Betreff
Bericht zur Umsetzung des Migrations- und Integrationskonzepts - Neukonzeption der Sprachoffensive
Vorlage
524/08
Art
Beschlussvorlage

Beschlussvorschlag/Empfehlung:

 

Der Sozialausschuss nimmt den Bericht zustimmend zur Kenntnis.

 


Begründung:

 

Bereits zwei Migrations- und Integrationskonzepte hat die Stadt Rheine erarbeitet und durch Ratsbeschluss zur Grundlage der kommunalen Integrationsarbeit erhoben. Das erste Konzept wurde im April 2003, seine Fortschreibung im Herbst 2007 fertig gestellt. Sie hebt das erste Konzept nicht auf, sondern erweitert und schärft es auf der Grundlage einer aktuellen Datenlage und der gewonnenen Erkenntnisse.

 

Dieser Bericht über den Umsetzungsstand bezieht sich auf das Konzept von 2003 (I.), berücksichtigt die Hauptkapitel der Fortschreibung 2007 (II.) und wirft auch ein Schlaglicht auf die in II. noch nicht abgehandelten Themen des 12-Punkte-Katalogs der Maßnahmen mit besonderer Dringlichkeit (III.).

 

I. Migrations- und Integrationskonzept 2003

 

Die Kernforderung des Konzepts von 2003 war die Durchführung einer Sprachoffensive, die allen Zuwanderern in der Stadt eine Möglichkeit eröffnen sollte, Zugang zu einem Deutschkurs zu bekommen.

 

Die Evaluation der bereits 2004 begonnenen Offensive zeigt, dass ein differenziertes Angebot, bestehend - je nach Bedürftigkeit der Teilnehmer(innen) - aus einem Kurs „Erste Begegnung mit der Deutschen Sprache“, Alphabetisierung, Grundkurs und Aufbaukurs einzurichten ist. Die Federführung der Sprachoffensive wurde der VHS übertragen, die Finanzierung erfolgte durch Mittel des FB1/VHS und des FB 2/ Migrations- und Integrationsberatung. Weiterhin zeigte sich, dass eine Differenzierung nach bestimmten Teilnehmergruppen (z. B. Mütter von Schulkindern) und eine wohnungsnahe Durchführung der Kurse ihre Akzeptanz erhöht. Beispiele sind die Deutsch- und Alphabetisierungskurse in den Stadtteilen Dorenkamp und Dutum, im Familienzentrum St. Antoniuskindergarten und im Centro S. Antonio.

 

 

Neukonzeption der Sprachoffensive 2008/2009

 

Sprache ist eine Basisqualifikation für den Zugang zur Bildung, zum Ausbildungs- und Arbeitsmarkt und ermöglicht die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben.  

Der 11-Punkte-Katalog der Maßnahmen mit besonderer Dringlichkeit sah im Migrations- und Integrationskonzept von 2003 das Projekt einer Sprachoffensive vor. Ziel ist es, auch denjenigen eine Sprachförderung zu ermöglichen, die keinen Anspruch oder keinen Zugang zu den Integrationskursen haben. Ein wichtiger Aspekt ist dabei die zielgruppenorientierte, stadtteilnahe Sprachförderung.

 

Seit 2003 ist die VHS Rheine lt. Ratsbeschluss federführend mit der Sprachoffensive betraut und bietet in diesem Zusammenhang zusätzliche Sprachangebote an.

Dieses Angebot [1] soll auf weitere Ziel- und Altersgruppen ausgerichtet werden.

 

 

Kursangebote:

 

a) Sprachförderung für Kinder und Jugendliche

Kinder und Jugendliche, besonders in der Früherziehung, in der Schule, im Übergang Schule/ Beruf und SeiteneinsteigerInnen sollen in ihrer Aneignung des Spracherwerbs gefördert werden, da ohne einen Zugang zur Sprache kaum Zugang zur Bildung möglich ist.

Die VHS Rheine bietet eine Sprachfrühförderung für Kinder von 2 - 4 Jahren an.

Die Sprachförderung von 4 - 6 jährigen ist integraler Bestandteil des Bildungsauftrages von Kindertageseinrichtungen und es greifen die Sprachfördermaßnahmen in Folge der Sprachstandtests (§ 36 Abs. 2 Schulgesetz), für die das Land zusätzliche Mittel bereitstellt.

Bei Bedarf kann die VHS Rheine als externe Anbieterin Sprachförderung für Kinder der entsprechenden Altersgruppe anbieten. Das externe Angebot der VHS gilt ebenfalls für Kinder von 6 - 10 Jahren.

