Beschlussvorschlag/Empfehlung:
- Die Verwaltung wird beauftragt die Gründung einer
Arbeitsgemeinschaft der
Beratungseinrichtungen der Jugendhilfe nach § 78 SGB VIII in der zweiten Jahreshälfte 2013
umzusetzen. Eine von den Mitgliedern der AG erarbeitete Geschäftsordnung
wird dem Jugendhilfeausschuss nach Implementierung vorgelegt.
- Auf die Gründung einer weiteren Arbeitsgemeinschaft Erziehungshilfe nach § 78 SGB VIII, wie im Antrag von Bündnis 90 die Grünen dargestellt, wird vorerst aus Gründen der Arbeitsökonomie und der abzuwartenden Erfahrungen der neuen AG Netzwerk Frühe Hilfen und Kinderschutz verzichtet.
Begründung:
Auf die bestehende
Begründung der Ursprungsvorlage 335/13 wird verwiesen.
In der
Jugendhilfeausschusssitzung vom 04.07.2013 war die Beratung und Entscheidung
der Vorlage 335/13 zurückgestellt worden, um in der Fragestellung der
Befangenheit einzelner Ausschussmitglieder als Vertretung freier Träger der
Jugendhilfe eine rechtliche Klärung unter Beteiligung der städtischen Rechtsabteilung
und des Justiziars des Landesjugendamtes herbeiführen zu können. Darüber hinaus
sollte die Frage geklärt werden, ob eine Klage der Fraktion Bündnis 90 Die
Grünen eine Aussicht auf Erfolg haben könnte, wenn der Beschluss des
Jugendhilfeausschusses anders als von der Fraktion beantragt gefasst werden
sollte.
An die städtische
Rechtsabteilung und an das
Landesjugendamt sind jeweils mit Datum vom 10.07.2013 schriftliche Anfragen der
Stadt Rheine mit der Bitte um Stellungnahme gerichtet worden. Als Anlagen wurde
beiden Stellen der Antrag der Fraktion, die Beschlussvorlage 335/13, sowie zwei
aktuelle Kommentierungen zum § 78 SGB VIII zur Verfügung gestellt.
Die Ergebnisse der
Stellungnahmen beider Stellen werden im Folgenden zusammengefasst dargestellt.
1.
Befangenheit:
Zur Frage einer möglichen
Befangenheit einzelner Ausschussmitglieder, die gleichzeitig auch
Repräsentanten freier Träger sind und damit von einer Entscheidung zur Gründung
einer Arbeitsgemeinschaft (AG) nach § 78 SGB VIII betroffen wären, haben beide
angefragten Stellen übereinstimmend die Rechtsauffassung vertreten, dass eine
Befangenheit in dem vorliegenden Sachzusammenhang (AG § 78) nicht vorliegen
würde, da keine speziellen Interessen eines einzelnen Trägers individuell
betroffen sind und die bloße Zugehörigkeit zu einer AG keinen direkten oder
unmittelbaren Vorteil darstelle. Beides seien aber Voraussetzungen für das
Vorliegen einer Befangenheit.
Die Beratung und
Entscheidung hätte also regulär zur Abstimmung kommen können.
2.
Klageaussicht:
Zur Frage der Erfolgsaussichten einer möglichen Klage gegen eine Entscheidung des Jugendhilfeausschusses, wenn dieser sich dem Vorschlag der Verwaltung anschließt und entsprechend entscheidet, stellt der städtische Verwaltungsjurist Herr Noelke dar, dass eine solche Fragestellung nach seiner Rechtsauffassung vor den Verwaltungsgericht nicht inhaltlich, sondern rechtstheoretisch geprüft und entschieden werden würde.
Inhaltlich läge für den Träger der öffentlichen Jugendhilfe eine objektiv-rechtliche Verpflichtung vor die Bildung von Arbeitsgemeinschaften anzustreben. Damit ist die Schaffung einer AG der Regelfall und deren Unterbleibung der Ausnahmefall. Zur konkreten Umsetzung einer AG macht das Gesetz keine speziellen Angaben und lässt die Fragen, wie und wozu AGs vor Ort organisiert und eingesetzt werden, bewusst zur Regelung in den örtlichen Jugendhilfeausschüssen offen. In der Vorlage 335/13 ist dargestellt, dass eine AG „Beratungsstellen“ in 2013 eingerichtet werden soll und der frühere Arbeitskreis Frühe Hilfen als AG „Frühe Hilfen und Kinderschutz“ weitergeführt werden wird. Insofern kommt der Träger der öffentlichen Jugendhilfe der Soll-Vorschrift nach die Bildung von Arbeitsgemeinschaften anzustreben und sich dafür einzusetzen; nur nicht eben exakt in der von der Fraktion Bündnis 90-Die Grünen gewünschten und beantragten Form.
Aus rechtstheoretischer Sicht ist für die Fragestellung eines möglichen Klageerfolges aus Sicht des städtischen Rechtsamtes entscheidend, ob neben der „Hinwirkungsverpflichtung“ des öffentlichen Trägers überhaupt ein subjektives Recht als Anspruchsgrundlage korrespondiert. Für die Freien Träger heißt es dazu in der Kommentierung (Frankfurter Kommentar zum SGB VIII, 7. Auflage, Rn 3), dass diese keinen subjektiven Anspruch auf Bildung einer solchen AG haben. Folgerichtig heißt es in der Kommentierung weiter, dass das Zustandekommen der Arbeitsgemeinschaften letztlich vom Konsens der jeweiligen Beteiligten abhängt. Im Umkehrschluss deutet dieses, dass die Einrichtung der Organisation einer bestimmten AG nicht von einer Ratsfraktion klageweise erzwungen werden könnte.
Zusammenfassend
besteht nach Auffassung der städtischen Rechtsabteilung kein Anspruch einer
einzelnen Fraktion i. S. e. subjektiv-öffentlichen Rechts auf Implementierung
einer AG gem. § 78 SGB VIII, geschweige denn auf eine solche mit einer
bestimmten Ausrichtung. Damit hätte eine solche Klage keine Erfolgsaussicht.
(Stelln. Rechtsamt vom 14.08.2013)
In der Stellungsnahme des Landesjugendamtes hebt der Justiziar, Herr Oehlmann-Austermann, insbesondere auf die Entscheidungsrechte des örtlichen Jugendhilfeausschusses ab. Die entscheidende Frage ist doch m. E., ob der Antrag der Fraktion Bündnis 90-Die Grünen im Jugendhilfeausschuss eine Mehrheit bekommt. (Stelln. LJA 06.08.2013)
Da sich aus den rechtlichen Stellungnahmen keine neuen Sachverhalte zur notwendigen Änderung des Beschlussvorschlages ergeben haben und auch keine weiteren einheitlichen Erkenntnisse von Seiten der Träger an den Fachbereich 2 herangetragen worden sind, hält die Verwaltung an der bestehen Beschlussempfehlung 335/13 fest.