse werden durch Dienstleister genutzt und in einem zweiten, etwas abgesetzten Baukörper an der Ems sind Wohnnutzungen vorgesehen. Die Einzelhandelsnutzungen sind konzentriert in zweigeschossigen Baukörpern angeordnet. Die Wegeführung orientiert sich am Stadtgrundriss. Das Herz des Einkaufszentrum wird durch einen arkadengesäumten Platz gebildet, über den auch die Anbindung an die Ems erfolgt.


5. Stellungnahme des Büros Junker und Kruse, Dortmund

 

Die gesamte gutachterliche Stellungnahme des Büros Junker und Kruse ist als Anlage 6 beigefügt. Zu den einzelnen Konzepten hat das Büro wie folgt Stellung genommen:

 

Empfehlung zum Konzept ECE:

Das Konzept entspricht hohen Ansprüchen an ein innerstädtisches Einkaufszentrum und bildet einen funktional schlüssigen und gestalterisch hochwertigen Beitrag, der durch attraktive Stadtbausteine überzeugt. Durch die Innenorientierung der Einzelhandelsnutzungen und die Neuausrichtung der Wegeführung besteht jedoch die Gefahr der Schwächung vorhandener benachbarter Einzelhandelslagen.

 

Empfehlung zum Konzept GEDO:

Insgesamt ist das Konzept nicht vollständig überzeugend. Für eine Überarbeitung wären umfangreiche funktionale und gestalterische Verbesserungen insbesondere im Innern der Mall und im Tiefparterre zwingend erforderlich. Darüber hinaus müsste das entworfene Wegesystem, die Anbindung der Ems und die Gestaltung einer attraktiven Uferpartie neu konzipiert werden. Letztlich ist auch der Eingang sowohl für die Mall als auch für Rheine überdimensioniert und damit unpassend. Aufgrund der bestehenden Mängel ist eine Weiterverfolgung dieses Konzeptes nicht zu empfehlen.

 

 

Empfehlung zum Konzept Multi-Development:

Der Entwurf stellt einen innovativen und hochwertigen Beitrag für ein Einkaufscenter dar, das sich gleichermaßen als Quartier wie auch als Center in die Innenstadt Rheines einfügt und diese räumlich sowie funktional aufwertet. Daher sollte diese Lösung weiter verfolgt werden. Bestehende Schwachstellen, insbesondere im Bereich der Ems und deren Anbindung sollten durch weitere Entwürfe beseitigt werden.

 

 

Durch das Büro Junker und Kruse erfolgt somit die Empfehlung mit dem Konzept des Projektentwicklers Multi-Development weiterzuarbeiten.

 

 

6. Empfehlung Gestaltungsbeirat vom 08.11.2007

 

Nach längerer Diskussion sprechen sich die Mitglieder des Arbeitskreises einstimmig dafür aus, im Falle einer positiven Aussage des Einzelhandelsgutachtens das Konzept der Firma Multi-Development zu favorisieren, da dieses die städtebaulichen Probleme am besten berücksichtige. Allerdings sollte darauf hingewirkt werden, dass in diesem Konzept die kleinteilige Fassadengliederung in Anlehnung an das Konzept der Firma GEDO stärker berücksichtigt wird.

Auch sollte die Kriterienliste der Stadt Rheine für die Umsetzung eines Konzeptes um den Punkt „Erhaltung stadtbildprägender Gebäude und Fassaden“ erweitert werden. In diesem Zusammenhang wird auch deutlich, dass nach Auffassung einer Mehrheit der Mitglieder des Arbeitskreises der Erhalt des jetzigen Gebäudes der Commerzbank angestrebt werden sollte.

 

Dem Anliegen des Gestaltungsbeirates wurde gefolgt, der Punkt „Erhaltung stadtbildprägender Gebäude und Fassaden“ wurde in den Anforderungskatalog aufgenommen.

