Beschlussvorschlag/Empfehlung:
Der
BauB-Ausschuß nimmt die Projektarbeit zum Thema „Angstraum Stadt Rheine? –
Welche Auswirkung hat die Abschaltung der Straßenbeleuchtung in Rheine auf das
Sicherheitsempfinden der Bürger?“, zur Kenntnis.
(Autoren:
Herr Polizeikommissaranwärter Mock und Herr Prof. Dr. Frevel, Fachhochschule
für öffentliche Verwaltung Münster)
Begründung:
Seit
dem 01.02.2005 wird in der Zeit von 01:00 Uhr bis 03:30 Uhr die
Straßenbeleuchtung abgeschaltet. Ausnahmen sind die Nächte von Freitag auf
Samstag und von Samstag auf Sonntag, sowie vor Feiertagen. Aus Gründen der
Verkehrssicherungspflicht werden lediglich elf ausgewiesene Fußgängerüberwege
im Stadtgebiet durchgehend beleuchtet.
Das Thema ´Nachtabschaltung
der Straßenbeleuchtung in Rheine´ wurde vom Polizei-Kommissar-Anwärter PKA
Herrn Mock, Kreispolizeibehörde Steinfurt, aufgegriffen. Herr Mock absolviert
derzeit eine Ausbildung zum Polizeikommissar an der Fachhochschule für
öffentliche Verwaltung in Münster. Im Zuge seiner Ausbildung schrieb Herr Mock
eine Projektarbeit zum Thema „Angstraum Stadt Rheine? – Welche Auswirkung hat
die Abschaltung der Straßenbeleuchtung in Rheine auf das Sicherheitsempfinden
der Bürger?“ die Projektarbeit wurde von Herrn Prof. Dr. Frevel betreut.
Die
Arbeit hat es sich zur Aufgabe gestellt herauszufinden, in wieweit die
Lichtabschaltung Einfluss auf das subjektive Sicherheitsempfinden der
Bevölkerung nimmt und ob dies im Verhältnis zu den tatsächlichen Einsatzzahlen
der Polizei in Rheine gerechtfertigt ist. Weiterhin wird hier auf die Frage
eingegangen, in welchem Verhältnis die tatsächlichen Kosteneinsparungen der
Stadt Rheine zum möglicherweise veränderten Sicherheitsempfinden der
Bevölkerung stehen.
Die
Projektarbeit ist wie folgt aufgebaut: Zunächst beschreibt Herr Mock im Kapitel
1 - Einführung -, die Aufgabenstellung und die Beweggründe seiner
Projektarbeit. In den weiteren Kapiteln erläutert er aktuelle wissenschaftliche
Erkenntnisse zum Thema Straßenbeleuchtung. Er geht auf dessen Anforderungen und
Aufgaben ein, und beschreibt allgemeine Auswirkungen der Beleuchtung auf die
Kriminalität.
Im
Kapitel 1.3 erläutert Herr Mock die Hintergründe der Nachabschaltung aus Sicht
der Stadt Rheine und aus Sicht der freien Presse.
Im
Kapitel 1.4 werden die Befragungsverfahren erklärt (´Face-to-Face´-Befragung,
Fragebogen, Zufallsweg-Befragung). Die Daten daraus wurden von Herrn Mock
analysiert. Die Ergebnisse sind mit den Daten des Polizeicomputers
(CEBIUS-System) verglichen worden.
Bei den nachfolgenden
Ausführungen handelt es sich um Auszüge der Projektarbeit. Die vollständige,
40-seitige Projektarbeit wird im Zuge der Schriftenreihe ´Die Rheine Information´,
des städtischen Baudezernates veröffentlicht. Die Verwertung und Veröffentlichung
der Ergebnisse erfolgt mit schriftlicher Zustimmung des Autors, Herrn Mock.
Aus Kap. 2.1 - Auswertung
der der Bürgerbefragung -
Wie sicher fühlen Sie sich in Rheine
auf einer Skala von 1 – 10 ?
