Beschlussvorschlag/Empfehlung:
Der Stadtentwicklungsausschuss "Planung und Umwelt" empfiehlt dem Rat der Stadt Rheine, folgende Beschlüsse zu fassen:
- Vertiefung der Projektentwicklung auf Grundlage der gutachterlichen Stellungnahme vom Büro Junker + Kruse und des unter Punkt 3 der Begründung dargestellten Anforderungskatalogs
- Ausarbeitung einer Kooperationsvereinbarung und Abschluss der Vereinbarung mit Multi-Development
Der Rat der Stadt Rheine fasst folgende Beschlüsse:
- Vertiefung der Projektentwicklung auf Grundlage der gutachterlichen Stellungnahme vom Büro Junker + Kruse und des unter Punkt 3 der Begründung dargestellten Anforderungskatalogs
- Ausarbeitung einer Kooperationsvereinbarung und Abschluss der Vereinbarung mit Multi-Development
Begründung:
1. Planungsanlass
Man weiß nie, was daraus wird,
wenn Dinge verändert werden.
Aber weiß man denn, was daraus
wird, wenn sie nicht verändert werden?
(Elias Canetti)
Die Planungen für das Quartier „Im Coesfeld“ reichen über 20 Jahre zurück, verschiedene Investoren, aber auch die Stadtverwaltung haben sich sehr intensiv mit städtebaulichen Konzepten beschäftigt. Bis heute ist es nicht gelungen diesen Bereich, der eine sehr heterogene Eigentümerstruktur aufweist, neu zu ordnen und zu revitalisieren. Eine Luftbildaufnahme des Quartiers ist unter Anlage 1 beigefügt.
Für das Jahr 2007 war die Gründung der ISG „Münstertor“ und damit verbunden ein Städtebaulicher Wettbewerb für das Areal zwischen Münsterstraße und Emsstraße geplant. Die Gründung der Immobilien- und Standortgemeinschaft ist nicht erfolgt und auf den Wettbewerb wurde bisher verzichtet, da sich zwischen März und August 2007 drei Projektentwickler bei der Stadt Rheine gemeldet haben, die Interesse an der Entwicklung des genannten Quartiers haben.
In den letzten Monaten wurden auf dieser Grundlage zahlreiche Gespräche geführt und Konzepte besprochen, die von allen Projektentwicklern mehrfach überarbeitet wurden. Jeder der drei Projektentwickler hat sich mit seinem Konzept der Verwaltung und der Politik vorgestellt, außerdem erfolgte im Oktober eine große Öffentlichkeitsveranstaltung mit den Entwicklern in der Stadthalle.
Die Entscheidungsfindung, ob eine entsprechende Projektentwicklung im Bereich „Im Coesfeld“ umgesetzt werden soll, soll bis zum Jahresende 2007 erfolgen, um mit einem der drei Projektentwickler eine Kooperationsvereinbarung abzuschließen, in der die wesentlichen Anforderungen und Kriterien formuliert werden.
2. aktuelles
Planungsrecht, Einzelhandels- und Zentrenkonzept
Der rechtskräftige Bebauungsplan Nr. 10 h, 7. Änderung, Kennwort „Westliche Innenstadt“ weist im gesamten Bereich „Im Coesfeld“ Kerngebietsflächen (MK) aus. Diese MK Ausweisung ermöglicht vorrangig einen Nutzungsmix aus Einzelhandel, Gastronomie, Dienstleistung und ausnahmsweise untergeordnet Wohnen.
Aufgrund der getroffenen Festsetzungen ergibt sich für die Erdgeschossflächen eine heute maximal mögliche Verkaufsfläche von ca. 9.000 qm.
Eine grafische Darstellung in Anlage 1 zeigt die heute maximal mögliche Bebauung anhand eines Baumassenmodells.
Im Einzelhandels- und Zentrenkonzept der Stadt Rheine ist das Quartier „Im Coesfeld“ nur teilweise dem Hauptversorgungsbereich der Innenstadt zugeordnet, insbesondere die rückwärtige Lage zur Ems gehört aktuell nicht zum Hauptgeschäftszentrum (siehe grafische Darstellung unten).
„Im Coesfeld“
3. Ziele der
Projektentwicklung
Oberstes
Ziel der Projektentwicklung ist es, durch die Entwicklung dieses städtebaulich
mindergenutzten Bereichs eine nachhaltige Stärkung
und Attraktivierung der gesamten Rheiner Innenstadt zu erzielen.
