Betreff
Bebauungsplan Nr. 67, Kennwort: "Burrichter Straße/Laustraße", der Stadt Rheine

I. Aufstellungsbeschluss
II. Beschluss zur Beteiligung der Öffentlichkeit
III. Offenlegungsbeschluss
Vorlage
329/17
Aktenzeichen
PG 5.1
Art
Beschlussvorlage

VORBEMERKUNG / KURZERLÄUTERUNG:

 

Sachstand:

Es liegt ein weiterer Antrag auf Durchführung eines Bauleitplanverfahrens zur Begrenzung der Anzahl der Wohneinheiten pro Gebäude vor. Zeitgleich wurde bei der Verwaltung nachgefragt, welche Baumöglichkeiten für ein Grundstück im projektierten Geltungsbereich des Bebauungsplanes nach Abbruch des aufstehenden Gebäudes bestehen. Entsprechend der Umgebungsbebauung wurden die Baumöglichkeiten nach § 34 BauGB mündlich/telefonisch aufgezeigt und durch die schriftliche Information ergänzt, dass für den Bereich ein Antrag vorliegt, die Anzahl der Wohneinheiten pro Gebäude auf zwei zu begrenzen. Zwischenzeitlich wurde für die betreffende Fläche ein Bauantrag für ein Gebäude mit 6 Wohneinheiten eingereicht, der sich in wesentlichen Teilen nicht mit den mündlichen Vorgaben zur Bebaubarkeit nach § 34 BauGB deckt und die gegebene Information bezüglich eines Antrages auf Begrenzung der Wohneinheiten ignoriert.

 

In Bereichen ohne Bebauungsplan – wie im Quartier der Antragstellerin – richtet sich die Zulässigkeit von Vorhaben nach § 34 BauGB. Danach müssen sich neue Gebäude in die nähere Umgebung einfügen. Das Einfügen bezieht sich insbesondere auf die Art der Nutzung, die Gebäudehöhe (absolute Höhe, Traufhöhe), die Lage des Gebäudes auf dem Grundstück und absolute Größe/Grundfläche des Vorhabens. Die Anzahl der geplanten Wohneinheiten pro Gebäude ist jedoch kein Kriterium bei der Beurteilung, ob ein Vorhaben sich in die Umgebung einfügt. In Gebieten ohne Bebauungsplan sind deshalb in einer durch Ein- und Zweifamilienhäuser geprägten Umgebung auch Mehrfamilienhäuser zu genehmigen.

 

Inhalt des Antrages:

Mit Datum 18. April 2017 beantragt eine Grundstückseigentümerin aus dem Baublock Friedhofstraße/Laustraße/Schützenstraße/Burrichterstraße die Aufstellung eines einfachen Bebauungsplanes (Antrag s. Anlage 1) für den genannten Baublock (Planabgrenzung s. Anlage 2). Der Antrag ist von weiteren drei Eigentümern aus dem Quartier mitgezeichnet worden. Mit dem Bauleitplan soll die Zahl der Wohneinheiten pro Gebäude auf zwei begrenzt werden.

 

Bei dem in Frage stehenden Bereich handelt es sich um ein Wohnquartier, das ohne verbindlichen Bauleitplan entstanden ist. Neubauten und Nachverdichtungen sind bisher als Ein- bzw. Zweifamilienhäuser errichtet worden.

 

Dadurch ist im Laufe der Zeit eine hohe Wohnqualität entstanden, die durch eine behutsame Fortführung bei der Erweiterung von Wohngebäuden bzw. Neubebauung von Grundstücken erhalten bleiben soll.

 

Die Antragstellerin als Sprecherin einer Interessengemeinschaft befürchtet, dass ohne Regelung durch einen Bebauungsplan, mehrgeschossige Neubauten mit sechs oder mehr Wohneinheiten zu einer erheblichen Minderung der Wohnqualität führen, bedingt durch ein höheres Verkehrsaufkommen, Lärm und erhöhtem Parkraumbedarf. Dieser Parkraumbedarf wird nicht allein durch die gesetzlich geforderten Stellplätze (Anmerkung: gegenwärtig ein Stellplatz pro Wohneinheit auf dem Gebiet der Stadt Rheine) abgedeckt, sondern drängt in den öffentlichen Straßenraum.

 

Bewertung des Antrages:

Die geäußerte Befürchtung ist begründet, da zwischenzeitlich – wie bereits dargestellt - ein Bauantrag für ein Gebäude mit 6 Wohneinheiten für ein Grundstück im genannten Baublock bei der Verwaltung eingegangen ist. Dieser Antrag ist jedoch aus Sicht der Verwaltung nach § 34 BauBG nicht genehmigungsfähig, da er sich bezüglich mehrerer Parameter nicht in den als maßgeblich anzusehenden Baublock Friedhofstraße/Laustraße/Schützenstraße/ Burrichterstraße einfügt.