Von
den 101 befragten Bürgern der Stadt Rheine, tendierte die Mehrheit (62
Personen) zu einer subjektiven Sicherheitseinschätzung, die über dem Wert Fünf
liegt. Lediglich 39 Personen gaben einen Wert mit Fünf oder geringer an. Der am
häufigsten genannte Wert, ist mit 27 Angaben die Acht. Gefolgt von dem Wert
Fünf, mit 22 Angaben sowie dem Wert Sieben, mit immerhin noch 16 Angaben. Der
Gesamtdurchschnitt der Befragung ergibt eine Quote von 6,22. Somit kann hier
festgestellt werden, dass die Mehrzahl der Befragten zu einem positiven
Sicherheitsempfinden neigt.
Glauben Sie, dass durch die
Lichtabschaltung die Kriminalität in Rheine zugenommen hat?
Die
Frage nach den Auswirkungen der Lichtabschaltung auf einen möglichen
Kriminalitätszuwachs wurde von 59 Befragten bejaht. 41 Personen, also gerade
mal 18 weniger, verneinten diese Frage. Somit ist hier kein klares Votum zu
erkennen.
Fühlen Sie sich durch die
Lichtabschaltung unsicherer?
Eine
klare Aussage ergibt sich durch die Befragung hinsichtlich des Zusammenhanges
zwischen der Lichtabschaltung und der persönlichen Unsicherheit. Gerade mal ein
Drittel (37 Pers.) teilten mit, dass Sie sich durch die Lichtabschaltung
unsicherer fühlen würden. Die überwiegende Mehrheit (64 Pers.) fühlen sich
nicht beeinträchtigt.
Haben Sie deswegen ihr nächtliches
Ausgehverhalten geändert?
Auch
auf das Ausgehverhalten hat die Lichtabschaltung keine besondere Auswirkung. Lediglich
21 Personen gaben an, durch die Lichtabschaltung ihr Ausgehverhalten geändert
zu haben. 80 Personen fühlen sich dadurch nicht beeinträchtigt. Wobei viele der
Befragten angaben, dass Sie zu den besagten Zeiten ehedem schon schlafen
würden, somit also eine Beeinträchtigung des Ausgehverhaltens sowieso nicht in
Frage käme.
Die Stadt Rheine kann bis zu 65.000,- €/Jahr
durch die Lichtabschaltung einsparen. Glauben Sie, dass diese Einsparung im
Verhältnis zur Sicherheit gerechtfertigt ist?
Ein
eindeutiges Votum ergibt sich hinsichtlich der Einsparungen der Stadt Rheine,
im Verhältnis zur Sicherheit. 25 Personen befürworteten die Einsparungen und
wären bereit, dafür Einschränkungen hinsichtlich der Sicherheit in Kauf zu
nehmen. 66 Personen teilten diese Ansicht nicht und 10 Personen konnten sich
bzgl. einer Entscheidung nicht einigen.
Aus Kap. 2.2 - Bewertung
der Bürgerbefragung -
Aus
der Befragung lässt sich erkennen, dass sich die persönliche Einschätzung
hinsichtlich des subjektiven Sicherheitsempfindens, erheblich auf das
persönliche Gefühl der Befragten stützt und sich die Personen grundsätzlich in
Rheine sicher fühlen. Die Wenigsten sind zur Zeit der Lichtabschaltung Opfer
einer Straftat geworden.
Außerdem
gaben viele der Befragten an, zur Zeit der Lichtabschaltung gar nicht mehr unterwegs
zu sein und auch ihr Ausgehverhalten diesbzgl. nicht geändert zu haben.
Jedoch,
obwohl sich eine Mehrheit dafür ausgesprochen hat, dass die Kriminalität durch
die Lichtabschaltung zugenommen hat und das die Einsparung der Stadt Rheine im
Verhältnis zum Sicherheitsgedanken nicht gerechtfertigt ist, kommt ein
Grossteil der Befragten zu dem Schluss, dass sie sich persönlich nicht
Unsicherer fühlen.
Hier
ist meiner Auffassung nach ein Widerspruch erkennbar, der aus meiner Sicht nur
rein psychologisch erklärt werden kann.
Aus
der Befragung zum Sicherheitsempfinden lässt sich klar ableiten, dass sich die
Leute nicht auf belegbare Fakten, sondern überwiegend auf ihr Gefühl verlassen.
Somit kann dieses Verhalten auch die Gründe für diesen Widerspruch liefern.