Dabei steht die Schaffung eines urbanen, gemischt genutzten Wohnquartiers, das sich auf den Ort einlässt und konsequent nach außen öffnet im Vordergrund.
Im Sinne einer bestmöglichen städtebaulichen und funktionalen Integration sollen Architektur, Verkaufsfläche und Branchenmix optimal auf die lokale Situation zugeschnitten sein.
Die Aufwertung des
Quartiers soll auf die gesamte Innenstadt ausstrahlen, ohne dabei unerwünschte
Verlagerungen aus anderen Innenstadtbereichen zu verursachen.
Die Stadt Rheine und die EWG haben nachstehendes Anforderungsprofil für die funktionale und städtebauliche Integration des Projekts erarbeitet:
Anforderungen an die
funktionale Integration
Nutzungsangebote:
•
an den
Bestand angepasste Nutzungsvielfalt
•
Erdgeschoss:
Einzelhandel & Gastronomie
•
Obergeschosse:
Wohnen & Dienstleistungen
Verkaufsfläche/Branchenmix:
•
Anpassung
der Verkaufsfläche an die für die Stadt Rheine verträgliche Größe
•
individuelle
Ergänzung des vorhandenen Einzelhandelsbesatzes
•
möglichst
wenig mit dem bisherigen Handel konkurrierende Angebote
•
kein
vollständiger Branchenmix
Ø
Mieterduplizierungen,
Abwanderungen, Umsatzumverteilungen und Schwerpunktverlagerungen vermeiden!
Anforderungen an die städtebauliche Integration
Städtebauliche und funktionale
Vernetzung:
•
direkte
Anbindung an die Fußgängerzone
•
neue
Wegeverbindungen/Rundläufe schaffen
•
Nutzung
der Lagevorteile direkt an der Ems
•
Öffnung
der Ladenlokale zur Fußgängerzone
Architektur und Bauvolumen:
•
individuelles,
standortadäquates und architektonisch
hochwertiges Konzept
•
Orientierung
an der vorhandenen Bebauung der historischen Innenstadt
•
Maßstäblichkeit
wahren: kleinteilige Parzellierung, gegliederte Baukörper
•
stadtbildprägende
Bausubstanz erhalten
Anforderungen an den Entwickler/Investor/Betreiber
•
Investition
und Betrieb aus einer Hand
•
Kompetenz
und Erfahrung in der Realisierung und im Management derartiger Projekte
•
bestmögliche
Umsetzung der Ziele der Stadt Rheine durch ein individuelles, standortadäquates
Konzept
•
offene
und vertrauensvolle Zusammenarbeit: faires Auftreten gegenüber Eigentümern,
anderen Marktteilnehmern und der Stadt Rheine („Fairplay“)
4. Die drei Konzepte
in Kurzfassung
Emsgalerie
in Rheine, ECE (Anlage 3 – Konzeptblatt ECE)
Mit dem Projekt Emsgalerie in Rheine
sollen 9.000 m² Verkaufsfläche in zwei Geschossen entstehen. Die Fläche
gliedert sich in drei große Ankerbetriebe sowie in kleiner strukturierte
Ladeneinheiten. Der Anteil an Sortimenten der innerstädtischen Leitbranchen
Bekleidung und Schuhe/ Lederwaren wird mit über 50% angegeben. Die
Obergeschosse werden durch Dienstleister, ein Gesundheitszentrum und Wohnen
genutzt. Die Bauvolumina erstrecken sich über zwei versetzt angeordnete
Grundstücksbereiche und sind durch eine innenliegende und überdachte
zweigeschossige Mall miteinander verbunden. Das Einkaufszentrum ist mittels
zweier terrassenartiger Plätze an den öffentlichen Raum angebunden. Der
Haupteingang der Mall orientiert sich zur Hauptlage in der Emsstraße und stellt
eine neue diagonale Verbindung zum Emsufer her.
EMS-GALERIE,
GEDO (Anlage 4 – Konzeptblatt GEDO)
Im Einkaufszentrum EMS-GALERIE sollen
ca. 12.000 m² Ladenfläche (Bruttogrundfläche entspricht ca. 9 –10.000 m²
Verkaufsfläche) in zwei Geschossen entstehen. Der größte Betrieb weist ca.
