Betreff
Kreisverkehr Lingener Damm / Am Stadtwalde - Aussetzung des Beschlusses zum Ausbau
Vorlage
267/12
Art
Beschlussvorlage

Beschlussvorschlag/Empfehlung:

 

1.      Der Bauausschuss der Stadt Rheine beschließt die Aussetzung des Beschlusses zum Bau des Kreisverkehrs Lingener Damm/ Am Stadtwalde um 5 Jahre  (Mitte 2017).

2.      Nach Ablauf der o.g. Frist ist dem Ausschuss ein Bericht über den Sachstand der Schwertransporte vorzulegen.

 

 


Begründung:

 

1. Veranlassung

 

Durch Beschluss vom 21.02.2008 ist die Verwaltung beauftragt worden, eine Ausführungsplanung zum Umbau des Knotenpunktes Lingener Damm / Am Stadtwalde zu einem Kreisverkehresplatz zu erstellen. Die Planung ist abgeschlossen worden. Das Projekt wurde in den Haushaltsplan eingestellt, das Leistungsverzeichnis zur Ausschreibung der Maßnahme liegt vor.

Seitens hiesiger Firmen bestehen auf Grund der Befahrbarkeit durch Großraumtransporter erhebliche Bedenken gegen den Bau dieses Kreisverkehrsplatzes.

 

 

2. Konflikt Kreisverkehr – Schwer- und Großraumtransport

 

2.1 Funktion von Kreisverkehren

 

Da sich im konkreten Fall der Konflikt zwischen Kreisverkehr und Großraumtransport insbesondere auf den Verkehrsablauf bezieht, werden im Folgenden die wesentlichen Vor- und Nachteile von Kreisverkehren hinsichtlich des Verkehrsablaufes und der Verkehrsführung dargestellt:

Vorteile

-         geringe Wartezeiten für Fußgänger, Radfahrer und KFZ auch bei höheren Verkehrsbelastungen

-         geringe Gesamtwartezeiten für den KFZ im Vergleich zu Knotenpunkten mit Lichtsignalanlage

-         verbesserte Orientierung im Straßennetz

-         Wendemöglichkeit für LKW

 

Nachteile

-         gleichberechtigte Verknüpfung von Straßen mit ungleicher Verkehrsbedeutung und Verkehrsbelastung

-         reduzierte Kapazität bei höheren Verkehrsstärken querender Fußgänger und Radfahrer

-         teilweise längere Wege für Fußgänger und Radfahrer bei großen Außendurchmessern

-         Komforteinschränkungen und Zeitverluste für den ÖPNV (keine Bevorrechtigung/Beschleunigung möglich)

-         Erschwerte/keine Befahrbarkeit für lange Kraftfahrzeuge und Großraumtransporter

 

 

2.2 Kunst im Kreisverkehr

 

Die Knotenpunktform „Kreisverkehr“ bietet gute Möglichkeiten zur Gestaltung der Kreuzung. Die Mittelinsel eignet sich hier sehr gut zur Aufstellung von Kunstwerken, die den Kreisverkehr verschönern und die Identifikation der Bewohner der näheren Umgebung mit dem Stadtteil fördern.

 

Allerdings ist aus Gründen der Verkehrssicherheit die Fläche zur Aufstellung einer möglichen Skulptur begrenzt.

Abb.1: Begrenzter Raum für Kunstwerke

 

Sollte die Mittelinsel überfahrbar gestaltet werden, wäre das Aufstellen eines Kunstwerkes nicht mehr möglich.

Eine derartige Sonderlösung ist daher städtebaulich nicht besonderes attraktiv und sollte erst in Erwägung gezogen werden, wenn sich die Schwertransporte langfristig etabliert haben.

Hierfür ist ein Beobachtungszeitraum von 5 Jahren vorgesehen.

 

 

2.3 Lenkung des Schwerverkehrs

 

Der Schwerverkehr setzt sich aus Güternah- und –Fernverkehr sowie aus Lieferverkehr zusammen. Im aktuellen Verkehrsentwicklungsplan der Stadt Rheine ist ein Schwerverkehrslenkungskonzept erarbeitet worden. Nach diesem Konzept wird auch die wegweisende Beschilderung im Stadtgebiet umgesetzt.

 

Ziel dieses Konzeptes ist es, den Schwerverkehr auf Routen zu bündeln, auf denen dieser verträglich hinsichtlich der einzelnen Umfeldnutzungen abgewickelt werden kann.