Grundsätzlich zieht jeder Licht der Dunkelheit vor. Allein die Vorstellung in
absoluter Dunkelheit zu sein produziert Angst. Also allein die Vorstellung,
dass Dunkelheit mit Negativem und Schlechtem in Zusammenhang gebracht wird,
würde ausreichen, zu erklären, warum eine kleine Mehrheit zu dem Ergebnis
kommt, dass die Kriminalität bei Dunkelheit, sprich Lichtabschaltung, zunimmt,
die Leute sich aber trotzdem nicht unsicherer fühlen, da Sie die
Lichtabschaltung überwiegend gar nicht mitbekommen.
Somit
kann geschlussfolgert werden, dass die Lichtabschaltung zur Nachtzeit keinen großen
Einfluss auf das Sicherheitsempfinden der befragten Bürger hat.
Aus Kap. 3 - Einsatzzahlen
der Polizei -
Ob
sich die Kriminalität in Rheine durch die
Lichtabschaltung verändert hat, lässt sich am einfachsten durch den
direkten Vergleich der Einsatzzahlen der Polizei in Rheine feststellen.
Zu
diesem Zweck wurden vier vorher festgelegte Zeiträume definiert. Die zwei
Zeiträume während der Lichtabschaltung waren der 01.02.2005 bis zum 31.10.2005
und der 01.02.2006 bis zum 31.10.2006. Die beiden Vergleichszeiträume während
der noch durchgehenden Beleuchtung waren der 01.02.2003 bis zum 31.10.2003 und
der 01.02.2004 bis zum 31.10.2004.
Im
so genannten CEBIUS-System der Polizei NRW werden alle eingehenden Einsätze und
Eigeneinsätze der Polizei protokolliert. D.h., dort wird u.a. festgehalten, in
welchem Zeitraum ein Einsatz stattgefunden und um was für einen Einsatz es sich
dabei gehandelt hat.
Folgende
Straftaten wurden ausgewertet: Sachbeschädigungen, Körperverletzungen, Diebstähle
einschließlich der besonders schweren Fälle, Sexual- und Raubdelikte.
Für
die Auswertung wurden nur die Daten der Einsätze verwendet, die an den entsprechenden
Tagen und zur Zeit der Lichtabschaltung, stattgefunden haben. Da die Lichtabschaltung
im Zeitraum von 01:00 – 03:30 Uhr durchgeführt wird, wurden nur die entsprechenden
Straftaten gewertet, deren Beginn in der CEBIUS-Datei zwischen 01:00 – und
03:30 Uhr protokolliert wurde.
Ergebnisse
der Auswertung der Polizei-Einsatzzahlen:
Jahr |
2003 |
2004 |
2005 |
2006 |
|||
Deliktart |
Anzahl |
Veränderung |
Anzahl |
Veränderung |
Anzahl |
Veränderung |
Anzahl |
|
|
(+/-) |
|
(+/-) |
|
(+/-) |
|
Raubdelikte |
3 |
(-3) |
0 |
(+2) |
2 |
(-2) |
0 |
Sachschäden |
3 |
(-2) |
1 |
(+2) |
3 |
(+2) |
5 |
Diebstahlsdelikte |
30 |
(-7) |
23 |
(+3) |
26 |
(-5) |
21 |
Körperverletzung |
12 |
(+/-0) |
12 |
(-4) |
8 |
(+2) |
10 |
Sexualdelikte |
0 |
(+/-0) |
0 |
(+4) |
4 |
(-4) |
0 |
Summe |
48 |
|
36 |
|
43 |
|
36 |
Allgemein
lässt sich vom Vergleichszeitraum 2003 zum Vergleichszeitraum 2004 eine Senkung
aller erfassten Straftaten um 25% feststellen. Vom Vergleichszeitraum 2004 zum
Vergleichszeitraum 2005 jedoch eine Steigerung um 19,44 %. Dies ist der erste
direkte Vergleich zwischen einem Zeitraum mit und ohne Lichtabschaltung. Vom
Vergleichszeitraum 2005 zum Vergleichszeitraum 2006 haben wir jedoch wieder
eine Reduzierung aller erfassten Straftaten um 16,28 % zu verzeichnen. Anhand
dieses direkten Vergleiches, aller erfassten Straftaten, lässt sich hier also
kein klares Bild bzgl. einer Steigerung der Straftaten, bedingt durch die
Lichtabschaltung, feststellen.