 

Bildung und Qualifizierung sind Voraussetzung für ein langfristiges Gelingen der gesellschaftlichen Integration und der Chance in den Ausbildungs- und Arbeitsmarkt einzusteigen. Jugendliche und junge Erwachsene sollen durch berufsorientierte Sprachkursangebote motiviert und gefördert werden sich ihre Zukunft im Berufsleben zu erschließen.

 

 

b) Sprachförderung für SeniorInnen

Im Hinblick auf den demografischen Wandel spielen Sprachkursangebote für Seniorinnen und Senioren eine zunehmende Rolle. Die ältere Generation, insbesondere in vielen Migrationsfamilien, ist eine wichtige und Impulse gebende Instanz im Familienverband. Lebenslanges Lernen eröffnet älteren Menschen neue Möglichkeiten Integration zu erfahren und an die Kinder und Enkel weiterzugeben.

 

 

c) Sprachförderung in der Erwachsenen- und Elternbildung

Das Hauptangebot verbleibt im Bereich der Erwachsenen- und Elternbildung, da die Notwendigkeit besteht den Hauptverantwortlichen für die Erziehung der Kinder den deutschen Spracherwerb zu ermöglichen. Das sind in erster Linie die Mütter, aber auch den Vätern muss der Zugang zu Sprachangeboten erleichtert werden, da sie eine erhebliche Vorbildfunktion für die Söhne haben. Eltern und Großeltern sollte die Möglichkeit gegeben werden sich an der sprachlichen Integration ihrer Kinder und Enkel zu beteiligen. Ohne Elternbildung ist familiäre Förderung schwer umzusetzen.

 

Ein weiterer Aspekt der Sprachoffensive wird ein Fortbildungsangebot für Eltern, ErzieherInnen, Lehrkräfte, DozentInnen u. a.

 

 

 

Durchführung:

 

a) Zeitlicher Umfang der Kurse

Die Kursangebote umfassen pro Semester einen Umfang von 40 Unterrichtsstunden (20 Unterrichtstermine) und finden je nach Zielgruppenbedarf am Morgen, Nachmittag oder Abend statt. Ausnahmen bilden die Früherziehung mit 20 Unterrichtsstunden, die Sprachkurse für behinderte Jugendliche mit 10 Zeitstunden pro Kurs und die Fortbildungsveranstaltungen.

 

Die Kurse dienen nicht nur dem reinen Spracherwerb, sondern auch der sozialen Integration. Dennoch sollen sie nicht zum Selbstzweck ohne Zielorientierung werden. Teilnehmerinnen sind daher nur zur 2-maligen Teilnahme an ein- und demselben Kurs berechtigt. Dadurch soll verhindert werden, dass andere Institutionen blockiert werden und dass sogenannte „Dauer“teilnehmerInnen ihre Chance auf Weiterbildung nicht wahrnehmen.

 

b) Kooperationen

Verschiedene Institutionen (Familienzentren, Begegnungsstätten, Kirchengemeinden, Schulen etc.) haben die Möglichkeit einen zielgruppenorientierten, stadtteilnahen Kurs bei der VHS Rheine zu beantragen.

Voraussetzung dafür ist, dass Anmeldungen von mind. 10 TeilnehmerInnen (HöchstteilnehmerInnenzahl: 20) vorliegen und ein entsprechender Unterrichtsraum zur Verfügung steht.

Die VHS verwaltet die Kurse, führt Beratungen und Einstufungstests durch, vermittelt die DozentInnen und stellt das Lehrmaterial.

 

Die durchführenden Institutionen erheben eine Kursgebühr von 20 € [2] von den TeilnehmerInnen. Die TeilnehmerInnengebühren werden von den Institutionen ausschließlich für zusätzliches Lehrmaterial, dazu gehören auch Unterrichtsgänge, gemeinsame Veranstaltungen u. a., verwendet. Die Gebührenverwaltung ist von den Institutionen zu dokumentieren.

 

Durch „Lobbyarbeit“ soll der Erfolg des Angebots sichergestellt werden. Es soll durch persönliche Ansprache und das Verteilen eines Flyers Institutionen wie der Stadtschulleiterkonferenz, der Kindergartenleiterinnenrunde, Arbeitskreisen (z. B. dem AK Senioren), in den Moscheen, im Centro S. Antonio usw. umfassend bekannt gemacht werden.

 

c) Kosten

Der Kostenplan beruht auf der Annahme, dass das gesamte Kursangebot in Anspruch genommen wird. Das Angebot umfasst pro Semester 21 Kurse und eine Fortbildung.

Für TeilnehmerInnen an Integrationskursen, die keine Fördermöglichkeit durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge oder sonstige Institutionen haben wird eine Jahrespauschale von 1.700 € pro Jahr veranschlagt. Diese Summe ist anteilig der entsprechenden Sprachkursmodule mit 2 x 425 € pro Semester angegeben.