3.000 m² Bruttofläche auf; darüber hinaus sind weitere großflächige
Ankerbetriebe sowie kleinteilige Nutzungen vorgesehen. Die Schwerpunkte des
Angebots liegen in den Branchen Lebensmittel, sowie Bekleidung und Schuhe. In
den Obergeschossen sind Büros, Praxen und Wohnungen geplant. Die
Einzelhandelsnutzungen sind entlang einer eingeschossigen Mall angeordnet, die
die Einkaufslagen in der Ems- und Münsterstraße diagonal an das Flussufer
anbindet. Durch die kleinteilige Gliederung der Fassade wird eine Auflösung der
Baumasse in einzelne Baukörper und eine Integration in die umgebende Bebauung
erreicht.
Münstertorplatz,
Multi Development (Anlage 5 – Konzeptblatt Multi-D)
Das Projekt Münstertorplatz ist als
offene zweigeschossige Einkaufsgalerie mit ca. 9.000 m² Verkaufsfläche
konzipiert. Neben einem großflächigen Ankerbetrieb sollen überwiegend kleinere,
marktgängige Einzelhandelsnutzungen
entstehen. Über 60 % der Fläche des
Centers sind für Anbieter der innerstädtischen Leitbranchen Bekleidung und
Schuhe/Lederwaren vorgesehen. Die Obergeschosse werden durch Dienstleister
genutzt und in einem zweiten, etwas abgesetzten Baukörper an der Ems sind
Wohnnutzungen vorgesehen. Die Einzelhandelsnutzungen sind konzentriert in
zweigeschossigen Baukörpern angeordnet. Die Wegeführung orientiert sich am
Stadtgrundriss. Das Herz des Einkaufszentrum wird durch einen arkadengesäumten
Platz gebildet, über den auch die Anbindung an die Ems erfolgt.
5. Stellungnahme des Büros Junker und Kruse, Dortmund
Die gesamte gutachterliche Stellungnahme des Büros Junker und Kruse ist als Anlage 6 beigefügt. Zu den einzelnen Konzepten hat das Büro wie folgt Stellung genommen:
Empfehlung
zum Konzept ECE:
Das Konzept entspricht hohen
Ansprüchen an ein innerstädtisches Einkaufszentrum und bildet einen funktional
schlüssigen und gestalterisch hochwertigen Beitrag, der durch attraktive
Stadtbausteine überzeugt. Durch die Innenorientierung der
Einzelhandelsnutzungen und die Neuausrichtung der Wegeführung besteht jedoch
die Gefahr der Schwächung vorhandener benachbarter Einzelhandelslagen.
Empfehlung
zum Konzept GEDO:
Insgesamt ist das Konzept nicht
vollständig überzeugend. Für eine Überarbeitung wären umfangreiche funktionale
und gestalterische Verbesserungen insbesondere im Innern der Mall und im
Tiefparterre zwingend erforderlich. Darüber hinaus müsste das entworfene
Wegesystem, die Anbindung der Ems und die Gestaltung einer attraktiven
Uferpartie neu konzipiert werden. Letztlich ist auch der Eingang sowohl für die
Mall als auch für Rheine überdimensioniert und damit unpassend. Aufgrund der
bestehenden Mängel ist eine Weiterverfolgung dieses Konzeptes nicht zu
empfehlen.
Empfehlung
zum Konzept Multi-Development:
Der Entwurf stellt einen innovativen und
hochwertigen Beitrag für ein Einkaufscenter dar, das sich gleichermaßen als
Quartier wie auch als Center in die Innenstadt Rheines einfügt und diese
räumlich sowie funktional aufwertet. Daher sollte diese Lösung weiter verfolgt
werden. Bestehende Schwachstellen, insbesondere im Bereich der Ems und deren
Anbindung sollten durch weitere Entwürfe beseitigt werden.
Durch das Büro Junker
und Kruse erfolgt somit die Empfehlung mit dem Konzept des Projektentwicklers
Multi-Development weiterzuarbeiten.
6. Empfehlung
Gestaltungsbeirat vom 08.11.2007
Nach längerer Diskussion sprechen sich die Mitglieder des
Arbeitskreises einstimmig dafür aus, im Falle einer positiven Aussage des
Einzelhandelsgutachtens das Konzept der Firma Multi-Development zu
favorisieren, da dieses die städtebaulichen Probleme am besten berücksichtige.
Allerdings sollte darauf hingewirkt werden, dass in diesem Konzept die
kleinteilige Fassadengliederung in Anlehnung an das Konzept der Firma GEDO
stärker berücksichtigt wird.