Abschließend
kann festgestellt werden, dass die Bewertung der einzelnen Delikte untereinander,
in den verschiedenen Vergleichszeiträumen insgesamt, auch keinen Hinweis auf
eine auffällige, kontinuierliche Steigerung aufgrund der Lichtabschaltung
zulässt.
Aus Kap. 4 - Bewertung der
Einsatzzahlen im Verhältnis zu den Umfrageergebnissen -
Das
Ergebnis hinsichtlich der Bewertung der Bürgerbefragung hat ergeben, dass die
Lichtabschaltung zur Nachtzeit keine unmittelbare, negative Beeinträchtigung
auf das Sicherheitsempfinden der Befragten hat.
Das
Ergebnis bzgl. Auswertung der Einsatzzahlen hat ebenfalls keine auffällige
Veränderung hinsichtlich einer Zunahme, der vorher fest definierten Straftaten
im Stadtgebiet Rheine, zu den Zeiten der Lichtabschaltung, ergeben.
Als
abschließende Bewertung des Vergleiches zwischen der Bürgerbefragung und der Auswertung
der Einssatzzahlen kann somit folgendes festgestellt werden: Die Lichtabschaltung
im Stadtgebiet Rheine, hat weder einen
negativen Einfluss auf das Sicherheitsempfinden der Bürger noch auf erhöhte
Einsatzzahlen der Polizei.
Aus Kap. 5 - Resümee -
Trotz
der subjektiven Eindrücke der Befragten, sprechen die tatsächlichen Ergebnisse,
sowohl der Umfrage als auch der polizeilichen Auswertung der Einsatzzahlen,
eine andere Sprache.
Das
sich die Ergebnisse einer solchen Projekt-Arbeit, natürlich immer nur aus den
Mehrheiten einer Umfrage ergeben, lässt deutlich werden, dass es natürlich auch
Mindermeinungen gibt, die entsprechend anders Empfinden, als die Mehrheit. Dies
ist jedoch nur dann als problematisch anzusehen, wenn die Umfragewerte sehr
knapp ausfallen. Im Falle der hier durchgeführten Umfragen haben sich aber
recht eindeutige Mehrheiten entwickelt, so dass hier tatsächlich nur von
Mindermeinungen die Rede ist und das Ergebnis als Ganzes nicht schwanken lässt.
Eindeutiger
wird es da schon bei den Einsatzzahlen der Polizei in Rheine. Hier sind ganz
klar keine negativen Tendenzen bemerkbar und das Ergebnis somit unumstößlich.
Auf
die zu Beginn der Arbeit gestellten Fragen, können somit zum Abschluss dieser
Arbeit auch klare Antworten gegeben werden:
- Die Lichtabschaltung hat
weder dazu geführt, dass das subjektive Sicherheitsempfinden der
Bevölkerung in Rheine gesunken ist, noch hat sich dadurch das gesamte
Stadtgebiet zu einem großräumigen Angstraum entwickelt.
- Das
Einsatzgeschehen der Polizei in Rheine wurde durch die Lichtabschaltung
nicht beeinträchtigt. Die Einsatzzahlen sind durch alle
Vergleichszeiträume hindurch überwiegend konstant geblieben.
- Die
Kosteneinsparungen der Stadt Rheine hinsichtlich der Lichtabschaltung sind
durchaus zu rechtfertigen.
- Durch
die Lichtabschaltung in Rheine ergeben sich keine besonderen Auffälligkeiten.
Es stellen sich somit keine gesteigerten Erwartungen oder besondere
Handlungsanforderungen an die Polizei in Rheine.
- Anmerkung
der Technischen Betriebe zu den finanziellen Auswirkungen: Durch die
2½-stündige Nachtabschaltung der Straßenbeleuchtung wird für den
städtischen Haushalt ein jährlicher Konsolidierungsbeitrag in Höhe von
72.000 € geleistet. Mit dem ökonomischen Vorteil verbunden ist der
ökologische Effekt einer CO2-Reduzierung in Höhe von ca. 420 to
pro Jahr.
Anlagen:
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