Betreff
Festsetzung des öffentlichen Anteils an der Strassenreinigungsgebühr
Vorlage
535/06
Art
Beschlussvorlage

Beschlussvorschlag/Empfehlung:

In der Gebührenbedarfsberechnung für die Straßenreinigungsgebühren des Jahres 2007 ist ein einheitlicher öffentlicher Anteil in Höhe von 10 % der Kosten zu berücksichtigen.

 


Begründung:

 

Bei der Ermittlung der Straßenreinigungsgebühren wird unterstellt, dass ein allgemeines öffentliches Interesse an der Reinigung besteht. Im Straßenreinigungsgesetz war bis 1998 aus diesem Grunde eine Regelung enthalten, welche einen Anteil in Höhe von mindestens 25 % der gebührenrelevanten Kosten den Kommunen zuschrieb. Dieser Mindestanteil ist bisher unverändert in der Gebührenkalkulation für die Stadt Rheine berücksichtigt worden.

 

Aufgrund der Änderung des Straßenreinigungsgesetzes NRW ist dieser Mindestanteil nicht mehr gesetzlich fixiert. Die Gemeinden können den früheren Mindestanteil nach unten oder nach oben korrigieren. Allerdings sind sie bei ihrer Entscheidung nicht frei und müssen folgende Regeln beachten:

 

  • Es gibt für NRW seit der Änderung des Straßenreinigungsgesetzes noch keine Gerichtsentscheidung, die sich mit dem öffentlichen Anteil beschäftigt hat. Aus diesem Grunde könnten ersatzweise folgende Gerichtsentscheidungen aus anderen Bundesländern interessant sein:

 

·         Schleswig – Holstein

·         Hessen

·         Mecklenburg-Vorpommern

·         Niedersachen

·         Bayern

15 % sind ausreichend

20 % sind noch ausreichend

25 % sind ausreichend aber auch erforderlich

15 % sind ausreichend

10 % sind notwendig

 

 

 

·          Der vorsitzende Richter am Verwaltungsgericht Gelsenkirchen hat aktuell für NRW im Rahmen einer Informationsveranstaltung zur neuen Mustersatzung veröffentlicht: „……25% bis 20% Gemeindeanteil dürften regelmäßig einer sachgerechten Ermessensausübung entsprechen…..“

 

  • Eine Reduzierung des öffentlichen Anteils auf 0 % ist aufgrund der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichtes ausgeschlossen. Es wird ein öffentliches Interesse in Höhe von mindestens 10 % unterstellt.

 

  • Der öffentliche Anteil soll individuell für die einzelnen Straßen ermittelt und festgelegt werden. Durch eine entsprechende Abstimmung zwischen Gebührengestaltung und Eingliederung in die Straßenverzeichnisse ist allerdings eine pauschalierte Anteilszuordnung möglich. Daher muss nicht für jede Strasse ein gesonderter Beschluss gefasst werden.

 

  • Am Beispiel der Fußgängerzone wird deutlich, wie unterschiedlich der öffentliche Anteil gesehen werden kann:

 

    • Aussage: Die Fußgängerzone dient ausschließlich dem Verkaufsinteresse der Anlieger und rechtfertigt keinen Ansatz von öffentlichem Interesse. Daher müssen die Kosten in vollem Umfang auf die Grundstückseigentümer verteilt werden.
    • Aussage: Die Stadt hat ein hohes Interesse an einer attraktiven und sauberen Fußgängerzone. Das öffentliche Interesse liegt daher in diesem Bereich weit über dem bisherigen Pauschalsatz von 25 %.

 

 

 

Aufgrund der weiterhin bestehenden Unsicherheit über die Höhe des öffentlichen Anteiles haben die Gemeinden in NRW nur sehr zögerlich mit einer Änderung des bisher üblichen %-Satzes begonnen. Andererseits muss vor den Hintergrund der leeren Kassen darüber entschieden werden, ob auf die Erhebung der rechtlich zulässigen Gebühren verzichtet werden soll und kann. Eine Reduzierung des öffentlichen Anteils auf 10 % erhöht in der Kalkulation die durch Gebühren zu deckenden Kosten um rd. 87.000 €.