Die Kosten zur Durchführung der neu konzipierten Sprachoffensive belaufen sich insgesamt auf 13.768 € pro Semester. Die Gesamtjahreskosten betragen: 27.536 €.

 

Zur Finanzierung übernimmt der FB Jugend, Familie und Soziales (Budget 2204 – Betreuung von Migranten) 10.000 €. Der FB 1 Bildung, Kultur und Schule/VHS übernimmt den Rest im Sinne einer Defizitabdeckung (geschätzte Kosten ca. 8.000 €, da nicht alle Kurse zustande kommen werden).

 

 

II. Migrations- und Integrationskonzept 2007

 

Beheimatung (Kapitel 4.2)

Mit der Einführung des Begriffs Beheimatung in die Integrationsdiskussion versucht die Stadt Rheine - wiederum als eine der ersten Städte in NRW -  die Integration von Zuwanderern auch auf der emotionalen, individuellen Seite der betroffenen Menschen zu beleuchten. Viele Zuwanderervereine und -institutionen griffen das Thema auf, z. B. beim Fest der Kulturen im Centro S. Antonio und beim internationalen Frauenfest.

 

Auch der Integrationsrat diskutierte die Tatsache, dass Zuwanderer in Deutschland eine neue Heimat finden, indem er Themen wie das Bleiberecht für Flüchtlinge mit langjährigem Aufenthalt, ein erweitertes Kommunalwahlrecht und die Bedürfnisse von zugewanderten Senioren unter dem Stichwort „kultursensible Altenarbeit“ aufgriff.

 

Das Familienzentrum Antoniuskindergarten organisiert in Kooperation mit der Migrations- und Integrationsberatung für zugewanderte Kindergarteneltern eine Informationsreihe, die das Ziel hat, Migranten durch systematische Besuche in Rheiner Einrichtungen (Beispiele: Rathaus, Stadtbibliothek, Kloster Bentlage, VHS usw.) das Gefühl zu vermitteln, gesellschaftlich dazu zu gehören.

 

Erziehung und Bildung (Kapitel 4.2)

Die Arbeitsgruppe, bestehend aus Vertreter(inne)n von Kindergärten, verschiedener Schultypen und der Erwachsenenbildung, die zur Erarbeitung des Kapitels gegründet wurde, beschloss, weiter zusammen zu arbeiten und die Anregungen des Kapitels voran zu bringen. Als erstes wurde eine Fortbildungsveranstaltung zum Thema „Schlüsselkompetenz Sprache“ in der Stadthalle abgehalten, zu der annähernd 70 Lehrkräfte kamen. In Vorbereitung ist nun das Thema Elternarbeit.

 

Beim Schulbesuch von Zuwandererkindern aus Familien mit unsicherem Aufenthaltsstatus zeichnet sich ein allmählicher Wandel ab. Die positive Einstellung dieser Gruppe zu Bildung und Schulleistung nimmt zu. Der Schulbesuch ist in den meisten Familien selbstverständlich und regelmäßig geworden und die vielen zusätzlich zur Ganztagsbetreuung in den Schulen angebotenen Hausaufgabenhilfen (Beispiele: Stadtteilbüro Catenhorner Straße und Stadtteilbüro Humboldtstraße, Türkischer Verein Alter Lingener Damm, Centro S. Antonio) werden von einer großen Zahl zugewanderter Kinder regelmäßig in Anspruch genommen. Erfreulich ist, dass hier oft ältere Zuwandererkinder den jüngeren die Hausaufgabenhilfe erteilen. Die Zahl der Zuwandererkinder, die einen höheren Schulabschluss anstreben, wächst.

 

Interkulturalität ist im Alltag der Bildungseinrichtungen allenthalben anzutreffen. Davon zeugt z. B. das AS-Projekt (= Arbeit und Sozialkompetenz) der VHS, bei dem u. a. die Migrations- und Integrationsberatung in vielen Schulen Schüler(inne)n ab der Klasse 7 interkulturelle Kompetenz nahezubringen versucht. Aber auch die städtische Bildungs- und Kulturoffensive „Kinderkulturpass“ in den Grundschulen schließt den Bereich „Interkulturelles“ ein.

 

 

Interreligiöser Dialog (Kapitel 4.3)

Als schwierig erweist sich die Umsetzung eines interreligiösen Dialogs. Erwartungsgemäß dauert es eine lange Zeit, bis dass es ein natürliches Miteinander verschiedener Religionen geben kann.