 

 

7. Empfehlung Projektbeirat vom 15.11.2007

 

Die Mitglieder des Projektbeirates haben sich nach intensiver Diskussion für die generelle Vertiefung der Projektentwicklung „Im Coesfeld“ ausgesprochen.

Die Kooperationsvereinbarung soll mit Multi-Development abgeschlossen werden. Bei den Inhalten der Vereinbarung soll insbesondere der Branchenmix konkretisiert und mit der gutachterlichen Stellungnahme von Junker und Kruse abgestimmt werden, um größere Umsatzverteilungen zu minimieren bzw. zu vermeiden.

 

Der Projektbeirat empfiehlt an den Stadtentwicklungsausschuss „Planung und

Umwelt“ und an den Rat der Stadt Rheine folgende Beschlüsse zu fassen:

 

    1. Vertiefung der Projektentwicklung auf Grundlage der gutachterlichen Stellungnahme von Junker + Kruse und des vorgestellten Anforderungskatalogs

 

    1. Ausarbeitung einer Kooperationsvereinbarung und Abschluss der Kooperationsvereinbarung mit Multi-Development

 

 

8. weiteres Vorgehen:

Kooperationsvereinbarung und Komplementärmaßnahmen

 

Sofern eine Beschlussfassung entsprechend dem Verwaltungsvorschlag erfolgt, soll als nächstes durch die Verwaltung die Kooperationsvereinbarung weiter konkretisiert werden und im I. Quartal 2008 mit den am Verfahren Beteiligten abgestimmt (Verwaltungsvorstand, Projektbeirat, Politik usw.) werden

Es wird angestrebt, die Kooperationsvereinbarung noch im I. Quartal 2008 mit dem ausgewählten Projektentwickler abzuschließen.

 

Um die Chancen, die durch die Neuordnung und Entwicklung des Quartiers zwischen Emsstraße und Münsterstraße entstehen umfassend zu nutzen und mögliche negative Auswirkungen auf andere Innenstadtbereiche so verträglich wie möglich zu gestalten, wird empfohlen, zur Stärkung und Sicherung der bestehenden Einzelhandelslagen entsprechende Komplementärmaßnahmen zu entwickeln und umzusetzen. Erfahrungen aus anderen Kommunen zeigen, dass hierbei neben dem notwenigen Engagement der Immobilieneigentümer und Gewerbetreibenden auch städtische Unterstützung erforderlich ist. 

 

9. „Was passiert, wenn nichts passiert?“

 

Findet man keinen Konsens zu einem oben aufgeführten Szenario wird die Münsterstraße vom städtischen Leben abgehängt und das Quartier „Im Coesfeld“ liegt weiterhin brach, solange die Eigentümer nicht einzelne Projekte auf ihrem Grundstück errichten. Das aktuelle Planungsrecht unter Punkt 2 und das Baumassenmodell in Anlage 1 zeigen, was heute lt Bebauungsplan zulässig ist und genehmigt werden könnte; d.h. jeder Eigentümer kann sein Projekt erstellen.

 

Es muss als große Chance verstanden werden, dass 3 Investorengruppen das Quartier als Ganzes entwickeln wollen und sich auch der Aufgabe stellen, die heterogenen Eigentümerstrukturen in eine ganzheitliche Entwicklung einzubeziehen. Nur in einer Gesamtlösung können alle Nutzungswünsche (Läden, Arztpraxen, Wohnen, Freibereiche usw.) in ihrer Vielfältigkeit eingearbeitet werden.


Anlagen:

 

Anlage 1: Luftbilddarstellung und Baumassenmodell

Anlage 2: Kriterienkatalog

Anlage 3: Konzeptblatt ECE

Anlage 4: Konzeptblatt GEDO i.Z.m. Borowski & Sasse

Anlage 5: Konzeptblatt Multi-Development

Anlage 6: Gutachterliche Stellungnahme Büro Junker & Kruse