Beschlussvorschlag/Empfehlung:
Der Sozialausschuss nimmt den Bericht zustimmend zur Kenntnis.
Begründung:
Bereits zwei
Migrations- und Integrationskonzepte hat die Stadt Rheine erarbeitet und durch
Ratsbeschluss zur Grundlage der kommunalen Integrationsarbeit erhoben. Das
erste Konzept wurde im April 2003, seine Fortschreibung im Herbst 2007 fertig
gestellt. Sie hebt das erste Konzept nicht auf, sondern erweitert und schärft
es auf der Grundlage einer aktuellen Datenlage und der gewonnenen Erkenntnisse.
Dieser Bericht über
den Umsetzungsstand bezieht sich auf das Konzept von 2003 (I.), berücksichtigt
die Hauptkapitel der Fortschreibung 2007 (II.) und wirft auch ein Schlaglicht
auf die in II. noch nicht abgehandelten Themen des 12-Punkte-Katalogs der
Maßnahmen mit besonderer Dringlichkeit (III.).
I. Migrations-
und Integrationskonzept 2003
Die Kernforderung des
Konzepts von 2003 war die Durchführung einer Sprachoffensive, die allen
Zuwanderern in der Stadt eine Möglichkeit eröffnen sollte, Zugang zu einem
Deutschkurs zu bekommen.
Die Evaluation der
bereits 2004 begonnenen Offensive zeigt, dass ein differenziertes Angebot,
bestehend - je nach Bedürftigkeit der Teilnehmer(innen) - aus einem Kurs „Erste
Begegnung mit der Deutschen Sprache“, Alphabetisierung, Grundkurs und
Aufbaukurs einzurichten ist. Die Federführung der Sprachoffensive wurde der VHS
übertragen, die Finanzierung erfolgte durch Mittel des FB1/VHS und des FB 2/
Migrations- und Integrationsberatung. Weiterhin zeigte sich, dass eine
Differenzierung nach bestimmten Teilnehmergruppen (z. B. Mütter von
Schulkindern) und eine wohnungsnahe Durchführung der Kurse ihre Akzeptanz
erhöht. Beispiele sind die Deutsch- und Alphabetisierungskurse in den
Stadtteilen Dorenkamp und Dutum, im Familienzentrum St. Antoniuskindergarten
und im Centro S. Antonio.
Neukonzeption
der Sprachoffensive 2008/2009
Sprache ist eine
Basisqualifikation für den Zugang zur Bildung, zum Ausbildungs- und
Arbeitsmarkt und ermöglicht die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben.
Der
11-Punkte-Katalog der Maßnahmen mit besonderer Dringlichkeit sah im Migrations-
und Integrationskonzept von 2003 das Projekt einer Sprachoffensive vor. Ziel
ist es, auch denjenigen eine Sprachförderung zu ermöglichen, die keinen
Anspruch oder keinen Zugang zu den Integrationskursen haben. Ein wichtiger
Aspekt ist dabei die zielgruppenorientierte, stadtteilnahe Sprachförderung.
Seit 2003 ist die
VHS Rheine lt. Ratsbeschluss federführend mit der Sprachoffensive betraut und
bietet in diesem Zusammenhang zusätzliche Sprachangebote an.
Dieses Angebot [1]
soll auf weitere Ziel- und Altersgruppen ausgerichtet werden.
Kursangebote:
a)
Sprachförderung für Kinder und Jugendliche
Kinder und
Jugendliche, besonders in der Früherziehung, in der Schule, im Übergang Schule/
Beruf und SeiteneinsteigerInnen sollen in ihrer Aneignung des Spracherwerbs
gefördert werden, da ohne einen Zugang zur Sprache kaum Zugang zur Bildung
möglich ist.
Die VHS Rheine
bietet eine Sprachfrühförderung für Kinder von 2 - 4 Jahren an.
Die Sprachförderung
von 4 - 6 jährigen ist integraler Bestandteil des Bildungsauftrages von
Kindertageseinrichtungen und es greifen die Sprachfördermaßnahmen in Folge der
Sprachstandtests (§ 36 Abs. 2 Schulgesetz), für die das Land zusätzliche Mittel
bereitstellt.
Bei Bedarf kann die
VHS Rheine als externe Anbieterin Sprachförderung für Kinder der entsprechenden
Altersgruppe anbieten. Das externe Angebot der VHS gilt ebenfalls für Kinder
von 6 - 10 Jahren.
Bildung und
Qualifizierung sind Voraussetzung für ein langfristiges Gelingen der gesellschaftlichen
Integration und der Chance in den Ausbildungs- und Arbeitsmarkt einzusteigen.
