Betreff
Erweiterung des Baumschutzes
hier: Antrag der Fraktion Bündnis90 Die Grünen vom 25.11.2018
Vorlage
064/19
Art
Beschlussvorlage

Beschlussvorschlag/Empfehlung:

 

1.    Die Ausführungen zum Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen werden zur Kenntnis genommen.

 

2.    Die Verwaltung wird beauftragt, einen flächendeckenden Abgleich zwischen der aktuellen Realnutzung "Wald" und den festgesetzten Nutzungen in den rechtswirksamen Bebauungsplänen der Stadt Rheine durchzuführen. Das Ergebnis soll im Ausschuss für Stadtentwicklung, Umwelt und Klimaschutz vorgestellt werden. Über das weitere Vorgehen ist anschließend zu beraten.

 


Begründung:

 

1.  Inhalt des Antrages:

 

Mit Schreiben vom 25.11.2018 stellte die Fraktion Bündnis/90 Die Grünen einen Antrag zur Erweiterung des Baumschutzes (s. Anlage 1).

Mit dem Antrag wird die Verwaltung beauftragt zu prüfen, wie das Abholzen von Großbäumen in Gewerbegebieten verhindert werden kann. Dabei soll insbesondere geprüft werden, ob alte Bebauungspläne durch den Rat der Stadt Rheine zurückgenommen werden können. Des Weiteren sollen insbesondere Möglichkeiten geschaffen werden, auch Bäume in Industriegebieten durch die Baumschutzsatzung der Stadt Rheine zu schützen.

 

2.  Rahmenvorgaben

 

Für den Baumschutz in den Industrie- und Gewerbegebieten der Stadt Rheine gelten keine anderen Rechtsgrundlagen oder Rahmenbedingungen als in anderen Baugebieten (z.B. in Wohngebieten, Sondergebieten oder Gemeinbedarfsflächen).

Die Vorgaben für den Baumschutz differieren auch in der Stadt Rheine i.W. durch die jeweilige planungsrechtliche Einordnung des betreffenden Teilraumes. Ähnlich wie bei der planungsrechtlichen Zulässigkeit von Bauvorhaben gibt es Unterschiede beim Baumschutz in den Teilräumen mit Bebauungsplan (§ 30 BauGB), im unbeplanten Innenbereich (§ 34 BauGB) und im Außenbereich (§ 35 BauGB). So greift z.B. die Baumschutzsatzung (s. Anlage 2) für den Schutz bestimmter Bäume nur im Innenbereich und im Bereich von Bebauungsplänen. In Bebauungsplänen sind zu erhaltende Baumbestände zudem häufig konkret festgesetzt (Erhaltungsgebote).

Des Weiteren erfolgt der Schutz von Bäumen über verschiedene fachgesetzliche Vorgaben des Naturschutzrechtes (Naturschutzgebiete, Naturdenkmale, geschützte Landschaftsbestandteile, …) oder des Forstrechtes (Schutz des Waldes über das Bundeswaldgesetz / Landesforstgesetz NRW). Dieser Schutz kommt i.d.R. im Außenbereich zum Tragen, seltener im Innenbereich oder im Rahmen von Bebauungsplänen.

 

3.  Zu den Prüfaufträgen:

 

Wie kann das Abholzen von Großbäumen in Gewerbegebieten verhindert werden?

Hierzu kann keine allgemeingültige Aussage getroffen werden, da es vom jeweiligen Einzelfall abhängt (s. vorstehende Ausführungen), ob der jeweilige Großbaum geschützt ist und wenn ja, wie sich der Schutzstatus des betroffenen Großbaumes darstellt (Erhaltungsgebot, Baumschutzsatzung, Teil einer Grünflächen- oder Waldfestsetzung, …). Auch in einem Gewerbe- oder Industriegebiet bedarf es immer der Einzelfallprüfung, ob ein geschützter (Groß-) Baum gefällt werden darf oder nicht (siehe z.B. die Ausnahmeregelungen in § 6 der Baumschutzsatzung). Die Einzelfallprüfung erfolgt i.d.R. anlassbezogen. Ist der Großbaum Teil einer Waldfläche, unterliegt er den Regelungen des Forstrechtes (s. hierzu Pkt. 4)

Fazit: In den Gewerbe- und Industriegebieten könnten Großbäume bei einem konkreten Anlass erfasst und ihr Schutzstatus bewertet werden.

 

Können alte Bebauungspläne durch den Rat der Stadt Rheine zurückgenommen werden?

Alte Bebauungspläne können bei Vorliegen der entsprechenden städtebaulichen Gründe durch den Rat der Stadt Rheine grundsätzlich „zurückgenommen“ werden (hiermit ist wahrscheinlich das „Aufheben“ oder „Ändern“ eines Bebauungsplanes gemeint). Es müsste allerdings in jedem Einzelfall geprüft werden, welche Rechtsfolgen die Aufhebung oder Änderung eines Bebauungsplanes (z.B. die (teilweise) Rücknahme einer „Baufläche“ zum Schutz von Bäumen) hätte. Die Themen „finanzielle Folgewirkungen“ und „Schadensersatzpflicht“ sind ebenso zu prüfen, wie etwaige „Beschränkungen der betrieblichen Entwicklungsmöglichkeiten“. Des Weiteren ist nicht unbedingt sichergestellt, dass sich bei der Aufhebung eines Bebauungsplanes der Schutzstatus für einen Baum verbessert (Beispiel: nach Aufhebung eines Bebauungsplanes in einem bereits realisierten Gewerbegebiet käme § 34 BauGB (Innenbereich) zur Anwendung).