 

 

 

Beispielhaft ist nachfolgend aufgeführt, wie sich die zurzeit geltende Straßenreinigungsgebühr durch eine Senkung des öffentlichen Anteils verändern würde:

 

 

Gebührenvergleich

Häufigkeit der Fahrbahnreinigung

bisherige

Gebühr

mögliche Gebühr / € / m / Jahr

öffentlicher Anteil

25 %

öffentlicher Anteil

20 %

öffentlicher Anteil

15 %

öffentlicher Anteil

10 %

14 tägliche Reinigung

0,77 €

0,82 €

0,87 €

0,92 €

wöchentliche Reinigung

1,03 €

1,10 €

1,17 €

1,24 €

2x wöchentliche Reinigung

1,96 €

2,09 €

2,22 €

2,35 €

Fußgängerzone

17,54 €

18,71 €

19,88 €

21,05 €

 

 

 

Die Umstellung des öffentlichen Anteils in den Kommunen hat in den bekannten Fällen überwiegend dazu geführt, dass lediglich eine Umverteilung durchgeführt wurde und sich im Mittelwert effektiv noch ein öffentlicher Anteil von rd. 20 % ergab. Diese Vorgehensweise entspricht weitgehend auch der bereits oben erwähnten Empfehlung aus den Reihen der Verwaltungsrichter in NRW.

 

Andererseits steckt in der unterschiedlichen Höhe des öffentlichen Anteils ein Gebührenpotential von rd. 87.000 €, welches direkt den städtischen Haushalt entlasten würde. Aus der nachstehenden Tabelle wird ersichtlich, welche zusätzlichen Finanzmittel sich auf der Basis der Gebührenkalkulation des Jahres 2006 ergeben würden:

 

 

 

 

Aus der obigen Tabelle ist ersichtlich, dass sich durch eine durchgängige Senkung des öffentlichen Anteils auf 10 % im Umkehrschluss eine Gebührenmehreinnahme in Höhe von rd. 87.000 € ergeben kann.

 

Die Entscheidung über die zukünftige Höhe des öffentlichen Anteils wird in die Gebührenkalkulation des Jahres 2007 einfließen. Diese Kalkulation wird zusätzlich durch die hohen Winterdienstkosten des Winters 2005/2006 und die bevorstehende Erhöhung der Mehrwertsteuer beeinflusst. Da die Winterdienstkosten den bei der Gebührenkalkulation zu berechnenden Mittelwert der Winterdienstkosten nach oben drücken, zeichnet sich unter Beibehaltung des bisherigen öffentlichen Anteils eine Gebührenerhöhung in Höhe von rd. 14 % (von 0,77 €/m/Jahr auf 0,88€/m/Jahr) bei der 14-täglichen Reinigung ab.

 

Die Auswirkungen einer Senkung des öffentlichen Anteils bei gleichzeitiger Gebührenerhöhung aufgrund der sonstigen Kosten würden sich zu einer drastischen Gebührenerhöhung summieren. Folgender Kompromiss wäre denkbar:

 

  1. Für die Gebührenkalkulation 2007 wird eine Anpassung des öffentlichen Anteils beschlossen und entsprechend berücksichtigt.
  2. Die Auswirkungen des außergewöhnlichen Winters fließen in die Gebührenkalkulation 2008 ein.

 

 

Im Rahmen der Kalkulation für das Jahr 2008 wird sich dann zeigen, ob der bevorstehende Winter 2006/2007 möglicherweise wieder zu einer Verringerung des Mittelwertes und damit zu einer niedriger ausfallenden Gebührenerhöhung beitragen kann oder ob ein möglicher Fehlbetrag entstanden ist, der nach dem Kommunalabgabengesetz innerhalb von 5 Jahren durch Gebühren ausgeglichen sein soll.

 

Verschiedentlich wurde angeregt durch einen reduzierten Rhythmus der Fahrbahnreinigung eine Gebührenentlastung der Bürger zu erreichen. Dieser Weg wurde auch als eine Möglichkeit angesehen, die durch einen niedrigeren öffentlichen Anteil entstehende Mehrbelastung auszugleichen.

 

Eine Halbierung der Reinigungshäufigkeit wird jedoch keine Halbierung der Kehrentschädigung nach sich ziehen. Die Kehrentschädigung reduziert sich zurzeit bei einer 14-täglichen Reinigung um 35 % gegenüber der wöchentlichen Reinigung. Aufgrund der sich verändernden Fixkostenanteile lässt eine weitere Halbierung der Reinigungshäufigkeit einen zusätzlichen Einsparungseffekt von rd. 20 % gegenüber der 14 täglichen Reinigung erwarten.

 

Außerdem werden die sonstigen über die Straßenreinigungsgebühr finanzierten Leistungen (Winterdienstkosten, Papierkorbreinigung usw.) nicht reduziert werden können.