Zurzeit erstreckt sich der Dialog hauptsächlich auf das vorsichtige Zugehen von christlichen Gruppen auf die Moscheen Rheines mit dem Ziel, sich zu informieren. Über 20 Gruppen (vor allem Schulklassen, Kindergartengruppen, Einrichtungen freier Träger und andere soziale und politische Gruppen) haben vor allem die DITIB-Moschee an der Münsterstraße besucht, die auch in Kooperation mit dem Integrationsrat zum Ramadan eine Vielzahl von Rheiner Institutionen begrüßen konnten.

Erste Kooperationen zwischen der Gemeinde St. Elisabeth/St. Michael aus Anlass des Pfarrfestes lassen aber erwarten, dass der interreligiöse Dialog bald in ein weiterführendes Stadium treten wird. Die Kontakte erfolgten durch Vermittlung und unter Begleitung der Migrations- und Integrationsberatung.

 

 

Interkulturelle Öffnung von Verwaltungen und Institutionen (Kapitel 4.4)

Erste Schritte wurden auch hier getan. Es gab Informationsgespräche mit zuständigen Stellen in der Stadtverwaltung und ein Referat vor Mitgliedern des Stadtjugendrings. Alle Gespräche gestalteten sich offen und wurden von großem Interesse getragen, so dass für den Fortgang der Arbeit eine Grundlage gelegt werden konnte.

 

Das Thema Interkulturelle Öffnung wird aufgrund der Bevölkerungsentwicklung in der kommenden Zeit weiter an Bedeutung zunehmen. Die Einführung eines Monitoringverfahrens (Kapitel 7), das zurzeit im Rahmen des KOMM-IN Projekts für die Stadt Rheine erarbeitet wird, stellt ebenfalls einen wichtigen Baustein der interkulturellen Öffnung dar.

 

 

III.) Prioritätenkatalog 2007

 

Verstärkung der Stadtteilarbeit: In den Stadtteilbüros werden weitere Angebote für Zuwanderer vorgehalten. Hier sei besonders auf die Hausaufgabenhilfen, Kinder- und Frauengruppen hingewiesen. Durch den Umzug der Migrations- und Integrationsberatung aus dem Dachgeschoss des Alten Rathauses in die Kulturetage (Versorgung der Innenstadt) wurden verbesserte Arbeitsbedingungen geschaffen und der Zugang vor allem für behinderte Personen und Eltern mit Kinderwagen erleichtert.

 

Ehrenamtlichkeit und bürgerschaftliches Engagement: Die Zuwanderervereine wurden weiterhin in ihrer Arbeit unterstützt. Das Forum Migration und der Integrationsrat führten ihre Arbeit fort. Die „Dolmetscher der Kulturen“ nahmen eine Vielzahl von Terminen vor allem in Schulen und bei Ausstellungen wahr, um den Gedanken der Multikulturalität zu verbreiten.

 

Initiative für Bleiberecht: Rat und Integrationsrat setzten sich mit einem Appell an die Landesregierung für die Schaffung einer „Altfallregelung“ ein. Diese ist mittlerweile bundesweit eingeführt und eröffnet vielen Zuwanderern in Rheine neue Perspektiven.

 

Förderung der Jugendsozialarbeit: Nach Schließung des Treffs für junge Spätaussiedler an der Lingener Straße hat das RADUGA ein neues Zuhause in den Räumen der Jugendtreffs „Underground“ an der Lugeruskirche gefunden.

Im Weiteren erarbeitet das KOMM-IN Projekt ein weiterführendes fach- und zeitgemäßes Konzept für eine Jugendarbeit mit Zuwanderern.

 

Initiative für Ausbildung und Arbeit: Ein „Arbeitskreis Arbeit und Migration“ mit kompetenten Vertretern der Kammern, der Wirtschafts- und Arbeitsförderung und der Migrantenberatung hat sich gebildet. Er traf sich mehrmals. Information wurden unter den Fachleuten ausgetauscht. Der Arbeitskreis stieß aber an seine Grenzen, da das Interesse der Zuwandererbetriebe gering war. Auch fehlt es an einer umfassenden Auflistung solcher Betriebe, so dass vermutlich nur eine gewisse Auswahl angesprochen werden konnte.

Durch eine gezielte Pressearbeit soll zunächst ein Perspektivenwechsel herbeigeführt werden, der Zuwandererbetrieben schrittweise ihre Möglichkeiten als Ausbildungsbetrieb verdeutlicht.

 



[1] Aufstellung der VHS – Kursangebote zur Sprachoffensive 2009: Anlage 1

[2]  Gebührenbefreiung für: EmpfängerInnen nach SGB II, SGB III und 3. oder 4. Kapitel SGB XII

    Gebührenermäßigung von 50% für: SchülerInnen, StudentInnen und Schwerbehinderte mit einer Mde ab 50%


Anlagen:

 

Anlage 1: Sprachoffensive 2009/Kursangebot VHS Rheine