 

Unabhängig von der Genehmigungsfähigkeit des Bauantrages kann gem. § 15 BauGB die Entscheidung über ein Vorhaben für 12 Monate ausgesetzt werden, wenn zu befürchten ist, dass die Durchführung der Planung durch das Vorhaben unmöglich gemacht oder wesentlich erschwert werden würde. Normalerweise ist der Beschluss über die Einleitung des Planverfahrens (Aufstellungsbeschluss zum Bebauungsplan Nr. 67) Voraussetzung für die Anwendung des § 15 BauGB. Gem. der einschlägigen Kommentierung zum § 15 besteht jedoch die Möglichkeit, diesen Nachweis bis zu dem Zeitpunkt zu erbringen, zu dem die Baugenehmigungsbehörde über den Bauantrag entscheidet. Von dieser Möglichkeit muss im vorliegenden Fall jedoch kein Gebrauch gemacht werden, da der Bauantrag planungsrechtlich nicht genehmigungsfähig ist.

 

Generell steht die Antragstellung im engen Zusammenhang mit der Änderung der Bebauungspläne Nr. 15 und 122 (vgl. Vorlage 023/17) und der entsprechenden Berichterstattung in der örtlichen Presse. Durch entsprechende Änderungsverfahren wurde in diesen beiden Plangebieten klargestellt, dass lediglich Wohngebäude mit zwei Wohneinheiten planungsrechtlich zulässig sind.

 

Sowohl die angesprochenen Plangebiete mit Bebauungsplan als auch der direkt angesprochene Bereich sind als Gebiet mit Einzel- und Doppelhausbebauung konzipiert worden bzw. durch Vorhaben nach § 34 BauGB gewachsen. Aufgrund nicht ausreichender planungsrechtlicher Sicherung sind in den beiden genannten Gebieten mit verbindlicher Bauleitplanung in den letzten Jahren bereits mehrere Mehrfamilienhäuser genehmigt worden. Für das Plangebiet Burrichterstraße/Laustraße besteht insbesondere die Gefahr, dass auf Grundstücken mit nicht mehr zeitgemäßen Wohngebäuden nach Abbruch dieser Häuser Gebäude mit einer höheren Anzahl an Wohneinheiten entstehen. Der bereits genannte eingereichte Bauantrag ist ein Beleg für den Trend, auf „Abbruchgrundstücken“ - hier mit einem Einfamilienhaus bebaut - eine Nachverdichtung mit einer deutlichen höheren Anzahl von Wohneinheiten als vorher durchzuführen.

 

Die mit dem Bau von Mehrfamilienhäusern verbundene Nachverdichtung ist aus städtebaulicher Sicht zwar sinnvoll, jedoch nur unter der Vorgabe, dass die nachbarlichen Belange ausreichend berücksichtigt werden und die Maßstäblichkeit der Umgebungsbebauung nicht gesprengt wird. Aus der Bebauung von Baulücken oder „Abbruchgrundstücken“ in klassischen Einfamilienhausgebieten resultieren insbesondere bei mehrgeschossigen Mehrfamilienhäusern erhebliche Spannungen: wie aktuelle Beispiele zeigen, entstehen bei zweigeschossigen Gebäuden entweder ausgebaute Dachgeschosse oder Staffelgeschosse mit dem Ergebnis, dass drei Ebenen mit separaten Wohnungen gebaut werden. Im Gegensatz zum ein- oder zweigeschossigen Einfamilienhaus sind beim Geschosswohnungsbau auf jeder Ebene Außenwohnbereiche in Form von Balkonen/Loggien Standard. Von diesen Außenwohnbereichen ist die „soziale Kontrolle“ in Nachbargärten wesentlich ausgeprägter und störender als bei einem ein- oder zweigeschossigen Einfamilienhaus, wo zwar auch Balkone oder Loggien entstehen können, die jedoch nicht als einziger Außenwohnbereich genutzt werden, da hier erdgeschossig Terrassen angelegt werden. Die Empfindung, dass ein Gebäude mit mehreren Wohneinheiten störend wirkt, wird verstärkt, wenn diese Gebäude auf „Baulücken“ in einem klassischen Einfamilienhausgebiet entstehen, oder auf Grundstücken, die vorher mit einem Einfamilienhaus bebaut waren.

 

Die Nachverdichtung bestehender Ein-/Zweifamilienhausgebiete mit Mehrfamilienhäusern führt zumeist auch zu Problemen in verkehrlicher Hinsicht: bei entsprechenden Baumaßnahmen wird gegenwärtig seitens der Stadt Rheine pro Wohneinheit ein Stellplatz gefordert. In der Realität reicht diese Anzahl jedoch meist nicht aus. Im Gegensatz zum Einfamilienhaus besteht bei dieser Regelung bei Mehrfamilienhäusern jedoch kaum die Möglichkeit, auf dem Baugrundstück weitere Stellplätze nachzuweisen, sodass der Parkdruck in den öffentlichen Straßenraum verschoben wird. In vielen Wohngebieten ist der öffentliche Straßenraum verkehrsberuhigt ausgebaut. Hier besteht nur bedingt die Möglichkeit, Fahrzeuge abzustellen. Die „Nachverdichtung“ führt deshalb oft zu Spannungen zwischen Anliegern bezüglich des Abstellens von Fahrzeugen im öffentlichen Straßenraum.