 

Bei der Gebührenermittlung würde sich gleichzeitig die Gebührenlänge verändern und damit die Höhe des Umlagefaktors verringern. Sollten die bisher in jeder 2. Woche gereinigten Strassen zukünftig nur noch in jeder 4. Woche gereinigt werden, ergäbe sich folgende Kalkulation:

 

 

 

Gebührenermittlung

Konsequenz aus der Veränderung auf eine 4 wöchentliche Reinigung

Kostenart

Jahreskosten 2006 auf der Basis der 14-täglichen Reinigung

Kosten - Veränderung durch die Änderung der Reinigung

Kostenblock 1

Fahrbahnreinigung

0,30 €/m

0,24 €/m

Kostenblock 2

Zusatzarbeiten

0,47 €/m

0,47 €/m

Kostenblock 3

Winterdienst

Kosten für 2 Zusatzreinigungen (z.B. Laubzeit – siehe unten)

0,00 €/m

      0,04 €/m (*)

 

Gebühr

0,77 €/m

0,74 €/m

(*) Berechnung: 0,24 €/m/Jahr : 12 Reinigungen x 2 Reinigungen

 

 

Somit tritt die Situation ein, dass

 

  • unter Berücksichtigung der vorhandenen Kostenstrukturen und
  • bei einer Halbierung der Reinigungshäufigkeit

 

für die Gebührenpflichtigen

 

lediglich ein Einsparungseffekt von rd. 0,03 €/je Frontmeter

 

eintreten wird. Dabei wurde unterstellt, dass die bisher berücksichtigten Umlagekriterien weiter bestehen bleiben.

 

 

Es zeigt sich, dass die positiven Auswirkungen einer Reduzierung der Reinigungshäufigkeit häufig überschätzt werden und den massiven negativen Konsequenzen nicht die erforderliche Bedeutung beigemessen wird:

 

 

Positiv

  • Es erfolgt eine theoretische Gebührenentlastung in Höhe von ca. 0,03 € je m/Jahr

 

Negativ

  • Die Reinigungsqualität wird teilweise drastisch sinken, da sich im Winter durch die witterungsbedingten Ausfallzeiten der Reinigungstermin um 1 oder 2 Monate verschieben kann. Wenn Streumaterialien auf der Fahrbahn liegen wird die Beseitigung teilweise über 4 Wochen dauern. Erfahrungsgemäß wird in diesen Fällen eine Sonderreinigung veranlasst, um ein sauberes Erscheinungsbild zu erreichen.
  • Der Bestand an Straßenbäumen ist in den letzten Jahren kontinuierlich gestiegen. Diese Entwicklung wird begleitet von sich weiter ausdehnenden Problemen bei der Laubbeseitigung. Selbst ein 14-täglicher Reinigungsrhythmus ist teilweise noch zu lang, um die Anforderungen an die Laubbeseitigung zu erfüllen. Wenn bereits jetzt zusätzliche Reinigungen erforderlich waren, um das Laubproblem in den Griff zu bekommen, werden bei einem verlängerten Reinigungsrhythmus zusätzliche Sonderreinigungen im erheblichen Umfange notwendig.
  • Auch der Blütenflug im Frühjahr wird ähnliche Probleme bringen. Denn auch hier werden bereits jetzt regelmäßig Sonderreinigungen angefordert.
  • Die massiven Fahrbahnverunreinigungen zu Sylvester oder die von Veranstaltungen ausgehenden zusätzlichen Verunreinigungen würden teilweise 4 oder mehr Wochen das Stadtbild mit bestimmen. Ansonsten wären auch hier Sonderreinigungen durchzuführen.

 

 

 

 

Die derzeitige Finanzsituation erlaubt es der Stadt Rheine nicht auf die Ausschöpfung aller rechtlichen Möglichkeiten zur Realisierung von Einnahmemöglichkeiten zu verzichten. Aus diesem Grunde wird eine Senkung des öffentlichen Anteils auf die vom Bundesverwaltungsgericht genannte Mindesthöhe von 10 % vorgeschlagen. Wenn keine besonderen Gründe für eine Differenzierung bekannt werden, sollte diese Festlegung auch für alle Straßenkategorien beschlossen werden.

 

Falls keine erweiterte Beschlussfassung erfolgt, wird in der Gebührenbedarfsberechnung ein Ausgleich des in 2005 entstandenen Fehlbetrages erst in der Kalkulation der Gebühren für das Jahr 2008 erfolgen.