Auch sollte die Kriterienliste der Stadt Rheine für die Umsetzung eines
Konzeptes um den Punkt „Erhaltung stadtbildprägender Gebäude und Fassaden“ erweitert
werden. In diesem Zusammenhang wird auch deutlich, dass nach Auffassung einer
Mehrheit der Mitglieder des Arbeitskreises der Erhalt des jetzigen Gebäudes der
Commerzbank angestrebt werden sollte.
Dem Anliegen des
Gestaltungsbeirates wurde gefolgt, der Punkt „Erhaltung stadtbildprägender
Gebäude und Fassaden“ wurde in den Anforderungskatalog aufgenommen.
7. Empfehlung
Projektbeirat vom 15.11.2007
Die Mitglieder des Projektbeirates haben sich nach intensiver Diskussion für die generelle Vertiefung der Projektentwicklung „Im Coesfeld“ ausgesprochen.
Die Kooperationsvereinbarung soll mit Multi-Development abgeschlossen werden. Bei den Inhalten der Vereinbarung soll insbesondere der Branchenmix konkretisiert und mit der gutachterlichen Stellungnahme von Junker und Kruse abgestimmt werden, um größere Umsatzverteilungen zu minimieren bzw. zu vermeiden.
Der Projektbeirat empfiehlt an den Stadtentwicklungsausschuss „Planung und
Umwelt“ und an den Rat der Stadt Rheine folgende Beschlüsse zu fassen:
- Vertiefung der Projektentwicklung auf Grundlage der gutachterlichen Stellungnahme von Junker + Kruse und des vorgestellten Anforderungskatalogs
- Ausarbeitung einer Kooperationsvereinbarung und Abschluss der Kooperationsvereinbarung mit Multi-Development
8. weiteres Vorgehen:
Kooperationsvereinbarung
und Komplementärmaßnahmen
Sofern eine Beschlussfassung entsprechend dem Verwaltungsvorschlag erfolgt, soll als nächstes durch die Verwaltung die Kooperationsvereinbarung weiter konkretisiert werden und im I. Quartal 2008 mit den am Verfahren Beteiligten abgestimmt (Verwaltungsvorstand, Projektbeirat, Politik usw.) werden
Es wird angestrebt, die Kooperationsvereinbarung noch im I. Quartal 2008 mit dem ausgewählten Projektentwickler abzuschließen.
Um die Chancen, die durch die Neuordnung und Entwicklung des Quartiers zwischen Emsstraße und Münsterstraße entstehen umfassend zu nutzen und mögliche negative Auswirkungen auf andere Innenstadtbereiche so verträglich wie möglich zu gestalten, wird empfohlen, zur Stärkung und Sicherung der bestehenden Einzelhandelslagen entsprechende Komplementärmaßnahmen zu entwickeln und umzusetzen. Erfahrungen aus anderen Kommunen zeigen, dass hierbei neben dem notwenigen Engagement der Immobilieneigentümer und Gewerbetreibenden auch städtische Unterstützung erforderlich ist.
9. „Was passiert,
wenn nichts passiert?“
Findet man keinen Konsens zu einem oben aufgeführten Szenario wird die
Münsterstraße vom städtischen Leben abgehängt und das Quartier „Im Coesfeld“
liegt weiterhin brach, solange die Eigentümer nicht einzelne Projekte auf ihrem
Grundstück errichten. Das aktuelle Planungsrecht unter Punkt 2 und das
Baumassenmodell in Anlage 1 zeigen, was heute lt Bebauungsplan zulässig ist und
genehmigt werden könnte; d.h. jeder Eigentümer kann sein Projekt erstellen.
Es muss als große Chance verstanden werden, dass 3 Investorengruppen
das Quartier als Ganzes entwickeln
wollen und sich auch der Aufgabe stellen, die heterogenen Eigentümerstrukturen
in eine ganzheitliche Entwicklung einzubeziehen. Nur in einer Gesamtlösung
können alle Nutzungswünsche (Läden, Arztpraxen, Wohnen, Freibereiche usw.) in
ihrer Vielfältigkeit eingearbeitet werden.
Anlagen:
Anlage 1: Luftbilddarstellung und Baumassenmodell
Anlage 2: Kriterienkatalog
Anlage 3: Konzeptblatt ECE
Anlage 4: Konzeptblatt GEDO i.Z.m. Borowski & Sasse
Anlage 5: Konzeptblatt Multi-Development
Anlage 6: Gutachterliche Stellungnahme Büro Junker & Kruse