Fazit: Erst beim Vorliegen konkreter Ergebnisse aus der Überprüfung der Waldflächen in Gewerbe- und Industriegebieten (s. Pkt. 4) ist es sinnvoll, die „Zurücknahme“ von Bebauungsplänen zu diskutieren.

 

Schaffung von Möglichkeiten, auch Bäume in Industriegebieten durch die Baumschutzsatzung der Stadt Rheine zu schützen.

Wie bereits unter Pkt. 1 dargestellt, kommt die Baumschutzsatzung der Stadt Rheine bereits in den Gewerbe- und Industriegebieten der Stadt Rheine zur Anwendung.

Fazit: Die Baumschutzsatzung muss zu diesem Zweck nicht geändert werden.

 

4.  Der Umgang mit Waldflächen in rechtswirksamen, älteren Bebauungsplänen

 

Der Umgang mit Wald ist im Bundeswaldgesetz bzw. im Landesforstgesetz NRW geregelt. Soll eine Waldfläche in eine andere Nutzung überführt werden (Waldumwandlung), sind hierfür die Vorschriften zur Waldumwandlung nach dem Landesforstgesetz i.V.m. dem Bundeswaldgesetz anzuwenden.

Bei der Aufstellung von B-Plänen bedarf es gem. § 43 Landesforstgesetz, wenn die Umwandlung von Wald für anderweitige Nutzungen vorgesehen ist, keiner Umwandlungsgenehmigung (die Ausnahme gilt ebenso für Fälle nach § 34 BauGB). Allerdings ist grds. davon auszugehen, dass im Rahmen des B-Plan-Verfahrens vom Landesbetrieb Wald und Holz Ersatzregelungen für den Entfall des Waldes (soweit dieser von der Fachbehörde mitgetragen wird) eingefordert werden. Dies sind i.d.R. Ersatzaufforstungen, die über vertragliche Regelungen mit dem jeweiligen Eigentümer der Waldfläche einer Umsetzung zugeführt werden. Diese Regelung besteht bereits seit mehreren Jahrzehnten.

 

Der Landesbetrieb Wald und Holz sieht folgende Anwendungsschritte bei der Überprüfung von vorhandenem Wald in rechtswirksamen, älteren B-Plänen, die für die betreffenden Flächen andere Flächennutzungen (GI, GE, WA, …) festsetzen:

Schritt 1:

Erhebung der Waldflächen in Bebauungsplangebieten, für die eine anderweitige Nutzung festgesetzt ist. „Waldflächen“ sind bestockte Flächen, die die Kriterien für Wald nach dem Bundeswaldgesetz / Landesforstgesetz NRW erfüllen. Der faktisch vorhandene Wald unterliegt den Regelungen der v.g. Gesetze.

Schritt 2:

Wenn eine Waldfläche in Konkurrenz zu einer festgesetzten anderweitigen Nutzung vorliegt, ist zu prüfen, ob im B-Plan-Verfahren das Thema "Wald" bewältigt worden ist. Hierzu ist der jeweilige einzelne Verfahrensvorgang zu sichten. Der Landesbetrieb Wald und Holz bietet an, bei unklaren Fällen in den eigenen Archiven zu recherchieren. Grundsätzlich gilt: Aufgrund der im Zuge des B-Plan-Verfahrens getroffenen und umgesetzten Ersatzregelung (waldbauliche Ersatzmaßnahme) kann der Wald entfernt und die andere Nutzung umgesetzt werden. Das Artenschutzrecht ist unabhängig davon zu beachten, d.h., dass die artenschutzrechtliche Unbedenklichkeit nachzuweisen ist.

Schritt 3:

Wenn sich nach der Rechtwirksamkeit des B-Planes ein (neuer) Wald auf einer Fläche herausgebildet hat, so ist der Konflikt zwischen dem faktisch vorhandenen Wald und der festgesetzten Nutzung zu lösen. Das heißt, dass vor dem Abholzen des Waldes und der Umsetzung der neuen Nutzung eine Ersatzregelung mit dem Landesbetrieb Wald und Holz zu vereinbaren und deren Umsetzung zu sichern ist. Das Artenschutzrecht gilt hier adäquat.

 

Fazit:

Es ist sinnvoll, im Sinne des aufgezeigten 1. Überprüfungsschrittes einen flächendeckenden Abgleich zwischen der aktuellen Realnutzung "Wald" und den festgesetzten Nutzungen in den rechtswirksamen Bebauungsplänen durchzuführen. Hierdurch kann mit einem überschaubaren personellen Aufwand (Einsatz der digitalen Technik) ein Überblick über die möglichen Konfliktfälle (Anzahl, flächenmäßiger Umfang, …) erlangt werden. Das Ergebnis soll im Ausschuss vorgestellt werden. Über das weitere Vorgehen ist anschließend zu beraten, da der Schritt 2, in Abhängigkeit der Fallzahlen, sehr personalintensiv werden kann.

 

 


Anlagen:

 

Anlage 1: Antrag der Fraktion Bündnis 90 Die Grünen vom 25.11.2018

Anlage 2: Baumschutzsatzung der Stadt Rheine