Dieses Vorzugsnetz entsteht im Wesentlichen durch die Überlagerung von Zielspinnen für die für den Schwerverkehr wesentlichen Industrie- und Gewerbegebiete. Folgende Randbedingungen werden hierbei berücksichtigt:

-         der LKW-Verkehr sollte auf angebauten innerstädtischen Straßen vermieden werden

-         alle wesentlichen Quellen und Ziele des Schwerverkehrs sollen an das Vorzugsnetz angebunden werden, das sind im wesentlichen:

-         Gewerbe- und Industriegebiet Nord/GVZ

-         Gewerbe- und Industriegebiet Ost, einschl. Kanalhafen

-         Gewerbe- und Industriegebiet Süd

-         Der LKW-Quell- und Zielverkehr sollte möglichst lange auf dem Vorzugsnetz geführt werden. Die anschließende Feinverteilung erfolgt dann über die verkehrswichtigen Straßen und Sammelstraßen.

 

Der allg. Schwerverkehr bezieht sich in der Regel auf Fahrzeuge, die auf Grund Ihrer Abmessungen und Gewichte keine Ausnahmegenehmigung bzw. Erlaubnis nach StVO und StVZO erfordern. Dementsprechend sind die Straßen des LKW-Vorzugnetzes nach den für den Straßenverkehr anzuwenden Normen und Vorschriften bemessen. D.h. die Querschnitte und Tragfähigkeiten der Straßen ergeben sich aus der Funktion und der Verkehrsbelastung der Straßen.

Strecken, die insbesondere von Großraumtransporten genutzt werden, die keine normierten Abmessungen besitzen, sind gesondert zu betrachten.

 

 

2.4 Schwer- und Großraumtransporte

 

Nach der Verwaltungsvorschrift zur § 19 StVO bedürfen Fahrzeuge und Fahrzeugkombinationen, deren Abmessungen, Achslasten oder Gesamtgewichte die nach §§ 32 und 34 StVZO zulässigen Grenzen überschreiten, einer Ausnahmegenehmigung nach § 70 StVZO. In der StVZO sind die zulässige Fahrzeughöhe mit 4,0 m, die Fahrzeugbreite mit 2,55 m, die Fahrzeuglänge bei Sattelkraftfahrzeugen 15,50 m bzw., 16,50 m oder das zulässige Gesamtgewicht einer Fahrzeugkombination mit mind. 4 Achsen mit 40 t angegeben. Fahrzeuge, die sich innerhalb dieser Werte bewegen, bedürfen keiner Ausnahmegenehmigung. Diese Fahrzeuge können dann auch ohne Probleme das bestehende Straßennetz befahren (auch Kreisverkehre mit Mittelinsel).

 

Falls Fahrzeuge die oben genannten Abmessungen überschreiten, wird vom Transportunternehmen ein Antragsverfahren beim Kreis Steinfurt eingeleitet. Hier werden dann das Ordnungsamt als Straßenverkehrsbehörde und die Technischen Betriebe Rheine zur technischen Prüfung der beantragten Transportstrecke angehört. Die Streckenprüfung orientiert sich vornehmlich an den Vorgaben und Strecken des LKW-Vorzugnetzes der Stadt Rheine.

 

 

2.5 Vorzugsstrecken für Schwer- und Großraumtransporte?

 

In jüngster Vergangenheit mehren sich die Anträge für Großraumtransporte - insbesondere im Bereich des Transportes von Bauteilen für Windkraftanlagen (siehe Anlage 1 und 2). Diese Bauteile werden überwiegend in Richtung des Speller Hafens transportiert, um dort verschifft zu werden.

Daher gilt es für die ansässigen Firmen, die im Stadtgebiet verteilt sind, Strecken anzubieten, die für Transporte mit Übermaßen geeignet sind.

 

Die Fa. Renk hat für ein mögliches Bauteil den Transportweg vom Werk bis zum Speller Hafen mehrere Fahrtrouten durch eine Spedition umfänglich untersuchen lassen (siehe Anlage 3). Es hat sich herausgestellt, dass die Fahrrouten Osnabrücker Str. –Windmühlenstr. – Sandkampstr. – Venhauser Damm – B70 und Osnabrücker Str. –Russenweg – Hopstener Damm – Konrad-Adenauer-Ring – Lingener Damm – B70 die geeigneten Transportstrecken sind. Allerdings besteht in beiden Fällen noch dass Problem der geringen Durchfahrtshöhe an der Autobahnbrücke A30/B70.

 

Zu den in Anlage 4 vorgeschlagenen Fahrtrouten kann wie folgt Stellung genommen werden:

 

Route Renk-Russenweg-Altenrheine-K68:

Ziel bei der Streckenführung ist es, möglichst Wohngebiete bzw. angebaute Straßen zu meiden. Bei dieser Streckenführung würde der Transport über die Paschenaustraße erfolgen. Neben der Wohnbebauung stellt auch die Strecke selbst (S-Kurve) ein mögliches Hindernis dar. Zudem ist eine Prüfung der Brücke über den D-E-K notwendig. Daher ist diese Route bisher nicht in Erwägung gezogen worden.