Jugendliche und junge Erwachsene sollen durch berufsorientierte
Sprachkursangebote motiviert und gefördert werden sich ihre Zukunft im Berufsleben
zu erschließen.
b)
Sprachförderung für SeniorInnen
Im Hinblick auf den
demografischen Wandel spielen Sprachkursangebote für Seniorinnen und Senioren
eine zunehmende Rolle. Die ältere Generation, insbesondere in vielen
Migrationsfamilien, ist eine wichtige und Impulse gebende Instanz im Familienverband.
Lebenslanges Lernen eröffnet älteren Menschen neue Möglichkeiten Integration zu
erfahren und an die Kinder und Enkel weiterzugeben.
c)
Sprachförderung in der Erwachsenen- und Elternbildung
Das Hauptangebot
verbleibt im Bereich der Erwachsenen- und Elternbildung, da die Notwendigkeit
besteht den Hauptverantwortlichen für die Erziehung der Kinder den deutschen
Spracherwerb zu ermöglichen. Das sind in erster Linie die Mütter, aber auch den
Vätern muss der Zugang zu Sprachangeboten erleichtert werden, da sie eine
erhebliche Vorbildfunktion für die Söhne haben. Eltern und Großeltern sollte
die Möglichkeit gegeben werden sich an der sprachlichen Integration ihrer
Kinder und Enkel zu beteiligen. Ohne Elternbildung ist familiäre Förderung
schwer umzusetzen.
Ein weiterer Aspekt
der Sprachoffensive wird ein Fortbildungsangebot für Eltern, ErzieherInnen,
Lehrkräfte, DozentInnen u. a.
Durchführung:
a) Zeitlicher
Umfang der Kurse
Die Kursangebote
umfassen pro Semester einen Umfang von 40 Unterrichtsstunden (20
Unterrichtstermine) und finden je nach Zielgruppenbedarf am Morgen, Nachmittag
oder Abend statt. Ausnahmen bilden die Früherziehung mit 20 Unterrichtsstunden,
die Sprachkurse für behinderte Jugendliche mit 10 Zeitstunden pro Kurs und die
Fortbildungsveranstaltungen.
Die Kurse dienen
nicht nur dem reinen Spracherwerb, sondern auch der sozialen Integration.
Dennoch sollen sie nicht zum Selbstzweck ohne Zielorientierung werden. Teilnehmerinnen
sind daher nur zur 2-maligen Teilnahme an ein- und demselben Kurs berechtigt.
Dadurch soll verhindert werden, dass andere Institutionen blockiert werden und
dass sogenannte „Dauer“teilnehmerInnen ihre Chance auf Weiterbildung
nicht wahrnehmen.
b) Kooperationen
Verschiedene
Institutionen (Familienzentren, Begegnungsstätten, Kirchengemeinden, Schulen
etc.) haben die Möglichkeit einen zielgruppenorientierten, stadtteilnahen Kurs
bei der VHS Rheine zu beantragen.
Voraussetzung dafür
ist, dass Anmeldungen von mind. 10 TeilnehmerInnen (HöchstteilnehmerInnenzahl:
20) vorliegen und ein entsprechender Unterrichtsraum zur Verfügung steht.
Die VHS verwaltet
die Kurse, führt Beratungen und Einstufungstests durch, vermittelt die
DozentInnen und stellt das Lehrmaterial.
Die durchführenden
Institutionen erheben eine Kursgebühr von 20 € [2] von den TeilnehmerInnen.
Die TeilnehmerInnengebühren werden von den Institutionen ausschließlich
für zusätzliches Lehrmaterial, dazu gehören auch Unterrichtsgänge, gemeinsame
Veranstaltungen u. a., verwendet. Die Gebührenverwaltung ist von den
Institutionen zu dokumentieren.
Durch „Lobbyarbeit“
soll der Erfolg des Angebots sichergestellt werden. Es soll durch persönliche
Ansprache und das Verteilen eines Flyers Institutionen wie der Stadtschulleiterkonferenz,
der Kindergartenleiterinnenrunde, Arbeitskreisen (z. B. dem AK Senioren), in
den Moscheen, im Centro S. Antonio usw. umfassend bekannt gemacht werden.
c) Kosten
Der Kostenplan
beruht auf der Annahme, dass das gesamte Kursangebot in Anspruch genommen wird.
Das Angebot umfasst pro Semester 21 Kurse und eine Fortbildung.
Für TeilnehmerInnen
an Integrationskursen, die keine Fördermöglichkeit durch das Bundesamt für
Migration und Flüchtlinge oder sonstige Institutionen haben wird eine Jahrespauschale
von 1.700 € pro Jahr veranschlagt. Diese Summe ist anteilig der entsprechenden
Sprachkursmodule mit 2 x 425 € pro Semester angegeben.
