Beschlussvorschlag/Empfehlung:
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Der Rat der Stadt
beschließt, sich nicht an einer Verfassungsbeschwerde gegen das
Gemeindefinanzierungsgesetz (GFG) 2011 zu beteiligen.
Begründung:
Auf die
Ursprungsvorlage 267/11 und die Ergänzungsvorlage 267/11/1 wird verwiesen.
Der Haupt- und
Finanzausschuss hat in seiner Sitzung am 28.06.2011 folgenden Beschluss
gefasst:
Gegen den Zuwendungsbescheid
vom 8. Juni 2011 soll zunächst fristwahrend Klage beim Verwaltungsgericht in
Münster eingelegt werden.
Dies ist
zwischenzeitlich geschehen.
Der Haupt- und
Finanzausschuss hat keinen Beschluss zu der Frage gefasst, ob sich die Stadt
Rheine an einer Verfassungsbeschwerde gegen das GFG 2011 beteiligen soll.
Vielmehr wurde insoweit der Beschluss dem Rat in seiner Sitzung am 19. Juli
2011 vorbehalten.
In der damaligen
Sitzung wurde der Punkt einstimmig von der Tagesordnung abgesetzt, da am selben
Tag das Urteil des Verfassungsgerichtshofes für das Land Nordrhein-Westfalen
zum GFG 2008 bekannt wurde. Die Begründung dieses Urteils sollte abgewartet und
erst in der Ratssitzung im Oktober 2011 entschieden werden.
Wie bekannt, hat der
Verfassungsgerichtshof durch Urteil vom 19. Juli 2011 die Verfassungsbeschwerde
des Kreises Recklinghausen und der diesem angehörenden Kommunen gegen das GFG
2008 zurückgewiesen. In der Anlage wird der Schnellbrief Nr. 116/11 des
Städte- und Gemeindebundes Nordrhein-Westfalen vom 21. Juli 2011 zur Kenntnis
gegeben. Dieser Schnellbrief enthält die Leitsätze des 42 Seiten umfassenden
Urteils und die wesentlichen Aussagen aus der Urteilsbegründung. Diese sollen
hier deshalb nur kurz aufgeführt werden.
Der
Verfassungsgerichtshof führt aus, dass zwar das aus Art. 78 LV NRW resultierende
Recht auf Selbstverwaltung auch einen gegen das Land gerichteten Anspruch auf
angemessene Finanzausstattung beinhalte, dass er aber nur zu prüfen habe, ob
gerade die angegriffenen Bestimmungen des GFG 2008 innerhalb des vielschichtigen
Systems kommunaler Finanzausstattung mit dem Recht auf Selbstverwaltung
vereinbar sei. Dies sei vorliegend der Fall.
Das Gericht führt
aus, dass zunächst die Zubilligung des kommunalen Finanzausgleichs unter dem Vorbehalt
der finanziellen Leistungsfähigkeit des Landes stehe. Auch hänge die
Angemessenheit der Finanzausstattung der Kommunen von der Aufgabenverteilung
zwischen Staat, den Gemeinden und Gemeindeverbänden ab. Nach dem Wortlaut der
Verfassung sei nicht einmal eine kommunale Mindestfinanzausstattung unabhängig
von der Finanzkraft des Landes zu gewähren. Eine absolute Untergrenze der
kommunalen Finanzausstattung sei verfassungsrechtlich nicht vorgesehen.
Der
Landesgesetzgeber sei darüber hinaus an das interkommunale Gleichbehandlungsgebot
gebunden. Dabei habe der Verfassungsgerichtshof nicht zu prüfen, ob der
Normgeber die bestmögliche oder gerechteste Lösung gewählt habe. Vielmehr
dürften die gemeindliche Pluralität und Individualität nicht nivelliert werden.
Der Gesetzgeber habe
einen weiten Gestaltungsspielraum, in welcher Art und in welchem Umfang
er den gemeindlichen Finanzausstattungsanspruch erfülle und wie er die
Finanzmittel auf die Kommunen verteile.
Letztlich verweist
der Verfassungsgerichtshof darauf, dass die Verteilungsmaßstäbe nicht an
der einzelnen Gemeinde, sondern nur generalisierend und pauschalierend
an der Gesamtheit der Gemeinden ausgerichtet sein könne.
Ausgehend von diesen
Maßstäben seien die Beschwerdeführer nicht in ihrem Selbstverwaltungsrecht
verletzt. Eine Verpflichtung des Landes zur Aufnahme von Schulden im Interesse
einer umfangreicheren kommunalen Finanzausstattung sei in der Verfassung nicht
enthalten. Selbst wenn einer einzelnen Gemeinde auf Grund ihrer Finanzlage ein
Anspruch auf ergänzende Finanzausstattung zustehe, führe dieser Anspruch nicht
zur Verfassungswidrigkeit des GFG 2008.
Der Städte- und
Gemeindebund NRW verweist in seiner Stellungnahme vom 27. Mai 2011 (Anlage 2
der Vorlage Nr. 267/11) auf die Komplexität einer solchen Verfassungsbeschwerde
und hält fest, „dass es auf der Grundlage der bisherigen Rechtsprechung des
Verfassungsgerichtshofes Münster zu den kommunalen Finanzausgleichsgesetzen
nicht möglich sei, eine eindeutige Empfehlung auszusprechen“.
Angesichts der
Komplexität der Materie sieht sich auch die Verwaltung außerstande, eine
endgültige Bewertung zu den Aussichten einer solchen Verfassungsbeschwerde
abzugeben. Dies ist letztlich auch nicht der renommierten Anwaltskanzlei Hoppenberg,
die von den Klägern gegen das GFG 2011 eingeschaltet worden ist, möglich.
Es sei jedoch an
dieser Stelle auf die Ergebnisse der letzten Verfassungsbeschwerden gegen die
einzelnen Gemeindefinanzierungsgesetze verwiesen. Die Verfassungsbeschwerden
gegen das GFG 1996, das GFG 2001, das GFG 2006 und nunmehr gegen das GFG 2008
hatten allesamt keinen Erfolg.
Dies zeigt ebenfalls
deutlich den dem Landesgesetzgeber eingeräumten weiten Gestaltungspielraum.
Festgehalten werden
kann daher, dass es richtig und notwendig war, die Bestandskraft des
Zuwendungsbescheides durch Einlegung einer Verpflichtungsklage zu verhindern,
um bei einem evtl. Erfolg der Verfassungsbeschwerde sich die Möglichkeit zu
bewahren, eine höhere Zuweisung zu erhalten. Eine Beteiligung an der von anderen
Kommunen eingelegten Verfassungsbeschwerde ist dafür jedoch nicht erforderlich.
Angesichts des
ungewissen Ausgangs der Verfassungsbeschwerde gegen das GFG 2011 und des damit
verbundenen Kostenrisikos wird eine Beteiligung an der von anderen Kommunen eingelegten
Verfassungsbeschwerde nicht empfohlen.
Anlage:
Schnellbrief des Städte- und Gemeindebundes NRW vom 21.07.2011