 

Route Variante 1 und Variante 2; Nutzung der A30:

Seitens der Fa. Renk wird angestrebt langfristig regelmäßige Transporte mit Übergrößen durchzuführen. Eine Nutzung der A30 und die damit verbundene notwendige Sperrung der Autobahn für den Transport sind nur mit sehr viel Aufwand durchzuführen. Zudem ist eine Prüfung der Brücke über den D-E-K notwendig Daher werden diese Varianten nicht angestrebt.

 

 

Es hat sich herausgestellt, dass derzeit für den Großraumtransport von Rheine in Richtung des Speller Hafens von verschiedenen Firmen folgende Straßen genutzt werden:

-         Lingener Damm ( K-A-R bis B 70)

-         Sandkampstraße/Windmühlenstraße (Osnabrücker Str. – Lingener Damm)

-         Hovestraße

-         Innerstädtischer Ring

-         Osnabrücker Straße

 

 

 

Derzeit befinden sich auf diesen Strecken keine Kreisverkehre. Bei Fahrten von Großraumtransportern werden die vorh. Straßen und Kreuzungen derart befahren, dass z.T. in Gegenrichtung die Straße befahren und evtl. Hindernisse (Schilderpfosten u. a.) demontiert und anschließend wieder montiert werden. Ein Kreisverkehr, wie er derzeit an der Kreuzung Lingener Damm / Am Stadtwalde geplant ist, würde einen Großraumtransport, mit den von Fa. Renk geplanten Abmessungen, verhindern.

 

Um auch die Transportkosten dauerhaft so gering wie möglich zu halten fordern die Transportunternehmer Strecken ein, die mit möglichst wenig Aufwand durch die Begleitfahrzeuge durchgeführt werden. Hierzu ist es erforderlich im Stadtgebiet Strecken auszuweisen, die die für diese Zwecke genutzt werden müssen. Dies bedeutet allerdings für die Stadt Rheine auch, dass solche Vorzugsstrecken für Großraumtransporter planungsseitig und in der Bauausführung gesichert werden müssen. D.h. für diese Strecken sind zusätzlich zu den grundsätzlichen Vorgaben und Richtlinien aus dem Straßenbau gesonderte Anforderungen hinsichtlich Lichtraumprofile, Fahrgeometrien und Tragfähigkeiten des Straßenaufbaus einzuhalten. Dies bedeutet für diese Strecken u.U. höhere Ausbau- und Umbaukosten, Verzicht auf Fahrbahnteiler und Sonderlösungen für Knotenpunkte (befahrbare Mittelinsel; mobile Mittelinseln, Anlage 4).

 

Da ein solches Vorzugsnetz für Großraumtransporte für die Verkehrslenkung und für die Sicherung der Wirtschaft am Standort Rheine sinnvoll ist, wird zur Zeit ein derartiges Vorzugnetz erarbeitet.

 

In der Vergangenheit ist auch über den Bau eines Kreisverkehrs im Knoten Windmühlenstr./Sonnenstraße im Bauausschuss diskutiert worden.

Dieser Kreisverkehr würde auf einer möglichen Alternativroute Richtung Hafen Spelle liegen und wird daher auch zurückgestellt.

 

 

 

3. Fazit

 

Ein Kreisverkehr ist ein gutes bauliches Element, um die Leichtigkeit des Verkehrs an einem ausgewählten Knotenpunkt durch geringe Wartezeiten bei Radfahrern und Fußgängern und beim Kfz-Verkehr zu erhöhen.

 

Allerdings sind auch die Umfeldnutzungen und tatsächlichen Verkehre an einem Knotenpunkt zu betrachten, um im Einzelfall eine Entscheidung für eine bestimmte Knotenpunktform zu treffen. Hier gilt es die Anforderungen abzuwägen.

 

Im vorliegenden Fall spricht einiges für den Umbau des Knotenpunktes Lingener Damm / Am Stadtwalde zu einem Kreisverkehrsplatz. Jedoch wird aktuell und künftig dieser Streckenabschnitt vielfach von Großraumtransportern befahren. Die spezielle Nutzung dieses Streckenabschnittes hat weitreichende Folgen für den Wirtschaftsstandort Rheine. Denn die ansässigen Firmen benötigen Planungssicherheit für den Transport von Großbauteilen aus dem Rheiner Stadtgebiet in das Umland.

 

Daher sollte der Beschluss zum Bau des Kreisverkehres bis 2017 ausgesetzt werden.

 

 

 


Anlagen:

 

Anlage 1      Schreiben der Fa. Renk AG

Anlage 2      Schreiben Windwest

Anlage 3      geplante Routen zum Hafen Spelle

Anlage 4      Eingabe des Herrn Hagemeier zu den Alternativstrecken

Anlage 5      Lageplan Kreisverkehr Lingener Damm/Am Stadtwalde