Die Kosten zur
Durchführung der neu konzipierten Sprachoffensive belaufen sich insgesamt auf
13.768 € pro Semester. Die Gesamtjahreskosten betragen: 27.536 €.
Zur Finanzierung
übernimmt der FB Jugend, Familie und Soziales (Budget 2204 – Betreuung von
Migranten) 10.000 €. Der FB 1 Bildung, Kultur und Schule/VHS übernimmt den Rest
im Sinne einer Defizitabdeckung (geschätzte Kosten ca. 8.000 €, da nicht alle
Kurse zustande kommen werden).
II.
Migrations- und Integrationskonzept 2007
Beheimatung (Kapitel 4.2)
Mit der Einführung
des Begriffs Beheimatung in die Integrationsdiskussion versucht die
Stadt Rheine - wiederum als eine der ersten Städte in NRW - die Integration von Zuwanderern auch auf der
emotionalen, individuellen Seite der betroffenen Menschen zu beleuchten. Viele
Zuwanderervereine und -institutionen griffen das Thema auf, z. B. beim Fest der
Kulturen im Centro S. Antonio und beim internationalen Frauenfest.
Auch der
Integrationsrat diskutierte die Tatsache, dass Zuwanderer in Deutschland eine
neue Heimat finden, indem er Themen wie das Bleiberecht für Flüchtlinge mit
langjährigem Aufenthalt, ein erweitertes Kommunalwahlrecht und die Bedürfnisse
von zugewanderten Senioren unter dem Stichwort „kultursensible Altenarbeit“ aufgriff.
Das Familienzentrum
Antoniuskindergarten organisiert in Kooperation mit der Migrations- und
Integrationsberatung für zugewanderte Kindergarteneltern eine Informationsreihe,
die das Ziel hat, Migranten durch systematische Besuche in Rheiner Einrichtungen
(Beispiele: Rathaus, Stadtbibliothek, Kloster Bentlage, VHS usw.) das Gefühl zu
vermitteln, gesellschaftlich dazu zu gehören.
Erziehung und
Bildung (Kapitel 4.2)
Die Arbeitsgruppe,
bestehend aus Vertreter(inne)n von Kindergärten, verschiedener Schultypen und
der Erwachsenenbildung, die zur Erarbeitung des Kapitels gegründet wurde,
beschloss, weiter zusammen zu arbeiten und die Anregungen des Kapitels voran zu
bringen. Als erstes wurde eine Fortbildungsveranstaltung zum Thema
„Schlüsselkompetenz Sprache“ in der Stadthalle abgehalten, zu der annähernd 70
Lehrkräfte kamen. In Vorbereitung ist nun das Thema Elternarbeit.
Beim Schulbesuch von
Zuwandererkindern aus Familien mit unsicherem Aufenthaltsstatus zeichnet sich
ein allmählicher Wandel ab. Die positive Einstellung dieser Gruppe zu Bildung
und Schulleistung nimmt zu. Der Schulbesuch ist in den meisten Familien
selbstverständlich und regelmäßig geworden und die vielen zusätzlich zur
Ganztagsbetreuung in den Schulen angebotenen Hausaufgabenhilfen (Beispiele:
Stadtteilbüro Catenhorner Straße und Stadtteilbüro Humboldtstraße, Türkischer
Verein Alter Lingener Damm, Centro S. Antonio) werden von einer großen Zahl zugewanderter
Kinder regelmäßig in Anspruch genommen. Erfreulich ist, dass hier oft ältere
Zuwandererkinder den jüngeren die Hausaufgabenhilfe erteilen. Die Zahl der
Zuwandererkinder, die einen höheren Schulabschluss anstreben, wächst.
Interkulturalität
ist im Alltag der Bildungseinrichtungen allenthalben anzutreffen. Davon zeugt
z. B. das AS-Projekt (= Arbeit und Sozialkompetenz) der VHS, bei dem u. a. die
Migrations- und Integrationsberatung in vielen Schulen Schüler(inne)n ab der
Klasse 7 interkulturelle Kompetenz nahezubringen versucht. Aber auch die städtische
Bildungs- und Kulturoffensive „Kinderkulturpass“ in den Grundschulen schließt
den Bereich „Interkulturelles“ ein.
Interreligiöser
Dialog (Kapitel 4.3)
Als schwierig
erweist sich die Umsetzung eines interreligiösen Dialogs. Erwartungsgemäß
dauert es eine lange Zeit, bis dass es ein natürliches Miteinander verschiedener
Religionen geben kann.