 

Fazit:

Im Sinne einer Gleichbehandlung mit Plangebieten mit Bebauungsplan sollten auch andere Wohnquartiere, die weitestgehend mit Ein-/Zweifamilienhäusern bebaut sind, vor den Auswirkungen einer übermäßigen Nachverdichtung mit Mehrfamilienhäusern geschützt werden. Es wird deshalb vorgeschlagen, für den beantragten Bereich, einen vereinfachten Bebauungsplan aufzustellen, durch den die Anzahl der Wohneinheiten begrenzt wird.

 

Bei einem einfachen Bebauungsplan ist es möglich, lediglich die Zahl der Wohneinheiten zu begrenzen und die sonstige Zulässigkeit von Bauvorhaben nach § 34 BauGB zu regeln. Diese Verfahrensweise hat den Vorteil, dass der Aufwand zur Erarbeitung, Koordination und Durchführung eines einfachen Bebauungsplanes deutlich geringer ist als die Erstellung eines qualifizierten Bebauungsplanes mit Erschließungsflächen, Baugrenzen, Angaben bezüglich zulässiger Trauf- und Firsthöhen, möglicher Dachformen und –neigungen.

 

Der Antrag auf Aufstellung ist als Anlage 1, die mögliche Plangebietsabgrenzung als Anlage 2 beigefügt. Alle weiteren wichtigen planungsrelevanten Daten und Maßnahmen sind der Begründung zu dem Bebauungsplan (Anlage 3) und den textlichen Festsetzungen (Anlage 4) zu entnehmen, die dieser Vorlage beigefügt sind. Zur Verdeutlichung der städtebaulichen Situation ist als Anlage 5 ein Luftbild angehängt.

 

BESCHLUSSVORSCHLAG / EMPFEHLUNG:

 

I.        Aufstellungsbeschluss

 

Der Ausschuss für Stadtentwicklung, Umwelt und Klimaschutz der Stadt Rheine beschließt gemäß § 2 Abs. 1 BauGB den Bebauungsplan Nr. 67, Kennwort: "Burrichterstraße/Laustraße", der Stadt Rheine im vereinfachten Verfahren gemäß § 13 BauGB aufzustellen.

 

Der räumliche Geltungsbereich dieses Bebauungsplanes wird wie folgt begrenzt:

 

im Norden:          durch die Nordseite der Friedhofstraße,

im Osten:            durch die Westseite der Laustraße,

im Süden:            durch die Südseite der Schützenstraße,

im Westen:          durch die Westseite der Burrichterstraße.

 

Der räumliche Geltungsbereich ist im Übersichtsplan bzw. Bebauungsplan geometrisch eindeutig festgelegt.

 

II.       Beschluss zur Beteiligung der Öffentlichkeit

 

Durch die Aufstellung des Bebauungsplanes wird der sich aus der vorhandenen Eigenart der näheren Umgebung ergebende Zulässigkeitsmaßstab nicht wesentlich verändert. Mit der Erfüllung der Voraussetzungen gemäß § 13 Abs. 1 Nrn. 1 bis 3 BauGB kann dieser Bauleitplan im vereinfachten Verfahren gemäß § 13 BauGB durchgeführt werden.

 

Demnach erfolgt keine frühzeitige Unterrichtung und Erörterung nach § 3 Abs. 1 BauGB (Öffentlichkeit) und § 4 Abs. 1 BauGB (Behörden und sonstige Träger öffentlicher Belange). Ebenfalls wird von der Umweltprüfung nach § 2 Abs. 4 BauGB, von dem Umweltbericht nach § 2 a BauGB, von der Angabe nach § 3 Abs. 2 Satz 2 BauGB, welche Arten umweltbezogener Informationen verfügbar sind, sowie von der zusammenfassenden Erklärung nach § 6a Abs. 1 BauGB und § 10a Abs. 1 BauGB abgesehen.

 

Die Beteiligung der Öffentlichkeit erfolgt durch Auslegung nach § 3 Abs. 2 BauGB und die Beteiligung der berührten Behörden und sonstigen Träger öffentlicher Belange durch Einholung von Stellungnahmen nach § 4 Abs. 2 BauGB.

 

III.      Offenlegungsbeschluss

 

Der Ausschuss für Stadtentwicklung, Umwelt und Klimaschutz der Stadt Rheine beschließt, dass gemäß § 13 Abs. 2 Nr. 2 BauGB der Entwurf des Bebauungsplanes Nr. 67, Kennwort: „Burrichterstraße/Laustraße", der Stadt Rheine nebst beigefügter Begründung nach § 3 Abs. 2 BauGB öffentlich auszulegen ist.

 

Während der Auslegungsfrist können Stellungnahmen abgegeben werden, wobei nicht fristgerecht abgegebene Stellungnahmen bei der Beschlussfassung über den Bauleitplan unberücksichtigt bleiben können.