Zurzeit erstreckt
sich der Dialog hauptsächlich auf das vorsichtige Zugehen von christlichen
Gruppen auf die Moscheen Rheines mit dem Ziel, sich zu informieren. Über 20
Gruppen (vor allem Schulklassen, Kindergartengruppen, Einrichtungen freier
Träger und andere soziale und politische Gruppen) haben vor allem die
DITIB-Moschee an der Münsterstraße besucht, die auch in Kooperation mit dem
Integrationsrat zum Ramadan eine Vielzahl von Rheiner Institutionen begrüßen
konnten.
Erste Kooperationen
zwischen der Gemeinde St. Elisabeth/St. Michael aus Anlass des Pfarrfestes
lassen aber erwarten, dass der interreligiöse Dialog bald in ein weiterführendes
Stadium treten wird. Die Kontakte erfolgten durch Vermittlung und unter
Begleitung der Migrations- und Integrationsberatung.
Interkulturelle
Öffnung von Verwaltungen und Institutionen (Kapitel 4.4)
Erste Schritte
wurden auch hier getan. Es gab Informationsgespräche mit zuständigen Stellen in
der Stadtverwaltung und ein Referat vor Mitgliedern des Stadtjugendrings. Alle
Gespräche gestalteten sich offen und wurden von großem Interesse getragen, so
dass für den Fortgang der Arbeit eine Grundlage gelegt werden konnte.
Das Thema
Interkulturelle Öffnung wird aufgrund der Bevölkerungsentwicklung in der
kommenden Zeit weiter an Bedeutung zunehmen. Die Einführung eines Monitoringverfahrens
(Kapitel 7), das zurzeit im Rahmen des KOMM-IN Projekts für die Stadt Rheine
erarbeitet wird, stellt ebenfalls einen wichtigen Baustein der interkulturellen
Öffnung dar.
III.)
Prioritätenkatalog 2007
Verstärkung der
Stadtteilarbeit: In den
Stadtteilbüros werden weitere Angebote für Zuwanderer vorgehalten. Hier sei
besonders auf die Hausaufgabenhilfen, Kinder- und Frauengruppen hingewiesen.
Durch den Umzug der Migrations- und Integrationsberatung aus dem Dachgeschoss
des Alten Rathauses in die Kulturetage (Versorgung der Innenstadt) wurden
verbesserte Arbeitsbedingungen geschaffen und der Zugang vor allem für
behinderte Personen und Eltern mit Kinderwagen erleichtert.
Ehrenamtlichkeit
und bürgerschaftliches Engagement: Die Zuwanderervereine wurden weiterhin in ihrer Arbeit unterstützt. Das
Forum Migration und der Integrationsrat führten ihre Arbeit fort. Die
„Dolmetscher der Kulturen“ nahmen eine Vielzahl von Terminen vor allem in
Schulen und bei Ausstellungen wahr, um den Gedanken der Multikulturalität zu
verbreiten.
Initiative für
Bleiberecht: Rat und
Integrationsrat setzten sich mit einem Appell an die Landesregierung für die
Schaffung einer „Altfallregelung“ ein. Diese ist mittlerweile bundesweit
eingeführt und eröffnet vielen Zuwanderern in Rheine neue Perspektiven.
Förderung der
Jugendsozialarbeit: Nach
Schließung des Treffs für junge Spätaussiedler an der Lingener Straße hat das
RADUGA ein neues Zuhause in den Räumen der Jugendtreffs „Underground“ an der
Lugeruskirche gefunden.
Im Weiteren
erarbeitet das KOMM-IN Projekt ein weiterführendes fach- und zeitgemäßes
Konzept für eine Jugendarbeit mit Zuwanderern.
Initiative für
Ausbildung und Arbeit: Ein
„Arbeitskreis Arbeit und Migration“ mit kompetenten Vertretern der Kammern, der
Wirtschafts- und Arbeitsförderung und der Migrantenberatung hat sich gebildet.
Er traf sich mehrmals. Information wurden unter den Fachleuten ausgetauscht.
Der Arbeitskreis stieß aber an seine Grenzen, da das Interesse der Zuwandererbetriebe
gering war. Auch fehlt es an einer umfassenden Auflistung solcher Betriebe, so
dass vermutlich nur eine gewisse Auswahl angesprochen werden konnte.
Durch eine gezielte
Pressearbeit soll zunächst ein Perspektivenwechsel herbeigeführt werden, der
Zuwandererbetrieben schrittweise ihre Möglichkeiten als Ausbildungsbetrieb
verdeutlicht.
Anlagen:
Anlage 1: Sprachoffensive 2009/Kursangebot VHS Rheine